Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung. Krankenhausbehandlung und stationäre Rehabilitation. chirurgischer Eingriff. KK-Spitzenverbände. Streitgenossenschaft. Zulässigkeit. kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage. Mitwirkung. unzuständige Krankenkasse. Aufhebung. Bescheid
Leitsatz (amtlich)
Zur Abgrenzung von Krankenhausbehandlung und stationärer Rehabilitation bei chirurgischen Eingriffen, die eine kurzzeitige stationäre Aufnahme erforderlich machen.
Stand: 24. Oktober 2002
Normenkette
SGB V § 107 Abs. 1-2, §§ 108, 109 Abs. 1 S. 1, § 111 Abs. 1, §§ 115b, 111 Abs. 2 S. 2, § 213 Abs. 2; SGG § 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4; SGB X § 40 Abs. 1, § 42 S. 1; SGB V § 109 Abs. 3 S. 1 Nr. 2, § 110 Abs. 2, 1; SGG § 74; ZPO §§ 62-63
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revisionen der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. September 1996 aufgehoben. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 24. April 1995 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten in allen Rechtszügen zu erstatten.
Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten über den Abschluß eines Versorgungsvertrages nach § 111, hilfsweise nach § 109 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB V).
Der Kläger, ehemaliger Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des Krankenhauses M. … S. … in R. …, ist niedergelassener und zur ambulanten chirurgischen Versorgung zugelassener Vertragsarzt in R. …. Neben seiner Praxis betreibt er seit 1992 im selben Gebäude unter der Firma „C. … C. … am R. …” (CCR) eine gewerberechtlich erlaubte chirurgische Privatklinik mit vier Betten. Hier möchte er künftig auch gesetzlich krankenversicherte Patienten stationär behandeln. Zu seinem Behandlungskonzept trägt der Kläger vor, die modernen Entwicklungen in der Chirurgie, insbesondere die Fortschritte bei endoskopischen Eingriffen, ließen es zu, einen erheblichen Teil der bisher stationär im Krankenhaus erbrachten Leistungen in die kostengünstigere ambulante Versorgung zu verlagern. Seine Klinik stelle eine Kombination ambulanter und stationärer Versorgungsformen dar. Ambulant könne er 70 % der immer noch üblichen stationären chirurgischen Grundversorgung abdecken. Bei den verbleibenden 30 % einer notwendigen stationären Versorgung ermöglichten die modernen Operationstechniken im Vergleich zu hergebrachten stationären Krankenhausbehandlungen eine erhebliche Verkürzung der Verweildauer auf nur wenige Tage. Dazu zählten auch Behandlungsfälle, bei denen zB wegen starker Schmerzen oder möglicher Nachblutungen eine anschließende stationäre Betreuung von etwa zwei Tagen zur Kontrolle und Rehabilitation erforderlich sei. Begleitende physiotherapeutische Leistungen (Krankengymnastik, Bewegungstherapien, Massagen) würden von selbständigen Physiotherapeuten erbracht, deren Praxen sich im selben Gebäude befänden.
Den auf § 109 SGB V gestützten Antrag auf Abschluß eines Versorgungsvertrages für die Klinik lehnten die beklagten Krankenkassen (KKn) bzw Krankenkassenverbände zu 1), 2) und 5) bis 7), die Rechtsvorgänger der Beklagten zu 3) und 4) sowie die KK für den Gartenbau ab (gemeinsamer Bescheid vom 18. Januar 1994; Widerspruchsbescheide der Beklagten zu 1) vom 22. Dezember 1994, zu 3) vom 23. September 1994 und zu 7) vom 13. Dezember 1994). Das vom Kläger betriebene Krankenhaus sei für eine bedarfsgerechte Krankenhausbehandlung der Versicherten nicht erforderlich. Der Bettenbedarf in der Fachrichtung Chirurgie werde durch das Krankenhaus M. … S. … in R. … (Plankrankenhaus) abgedeckt. Zudem gebe es in der näheren Umgebung (L. … am R. …, B. … N. …) zwei weitere Plankrankenhäuser mit chirurgischen Abteilungen. Das für die Krankenhausplanung zuständige Ministerium des beigeladenen Landes Rheinland-Pfalz genehmigte die Ablehnung. Aufgrund mangelnden Bedarfs verweigerte dieses Ministerium auch die vom Kläger beantragte Aufnahme in den Landeskrankenhausplan (Bescheid vom 20. Dezember 1993, Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 1994), mit der er die Zulassung der Klinik als Plankrankenhaus nach § 108 Nr 2 SGB V angestrebt hatte.
