Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahlung der Mehrwertsteueranteile, die auf erbrachte Badebetriebsleistungen entfallen
Beteiligte
24. Januar 1990 … Kläger und Revisionskläger |
Allgemeine Ortskrankenkasse Hochsauerland,vertreten durch den Geschäftsführer,Arnsberg 2, Jahnstraße 5, Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
G r ü n d e :
I
Die Kläger begehren Zahlung der Mehrwertsteueranteile, die auf die von ihnen erbrachten Badebetriebsleistungen entfallen.
Die Kläger betreiben seit Juni 1977 ein Kurhaus (einschließlich Hotel, Cafe und Restaurant) mit medizinischer Badepraxis. Auf die Badebetriebsleistungen zahlen sie Mehrwertsteuer, weil die Finanzbehörde von einer gewerblichen Tätigkeit ausgeht. Die Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen des südlichen Teiles des Regierungsbezirks Arnsberg war bereit, das Kurhaus der Kläger in den Kreis der Betriebe einzubeziehen, die Badeleistungen an Kassenmitglieder abgeben können, und ließ den Klägern im Juli 1978 durch die für die Arbeitsgemeinschaft federführende Beklagte den Entwurf eines von ihr unterzeichneten Vertrages übersenden. In § 6 dieses Vertrages heißt es ua:
Für die Vergütung der Vertragsleistungen gilt die jeweils vereinbarte Gebührenliste - einschließlich Mehrwertsteuer -, die zwischen den Krankenkassenverbänden Westfalen-Lippe, der Westfälischen landwirtschaftlichen Krankenkasse in Münster pp ... abgeschlossen wurde.
Zu einer Unterzeichnung des Vertrages durch die Kläger kam es trotz weiterer Verhandlungen nicht, weil sie der Auffassung waren, daß die in dem Vertrag vereinbarten Vergütungen für die einzelnen therapeutischen Leistungen in ihrem Fall um die jeweils gezahlte Umsatz- bzw Mehrwertsteuer zu erhöhen seien. Ihre Forderung, für den Monat Dezember 1979 insgesamt 1.180,83 DM an Mehrwertsteueranteilen zu zahlen, lehnte die Beklagte ab. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen.
Die Berufung der Kläger hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen und ausgeführt, für den Rechtsstreit sei der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben. Maßgebend sei dafür der unmittelbare Vollzug der den Krankenkassen gegenüber ihren Mitgliedern gesetzlich obliegenden öffentlich-rechtlichen Versorgungsaufgaben. Die Beklagte habe die Kläger zumindest stillschweigend weiterhin zur Behandlung ihrer Mitglieder zugelassen und mit ihnen - bis auf die streitige Frage des Mehrwertsteueranteils - abgerechnet. Unzutreffend sei die Auffassung der Kläger, ein öffentlich-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch, der sich aus der Umwandlung des ursprünglichen Sachleistungsanspruchs des Versicherten ergebe, umfasse notwendigerweise den Mehrwertsteueranteil. Ein etwa bestehender öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch der Kläger erfasse diesen Anteil nicht. Wie die Kläger selbst eingeräumt hätten, würden Badebetriebsleistungen in aller Regel freiberuflich und nicht gewerblich erbracht. Die Leistung an den Versicherten sei deshalb nicht mit der Mehrwertsteuer verknüpft. Vielmehr ergebe sich die Steuerpflicht aus der wählbaren Form der Leistungserbringung. Die Beklagte habe ferner nicht gegen das Diskriminierungsverbot des § 26 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) verstoßen. Eine sachlich nicht gerechtfertigte unterschiedliche Behandlung der Kläger gegenüber anderen gleichartigen Leistungserbringern sei zu verneinen, weil gerade die von den Klägern selbst gewählte Form ihres Betriebes das entscheidende Kriterium für eine unterschiedliche Behandlung gegenüber freiberuflich tätigen Bademeistern und Masseuren sei. Die Beklagte habe auch keine Monopolstellung, denn eine Reihe von anderen Krankenkassen, mit denen die Kläger abrechnen, ersetze die Mehrwertsteuer.
