Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. August 1995 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt vom beklagten Rentenversicherungsträger die Änderung der Versicherungsnummer bzw. die Vergabe einer neuen Versicherungsnummer mit geändertem Geburtsdatum.
Der in der Türkei geborene Kläger türkischer Staatsangehörigkeit ist seit 1971 versicherungspflichtig in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt. Er wird von der Beklagten entsprechend den Angaben, die er ursprünglich zu seinem Geburtsjahr gemacht hat, unter der Versicherungsnummer 12 160042 T 003 geführt. Im Dezember 1993 beantragte der Arbeitgeber des Klägers für diesen bei der Beklagten die Vergabe einer neuen Versicherungsnummer und legte zur Begründung eine Kopie des Urteils des Landgerichts in Y., Türkei, vom 22. Oktober 1993 vor, demzufolge das Geburtsdatum des Klägers vom 17. Juni 1942 auf den 17. Juni 1938 berichtigt worden war.
Die Beklagte lehnte diesen vom Kläger, später genehmigten Antrag ab (Bescheid vom 19. April 1994; Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 1994). Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 19. Mai 1995). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 30. August 1995). Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden habe, begründe die Änderung des Geburtsdatums eines Ausländers in den Personenstandsunterlagen seines Heimatlandes keinen Anspruch auf Vergabe einer Versicherungsnummer mit dem geänderten Geburtsdatum.
Der Kläger hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Er rügt eine Verletzung des § 147 Abs. 2 Nr. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch. – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung über die Vergabe und Zusammensetzung der Versicherungsnummer (VNrV) und vertritt folgende Auffassung: Auch wenn der Rechtsansicht des LSG, daß eine die Revisionsbeklagte bindende Eintragung des Geburtsdatums des Klägers in ein deutsches Geburtenbuch, nicht vorliege und keine bindende Entscheidung einer anderen Stelle über das Geburtsdatum des Klägers ergangen sei, gefolgt werde, bestehe dennoch ein Anspruch auf Vergabe einer neuen Versicherungsnummer mit geändertem Geburtsdatum, weil die Richtigkeit des Geburtsdatums in der Versicherungsnummer bei ausländischen Versicherten ohne deutsche Personenstandsnachweise nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung überprüft werden müsse. Insoweit werde auf die in dem Vorlagebeschluß des 13. Senats des BSG vom 1. Februar 1995 (13 RJ 47/93) vertretene Rechtsansicht Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. August 1995, das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 19. Mai 1995 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. April 1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 1994 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen die Versicherungsnummer dergestalt zu berichtigen; daß das Geburtsdatum des Revisionsklägers mit dem 17. Juni 1938 ausgewiesen wird.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Zusätzlich trägt sie vor, daß sie eine freie Beweiswürdigung im Rahmen der zu dem angefochtenen Bescheid führenden Entscheidungsfindung bereits vorgenommen habe.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Der mit der Klage angefochtene Bescheid der Beklagten vom 19. April 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 1994, mit dem die beantragte Änderung der Versicherungsnummer abgelehnt wurde, ist nicht rechtswidrig.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Änderung der vorhandenen Versicherungsnummer oder Vergabe einer neuen Versicherungsnummer, die das geänderte Geburtsdatum enthält. Im geltenden deutschen Recht gibt es für eine solche Forderung keine Grundlage. Nach § 31 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (SGB I) dürfen Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen des Sozialgesetzbuches nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zulaßt. Das materiell-rechtliche Begehren des Klägers ist vom Regelungsgehalt der gesetzlichen Vorschriften, die sich auf die Erstellung, Zusammensetzung und Änderung der im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung maßgeblichen Versicherungsnummer beziehen und damit als Anspruchsgrundlage überhaupt in Betracht kommen konnten, nicht mitumfaßt.
