Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 6. März 1997 insofern aufgehoben, als die Beklagte dort unter Abänderung entgegenstehender Entscheidungen verurteilt worden ist, „als weiteres Arbeitsentgelt Erschwerniszuschläge aus dem Arbeitsverhältnis des Klägers bei dem VEB B. … S. … zu berücksichtigen.” Insoweit wird die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Zwischen den Parteien ist zuletzt noch streitig, ob die Beklagte als zuständiger Versorgungsträger verpflichtet ist, im Rahmen des nach § 8 Abs 2, 3 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) zu erteilenden Bescheides als tatsächlich erzieltes Arbeitsentgelt iS von § 8 Abs 1 Satz 2 AAÜG auch Erschwerniszuschläge festzustellen, die der Kläger in der früheren DDR bezogen hat.
Der am 1. Juni 1940 geborene Kläger besuchte von September 1959 bis Juli 1961 ein Institut für Lehrerbildung und absolvierte das dritte Studienjahr von August 1961 bis August 1962 in einem Jugendwerkhof. Anschließend war er mit Unterbrechung durch den Wehrdienst vom 1. November 1963 bis 11. Februar 1965 und eine nachfolgende Zeit ohne Arbeit ab 22. Februar 1965 bis August 1968 an der Betriebsschule des VEB B. … – … S. … tätig. Es folgten eine Beschäftigung als Berufsberater (September 1968 bis August 1975), ein Studium als Diplompädagoge (September 1975 bis 24. Februar 1977) sowie eine Beschäftigung als Berufsschulinspektor (September 1976 bis August 1977). Vom 29. August 1977 bis August 1990 arbeitete er dann wieder als Fachlehrer an der Betriebsschule des VEB B. … S. ….
Neben der Sozialpflichtversicherung war der Kläger zunächst in das System der Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen und anschließend ab September 1976 in die zusätzliche Versorgung der Pädagogen in Einrichtungen der Volks- und Berufsbildung einbezogen.
Mit Bescheid vom 27. Januar 1994 stellte die Beklagte ua die Zeiten der Zugehörigkeit zu den Versorgungssystemen und die berücksichtigungsfähigen Entgelte fest. Der hiergegen gerichtete Widerspruch, mit dem der Kläger ohne nähere Angaben ua die fehlende Berücksichtigung diverser Entgeltbestandteile rügte, blieb erfolglos und führte zur Bestätigung der Ausgangsentscheidung mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 1994. Mit der daraufhin erhobenen Klage hat sich der Kläger neben einer Vielzahl zeitlich und sachlich präzise erfaßter Komplexe zunächst unspezifiziert ebenfalls noch gegen die fehlende Berücksichtigung ua von „Zulagen” gewandt. In der mündlichen Verhandlung vom 9. Januar 1996 hat er demgegenüber ausdrücklich nur noch begehrt,
„den Bescheid vom 27.01.1994 in Form des Widerspruchsbescheides vom 06.06.1994 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
- die Zugehörigkeit zur Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen beginnend ab dem 01.08.1961 festzustellen,
- die im Zeitraum vom 01.01.1970 bis zum 31.12.1974 erzielten Entgelte entsprechend den tatsächlich erzielten Verdiensten ohne Begrenzung nach § 6 Abs. 1 AAÜG (Anlage 3) festzustellen,
- die Arbeitsausfalltage nicht in der Entgeltbescheinigung vorzumerken.”
Insofern hat das Sozialgericht (SG) Cottbus die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
Die am 21. Februar 1996 eingelegte Berufung wendet sich unter Bezugnahme auf das Vorbringen im Widerspruchsverfahren ua erneut unspezifiziert gegen die fehlende Berücksichtigung von Entgeltbestandteilen „Nachzahlungen, Bergmannsprämien, Zulagen, Überstunden- und Honorarbezüge, Schichtprämien”). Das Landessozialgericht (LSG) für das Land Brandenburg hat dies zum Anlaß genommen, in umfängliche Ermittlungen insbesondere zur Höhe des Lohnes/Gehaltes einzutreten. In der mündlichen Verhandlung vom 6. März 1997 hat der Kläger im Anschluß an die Erledigung diverser Streitpunkte durch Teilanerkenntnis der Beklagten bzw Rücknahme der Klage ausweislich des Protokolls zuletzt noch beantragt,
„das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 9. Januar 1996 und den Bescheid vom 27. Januar 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 1994 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten:
- Für die Zeit vom 1. September 1975 bis 31. Dezember 1975 2400,00 DM und für die Zeit vom 1. Januar 1976 bis 31. August 1976 4800,00 DM als weiteres nachgewiesenes Arbeitsentgelt zu berücksichtigen.
- Für die Zeit vom 22. Februar 1965 bis 31. Dezember 1967 und vom 29. August 1977 bis 31. August 1990 Bergmannsgeld, Zuschläge für zeitliche Mehrarbeit, Schicht-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit sowie Erschwerniszuschläge zu berücksichtigen.
- Die nachgewiesenen Arbeitsentgelte für die Jahre 1970 bis 1974 auch über den jeweiligen Beträgen der Anlage 3 AAÜG zu berücksichtigen.”
Das LSG hat daraufhin entschieden:
„Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 9. Januar 1996 und der Bescheid vom 27. Januar 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 1994 geändert. Die Beklagte wird verpflichtet, als weiteres Arbeitsentgelt Erschwerniszuschläge aus dem Arbeitsverhältnis des Klägers bei dem VEB B. … S. … zu berücksichtigen. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.”
