Entscheidungsstichwort (Thema)

Konkursausfallgeld. Abweisung des Konkurseröffnungsantrags mangels Masse. Weiterarbeit. Kenntnis des Abweisungsbeschlusses. Verschulden an der Unkenntnis des Abweisungsbeschlusses. Irreführung (Täuschung) durch Arbeitgeber. Bekanntgabe des Abweisungsbeschlusses

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Arbeitnehmer hat erst dann Kenntnis von dem Abweisungsbeschluß des Konkursgerichts, welches die Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse abgelehnt hat, wenn er diesen Grund der Entscheidung kennt.

2. Er ist nicht verpflichtet, den Abweisungsgrund selbst zu ermitteln, wenn der Arbeitgeber ihn absichtlich nicht bekanntgibt.

 

Normenkette

AFG § 141b Abs. 1, 3 Nr. 1, Abs. 4-5, § 141e

 

Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Urteil vom 27.02.1991; Aktenzeichen L 8 Al 350/88 ua)

SG Regensburg (Entscheidung vom 20.10.1988; Aktenzeichen S 8 Al 44/88 ua)

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 27. Februar 1991 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beklagte zur Gewährung von Konkursausfallgeld an die Revisionsbeklagte zu 6., Frau C. R., lediglich für die Zeit vom 1. bis zum 6. Juni 1987 verurteilt wird.

Die Beklagte hat den Klägerinnen und Klägern auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die Beklagte wendet sich im Revisionsverfahren gegen ihre Verurteilung zur Gewährung von Konkursausfallgeld (Kaug) für die Zeit vom 1. Juni bis einschließlich 8. Juli 1987. Sie ist der Oberzeugung, daß diese Zeit von dem Kaug-Zeitraum nicht erfaßt ist.

Die Klägerin zu 6. sowie der verstorbene Ehemann der Klägerin zu 5. und die Kläger waren Arbeitnehmer der Firma G.

Durch Beschluß vom 13. April 1987 lehnte das Amtsgericht Amberg die Eröffnung des Konkursverfahrens über die Firma mangels Masse ab. Hiervon erhielten weder der Betriebsrat noch die Kläger(innen) Mitteilung. In einer Betriebsversammlung am 5. Mai 1987 teilte der persönlich haftende Gesellschafter lediglich mit, daß der Antrag der Beigeladenen auf Eröffnung des Konkursverfahrens über die Firma G. abgelehnt worden sei. Im übrigen zeichnete er bezüglich der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens ein günstiges Bild. Frühestens am 9. Juli 1987 erhielten die Arbeitnehmer Kenntnis von der Abweisung des Konkursantrages mangels Masse. Am Folgetage beendeten die Arbeitnehmer ihre Tätigkeit bei dem Unternehmen.

In den die zwischen dem 9. Juli und 7. September 1987 gestellten Kaug-Anträge ablehnenden Bescheiden der Beklagten vom 16. September 1987 ist ausgeführt, die Bediensteten hätten in der fraglichen Betriebsversammlung am 5. Mai 1987 Kenntnis von der Ablehnung des Konkursantrages erhalten. Da sie bis einschließlich Mai 1987 noch Arbeitsentgelt bezogen hätten, sei im Kaug-Zeitraum kein Entgelt ausgefallen. Ein weiteres Insolvenzereignis sei später nicht eingetreten. Der Widerspruch der Klägerin zu 6. und der Kläger blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 1988).

Das Sozialgericht (SG) Regensburg hat die Klagen durch das Urteil vom 20. Oktober 1988 abgewiesen. Zwar hätten die Arbeitnehmer in Unkenntnis des Abweisungsbeschlusses weitergearbeitet; diese Unkenntnis müsse ihnen jedoch angelastet werden. Die Arbeitgeberin sei ihrer Verpflichtung zur Aufklärung nicht in vollem Umfange nachgekommen, jedoch habe sie immerhin so viel gesagt, daß die Unkenntnis der Tatsache, daß die Abweisung des Konkursantrages mangels Masse erfolgt sei, nicht die Verpflichtung der Beklagten, Kaug zu zahlen, zur Folge haben könne. Angesichts des Konkursantrages der Beigeladenen hätten sie davon ausgehen müssen, daß die Abweisung des Antrages mangels Masse erfolgt sei. Nur eine unverschuldete Unkenntnis bewirke den Vorteil, welcher in § 141 b Abs. 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) vorgesehen sei.

Demgegenüber ergibt sich nach der Oberzeugung des Landessozialgerichts (LSG) aus dem Zusammenhang des Gesetzes und der genannten Vorschrift, daß sich die Kenntnis der Arbeitnehmer auf einen Abweisungsbeschluß iS von § 141 b Abs. 3 Nr. 1 AFG beziehen müsse. Demzufolge beginne der Kaug-Zeitraum erst mit dem Tage der Kenntnisnahme von dem Grund der Abweisung des Konkursantrages. Da diese Kenntnis frühestens am 9. Juli 1987 erlangt worden sei, falle der Zeitraum für welchen Kaug beantragt werde, in den Kaug-Zeitraum. Das LSG hat die Beklagte verurteilt, den Kläger(inne)n Kaug für die Zeit vom 1. Juni bis einschließlich 8. Juli 1987 zu gewähren.

Nach der Überzeugung der Revision sprechen weder der Wortlaut noch der Zweck des Gesetzes für die Auslegung durch das LSG. Der Hinweis des Unternehmens in der fraglichen Betriebsversammlung am 5. Mai 1987 auf den Konkursantrag der Beigeladenen hätte die Arbeitnehmer zu entsprechendem Handeln veranlassen müssen. Sie hätten Anlaß zur Einstellung ihrer Tätigkeit bei der Arbeitgeberin gehabt. Ihnen sei zuzumuten gewesen, ihre Augen vor den wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Arbeitgeberin nicht zu verschließen. Das Gesetz gehe von der Mündigkeit der Arbeitnehmer aus. Auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) lasse den Schluß zu, daß eine positive Kenntnis von dem Grund für die Ablehnung des Konkursantrages nicht vorhanden zu sein brauche. Das Verhalten der Klägerin zu 6. und der Kläger sei grob fahrlässig gewesen, so daß ihnen die Kenntnis von dem Ablehnungsgrund des Konkursantrages zuzurechnen sei. Infolgedessen falle die Zeit, für welche jetzt Kaug beantragt werde, nicht in den Kaug-Zeitraum.

Die Beklagte beantragt daher,

das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 27. Februar 1991 aufzuheben und die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 20. Oktober 1988 zurückzuweisen.

Die Revisionsbeklagten beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Sie sind der Auffassung, daß das Urteil des LSG zutreffende Feststellungen enthalte, und daß die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden sei.

Die Klägerin zu 6. hat erklärt, daß sie aus dem Berufungsurteil für den Zeitraum ab 7. Juni 1987 keine Rechte geltend mache. Daraufhin hat die Beklagte ihre Revision betr die Klägerin zu 6. in diesem Umfang zurückgenommen.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

 

Entscheidungsgründe

II

Das Gericht hat ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entschieden, nachdem die Beteiligten ihr Einverständnis erklärt haben (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Der erkennende Senat ist mit dem LSG der Auffassung, daß der Kaug-Zeitraum bis zum 8. Juli 1987 reicht.

Die Entscheidung des vorstehenden Rechtsstreits hängt von der Beantwortung der Frage ab, ob der Zeitraum ab 1. Juni 1987 bis einschließlich 8. Juli 1987 in den durch § 141 b Abs. 1 und 3 umschriebenen Kaug-Zeitraum fällt. Nach den genannten Normen wird ausgefallenes Entgelt nämlich nur für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses gewährt, welche dem maßgebenden Insolvenzereignis vorausgehen. Als maßgebliches Insolvenzereignis kommt im vorliegenden Falle die Abweisung des Antrages der Beigeladenen auf Eröffnung des Konkursverfahrens über die Firma G. mangels Masse in Betracht (§ 141 b Abs. 3 Nr. 1 AFG). Der Beschluß des zuständigen Amtsgerichts Amberg ist am 13. April 1987 ergangen. Dieses Datum bestimmt jedoch nicht den Kaug-Zeitraum. Da sämtliche Klägerinnen und Kläger über diesen Zeitpunkt hinaus weiterhin bei ihrer Arbeitgeberin gearbeitet haben, mußten die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit im vorliegenden Falle gemäß § 141 b Abs. 4 AFG die Frage beantworten, wann die Arbeitnehmer Kenntnis von dem Abweisungsbeschluß des Amtsgerichts erhalten haben; denn erst mit der Kenntnis, daß ein Insolvenzereignis iS von § 141 b Abs. 3 Nr. 1 AFG eingetreten ist, endet der Zeitpunkt, bis zu welchem Kaug gewährt werden kann.

Durch § 141 b Abs. 4 AFG werden Arbeitnehmer geschützt, welche in Unkenntnis des Abweisungsbeschlusses weitergearbeitet haben. Die in dieser Vorschrift zum Ausdruck kommende Fürsorge des Gesetzgebers für den genannten Arbeitnehmerkreis war geboten, weil die Entscheidung über die Abweisung eines Antrages auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse nur unzureichende Publizität hat (vgl. dazu BSGE 45, 85, 86). Die Arbeitnehmer, welche selbst nicht an dem Verfahren über die Eröffnung des Konkursverfahrens beteiligt sind, bleiben infolge ihrer Unkenntnis über die Abweisung des Antrages auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse weiter geschützt.

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kaug-Zeitraum durch die positive Kenntnis der Arbeitnehmer von der Abweisung des Konkurseröffnungsantrages endet oder bereits in einem Zeitpunkt, in welchem es für sie mehr oder weniger nahegelegen hätte, sich entsprechende Kenntnisse zu verschaffen. Bereits der Wortlaut der Vorschrift trägt nach der Überzeugung des erkennenden Senats die letztgenannte Auffassung, welche hier von der Revision vertreten wird, nicht. Das LSG hat zutreffend darauf aufmerksam gemacht, daß Kenntnis „des Abweisungsbeschlusses nach Abs. 3 Nr. 1” vorhanden sein muß. Durch den Hinweis auf Abs. 3 Nr. 1 hat der Gesetzgeber die Vorschrift insofern gestrafft, als er sich erspart hat, den Inhalt dieser Norm zu wiederholen. In ihr ist aber von der Abweisung des Antrages auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse die Rede. In § 141 b Abs. 4 2. Halbsatz AFG verlangt der Gesetzgeber ausdrücklich die „Kenntnisnahme” des Abweisungsbeschlusses (nach Abs. 3 Nr. 1). Es genügt demnach nicht die Kenntnisnahme von Umständen, welche auf einen entsprechenden Abweisungsbeschluß hindeuten und Veranlassung bieten, Gewißheit über den Ausgang des Konkurseröffnungsverfahrens zu beschaffen. Weder die unvollständige Kenntnisnahme von einem Antrag noch die Unkenntnis des Abweisungsgrundes sind eine Kenntnisnahme iS von § 141 b Abs. 4 2. Halbsatz AFG.

Dies wird durch eine Zusammenschau mit § 141 b Abs. 5 AFG besonders deutlich. Nach dieser Vorschrift ist nämlich der Arbeitgeber wegen der ansonsten mangelhaften Publizität des Beschlusses des Konkursgerichts über die Ablehnung des Antrages auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse verpflichtet, diesen Beschluß dem Betriebsrat oder, soweit ein solcher nicht besteht, den Arbeitnehmern vollinhaltlich bekanntzugeben. Damit wird auf der einen Seite verhindert, daß Arbeitnehmer in Unkenntnis der maßgeblichen Umstände bei dem Unternehmer weiterarbeiten. Vor allem aber wird dadurch die Kenntnisnahme iS von § 141 b Abs. 4 AFG jedenfalls bei denjenigen Arbeitnehmern herbeigeführt, welche zur Zeit der Bekanntgabe (noch) bei dem Arbeitgeber tätig sind. Der Arbeitgeber ist daher nicht nur verpflichtet, Hinweise auf die fehlende wirtschaftliche Grundlage des Betriebes zu geben, wie das hier nicht einmal geschehen ist, sondern er muß vielmehr die Karten vor seinen Arbeitnehmern offenlegen. Die so gestaltete Arbeitgeberpflicht ist im Zusammenhang auch mit dem Ende des Kaug-Zeitraumes iS von § 141 b Abs. 1, 3 Nr. 1 und 4 AFG zu sehen.

Wollte man demgegenüber der Auffassung der Beklagten beipflichten, wonach ein mündiger Arbeitnehmer beim Vorhandensein entsprechender Anhaltspunkte selbst für die volle Kenntnis über den Grund der Ablehnung des Konkurseröffnungsantrages zu sorgen hat, so würde man das Pflichtenverhältnis, so wie es in den Abs. 4 und 5 dargelegt ist, in das Gegenteil verkehren. Dem Gesetz ist nämlich unzweideutig zu entnehmen, daß nicht der Arbeitnehmer dazu verpflichtet ist, sich über die Umstände, welche mit dem wirtschaftlichen Zustand des Unternehmens zusammenhängen, Informationen zu beschaffen; vielmehr ist der Arbeitgeber verpflichtet, hierfür Sorge zu tragen. Der vorliegende Fall zeigt besonders klar, daß die mangelnde Kenntnis der Kläger vor dem 9. Juli 1987 auf die Verletzung der Arbeitgeberpflichten iS von § 141 b Abs. 5 AFG zurückzuführen ist. Diese Pflichtverletzung kann aber nicht den Arbeitnehmern zum Nachteil gereichen, zumal dann nicht, wenn sie, wie im vorliegenden Falle, durch einen Unternehmer in Täuschungsabsicht begangen wird.

Es genügt nach alledem nicht, wenn die Arbeitnehmer Kenntnis von der Eröffnung der Ablehnung eines Konkurseröffnungsantrages haben. Die Ablehnung des Eröffnungsantrages kann aus unterschiedlichen formalen und materiellen Gründen erfolgen. Sie gibt für sich genommen noch keine Kenntnis über den wirtschaftlichen Zustand des Unternehmens. Es kann daher nicht ausreichen, wenn Arbeitnehmer aussageschwache Umstände zur Kenntnis erhalten, zumal dann nicht, wenn, wie das hier geschehen ist, der Unternehmer sogar unzutreffende wirtschaftliche Verhältnisse vorspiegelt (vgl. dazu zB BT-Drucks 8/2914 S 45; 8/2624 S 30/31 und das Protokoll zur 63. Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom 16. Mai 1979 63/84). In den Gesetzesmaterialien ist ausführlich geschildert, daß der Gesetzgeber um die ausreichende Information der Arbeitnehmer besorgt gewesen ist, insbesondere wenn es um die Kenntnisnahme eines Insolvenzereignisses geht.

Soweit die Revision sich auf frühere Rechtsprechung des erkennenden Senats beruft, stützt diese ihre Auffassung nicht.

In seinem Urteil vom 23. November 1981 – BSGE 53, 1 = SozR 4100 § 141 b Nr. 21 – hatte der Senat zu entscheiden, welche Voraussetzungen vorliegen müssen, um annehmen zu können, daß ein Konkursverfahren „offensichtlich” mangels Masse nicht in Betracht kommt (§ 141 b Abs. 3 Nr. 3 AFG). Bei dieser Frage geht es, anders als im gegebenen Rechtsstreit, um das hypothetische Schicksal eines fingierten Konkurseröffnungsantrages in einer konkreten Situation, während es in dem vorliegenden Zusammenhang, nämlich unter der Geltung von § 141 b Abs. 3 Nr. 1 iVm Abs. 5 AFG, um die Verschaffung von Kenntnissen über wirkliche Geschehensabläufe geht, nämlich die erfolgte Ablehnung eines Konkursantrages wegen Masselosigkeit. Es ist völlig klar, daß von gedachten Geschehensabläufen ein anderes „Wissen”, nämlich lediglich mehr oder weniger gestützte Vermutungen, zu verlangen ist als über Ereignisse, welche Wirklichkeit sind. Da also das genannte Urteil des Senats einen systematisch anderen Zusammenhang betrifft als er hier zu beurteilen ist, ist es nicht einschlägig.

Auch bei der zweiten Gruppe von Urteilen, welche die Revision zu ihrer Begründung heranzieht, betrifft einen anderen Zusammenhang, nämlich die Kenntnis bzw Unkenntnis eines Arbeitnehmers von dem in § 141 b Abs. 1 AFG genannten (normalen) Insolvenzereignis, der tatsächlich erfolgten Eröffnung des Konkursverfahrens (BSG SozR 4100 § 141 b Nrn 34 und 37). Es war zu entscheiden, welche Bedeutung es hat, wenn Arbeitnehmer (infolge Urlaubs: Nr. 34 bzw bei nachfolgender Arbeitsaufnahme; Nr. 37) von der Eröffnung des Konkursverfahrens keine Kenntnis erhalten. Abgesehen davon, daß der Gesetzgeber die vom Senat in seinem Urteil vom 19. März 1986 (Nr. 37) aufgezeigte Lücke inzwischen geschlossen hat (BT-Drucks 503/92 S 11; BGBl I 1992, 2050/2051), so daß diese Entscheidung keine Rolle mehr spielt, hat der Senat im übrigen aus dem Gesamtzweck der Kaug-Regelung den Schluß gezogen, daß die Unkenntnis des Arbeitnehmers im Falle der Eröffnung des Konkursverfahrens nicht in jedem Falle die anspruchsvernichtende Wirkung des § 141 e Abs. 1 Satz 2 AFG aF auslöst. Der Senat hat vielmehr insoweit auf die „unverschuldete” Unkenntnis von der Konkurseröffnung abgestellt, obwohl dies dem Wortlaut der Vorschrift nicht unmittelbar zu entnehmen ist. Dabei ist zu beachten, daß insoweit wegen der vorhandenen relativen Publizität des Eröffnungsbeschlusses eine Informationspflicht des Arbeitgebers – anders als im vorliegenden Falle – nicht besteht.

Ebenfalls anders ist die Interessenlage in § 141 e AFG. Dort hat der Gesetzgeber festgelegt, daß der Arbeitnehmer bestimmte Sorgfaltspflichten zu erfüllen hat, um die ihm gesetzte Frist nicht endgültig zu versäumen. Die festgehaltenen Sorgfaltspflichten betreffen allerdings nicht die Verschaffung von Kenntnis über den Grund eines Ablehnungsbeschlusses oder andere Umstände, sondern vielmehr Vorkehrungen, welche darauf gerichtet sind. Entgeltansprüche durchzusetzen. Hiervon abgesehen begründet das Gesetz nur Verpflichtungen des Arbeitnehmers, welche ihm ohnehin kraft Gesetzes obliegen. Anders verhält es sich dagegen im Rahmen von § 141 b AFG. Dort betreffen die Verpflichtungen zur Publizierung des Abweisungsbeschlusses ausschließlich den Arbeitgeber. Der erkennende Senat hält es daher für nicht zulässig, sie im Wege der Umkehrung von Wortlaut und Zweck des Gesetzes in der von der Beklagten vorgesehenen Weise auf die Arbeitnehmer abzuwälzen. Das LSG hat die Beklagte mit Recht verurteilt, auch für den Zeitraum, welcher mit der Kenntnisnahme des Abweisungsbeschlusses am 9. Juli 1987 endet, Kaug zu zahlen.

Bei der Abfassung des Urteilstenors hat das LSG jedoch offensichtlich übersehen, daß die Klägerin zu 6., C. R., Kaug nur bis einschließlich 6. Juni 1987 verlangt hat. Die Klägerin zu 6. und die Beklagte haben den Gegenstand im Revisionsverfahren entsprechend beschränkt. Der Tenor des angefochtenen Urteils ist klargestellt worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 927564

ZIP 1993, 1719

Breith. 1994, 426

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