Wie der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden hat (Urteile vom 13. Oktober 1992 – 5 RJ 16/92 – BSGE 71, 170 = SozR 3-5748 § 1 Nr. 1, vom 14. Oktober 1992 – 5 RJ 24/92 – SozVers 1993, 278, vom 9. September 1993 – 5 RJ 52/92 – HVBG-Info 1994/551, vom 18. Januar 1995 – 5 RJ 20/94 –, SozR 3-2600 § 149 Nr. 3, vom 12. April 1995 – 5 RJ 48/94 – HVBG-Info 1995, 1750, Beschluß vom 14. September 1994 – 5 S (J) 4/94, – nicht veröffentlicht), kommt der Versicherungsnummer im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung und darüber hinaus – vgl. §§ 18 f und 18 g des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) – lediglich wie einem Aktenzeichen Ordnungsfunktion zu. Sie dient zugleich als Identifikationsmerkmal im Rahmen der elektronischen Datenverarbeitung (Hauck/Haines, SGB-Komm., Stand 1. Januar 1995, § 147 SGB VI RdNr. 5; Semperowitsch, Mitteilungen der LVA Oberfranken und Mittelfranken 1989, 164, 171). Als Ordnungsmerkmal in solchem Sinn ist sie, wie der Senat ebenfalls wiederholt zum Ausdruck gebracht hat, auf einen möglichst, dauerhaften Fortbestand angelegt. Diesem Kontinuitätserfordernis trägt, die Vorschrift des § 1 Abs. 5 Satz 1, VNrV vom 7. Dezember 1987 (BGBl. I S 2532) Rechnung, indem sie bestimmt, daß eine Versicherungsnummer nur einmal vergeben und grundsätzlich nicht berichtigt wird. Bei einem ausländischen Versicherten, ohne deutsche Personenstandsnachweise ist „richtiges Geburtsdatum” i.S. des § 1 Abs. 5 Satz 2 VNrV daher regelmäßig und auf Dauer das vom Versicherungsträger bei Vergabe der Versicherungsnummer zugrunde gelegte Geburtsdatum, wenn dieses den im damaligen Zeitpunkt vom Versicherten gemachten Angaben entspricht und mit den von ihm damals vorgelegten ausländischen Urkunden übereinstimmt.
Entgegen der Ansicht des Klägers läßt sich der von ihm geltend gemachte Anspruch nicht auf § 1 Abs. 5 Satz 2 1. Halbsatz VNrV stützen. Zwar erhält nach dieser Vorschrift ein Versicherter eine neue Versicherungsnummer, wenn das Geburtsdatum in der bisher geführten Nummer „unrichtig” ist, Die Regelung ist aber schon ihrer grundsätzlichen Eigenart nach nicht so aufzufassen, daß aus ihr – die „Unrichtigkeit” des Geburtsdatums einmal unterstellt – ein subjektives einklagbares Recht des Versicherten gegen den Versicherungsträger auf Änderung des Geburtsdatums in der bisher geführten Versicherungsnummer (Vergabe einer neuen Versicherungsnummer) folgt. Denn zum einen gibt, die Bestimmung für eine derartige Interpretation ihrem Wortlaut nach keinen ausreichenden Anhalt, sie läßt sich vielmehr im Sinn einer bloßen internen Verwaltungsanweisung verstehen. Zum anderen würde sie gesetzes- und rechtssystematisch in Widerspruch zu den Vorschriften über die Vergabe und Verarbeitung der Versicherungsnummer in §§ 147 ff SGB VI – namentlich § 148 Abs. 1 SGB VI – stehen. Denn diese Bestimmungen, die zeitlich später als die aufgrund des § 1414 a Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO) erlassene VNrV in Kraft traten und daher gemäß dem Rechtsgrundsatz „lex posterior derogat legi priori” gehaltlich der früheren Regelung vorgehen, lassen für das Verständnis des § 1 Abs. 5 Satz 2 1. Halbsatz VNrV nur die oben bezeichnete Sinndeutung zu, da aus ihnen selbst ebenfalls kein Anspruch des Versicherten auf Änderung der Versicherungsnummer bei „Unrichtigkeit” des Geburtsdatums folgt.