Das Sozialgericht (SG) hat die im Oktober 1994 erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 24. April 1995). Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) die Beklagten verurteilt, „mit dem Kläger für seine C. … C. … am R. … in R. … einen Versorgungsvertrag nach § 111 Abs 2 SGB V abzuschließen” (Urteil vom 19. September 1996). Das LSG hat ausgeführt, der Kläger verfolge das Konzept eines grundsätzlich ambulanten Operierens mit einer in bestimmten Fällen notwendigen stationären Nachsorge, die in der Regel zwei Tage nicht überschreite. Dieses Konzept stehe mit dem Bestreben des Gesetzgebers in Einklang, das ambulante Operieren zu fördern, stationäre Aufenthalte nach Möglichkeit zu vermeiden, die Aufenthaltsdauer in Krankenhäusern zu verringern und so zu erheblichen Kosteneinsparungen zu gelangen. Es gebe für diese neuartige Behandlungsform auch einen Bedarf, der durch die Plankrankenhäuser nicht abgedeckt werde. Da der Schwerpunkt des Klinikbetriebs in der stationären Nachsorge liege, handele es sich eher um eine Sonderform einer Rehabilitationseinrichtung und weniger um ein Krankenhaus im herkömmlichen Sinne. Zwar stelle die Klinik des Klägers auch keine Rehabilitationseinrichtung der bekannten Art dar, die der Gesetzgeber bei § 111 SGB V im Auge gehabt habe. Dies schließe eine entsprechende Zuordnung nach den – vom Kläger erfüllten – gesetzlichen Voraussetzungen aber nicht aus. Prüfungsmaßstab für den begehrten Versorgungsvertrag sei daher, wie von Anfang an erkennbar gewesen und vom Kläger im Berufungsverfahren auch hervorgehoben, nicht § 109 SGB V, sondern § 111 SGB V.
Mit der Revision rügen die Beklagten Verfahrensfehler und eine Verletzung des § 111 SGB V. Die Klage sei bereits unzulässig, da es an einem entsprechenden Verwaltungsakt der Beklagten fehle. Vorprozessual habe der Kläger sich ausdrücklich auf § 109 SGB V gestützt, so daß es zur Prüfung des Antrages unter dem Blickwinkel des § 111 SGB V keinen Anlaß gegeben habe. Der Sache nach erbringe der Kläger in der Klinik eine vollstationäre Krankenhausbehandlung. Die ärztliche Akutbehandlung stehe im Vordergrund. Der Versorgung mit Heilmitteln jeglicher Art (§ 32 SGB V), die für Rehabilitationseinrichtungen kennzeichnend sei, komme hingegen nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Daher scheide ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V aus. In Betracht zu ziehen sei allein ein Versorgungsvertrag nach § 109 SGB V, der dem Kläger aber nicht gewährt werden könne, da der Bedarf an stationären chirurgischen Leistungen durch Plankrankenhäuser abgedeckt werde.
Der Beigeladene hat sich der Auffassung der Beklagten angeschlossen. Er stellt jedoch keinen Antrag.
Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. September 1996 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 24. April 1995 zurückzuweisen,
hilfsweise, die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die Revisionen der Beklagten sind zulässig und begründet. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des die Klage abweisenden Urteils des SG.
1. Trotz Einlegung nach Fristablauf ist auch die Revision der Beklagten zu 3) zulässig. Nach § 164 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist die Revision beim Bundessozialgericht (BSG) innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich einzulegen. Das mit einer zutreffenden Rechtsmittelbelehrung versehene Urteil des LSG ist der Beklagten zu 3) am 7. Oktober 1996 zugestellt worden. Die Frist endete folglich mit Ablauf des 7. November 1996 (Donnerstag). Die am 6. November 1996 gefertigte Revisionsschrift ist beim BSG jedoch erst am 8. November 1996, also um einen Tag verspätet, eingegangen. Dies führt im vorliegenden Fall jedoch nicht zur Unzulässigkeit der Revision der Beklagten zu 3), weil die übrigen Beklagten die Frist für die Beklagte zu 3) gewahrt haben.
Jeder Streitgenosse hat nach § 74 SGG iVm §§ 62 und 63 der Zivilprozeßordnung (ZPO) das Recht, selbständig und unabhängig von den anderen Beteiligten Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzutragen und Rechtsmittel einzulegen. Dies gilt auch bei notwendiger Streitgenossenschaft (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 55. Aufl 1997, RdNrn 17 bis 26; Meyer-Ladewig, SGG, 5. Aufl 1993, § 74 RdNr 6). § 62 Abs 1 ZPO ordnet aber bei notwendiger Streitgenossenschaft an, daß die säumigen Streitgenossen als durch die nicht Säumigen vertreten anzusehen sind, wenn ein Termin oder eine Frist nur von einzelnen Streitgenossen versäumt wird. Das gilt auch für Rechtsmittel von Streitgenossen (Thomas/Putzo, ZPO, 19. Aufl 1995, § 62 RdNr 25; Schumann ZZP 1976, 381, 393). Die Beklagten sind, wie sich aus den §§ 109 Abs 1 Satz 1, 111 Abs 2 Satz 2 iVm § 213 Abs 2 SGB V ergibt, notwendige Streitgenossen. Die Entscheidung über den Abschluß eines Versorgungsvertrages mit einem Krankenhaus oder einer Rehabilitationseinrichtung kann nur gemeinsam ergehen. Die form- und fristgerechte Einlegung der Revisionen der Beklagten zu 1) und 2) sowie 4) bis 7) führt daher auch zur Fristwahrung bei der verspätet eingelegten Revision der Beklagten zu 3).
2. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 54 Abs 4 SGG) zulässig. Der erst- und zweitinstanzlich gestellte und vom LSG für begründet erachtete Antrag, die Beklagten zu verurteilen, dem Kläger einen Versorgungsvertrag zu gewähren, umfaßt wie der Antrag des Klägers auf Zurückweisung der Revision der Beklagten konkludent die Aufhebung der Vertragsablehnung, die, wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, als Verwaltungsakt zu werten ist (BSGE 78, 233 = SozR 3-2500 § 109 Nr 1; BSGE 78, 243 = SozR 3-2500 § 109 Nr 2). Das Gericht entscheidet nach § 123 SGG über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Der Kläger hat neben der Verurteilung der Beklagten zum Abschluß eines Versorgungsvertrages die Aufhebung der Vertragsablehnung durch das Schreiben (Bescheid) der Beklagten vom 18. Januar 1994 zumindest für den Fall geltend gemacht, daß diese ein Verwaltungsakt ist. Dementsprechend richtet sich sein Begehren auch auf die Aufhebung der seinen Widerspruch mangels Verwaltungsakts als unzulässig verwerfenden Widerspruchsbescheide der Beklagten zu 1), 3) und 7).
3. Der Zulässigkeit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage steht nicht entgegen, daß auf den gegenüber den Beklagten bzw ihren Rechtsvorgängern erklärten Widerspruch des Klägers hin kein ordnungsgemäßes Widerspruchsverfahren durchgeführt worden ist. Ist eine Widerspruchsstelle, wie hier, nicht bestimmt, so ist gemäß § 85 Abs 2 Nr 1 SGG grundsätzlich die nächsthöhere Behörde für den Erlaß des Widerspruchsbescheides zuständig. Hier kämen nur die Aufsichtsbehörden der betroffenen Kassenverbände in Betracht, bei denen es sich jedoch um oberste Bundes- oder Landesbehörden handelt, was gemäß § 85 Abs 2 Nr 1 SGG die Zuständigkeit der Ausgangsbehörde begründet. Ausgangsbehörde in diesem Sinne sind die Beklagten bzw ihre Rechtsvorgänger in ihrer Gesamtheit (BSGE 78, 233 = SozR 3-2500 § 109 Nr 1). An deren gemeinsamer Bescheidung des Widerspruchs fehlt es. Es ist aber nicht geboten, zur Nachholung dieser Prozeßvoraussetzung den Rechtsstreit an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Denn eine gerichtliche Entscheidung des Rechtsstreits könnte dadurch nicht entbehrlich werden oder sachlich anders ausfallen. Der im Klageverfahren gestellte Antrag auf Abweisung der Klage kann dann ausnahmsweise das Vorverfahren erübrigen (BSGE 78, 233 = SozR 3-2500 § 109 Nr 1; BSGE 78, 243 = SozR 3-2500 § 109 Nr 2; BSG SozR 1500 § 78 Nrn 8 und 15).
4. Die Entscheidung der Beklagten, mit dem Kläger keinen Versorgungsvertrag abzuschließen, unterliegt nicht deshalb der Aufhebung, weil daran die KK für den Gartenbau beteiligt gewesen ist. Zuständige Behörde iS des § 1 Abs 2 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) sind, wie ausgeführt, die in den §§ 109 Abs 1 Satz 1, 111 Abs 2 Satz 2 SGB V genannten Kassenverbände in ihrer Gesamtheit. Hierzu zählt die KK für den Gartenbau grundsätzlich nicht, wie der Senat in seinem Urteil vom 20. November 1996 – 3 RK 7/96 – (SozR 3-2500 § 109 Nr 3) bereits entschieden hat. Eine abweichende Vereinbarung der landwirtschaftlichen KKn besteht für das Land Rheinland-Pfalz nicht. Daher ist die Mitwirkung der KK für den Gartenbau an der ablehnenden Entscheidung vom 18. Januar 1994 rechtswidrig. Daran ändert auch nichts die Tatsache, daß diese KK durch die KK der rheinischen Landwirtschaft, die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 4) in der Funktion als Landesverband der landwirtschaftlichen KKn im Lande Rheinland-Pfalz, bei der Beschlußfassung vertreten worden ist. Die Stellung als Beteiligte an dem Verfahren ist durch diese Vertretung unberührt geblieben. Die unter Mitwirkung der KK für den Gartenbau handelnden Kassenverbände waren für die Ablehnungsentscheidung somit nicht zutreffend zusammengesetzt. Dieser Verfahrensfehler ist jedoch nicht so offensichtlich, daß er die Nichtigkeit des Bescheides begründet (§ 40 Abs 1 SGB X). Die Mitwirkung einer unzuständigen Kasse bzw eines unzuständigen Kassenverbandes hat allein auch nicht die Aufhebung des Bescheides zur Folge. Gemäß § 42 Satz 1 SGB X kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist, wenn in der Sache keine andere Entscheidung hätte getroffen werden können. Dies war vorliegend der Fall. Die angefochtene Entscheidung stand nicht im Ermessen der Beklagten (so bereits BSGE 78, 243 = SozR 3-2500 § 109 Nr 2 sowie SozR 3-2500 § 109 Nr 3); das gilt für Verträge nach § 109 SGB V und § 111 SGB V gleichermaßen. Ein Fall der sachlichen Unzuständigkeit derart, daß ein völlig anderer als der sachlich zuständige Entscheidungsträger gehandelt hat (vgl BSGE 57, 151 = SozR 5548 § 1 Nr 1), ist nicht gegeben. Hinzu kommt, daß die Anfechtungsklage hier neben der auf Abschluß eines Versorgungsvertrages gerichteten Leistungsklage keine eigenständige Bedeutung hat. Der Kläger hat an der isolierten Anfechtung der ablehnenden Entscheidung der Beklagten kein eigenständiges Rechtsschutzinteresse. Hiernach war es auch sachgerecht, die Klage – wie geschehen – erstinstanzlich zurückzunehmen, soweit sie sich gegen die KK für den Gartenbau richtete. Auf der anderen Seite ist die See-KK zu Recht an der Entscheidung nicht beteiligt und in die Klage nicht einbezogen worden, wie der Senat bereits entschieden hat (BSGE 78, 233 = SozR 3-2500 § 109 Nr 1).
5. Hinsichtlich des vom Kläger in erster Linie begehrten Versorgungsvertrages nach § 111 SGB V fehlt es auch nicht, wie die Beklagten meinen, an einem vorprozessualen Antrag des Klägers und an einer notwendigen Verwaltungsentscheidung. Das Vertragsangebot des Klägers ist inhaltlich von der erstmaligen Unterbreitung (1991) bis heute nicht verändert worden und enthält deshalb keine Umstände tatsächlicher Art, die zu einer erneuten Verwaltungsentscheidung zwingen würden. Der Antrag des Klägers auf Abschluß eines Versorgungsvertrages war zwar auf § 109 SGB V gestützt. Dies war indes nur als Hinweis an die Beklagten zu verstehen, welche Anspruchsgrundlage der Kläger als einschlägig ansieht, nicht aber als förmliche und materielle Einschränkung des Antrages dahingehend, daß nur der Abschluß des Versorgungsvertrages für ein Krankenhaus gewünscht werde. Bei sachgerechter Auslegung des Anliegens war es als umfassendes, sowohl auf die Funktion als Krankenhaus als auch auf die einer Rehabilitationseinrichtung (oder als unter einem Dach betriebene Einrichtung mit beiden Funktionen) erstrecktes Vertragsangebot des Klägers zu verstehen. Die Beklagten waren daher auch gehalten, das Angebot unter jedem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt und nicht allein unter dem des § 109 SGB V zu prüfen. Wenn dies unterblieben ist, ändert es nichts daran, daß die uneingeschränkte, vom Beigeladenen auch so genehmigte Ablehnung des Antrages als Verwaltungsakt alle rechtlichen Gesichtspunkte erfaßt und als Grundlage für die Anfechtungs- und Leistungsklage dienen kann. Die später auch auf § 111 SGB V gestützte Klage bedeutete keine Änderung des Streitgegenstands und war somit ohne erneute Verwaltungsentscheidung der Beklagten zulässig.
6. Die Klage ist auch nicht wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig. Nach § 87 Abs 1 SGG ist die Klage zwar binnen eines Monats nach Zustellung bzw Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zu erheben. Ist die Rechtsbehelfsbelehrung, wie hier, unterblieben, so ist die Einlegung eines Rechtsbehelfs innerhalb eines Jahres zulässig. Die mit der Bekanntgabe des Bescheides vom 18. Januar 1994 einsetzende Jahresfrist war zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 24. Oktober 1994 noch nicht abgelaufen.
7. Die Revisionen der Beklagten sind begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 1994, mit dem der Antrag auf Abschluß eines Versorgungsvertrages abgelehnt wurde, ist rechtmäßig. Der Kläger hat weder nach § 111 SGB V noch nach § 109 SGB V Anspruch auf einen Versorgungsvertrag.
a) Der Anspruch auf Abschluß eines Versorgungsvertrages nach § 111 SGB V scheidet entgegen der Auffassung des LSG bereits deshalb aus, weil die vom Kläger betriebene chirurgische Klinik, die er in dieser Form für die Versorgung der Versicherten anbietet, keine Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung ist. Eine Vorsorgeeinrichtung dient nach § 107 Abs 2 Nr 1 Buchst a) SGB V der stationären Behandlung von Patienten, „um eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen oder einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken”; darum geht es ersichtlich nicht. In Betracht kommt allenfalls die Einordnung der Klinik als Rehabilitationseinrichtung. Nach § 107 Abs 2 Nr 1 Buchst b) und Nr 2 SGB V dienen Rehabilitationseinrichtungen der stationären Behandlung der Patienten, „um eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern oder im Anschluß an Krankenhausbehandlung den dabei erzielten Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen, auch mit dem Ziel, einer drohenden Behinderung oder Pflegebedürftigkeit vorzubeugen, sie nach Eintritt zu beseitigen, zu bessern oder eine Verschlimmerung zu verhüten”. Es ist zudem erforderlich, daß diese Einrichtungen „fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Verantwortung und unter Mitwirkung von besonders geschultem Personal darauf eingerichtet sind, den Gesundheitszustand der Patienten nach einem ärztlichen Behandlungsplan vorwiegend durch Anwendung von Heilmitteln einschließlich Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie oder Arbeits- und Bewegungstherapie, ferner durch andere geeignete Hilfen, auch durch geistige und seelische Einwirkungen, zu verbessern und dem Patienten bei der Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungskräfte zu helfen”. Krankenhäuser sind demgegenüber „Einrichtungen, die der Krankenhausbehandlung oder Geburtshilfe dienen, fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen, über ausreichende, ihrem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen und nach wissenschaftlich anerkannten Methoden arbeiten und mit Hilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichem, Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischem Personal darauf eingerichtet sind, vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten der Patienten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten, Krankheitsbeschwerden zu lindern oder Geburtshilfe zu leisten” (§ 107 Abs 1 Nrn 1 bis 3 SGB V). Weil Rehabilitationseinrichtung und Krankenhaus sich in ihrer Zielsetzung darin decken, daß sie auf die Behandlung von Krankheiten gerichtet sind, ist eine Unterscheidung bisweilen schwierig und im wesentlichen nur nach der Art der Erkrankungen und den Behandlungsmethoden zu treffen, die sich auch in der Organisation der Einrichtung widerspiegeln. Hiernach ist die Klinik des Klägers zweifelsfrei als Krankenhaus anzusehen. In der Klinik sollen alle chirurgischen und sonstigen ärztlichen und pflegerischen Leistungen erbracht werden, die über eine ambulante chirurgische Tätigkeit hinausgehen, weil sie den Aufenthalt des Patienten für mindestens eine Nacht vor und/oder nach dem chirurgischen Eingriff erfordern. Es handelt sich zum einen um chirurgische Eingriffe, die ihrer Art oder Schwere nach, zB wegen der allgemeinen Gefahr von Nachblutungen, oder aufgrund besonderer Gegebenheiten des Einzelfalls (wie zB eine schlechte gesundheitliche Verfassung des Patienten oder das Fehlen hinreichender häuslicher Betreuungsmöglichkeiten) von vornherein nur stationär erbracht werden können (vgl § 2 des Vertrages vom 22. März 1993 der Deutschen Krankenhausgesellschaft, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der KKn über das ambulante Operieren im Krankenhaus nach § 115b Abs 1 SGB V). Zum anderen geht es um jene Fälle, in denen der chirurgische Eingriff zwar nach den Regeln der Heilkunst ambulant vorgenommen werden darf und auch so durchgeführt wird, eine Entlassung des Patienten nach Hause noch am gleichen Tage auch nach der üblichen Ruhephase ausnahmsweise aber nicht möglich ist, weil wegen einer Komplikation im nachoperativen Verlauf eine ständige Beobachtung und weitere Behandlung angezeigt erscheint. Im Vordergrund stehen auch hier die ärztliche Akutbehandlung und die nachoperative Krankenpflege durch Krankenpflegepersonal, nicht dagegen die weitergehende Versorgung zur vollständigen Wiederherstellung der Gesundheit und Erwerbsfähigkeit, wie sie für eine Rehabilitation typisch ist. Die im Einzelfall erforderliche schnelle Versorgung mit Heilmitteln wie Krankengymnastik, Bewegungstherapien oder Massagen hat