Die Beklagte begründet ihr Rechtsmittel hiergegen im wesentlichen damit, daß entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts der Entgeltbegriff des § 6 Abs 1 AAÜG auf der Grundlage des DDR-Rechts zu bestimmen sei. Danach hätten Erschwerniszuschläge nicht der Sozialversicherungspflicht unterlegen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 6. März 1997 aufzuheben, soweit es den Versorgungsträger verpflichtet, als weiteres Arbeitsentgelt Erschwerniszuschläge zu berücksichtigen, und die Berufung insoweit abzuweisen.
Der Kläger ist im Revisionsverfahren nicht durch einen beim Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen Bevollmächtigten vertreten.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision der Beklagten erweist sich auch sachlich als in vollem Umfang begründet.
Das LSG hat über ein Begehren entschieden, das zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem SG nicht mehr von der Klage umfaßt war und wegen Fristablaufs auch im Wege der Erweiterung im Rahmen des Berufungsverfahrens nicht mehr erneut gerichtlich geltend gemacht werden konnte.
Bescheide der angegriffenen Art enthalten nach der Rechtsprechung des Senats (≪Vorlage-≫Beschluß vom 14. Juni 1995, 4 RA 1/95 und SozR 3-8570 § 8 Nr 2) die auf Kalenderjahre bezogene Feststellung der versorgungsspezifischen Daten. Hierzu gehören
- die Zeit der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem (Zeit der Systemzugehörigkeit),
- die Höhe des tatsächlich erzielten (Brutto-)Arbeitsentgelts oder (Brutto-)Arbeitseinkommens (§ 8 Abs 1 Satz 2 AAÜG),
- die tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 6 Abs 2, 3, 5 oder 7 AAÜG sowie
- die Summe der Arbeitsausfalltage (§ 8 Abs 1 Satz 3 AAÜG), soweit diese nicht in einem Sozialversicherungsausweis eingetragen sind.
Aus der Vielzahl der damit auch im Bescheid vom 27. Januar 1994 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 1994) enthaltenen Verwaltungsakte waren am Schluß der mündlichen Verhandlung vom 9. Januar 1996 nur noch diejenigen mit Anfechtungs- und hiermit in zulässiger Klagehäufung verbundenen (§ 56 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) Verpflichtungsklagen angegriffen, die sich ihrem Regelungsgehalt nach auf die sachlich und zeitlich vom Kläger enumerativ angesprochenen Themenkomplexe bezogen. Entgegen der ursprünglich erheblich weiteren Fassung hatte der Kläger sein Rechtsmittel damit abschließend auf drei sachlich und zeitlich präzise umschriebene Themenkomplexe begrenzt, die die vor dem LSG erneut begehrte Berücksichtigung einer Erschwerniszulage in den streitigen Zeiträumen vom 22. Februar 1965 bis 31. Dezember 1967 bzw vom 29. August 1977 bis 31. August 1990 weder ausdrücklich noch sinngemäß weiterhin erfaßten. Da es auch an jeglichen Anhaltspunkten dafür fehlt, daß die sprachlich zu keinerlei Zweifeln Anlaß gebende Fassung der erstinstanzlichen Anträge die erhobenen Ansprüche nicht richtig wiedergeben könnte (§ 123 SGG), hätte das SG mit seiner Entscheidung nicht ohne Verstoß gegen das – auch im sozialgerichtlichen Verfahren ohne weiteres Geltung beanspruchende – Verbot des „ne ultra petita partium” über die im Revisionsverfahren streitige Problematik entscheiden können. Vielmehr ist es bei der gegebenen Sachlage zu Recht davon ausgegangen, daß der Rechtsstreit bezüglich aller von den zuletzt gestellten Anträgen nicht mehr erfaßten Punkte seine Erledigung durch eine (teilweise) Klagerücknahme gefunden hatte (§ 102 Satz 2 SGG).
Eine prozessuale Geltendmachung des erledigten Teils des ursprünglichen Klageanspruchs war damit – auch im Wege einer Erweiterung des Berufungsantrages – für die Zukunft ausgeschlossen (vgl bereits BSG in SozR § 102 SGG Nr 10). Der – auf die ursprünglich erhobene Untätigkeitsklage hin ergangene – Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 6. Juni 1994 war dem Kläger nämlich nach eigenen Angaben im Schriftsatz vom 17. Juni 1994 am Vortag zugestellt worden, so daß Klage hiergegen nur bis längstens 18. Juli 1994, keinesfalls mehr aber am 21. Februar 1996 und erst recht nicht am 6. März 1997 erhoben werden konnte (§ 87 SGG).
Die gegen eine derartige Auffassung vom LSG angeführten Bedenken sind nicht stichhaltig: § 537 Zivilprozeßordnung betrifft nicht den prozessualen Anspruch, sondern das zur Stützung oder Abwehr vorgebrachte tatsächliche, materiell- und prozeßrechtliche Vorbringen „Streitpunkte”). Die im Berufungsverfahren nachgeholte Entscheidung über entgegen § 96 SGG versehentlich nicht in das erstinstanzliche Verfahren einbezogene Bescheide betrifft evident nicht die hier vorliegende Konstellation und weist auch keinerlei verwandte Aspekte auf.
Die sachlich grundsätzlich zutreffende (vgl ≪Vorlage-≫Beschluß vom 14. Juni 1995, 4 RA 1/95, S 27, 29) Entscheidung des Berufungsgerichts konnte unter diesen Umständen keinen Bestand haben. Die unzulässige Klage vor dem LSG war im zuletzt noch streitigen Umfang abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen