Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung des Unterhaltsbeitrags auf die Arbeitslosenhilfe. Rundung des Auszahlungsbetrags
Leitsatz (amtlich)
1. Der einem früheren Beamten gemäß § 38 BeamtVG wegen einer MdE um 20 vH gewährte Unterhaltsbeitrag ist auf die Arbeitslosenhilfe anzurechnen.
2. Die Bundesanstalt für Arbeit darf die nach Anrechnung von Einkommen verbleibende wöchentliche Arbeitslosenhilfe auf den nächsten durch sechs teilbaren Pfennig-Betrag runden.
Normenkette
BeamtVG § 38; AFG § § 114, 134 Abs 1 S 1 Nr 3, § 134 Abs 4 S 1 Halbs 1, § 138 Abs 1 Nr 1, § 138 Abs 3 Nr 1, § 138 Abs 3 Nr 3, § 138 Abs 3 Nr 6; AlhiV § 11 Nr 1; AlhiV § 11 Nr 4
Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 21.05.1987; Aktenzeichen L 10 Ar 329/86) |
SG Osnabrück (Entscheidung vom 16.09.1986; Aktenzeichen S 5 Ar 337/85) |
Tatbestand
Der Kläger begehrt höhere Arbeitslosenhilfe (Alhi).
Der 1941 geborene, verheiratete Kläger stand von April 1960 bis 10. Mai 1983, im Beamtenverhältnis zum Land Niedersachsen, zuletzt als Polizeihauptmeister. Er meldete sich zum 11. Mai 1983 beim Arbeitsamt arbeitslos und beantragte Alhi. Die Beklagte bewilligte ihm vom 11. Mai bis 28. Juni 1983, vom 2. April 1984 bis 10. Mai 1985 und vom 11. Mai 1985 bis 10. Mai 1986 Alhi, zuletzt in Höhe von wöchentlich 279,60 DM (Verfügung vom 18. April 1985). Das Niedersächsische Landesverwaltungsamt (Landesverwaltungsamt) gewährte dem Kläger als Folge eines früher erlittenen Dienstunfalls, der wegen Verschlimmerung des Leidens mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vH bewertet wurde, durch Bescheid vom 2. Mai 1985 rückwirkend ab 11. Mai 1983 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag gemäß § 38 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG); die laufende Zahlung in Höhe von monatlich 535,29 DM (ohne Kindergeld) wurde ab Juli 1985 aufgenommen; der bis dahin seit Mai 1983 aufgelaufene Betrag in Höhe von 16.067,79 DM wurde dem Kläger im Juni 1985 ausgezahlt. Die Beklagte hob daraufhin mit Wirkung vom 1. Juli 1985 die Alhi-Bewilligung teilweise mit dem Hinweis auf, daß der monatliche Unterhaltsbeitrag in Höhe von 535,29 DM mit wöchentlich 123,53 DM (535,29 DM x 3 : 13) auf die Alhi anzurechnen sei, so daß sich nur ein Auszahlungsbetrag in Höhe von 156,06 DM ergebe (Bescheid vom 2. Juli 1985; Widerspruchsbescheid vom 7. Oktober 1985). Sodann forderte sie vom Kläger die in der Zeit vom 11. Mai 1983 bis 30. Juni 1985 überzahlte Alhi in Höhe von 9.283,74 DM gemäß § 140 Abs 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) zurück (Bescheid vom 8. Juli 1985; weiterer Widerspruchsbescheid vom 7. Oktober 1985).
Das Sozialgericht (SG) hat den Rückforderungsbescheid vom 8. Juli 1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 1985 aufgehoben, weil die Überleitungsanzeige gemäß § 140 AFG verspätet erfolgt sei, die Klage im übrigen abgewiesen und die Berufung zugelassen (Urteil vom 16. September 1986). Gegen dieses Urteil haben der Kläger und die Beklagte Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte den Bescheid vom 8. Juli 1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 1985 durch einen Bescheid vom 6. Januar 1987 ersetzt, darin die Entscheidung über die Bewilligung von Alhi mit Wirkung ab 11. Mai 1983 gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 und Satz 3 Zehntes Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB X) teilweise aufgehoben und die Erstattung des überzahlten Betrages in Höhe von 9.283,74 DM nach § 50 Abs 1 SGB X verlangt. Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des SG abgeändert und den Bescheid vom 2. Juli 1985 für die Zeit vor dem 5. Juli 1985 aufgehoben. Im übrigen hat es die Berufungen des Klägers und der Beklagten zurückgewiesen und die Klage des Klägers gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 6. Januar 1987 abgewiesen (Urteil vom 21. Mai 1987). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt:
Nur die vom Kläger eingelegte Berufung sei, allerdings mit Einschränkung, begründet.
Gegenstand des Verfahrens seien allein noch der Änderungsbescheid vom 2. Juli 1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 1985 und der Ersetzungsbescheid vom 6. Januar 1987.
Der Änderungsbescheid vom 2. Juli 1985 sei erst am 5. Juli 1985 bekanntgegeben worden. Für die Zeit vorher habe er keine Rechtswirkungen entfaltet. Insoweit sei er rechtswidrig und habe aufgehoben werden müssen. Für die Zeit ab 5. Juli 1985 sei er rechtmäßig. Ab diesem Zeitpunkt habe die Beklagte die Bewilligung der Alhi gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X herabsetzen dürfen.
Die wesentliche Änderung in den Verhältnissen sei durch den Bescheid des Landesverwaltungsamtes vom 2. Mai 1985 hervorgerufen worden, durch den dem Kläger ab 11. Mai 1983 ein Unterhaltsbeitrag gemäß § 38 BeamtVG in Höhe von monatlich 535,29 DM zuerkannt worden sei. Dieser sei auf die Alhi anzurechnen (§§ 134 Abs 1 Nr 3, 137 Abs 1, 138 Abs 1 Nr 1 AFG). Im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung sei das Einkommen des Arbeitslosen zu berücksichtigen. Zum Einkommen zählten alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert (§ 138 Abs 2 Satz 1 AFG). Der Unterhaltsbeitrag sei unstreitig eine Einnahme in Geld und damit Einkommen. Der Gesetzgeber habe zwar bestimmte Ausnahmen vom Grundsatz der Einkommensanrechnung vorgesehen. Der Unterhaltsbeitrag gemäß § 38 BeamtVG falle jedoch nicht darunter.
Gemäß § 138 Abs 3 Nr 1 AFG seien von der Anrechnung Leistungen ausgenommen, die einen durch einen Körperschaden verursachten Mehrbedarf - zB bei erhöhter Pflegebedürftigkeit oder wegen Kleiderverschleißes - decken sollten. Dies treffe auf den Unterhaltsbeitrag nach § 38 BeamtVG nicht zu. Letzterer werde einem durch Dienstunfall verletzten früheren Beamten, dessen Beamtenverhältnis nicht durch Eintritt in den Ruhestand geendet habe, für die Dauer einer durch den Dienstunfall verursachten Erwerbsbeschränkung zugesprochen (§ 38 Abs 1 BeamtVG). Ein besonderer Bedarfsfall solle mit ihm nicht abgesichert werden. Sein Zweck bestehe vielmehr darin, die durch den Dienstunfall verursachte allgemeine Erwerbsbeschränkung auszugleichen; es handele sich um einen Beitrag zum Unterhalt. Leistungen, deren Zweck ua darin liege, dem Lebensunterhalt des Empfängers und seiner Angehörigen zu dienen, könnten grundsätzlich nicht von der Anrechnung freibleiben. Dementsprechend habe der Gesetzgeber weder Leistungen zum Ausgleich eines Schadens wegen entgangenen Einkommens oder für den Verlust gesetzlicher Unterhaltsansprüche noch Leistungen der Kriegsopferversorgung, die dem Ausgleich des Erwerbsverlustes dienten, für anrechnungsfrei erklärt (§ 138 Abs 3 Nrn 5 und 6 AFG).
Der Unterhaltsbeitrag gemäß § 38 BeamtVG sei auch nicht gemäß § 11 Nr 4 der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) privilegiert, wonach die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bis zur Höhe des Betrages, der in der Kriegsopferversorgung bei gleicher MdE als Grundrente gewährt würde, nicht als Einkommen gelte. Ob der Unterhaltsbeitrag nach § 38 BeamtVG der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung gleichzustellen sei, könne offenbleiben. Selbst wenn dies der Fall sei, müsse hier eine Anrechnung vorgenommen werden; denn der Unterhaltsbeitrag nach § 38 BeamtVG sei dem Kläger wegen einer MdE von unter 25 vH zugebilligt worden. In dieser Höhe werde auch eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Alhi voll angerechnet (BSG SozR 4480 § 27 RehaAnO Nr 4).
Demgegenüber könne sich der Kläger nicht mit Erfolg auf die Fälle berufen, in denen laufend Beihilfe aus dem Wiedergutmachungsdispositionsfonds bezogen werde. Diese Fälle seien mit dem vorliegenden Fall schon sachverhaltsmäßig nicht vergleichbar.
Schließlich stehe der Bescheid vom 6. Januar 1987, durch den die Beklagte ihren Bescheid vom 8. Juli 1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 1985 ersetzt, die Entscheidung über die Bewilligung von Alhi mit Wirkung ab 11. Mai 1983 teilweise aufgehoben und die Erstattung des überzahlten Betrages in Höhe von 9.283,74 DM verlangt habe, mit der Rechtslage in Einklang.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat anerkannt, daß ihr wegen der dem Kläger für die Zeit vom 11. Mai 1983 bis 30. Juni 1985 gezahlten Alhi ein Anspruch auf Rückerstattung von Alhi nicht zustehe; sie leite aus dem Bescheid vom 6. Januar 1987 keine Rechte mehr für sich ab; für die Zeit vom 1. bis 4. Juli 1985 stehe dem Kläger Alhi ungekürzt zu. Die Beklagte hat ferner mit Rücksicht auf dieses Anerkenntnis zwei Drittel der dem Kläger entstandenen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits übernommen. Sie hat schließlich den Rechtsstreit im Umfang des von ihr abgegebenen Anerkenntnisses für erledigt erklärt. Der Kläger hat das Anerkenntnis der Beklagten angenommen und seinerseits den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt.
Der Kläger hat aufgrund der teilweisen Erledigung des Rechtsstreits die Revision auf die Anfechtung der noch streitigen teilweisen Aufhebung der bewilligten Alhi ab 5. Juli 1985 beschränkt und rügt insoweit eine Verletzung von § 38 BeamtVG und § 138 Abs 3 Nr 1 AFG. Zur Begründung macht er geltend:
Den anrechnungsfreien Einkünften iS des § 138 Abs 3 Nr 1 AFG seien ua Pflegegeld, Pflegezulagen, der Unterhaltsbeitrag für einen Blindenhund sowie der Ersatz für erhöhten Kleiderverschleiß zuzuordnen. Nichts anderes könne für den Unterhaltsbeitrag gemäß § 38 BeamtVG gelten. Es handele sich bei ihm nicht um eine lebenslange Dienstzeitversorgung im Rahmen der Alimentierung, sondern um eine Sonderform des Schadensersatzes mit dem Zweck, Nachteile auszugleichen, die einem früheren Beamten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für die Dauer einer dienstunfallbedingten Beschränkung der Erwerbsfähigkeit entstünden (BVerwGE 22, 243, 246 f; Bundesverwaltungsgericht -BVerwG- Buchholz 232 § 139 BBG Nr 8 und § 160 BBG Nr 10).
Fälle, in denen laufende Beihilfe aus dem Wiedergutmachungsdispositionsfonds erbracht werde, seien mit dem vorliegenden Fall durchaus vergleichbar. Das ergebe sich ua aus den Richtlinien der Bundesregierung für die Vergabe von Mitteln an Verfolgte nichtjüdischer Abstammung zur Abgeltung von Härten in Einzelfällen im Rahmen der Wiedergutmachung vom 26. August 1981. Diesen Richtlinien sei zu entnehmen, daß Beihilfen an Opfer iS des § 1 Bundesentschädigungsgesetz (BEG) geleistet werden dürften, die durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen iS von § 2 BEG erhebliche Gesundheitsschäden erlitten hätten und sich in einer besonderen Notlage befänden.
Der Kläger beantragt,
unter entsprechender Aufhebung der Urteile des LSG und des SG den Bescheid der Beklagten vom 2. Juli 1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 1985 auch insoweit aufzuheben, als er die Zeit ab 5. Juli 1985 betrifft.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das zweitinstanzliche Urteil für zutreffend und erwidert: Der Privilegierungstatbestand des § 138 Abs 3 Nr 1 AFG nehme nur solche Leistungen von der Anrechnung aus, die einem anderen Zweck als der Deckung des Lebensunterhalts dienten. Der Unterhaltsbeitrag gemäß § 38 BeamtVG bezwecke, worauf schon seine Bezeichnung hinweise, eindeutig die Sicherung des Lebensunterhalts.
Die Auffassung des LSG werde durch § 38 Abs 2 und 3 BeamtVG erhärtet. Nach Abs 2 sei der Unterhaltsbeitrag von der Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit abhängig; nicht abhängig sei er vom Umfang eines Mehrbedarfs infolge des die MdE begründenden Körperschadens. Gemäß Abs 3 könne der Unterhaltsbeitrag im Fall einer MdE um mindestens 20 vH für die Dauer unverschuldeter Arbeitslosigkeit erhöht werden. Dies sei rechtssystematisch nur dann verständlich, wenn er zur Sicherung des normalen Lebensbedarfs beitragen solle. Diene er der Abdeckung eines durch Körperschaden verursachten Mehrbedarfs, bleibe unverständlich, weshalb der Mehrbedarf bei Arbeitslosigkeit höher sein solle.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet.
Streitgegenstand ist lediglich noch der Bescheid vom 2. Juli 1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 1985, soweit die Beklagte darin die Bewilligung von Alhi ab 11. Mai 1985 in Höhe von wöchentlich 279,60 DM mit Wirkung ab 5. Juli 1985 teilweise, nämlich in Höhe von 123,53 DM, aufgehoben hat; soweit das LSG die in diesem Bescheid für die Zeit vor dem 5. Juli 1985 ausgesprochene teilweise Aufhebung der Alhi-Bewilligung aufgehoben hat, ist Rechtskraftwirkung eingetreten (§ 141 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), weil die Beklagte keine Revision eingelegt hat; darüber hinaus hat die Beklagte vor dem erkennenden Senat ausdrücklich anerkannt, daß dem Kläger für die Zeit vom 1. bis 4. Juli 1985 Alhi ungekürzt zustehe. Streitbefangen ist nicht mehr der Ersetzungsbescheid vom 6. Januar 1987; aus ihm leitet die Beklagte aufgrund des vor dem Senat abgeschlossenen Teilvergleichs keine Ansprüche mehr her. Ebenfalls nicht mehr Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 8. Juli 1985 in der Gestalt des weiteren Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 1985; dieser Bescheid war durch den Bescheid vom 6. Januar 1987 ersetzt worden.
Die Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG), mit der der Kläger die Aufhebung des Bescheides vom 2. Juli 1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 1985 für die Zeit ab 5. Juli 1985 erstrebt, ist die richtige Klageart. Wird Alhi neu bewilligt und macht der Arbeitslose geltend, daß ihm höhere Alhi zustehe, ist die sog kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG) gegeben. Wird durch den angefochtenen Bescheid hingegen Alhi nicht neu bewilligt, sondern - wie hier - die schon ausgesprochene Bewilligung für den laufenden Bewilligungsabschnitt teilweise aufgehoben, ist allein die Anfechtungsklage zulässig. Soweit die ausgesprochene Bewilligung reicht, fehlt für eine Klage auf Leistung das Rechtsschutzbedürfnis; da die Bewilligung schon dann wiederhergestellt wird, wenn der abändernde Verwaltungsakt aufgehoben wird, verwirklicht der Kläger sein Ziel bereits mit der Anfechtungsklage (BSGE 48, 33, 34 = SozR 4100 § 44 Nr 19; BSGE 49, 197, 198 f = SozR 4100 § 119 Nr 11; BSG vom 12. Juli 1989 - 7 RAr 58/88 -, zur Veröffentlichung vorgesehen).
In der Sache kann der Kläger mit seinem Anliegen nicht durchdringen. Die Beklagte durfte die Bewilligung von Alhi für die Zeit ab 11. Mai 1985 in Höhe von wöchentlich 279,60 DM (Verfügung vom 18. April 1985) spätestens mit Wirkung ab 5. Juli 1985 in Höhe von 123,53 DM teilweise aufheben. Das folgt aus § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlaß vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt; die Aufhebung erfolgt mit Wirkung für die Zukunft. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung sind hier erfüllt.
Es handelt sich bei der Bewilligung von Alhi an den Kläger ab 11. Mai 1985 um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl hierzu etwa BSG vom 22. September 1988 - 7 RAr 61/86 - und vom 8. Juni 1989 - 7 RAr 34/88 -). Die erforderliche wesentliche Änderung in den Verhältnissen, die bei seinem Erlaß vorgelegen haben, ist in dem Bescheid des Landesverwaltungsamtes vom 2. Mai 1985 zu sehen, aufgrund dessen dem Kläger ua ab 1. Juli 1985 laufend ein monatlicher Unterhaltsbeitrag gemäß § 38 BeamtVG in Höhe von 535,29 DM (ohne Kindergeld) zuerkannt und ausgezahlt wurde. Dieser monatliche Unterhaltsbeitrag ist, wie im Änderungsbescheid vom 2. Juli 1985 zutreffend ermittelt, in voller Höhe, nämlich mit wöchentlich 123,53 DM (535,29 DM x 3 : 13), auf die Alhi anzurechnen (§§ 134 Abs 1 Nr 3, 137 Abs 1, 138 Abs 1 Nr 1 AFG). Dies ergibt sich daraus, daß er einerseits Einnahme in Geld und daher Einkommen iS der Vorschriften über die Alhi ist (§ 138 Abs 2 Satz 1 AFG), andererseits aber nicht zu den in § 138 Abs 3 AFG und § 11 AlhiV aufgezählten Einkunftsarten gehört, die nicht als Einkommen iS der Bestimmungen über die Alhi gelten.
Gemäß § 138 Abs 3 AFG gelten ua nicht als Einkommen: Leistungen, die nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften gewährt werden, um einen Mehrbedarf zu decken, der durch einen Körperschaden verursacht ist (Nr 1), ferner zweckgebundene Leistungen, insbesondere nicht steuerpflichtige Aufwandsentschädigungen und Leistungen zur Erziehung, Erwerbsbefähigung und Berufsausbildung (Nr 3), schließlich Leistungen zum Ausgleich eines Schadens, soweit sie nicht für entgangenes oder entgehendes Einkommen oder für den Verlust gesetzlicher Unterhaltsansprüche gewährt werden (Nr 6 Halbs 1). Diese Leistungen sind von der Anrechnung auf die Alhi ausgenommen, weil der Empfänger bei Anrechnung auf die Alhi die Leistung nicht ihrer anderweitigen Bestimmung entsprechend verwenden kann, sie vielmehr ganz oder teilweise anstelle der ausgefallenen Alhi für die Deckung des normalen Lebensunterhalts heranziehen müßte (BSG SozR 4100 § 138 Nr 5).
Der Unterhaltsbeitrag gemäß § 38 BeamtVG unterfällt keinem der genannten Privilegierungstatbestände des § 138 Abs 3 AFG. Er wird einem durch Dienstunfall verletzten früheren Beamten, dessen Beamtenverhältnis nicht durch Eintritt in den Ruhestand geendet hat, für die Dauer einer durch den Dienstunfall verursachten Erwerbsbeschränkung gewährt (§ 38 Abs 1 BeamtVG). Er beträgt bei völliger Erwerbsunfähigkeit 66 2/3 vH der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge (§ 38 Abs 2 Nr 1 BeamtVG), bei MdE um wenigstens 20 vH den der Minderung entsprechenden Teil des Unterhaltsbeitrages nach Nr 1 (§ 38 Abs 2 Nr 2 BeamtVG). Im letztgenannten Fall kann er, solange der Verletzte aus Anlaß des Unfalles unverschuldet arbeitslos ist, bis auf den Betrag nach Abs 2 Nr 1 erhöht werden (§ 38 Abs 3 Satz 1 BeamtVG). Schon aus diesen Vorschriften erhellt, daß der Unterhaltsbeitrag gemäß § 38 BeamtVG nicht den amtsgemäßen Unterhalt des früheren Beamten sichert. Er stellt vielmehr eine "Sonderform des Schadensersatzes" dar und hat die Aufgabe, Nachteile auszugleichen, die einem früheren Beamten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für die Dauer einer dienstunfallbedingten Beschränkung der Erwerbsfähigkeit entstehen (BVerwGE 22, 243, 246 f; Buchholz 232 § 139 BBG Nr 8 und § 160 BBG Nr 10). Andererseits zählt er, obwohl er als eine Art Schadensersatzleistung anzusehen ist, zu den Versorgungsbezügen; das geht aus § 2 Abs 1 Nr 4 BeamtVG iVm der Überschrift des Abschnittes V ("Unfallfürsorge") hervor (Fürst/Arndt/Finger/Mühl/Niedermaier, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Bd 1, Teil 4, Versorgungsrecht II, Stand 1989, § 38 Rz 4). Dafür spricht auch seine Bezeichnung. Er dient mithin - zumal die beamtenrechtliche Unfallfürsorge durch § 38 Abs 5 BeamtVG mit Wirkung ab 1. Januar 1987 deutlich verbessert worden ist (Art 3 Nr 2 des Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes vom 19. Dezember 1986 - BGBl I 2542) - dazu, für die entlassenen Beamten während der dienstunfallbedingten Erwerbsminderung eine angemessene Unterhaltsleistung sicherzustellen (Plog/Wiedow/Beck/Lemhöfer, Komm zum Bundesbeamtengesetz, Stand Juni 1989, § 38 BeamtVG Rz 15 aE; Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsgesetz, Stand Mai 1989, § 38 Rz 1).
Unter Berücksichtigung dieser Unterhaltssicherungsfunktion läßt sich der Unterhaltsbeitrag gemäß § 38 BeamtVG entgegen der Ansicht des Klägers nicht dem Ausnahmetatbestand des § 138 Abs 3 Nr 1 AFG zuordnen. Zum einen ist er nicht vom Umfang eines Mehrbedarfs infolge eines die MdE begründenden Körperschadens, sondern vom Umfang der Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit abhängig (§ 38 Abs 2 BeamtVG). Zum anderen kann er im Fall einer MdE um mindestens 20 vH für die Dauer unverschuldeter Arbeitslosigkeit aufgestockt werden (§ 38 Abs 3 Satz 1 BeamtVG). Dies erklärt sich allein daraus, daß er zur Sicherung des Lebensunterhalts beitragen soll. Würde er der Abdeckung eines durch Körperschaden verursachten Mehrbedarfs dienen, bliebe, worauf die Beklagte mit Recht hinweist, unverständlich, weshalb bei unverschuldeter Arbeitslosigkeit eine Erhöhung des Mehrbedarfs eintreten sollte.
Der Unterhaltsbeitrag gemäß § 38 BeamtVG ist des weiteren keine zweckgebundene Leistung iS des § 138 Abs 3 Nr 3 AFG. Von einer solchen Leistung kann nur dann die Rede sein, wenn ihr eine bestimmte, vom Gesetzgeber erkennbar gebilligte Zweckrichtung zu eigen ist, die im Fall der Anrechnung der Leistung auf die Alhi zu einer Zweckverfehlung führen würde (BSG SozR 4100 § 138 Nr 13). Das trifft ua auf Zuschläge für Nachtarbeit (BSGE 17, 242 = SozR Nr 18 zu § 33 BVG; Kühl in Hennig/Kühl/Heuer, Komm zum AFG, Stand August 1989, § 138 Anm 3c), auf Weihnachtsgratifikationen, soweit sie steuerfrei sind (BSGE 19, 137 = SozR Nr 5 zu § 150 AVAVG; Ambs ua in Gemeinschaftskomm zum AFG - GK-AFG -, Stand Oktober 1989, § 138 Rz 23; Krebs, Komm zum AVAVG, Stand 30. September 1966, 150 Rz 53), sowie auf die die normale Witwenrente übersteigenden Bezüge im sog Sterbevierteljahr (§ 1268 Abs 5 Reichsversicherungsordnung -RVO-, § 45 Abs 5 Angestelltenversicherungsgesetz) zu (Urteil vom 11. Januar 1990 - 7 RAr 128/88 -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Der Unterhaltsbeitrag gemäß § 38 BeamtVG soll, wie aufgezeigt, während der dienstunfallbedingten Erwerbsminderung eines entlassenen Beamten zu einem angemessenen Lebensunterhalt beisteuern. Mit dieser Zielrichtung steht eine Anrechnung auf die Alhi in Einklang.
Aus denselben Erwägungen scheitert hier der Privilegierungstatbestand des § 138 Abs 3 Nr 6 AFG. Der Unterhaltsbeitrag gemäß § 38 BeamtVG mag zwar funktional als Leistung zum Ausgleich eines Schadens gedacht sein. Es fehlt ihm jedoch der Bezug zu einem konkreten Schaden. Im übrigen wird er zumindest auch für entgehendes Einkommen gewährt. Das schließt die Anwendung des § 138 Abs 3 Nr 6 AFG aus.
Ein dem Kläger günstigeres Ergebnis läßt sich nicht aus § 11 Nr 4 AlhiV herleiten. Hiernach gilt nicht als Einkommen die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bis zur Höhe des Betrages, der in der Kriegsopferversorgung bei gleicher MdE als Grundrente und Schwerstbeschädigtenzulage gewährt würde, im Falle des § 587 RVO jedoch mindestens der danach nicht zu berücksichtigende Betrag. Diese Vorschrift ist in dem Sinne zu verstehen, daß eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bei der Berechnung der Alhi in den Fällen nicht außer Ansatz bleiben darf, in denen eine MdE in der Kriegsopferversorgung (wo ein Anspruch auf Rente erst bei Vorliegen einer MdE von 25 vH besteht) nicht zur Gewährung von Grundrente führt. Eine andere Auslegung würde es mit sich bringen, daß ein Behinderter, der Verletztenrente nach einer MdE unter 25 vH bezieht, günstiger dasteht als ein Beschädigter, der durch Schädigungsfolgen im gleichen Maße erwerbsgemindert ist (BSG SozR 4480 § 27 RehaAnO Nr 4). Im vorliegenden Fall kann, wie das LSG zutreffend betont, offenbleiben, ob der Unterhaltsbeitrag nach § 38 BeamtVG einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung gleichzuachten ist. Selbst wenn dies anzunehmen ist, hat eine Anrechnung auf die Alhi stattzufinden; denn der dem Kläger zugestandene Unterhaltsbeitrag wird wegen einer MdE unter 25 vH gewährt. Auch eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung in solcher Höhe würde als Einkommen voll auf die Alhi angerechnet.
Schließlich kann sich der Kläger nicht mit Erfolg auf die Richtlinien der Bundesregierung für die Vergabe von Mitteln an Verfolgte nichtjüdischer Abstammung zur Abgeltung von Härten in Einzelfällen im Rahmen der Wiedergutmachung vom 26. August 1981 berufen. Diesen Richtlinien ist zu entnehmen, daß aus einem Wiedergutmachungsdispositionsfonds Beihilfen an solche Opfer iS des § 1 BEG geleistet werden dürfen, die durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen iS von § 2 BEG erhebliche Gesundheitsschäden erlitten haben und sich in einer besonderen Notlage befinden (§ 2 der Richtlinien). Die erwähnten Richtlinien betreffen einen Sachverhalt, der mit dem vorliegenden schlechthin nicht vergleichbar ist. Der Charakter der genannten Beihilfen als Ersatz für erlittene Gesundheitsschäden ohne Unterhaltsersatzfunktion folgt zudem aus der Art ihrer Gewährung, nämlich als einmalige Kapitalzahlung in Höhe bis zu (maximal) 5.000,-- DM (§ 4 der Richtlinien). Es handelt sich mithin um einmalige Einkünfte, die nicht nach Entstehungsgrund, Zweckbestimmung oder Übung dem laufenden Lebensunterhalt dienen und die demgemäß nicht als Einkommen gelten (§ 11 Nr 1 AlhiV).
Gegen die von der Beklagten vorgenommene Berechnung des Betrages der dem Kläger verbleibenden wöchentlichen Alhi beim Abzug des wöchentlichen Unterhaltsbetrages (123,53 DM) vom regulären Alhi-Wochensatz (279,60 DM) bestehen keine Bedenken. Allerdings fällt auf, daß die Beklagte bei der Ermittlung dieses Betrages zu Lasten des Klägers einen Pfennig zuviel in Abzug gebracht hat (279,60 DM minus 123,53 DM = 156,07 DM, nicht 156,06 DM). Gleichwohl ist diese Abrundung nicht zu beanstanden. Sie rechtfertigt sich aus der Überlegung, daß Alhi für sechs Wochentage gewährt wird und auf jeden Wochentag ein Sechstel der wöchentlichen Alhi entfällt (§§ 134 Abs 4 Satz 1 Halbs 1, 114 AFG); der wöchentliche Alhi-Satz muß, da für einen Wochentag nicht Bruchteile von Pfennigen ausgezahlt werden können, durch sechs teilbar bleiben. Dieses Erfordernis berechtigt die Beklagte, den nach der Einkommensanrechnung ermittelten Alhi-Restbetrag auf den nächsten durch sechs teilbaren Pfennig-Betrag zu runden. Ein solches Vorgehen entspricht dem vom Gesetzgeber ua in § 111 Abs 2 Satz 2 AFG zum Ausdruck gebrachten Pauschalierungsgedanken (vgl auch § 112 Abs 10 AFG) und kann sich in anderen Fällen auch zugunsten des Arbeitslosen auswirken.
Die Revision des Klägers mußte nach alldem zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt, daß die Beklagte sich vor dem Senat durch Vergleich verpflichtet hat, zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten des Klägers in allen drei Instanzen zu übernehmen.
Fundstellen