nur einen die ärztliche Behandlung ergänzenden Charakter. Der Kläger bietet diese Versorgung aber nicht einmal selbst an, weil er das erforderliche Personal nicht eingestellt hat. Er greift vielmehr auf selbständige niedergelassene Physiotherapeuten aus der Nachbarschaft zurück, die eigenständig abrechnen. In der Klinik selbst sind nach dem vom Kläger dem Zulassungsantrag beigefügten Stellenplan nur Ärzte und nichtärztliches Pflegepersonal tätig, nämlich zwei Fachärzte für Chirurgie und Unfallchirurgie, ein Facharzt für Anästhesie, ein Assistenzarzt, zwei Operationsschwestern, vier Stationsschwestern, zwei Arzthelferinnen (davon eine Teilzeitkraft) sowie eine Auszubildende. Es wird also eine Organisation aufgezeigt, wie sie für ein Krankenhaus typisch ist. Auch die räumliche und sachliche Ausstattung der Klinik spricht für ein Krankenhaus: es gibt eine Ambulanz mit Röntgeneinrichtung, einen klimatisierten Operationssaal mit Patienten-, Personal- und Instrumentenschleuse, Untersuchungs- und Behandlungsräume sowie Sprechzimmer, eine Bettenstation mit zwei Zweibettzimmern, einen Aufwachraum sowie Personalräume. In der Gesamtschau steht somit die ärztliche Behandlung der Patienten in der Klinik im Vordergrund; sie ist – wie schon vor Inkrafttreten des SGB V von der Rechtsprechung entwickelt worden ist – das prägende Kennzeichen für ein Krankenhaus (BSGE 51, 44, 46 = SozR 2200 § 184a Nr 4; BSGE 59, 116, 118 = SozR 2200 § 184 Nr 27; BSGE 68, 17, 18 = SozR 3-2200 § 184a Nr 1; BSG SozR 3-2200 § 1243 Nr 2; Fichte ZfS 1995, 252).
b) Dem Abschluß eines Versorgungsvertrages für Krankenhausbehandlungen nach § 109 SGB V steht § 109 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB V entgegen. Danach darf ein Versorgungsvertrag mit Krankenhäusern, die weder zu den Hochschulkliniken (§ 108 Nr 1 SGB V) noch zu den Plankrankenhäusern (§ 108 Nr 2 SGB V) zählen, nicht geschlossen werden, wenn er für eine bedarfsgerechte Krankenhausbehandlung der Versicherten nicht erforderlich ist. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des LSG ist die vom Kläger betriebene Klinik nicht bedarfsgerecht, da der Bedarf an chirurgischen Leistungen durch die vorhandenen Plankrankenhäuser in vollem Umfang abgedeckt wird.
Der Kläger geht zu Unrecht davon aus, die Beklagten hätten bei ihrer Entscheidung beachten müssen, daß er in seiner Klinik ein besonderes Behandlungskonzept mit vermehrten ambulanten Operationen und mit kürzeren Verweildauern bei stationären Behandlungen verfolge und daher kostengünstiger arbeiten könne als die vorhandenen Plankrankenhäuser; dies verpflichte die Beklagten zumindest dazu, zwischen dem Behandlungsangebot der Klinik und demjenigen der Plankrankenhäuser eine angemessene Auswahl zu treffen; auch wenn ein Bettenüberhang bestehe, müßten die Beklagten zumindest prüfen, ob und auf welche Weise die von ihm angebotenen Betten in die Versorgung einbezogen werden könnten. Zutreffend ist allerdings, daß die Beklagten jederzeit die Wirtschaftlichkeit der Krankenversorgung beachten müssen und deshalb im Interesse einer möglichst kostengünstigen Krankenhausversorgung nur die leistungsfähigsten und wirtschaftlichsten Krankenhäuser zur Versorgung der Versicherten zulassen dürfen, sofern ein Überangebot besteht. Der Kläger hat deshalb ein Recht darauf, daß die Beklagten sein Angebot zur Kenntnis nehmen und es im Hinblick auf Qualität und Wirtschaftlichkeit überprüfen. Selbst wenn er aber in der Lage sein sollte, den Beklagten ein wirtschaftliches Leistungsangebot zu machen – was einen Vergleich mit den benachbarten Kliniken erforderlich macht und auch wesentlich von den gemäß § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V mit den einzelnen Kassen noch zu vereinbarenden Pflegesätzen abhängt – kann er daraus keinen Anspruch auf Abschluß eines Versorgungsvertrags herleiten, solange der Bedarf an chirurgischen Leistungen durch die vorhandenen Pflegekrankenhäuser in medizinischer Hinsicht gedeckt wird. Der Senat hat bereits in seinen Entscheidungen vom 29. Mai 1996 (BSGE 78, 233 = SozR 3-2500 § 109 Nr 1 und BSGE 78, 243 = SozR 3-2500 § 109 Nr 2) und 20. November 1996 (SozR 3-2500 § 109 Nr 3) ausgeführt, daß beim Abschluß eines Versorgungsvertrages die zugelassenen Plankrankenhäuser Vorrang genießen. Für diese wird aufgrund der Aufnahme in den Krankenhausplan der Abschluß eines Versorgungsvertrages nach den §§ 108 Nr 2 und 109 Abs 1 Satz 2 SGB V fingiert. Der Bindung an die Vorgaben des Krankenhausplans können sich die Kassenverbände nicht ohne weiteres durch die Möglichkeit der Kündigung von Plankrankenhäusern nach § 110 SGB V entziehen.