Nach § 147 Abs. 1 Satz 2 SGB VI hat der Versicherungsträger für Personen, die nach dem SGB VI versichert sind, eine Versicherungsnummer zu vergeben. Die Versicherungsnummer enthält gemäß § 147 Abs. 2 SGB VI neben anderen Elementen auch das Geburtsdatum. Entsprechend der Definition des § 67 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren – (SGB X), wonach Sozialdaten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener) sind, die von einer in § 35 SGB I genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, ist das Geburtsdatum ein nach §§ 67 ff SGB X geschütztes Sozialdatum. Hieran ändert sich auch nichts, wenn das Geburtsdatum gemäß § 147 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in die Versicherungsnummer als deren Bestandteil einbezogen wird. Denn nach § 147 Abs. 1 Satz 2 SGB VI darf die Versicherungsnummer „weitere personenbezogene Merkmale” als die in Satz 1 genannten nicht enthalten; der Gesetzgeber hat hier also das Geburtsdatum als personenbezogenes Merkmal im Sinne der Definition des § 67 Abs. 1 Satz 1 SGB X angesehen. Die Versicherungsnummer selbst wird dadurch allerdings nicht ebenfalls zu einem geschützten Sozialdatum. Dies ergibt sich nicht nur aus ihrer schon aufgezeigten Eigenart als bloßem Ordnungsmerkmal, sondern auch aus dem Gesetzeswortlaut in § 150 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, wonach die Stammsatzdatei „außer den personenbezogenen Daten …” u.a. nur noch die Versicherungsnummer enthalten darf. Die Versicherungsnummer ist hier also neben und damit sachlich getrennt von den personenbezogenen Daten (Sozialdaten) genannt, d.h. erkennbar nicht als Sozialdatum eingestuft.
§ 147 SGB VI ist – in Nachfolge zu § 1414 a RVO – die materiell-rechtliche Grundlage für die Vergabe der Versicherungsnummer durch den Versicherungsträger. Als Vorschrift, die eine spezifische gesetzliche Aufgabe und entsprechende Handlungsermächtigung für die Träger der Rentenversicherung normiert, gehört die Bestimmung, zu den Regelungen, die gemäß § 30 Abs. 1 SGB IV Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Führung der Geschäfte durch die Versicherungsträger sind. Weder nach ihrem Wortlaut noch ihrer Funktion, die Versicherungsnummer als Mittel zur „Ordnung des Versicherungskontos” (§ 149 Abs. 1 Satz 1 SGB VI) im einzelnen auszugestalten, umfaßt sie, gehaltlich einen Anspruch der „versicherten Personen” (§ 147 Abs. 1 Satz 2 SGB VI) auf Anpassung der Einzelelemente an Veränderungen, die sich nach erstmaliger Vergabe einstellen. Die bezeichnete Ordnungsfunktion wird selbst dann erfüllt, wenn eine Abweichung zwischen Erstfassung der Nummer und nachträglich eingetretener, neuer Situation besteht.
Aus der allgemeinen Ermächtigung der Träger der Rentenversicherung zur Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung gemäß § 148 Abs. 1 SGB VI i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des SGB VI und anderer, Gesetze vom 15. Dezember 1995 (BGBl. I S 1824) folgt ebenfalls kein Anspruch der vom Kläger geltend gemachten Art. Eine Tätigkeit der Versicherungsträger auf den bezeichneten Gebieten ist nach Satz 1 der Vorschrift nur zulässig soweit sie zur Erfüllung der ihnen gesetzlich zugewiesenen oder zugelassenen Aufgaben erforderlich ist. Die in Satz 2 angeschlossene enumerative Aufzählung der Aufgaben umfaßt die Vergabe, Abfassung und insbesondere Anpassung der Versicherungsnummer nicht. Hieraus ist zu schließen, daß der Gesetzgeber eine dem Geburtsdatum als Sozialdatum geltende Datenerhebung, -verarbeitung oder -nutzung, soweit sie eine über den Rahmen des § 147 SGB VI hinausgehende Bearbeitung der Versicherungsnummer darstellt, nicht zum Ermächtigungsbereich des § 148 Abs. 1 SGB VI rechnet. Das aber kann nur bedeuten, daß er einen inhaltlich gleichgerichteten Anspruch versicherter Personen gegen die Träger der Rentenversicherung, der eigenständig – d.h. losgelöst von einer der in § 148 Abs. 1 Satz 2 SGB VI. genannten Aufgaben – geltend gemacht werden kann, nicht kennt. Rechtlicher Ort und Zeitpunkt für Berichtigungen des Geburtsdatums sind damit im Ergebnis nur Maßnahmen der Versicherungsträger, die einer der Aufgaben des § 148 Abs. 1 Satz 2 SGB VI dienen, sofern dabei das Geburtsdatum eine Rolle spielt, im besonderen also die Fälle des § 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB VI.
Der Wille des Gesetzgebers zu derartiger Regelung ergibt sich auch aus der Fassung des § 108 des Entwurfs des Rentenreformgesetzes 1992 (RRG 1992) der Bundesregierung (BT-Drucks 11/4124, S. 41). Nach dessen Abs. 2 Satz 1 diente die Versicherungsnummer nur der Kennzeichnung des Versicherungskontos des Versicherten; über die im Versicherungsverlauf (Versicherungskonto) enthaltenen Daten sollte erst bei Feststellung einer Leistung entschieden werden (Abs. 5 Satz 2). Der Gesetzentwurf wurde zur federführenden Beratung an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung überwiesen. Der Ausschuß sah u.a. eine Änderung oder Neuordnung auch der Vorschriften über die Versicherungsnummer vor (§§ 147 a bis f des geänderten Entwurfs, s. BT-Drucks 11/5490, S. 93 ff). Nach § 147 a Abs. 2 dieses geänderten Entwurfs wurde die Zusammensetzung der Versicherungsnummer nunmehr im Gesetz vorgeschrieben, die Regelung, nicht mehr einer Rechtsverordnung überlassen. Zur Begründung hieß es, in einer Rechtsverordnung könnten künftig nur noch technische, nicht aber mehr inhaltliche Ergänzungen hinsichtlich der Zusammensetzung der Versicherungsnummern erfolgen (BT-Drucks 11/5530, S. 48). Mit dem Gesetz zur Änderung des SGB VI und anderer Gesetze vom 15. Dezember 1995 (BGBl. I S. 1824 ff, 1828) hat der Gesetzgeber das Dritte Kapitel, Zweiter Abschnitt des SGB VI nunmehr mit „Datenerhebung, Datenverarbeitung und Datennutzung beim Rentenversicherungsträger” überschrieben. Inhaltlich hat er § 148 Abs. 1 Satz 1 SGB VI vereinfacht und ohne Beschränkung auf Sozialdaten in Dateien bestimmt, daß diese Sozialdaten nur noch für die Erfüllung der dem Rentenversicherungsträger gesetzlich zugewiesenen Aufgaben erhoben, verarbeitet und genutzt werden dürfen. Damit darf sich der Rentenversicherungsträger mit persönlichen Merkmalen des Versicherten nur befassen, soweit er sie zur Erfüllung seiner Aufgaben feststellen muß, also im wesentlichen zur Leistungserbringung, nicht aber zur bloßen vorausschauenden Verwaltungsorganisation für einen späteren Leistungsfall.
Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch läßt sich auch nicht aus § 84 Abs. 1 Satz 1 SGB X herleiten. Zwar sind nach dieser Vorschrift Sozialdaten zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind. Gemäß dem in § 1 Abs. 1 Satz 1 SGB X normierten Anwendungsbereich der Vorschriften des SGB X gilt die Anweisung für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden, die nach dem SGB ausgeübt wird, d.h. es wird jedweder Umgang der Sozialleistungsträger mit Sozialdaten erfaßt; die Vergabe der Versicherungsnummer gehört, weil bei ihr das Geburtsdatum mitverarbeitet wird, in diesen Tätigkeitsbereich. Die Regelung ist aber ebenfalls nicht als Grundlage eines einklagbaren subjektiven Rechts des Betroffenen zu verstehen, von den Leistungsträgern die Korrektur eines „unrichtigen” Sozialdatums unabhängig von deren allgemeiner sonstiger Aufgabenerfüllung zu verlangen. Eine derartige Interpretation ergibt sich aus den Sätzen 2 und 3 der Vorschrift, wonach dann, wenn die Richtigkeit von Sozialdaten von dem Betroffenen bestritten wird und sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit feststellen läßt, dies in der Datei oder den Akten zu vermerken oder auf sonstige Weise festzuhalten ist und die bestrittenen Daten nur mit einem Hinweis hierauf genutzt und übermittelt werden dürfen. Die hiermit gegebene, spezifische Regelung eines beweismäßigen „non liquet” läßt sich gehaltlich nur in doppelter Weise verstehen.
Zum einen ist mit ihr zum Ausdruck gebracht, daß bei einer Ausgangssituation, wie sie im Gesetzestatbestand bezeichnet ist, ein gerichtliches Verfahren auf Korrektur nicht stattfindet, weil es nach den herkömmlichen Prozeßregeln für die Fälle, des „non liquet” mit Hilfe der verfahrensrechtlichen Figur der materiellen Beweislast zur Abweisung der Änderungsklage des Betroffenen fuhren müßte, d.h. im sachlichen Ergebnis die Beibehaltung des bisher registrierten (aus Klägersicht unrichtigen) Sozialdatums bewirkte. Die im Gesetz vorgesehene Manifestierung des Zweifels unterbliebe nicht nur, sondern würde auch durch die Geltungskraft der Gerichtsentscheidung rechtsförmlich unterbunden.
Zum anderen bedeutet das Offenhalten der Aktenlage durch die Anbringung eines bloßen Zweifelsvermerkes, daß auch die Sozialleistungsträger kein förmliches Amtsermittlungsverfahren i.S. der §§ 20 ff SGB X durchzuführen haben. Denn ein solches Verfahren machte ebenfalls wie ein Gerichtsprozeß die gesetzlich angeordnete Vorgehensweise überflüssig, da auch die Sozialleistungsträger die Richtigkeit oder Unrichtigkeit des bestrittenen Sozialdatums nicht dahinstehen lassen könnten. Sie wären, zur Sachaufklärung mit allen zur Verfügung stehenden Beweismitteln – und zwar schon im Zeitpunkt ihres Verfahrens – verpflichtet. Führten die Ermittlungen nicht zur Klärung, würde auch jetzt nach dem Grundsatz, daß jeder die Voraussetzungen der ihm günstigen Norm (d.h. hier des Änderungsanspruchs) zu beweisen hat, der Betroffene die Nachteile des „non liquet” tragen, also das bisherige – nach seiner Meinung unrichtige – Sozialdatum weiterhin hinnehmen müssen, und zwar entgegen der gesetzlichen Regelung ohne Zweifelsvermerk. Die im Gesetz verwendete Formulierung, daß sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit „feststellen” lassen, bedingt kein abweichendes Ergebnis; das gewählte Wort ist nicht im gesetzestechnischen Sinn eines auf die „Feststellung von Tatsachen” gerichteten Verfahrens – und allein hierzu zählen die Ermittlungs- und Beweisverfahren nach §§ 20 ff SGB X bzw. §§ 106 ff des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) – verwendet, sondern meint die rechtliche Beurteilung, ob aufgrund konkret gegebener (tatsächlicher) Anhaltspunkte das bestrittene Sozialdatum als richtig oder unrichtig zu bewerten ist.
Eine generelle Handlungsmöglichkeit prozeßrechtlicher Art wie die Beweissicherung nach § 76 SGG gibt einem Versicherten schon ihrer grundsätzlichen Zielsetzung nach keinen Anspruch auf Änderung der Versicherungsnummer. Gemäß § 76 Abs. 1 SGG kann die Einnahme des Augenscheins und die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen zur Sicherung des Beweises angeordnet werden. Damit aber wird lediglich die Gelegenheit gegeben, das Erkenntnismaterial zu sammeln und zu bewahren, das die Grundlage für die prozeßordnungsgemäße Feststellung der zu beweisenden Tatsache bildet. Ein Beweisergebnis – die Bejahung oder Verneinung der zu beweisenden Tatsache – wird (noch) nicht formuliert. Ein derartiger Effekt ist dem nachfolgenden Prozeß vorbehalten, in dem die zu beweisende Tatsache als Tatbestandsmerkmal des eingeklagten (sonstigen) materiellen Rechts erheblich ist.
Daß eine auf Feststellung der zu beweisenden Tatsache selbst gerichtete Klage unstatthaft ist und sich demzufolge auch hieraus kein Anspruch, wie ihn der Kläger geltend macht, ableiten läßt, hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 18. Januar 1995 (5 RJ 20/94 – SozR 3-2600 § 149 Nr. 3) klargestellt.
Als mögliche Grundlage für den Anspruch des Klägers auf Änderung der Versicherungsnummer bzw. Vergabe einer neuen Versicherungsnummer mit geändertem Geburtsdatum kommt schließlich auch nicht ein sog. verfassungswidriges Unterlassen des Gesetzgebers in Betracht, soweit dieser es (angeblich) versäumt hat, für den klägerischen Anspruch eine Rechtsgrundlage zu schaffen. Denn selbst wenn dieses Unterlassen verfassungswidrig wäre, folgte daraus allein noch kein konkreter Leistungsanspruch des Klägers i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB I, § 30 Abs. 1 SGB IV. Wenn das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) ausgesetzt und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) eingeholt würde, konnte das BVerfG, sofern es die Verfassungswidrigkeit annimmt, lediglich diesen Rechtszustand als solchen feststellen. Ein Anspruch auf eine Tätigkeit des Versicherungsträgers, wie sie der Kläger begehrt – hier also auf Änderung/Neuvergabe einer Versicherungsnummer – ergäbe sich nicht ohne weiteres, sondern allenfalls aus einer dann vom Gesetzgeber in seiner Zuständigkeit möglicherweise erlassenen Norm (BSG, Urteile vom 29. November 1990 – 5/4 a RJ 53/87 – BSGE 68, 31 = SozR 3-2200 § 1251 a Nr. 12 und vom 15. März 1995 – 5 RJ 44/94 – SozR 3-8575 Art. 2 § 4 Nr. 1).
Der Senat kann den Rechtsstreit auch nicht aussetzen und dem BVerfG nach Art. 100 GG die Frage vorlegen, ob es verfassungswidrig ist, daß der Gesetzgeber keinen Anspruch der Versicherten gegen die Rentenversicherungsträger auf Änderung der Versicherungsnummer bei Unrichtigkeit des Geburtsdatums geschaffen hat, der unabhängig und ggf. auch zeitlich vor deren allgemeiner sonstiger Aufgabenerfüllung i.S. des § 148 Abs. 1 SGB VI – geltend gemacht werden kann. Denn verfassungsmäßige Rechte des Klägers werden durch die Beibehaltung der einmal vergebenen Versicherungsnummer nicht berührt. Insbesondere wird sein Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit in der Ausformung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983 – 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83 –, BVerfGE 65, 1 ff, 43 ff) nicht betroffen. Die grundrechtlich gewährleistete Befugnis des einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen, bleibt gewahrt. Überdies wird dieses Recht nicht schrankenlos gewährleistet: Der einzelne hat nicht ein Recht i.S. einer, absoluten, uneinschränkbaren Herrschaft über „seine” Daten (BVerfG, a.a.O., S. 43 f) Auch das Recht auf Eigentum des Klägers wird nicht tangiert. Sein durch Art. 14 Abs. 1 GG. geschütztes Anwartschaftsrecht auf Zahlung von Altersruhegeld ist nicht gefährdet. Denn im Leistungsfall müssen alle Tatbestandsmerkmale einer leistungsrechtfertigenden Norm – und dazu zählt das genaue Alter des Versicherten – im Einzelfall nach den §§ 20 ff SGB X und § 117 SGG konkret und vollständig ermittelt und festgeschrieben werden (Senatsurteil vom 12. Dezember 1995 – 5 RJ 26/94 –, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Den vorangegangenen Ausführungen liegt die bisherige Rechtsprechung des BSG zugrunde. Der erkennende Senat sieht sich durch den Vorlagebeschluß, des 13. Senats des BSG vom 1. Februar 1995 an den Großen Senat (GrS) des BSG in dem ähnlich gelagerten Revisionsverfahren – 13 RJ 47/93 – an einer Entscheidung, die auf der bisherigen Rechtsprechung des BSG basiert, nicht gehindert.
Der 13. Senat des BSG hat dem GrS des BSG gemäß § 41 Abs. 2 SGG folgende Frage vorgelegt, die auch im vorliegenden Fall erheblich sein könnte:
„Ist die Richtigkeit des Geburtsdatums in der Versicherungsnummer gemäß § 1 Abs. 5 Satz 2 der Verordnung über die Vergabe und Zusammensetzung der Versicherungsnummer (VNrV) auch bei ausländischen Versicherten; für die keine deutschen Personenstandsnachweise bestehen, nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu überprüfen?”
Nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht (Wolf in Münchener Komm, Zivilprozeßordnung ≪ZPO≫, 1992, § 132 Gerichtsverfassungsgesetz ≪GVG≫ RdNr. 10) soll nach Erlaß eines Vorlagebeschlusses die streitige Rechtsfrage in einem Rechtsstreit erst dann wieder entschieden werden dürfen, wenn der. GrS durch seine Entscheidung Rechtssicherheit und Rechtsgleichheit hergestellt habe. Bis dahin müsse auch ein Senat, der an der älteren, durch Vorlegung inzwischen angezweifelten Ansicht festhalte, das Verfahren bis zur Entscheidung, des GrS aussetzen und seinerseits vorlegen.
Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Gemäß § 41 Abs. 2 SGG entscheidet der GrS, wenn ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats oder des GrS abweichen will. Vorliegend ist durch den erkennenden Senat weder eine Abweichung von einer Entscheidung des GrS noch von einer Entscheidung eines anderen Senats beabsichtigt. „Entscheidung” meint ausschließlich verfahrensabschließende Entscheidungen (so zur Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes ≪GmSOGB≫ Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung ≪VwGO≫ – Komm, 10. Aufl. 1994, § 11 VwGO RdNr. 4). Unter diesen Begriff läßt sich ein Vorlagebeschluß jedoch nicht subsumieren, da durch ihn gerade erst eine Entscheidung des GrS herbeigeführt werden soll. Somit entfaltet der Vorlagebeschluß bis zur Entscheidung des GrS keinerlei Sperrwirkung für die anderen Senate des BSG (Kissel, GVG-Komm., 1. Aufl. 1981, § 136 GVG RdNr. 16; ebenso zur Vorlage an den GmSOGB Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 10. Oktober 1975, NJW 1976, 1420;, Meyer-Ladewig, SGG-Komm., 5. Aufl. 1993, § 41 SGG RdNr. 7). Sollte der GrS zu einer von der bisherigen Rechtsprechung des BSG abweichenden Entscheidung, gelangen, so wird der Kläger nach Maßgabe der §§ 44, 48 SGB X geschützt sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Fundstellen