Die Frage, ob hier die Kündigung eines Plankrankenhauses mangels hinreichender Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung (§ 109 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB V) wegen – nicht nur vorübergehender (§ 110 Abs 1 Satz 2 SGB V) – unwirtschaftlicher Arbeitsweise aufgrund nicht gebotener stationärer statt ambulanter (§ 115b SGB V) Krankenhausbehandlung und medizinisch nicht gebotenen Verweildauern in Betracht kommt, kann offenbleiben. Entsprechende Ermittlungen sind im Rahmen dieses Verfahrens nicht erforderlich. Denn der Krankenhausplan und seine zulassungsrechtlichen Folgen bleiben auch im Falle einer solchen Kündigungsmöglichkeit für alle Beteiligten verbindlich. Die Zulassung eines Plankrankenhauses nach § 108 Nr 2 SGB V und der daraus resultierende Vorrang dieses Krankenhauses besteht auch im Falle einer Kündigung, die nur mit Genehmigung der zuständigen Landesbehörde wirksam wird (§ 110 Abs 2 Satz 2 und 3 SGB V), bis zum endgültigen Außerkrafttreten des Versorgungsvertrags durch die Aufhebung der Aufnahme dieses Krankenhauses in den Krankenhausplan, die von dem zuständigen Landesministerium nach § 8 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes iVm § 110 Abs 1 Satz 3 SGB V auszusprechen ist, fort. Das betroffene Krankenhaus kann sich dagegen durch die Einlegung von Rechtsmitteln zur Wehr setzen, so daß selbst für den Fall, daß der zuständige Landesminister der Auffassung der Kassenverbände über der Unwirtschaftlichkeit des betroffenen Krankenhauses folgt, ungewiß bleibt, ob und wann es endgültig zur Versorgung der Versicherten nicht mehr in Anspruch genommen werden darf. Denn solange das Plankrankenhaus noch im Krankenhausplan verzeichnet ist, gilt aufgrund der Fiktion des § 109 Abs 1 Satz 2 SGB V der Versorgungsvertrag trotz wirksamer Kündigung als fortbestehend. Diese gesetzliche Regelung – über deren Zweckmäßigkeit hier nicht zu befinden ist (vgl dazu Klückmann in Hauck/Haines, SGB V, K § 110 RdNr 26; Peters-Hencke, Krankenversicherung, SGB V, § 110 RdNr 4; Hess in Kasseler Kommentar, § 109 RdNr 7; nach Krauskopf-Knittel, Soziale Krankenversicherung, § 110 RdNr 11 soll diese Fiktion allerdings nicht eine wirksame Kündigung überdauern) – macht es unabweisbar, daß mit einem bisher nicht zugelassenen Krankenhaus ein Versorgungsvertrag nach § 109 SGB V erst abzuschließen ist, wenn ein Plankrankenhaus endgültig aus dem Krankenhausplan ausgeschieden ist. Eine frühere Zulassung würde zu einer Erhöhung der vorhandenen Bettenzahl auf nicht absehbare Zeit führen und damit der zur Kostendämpfung erforderlichen gesetzgeberischen Absicht eines raschen Bettenabbaus zuwiderlaufen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 4 Satz 2 SGG.
Fundstellen
MedR 1998, 482 |
NZS 1998, 427 |
SozR 3-2500 § 107, Nr. 1 |
SozSi 1999, 76 |