Die Kläger haben Revision eingelegt und machen geltend, die von ihnen behandelten Versicherten hätten notwendig beigeladen werden müssen. Die Kläger hätten einen Anspruch auf Auskehrung der Mehrwertsteuer, denn diese sei Bestandteil des Beschaffungswerts der Behandlungsleistungen. Einig seien sich die Beteiligten dahin, daß die Kläger Versicherte der Beklagten behandeln und die Kosten hierfür bei der Beklagten liquidieren können. Die Kläger berufen sich auch auf das Rechtsinstitut des Abschlußzwangs sowie den Grundsatz, wonach im Sozialversicherungsrecht Leistung und Gegenleistung in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen müssen.
Die Kläger beantragen,das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. Januar 1985 und des Sozialgerichts Dortmund vom 20. Oktober 1982 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
1) an die Kläger 1.180,83 DM nebst 8 % Zinsen ab Klagezustellung zu zahlen,
2) festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, zusätzlich zu den zwischen den Parteien unstreitigen Nettobeträgen auf die errechneten Entgelte für Badebetriebsleistungen die gesetzliche Mehrwertsteuer zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,die Revision zurückzuweisen.
II
Die Revision ist nicht begründet.
1. Die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung des Senats liegen vor.
1.1 Für die Klage ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben.
Der Rechtsweg bestimmt sich nach § 51 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) idF durch die am 1. Januar 1989 in Kraft getretene Bestimmung des Art 32 des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen vom 20. Dezember 1988 (Gesundheitsreformgesetz -GRG- BGBl I 2477). Für die Klage waren gemäß der Entscheidung des Gemeinsamen Senats (GmS) vom 29. Oktober 1987 (SozR 1500 § 51 Nr 48) zwar ursprünglich die Zivilgerichte zuständig. Das danach unzuständige Bundessozialgericht (BSG) ist aber durch die Rechtsänderung in § 51 SGG zuständig geworden. Durch eine Veränderung der die Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit begründenden Umstände nach Eintritt der Rechtshängigkeit wird ihre Zuständigkeit nicht berührt (§ 94 Abs 3 SGG). Diese Bestimmung, nach der auch die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges trotz einer Rechtsänderung erhalten bleibt, ist indessen nicht umzukehren: Das unzuständige Gericht, bei dem die Klage anhängig ist, kann durch eine Rechtsänderung zuständig werden (Meyer-Ladewig, SGG, 3. Auflage, § 94 RdNr 9; vgl auch Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Albers, Kommentar zur ZPO, 47. Auflage, § 261 Anm 6 B). Insoweit gilt der allgemeine Grundsatz, daß neue Vorschriften über die Zulässigkeit des Rechtsweges als prozessuale Vorschriften auch auf schwebende Verfahren anzuwenden sind (BGH NJW 1965, 586, 587).
Der Rechtsweg für die Klage ergibt sich, soweit die Kläger einen auf sie übergegangenen Kostenerstattungsanspruch des jeweiligen Versicherten geltend machen, aus § 51 Abs 1 SGG, im übrigen aus § 51 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGG. Danach entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit auch über Streitigkeiten, die in Angelegenheiten nach dem Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch, Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) entstehen, aufgrund von Entscheidungen oder Verträgen der Krankenkassen oder ihrer Verbände, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Im Gegensatz zu § 51 Abs 1 SGG muß die Streitigkeit nach Absatz 2 Satz 1 SGG nicht öffentlich-rechtlicher Art sein (vgl BT-Drucks 11/3480 zu Art 29 = S 77). Bei den von den Klägern erhobenen Ansprüchen handelt es sich um Angelegenheiten nach dem SGB V, die aufgrund eines zwischen den Beteiligten bestehenden Vertrages entstanden sind. Die Kläger haben das Vertragsangebot vom Juli 1978 durch die Abrechnung ihrer Leistungen gegenüber der Beklagten angenommen und dabei lediglich dem Ausschluß der Vergütung für die Mehrwertsteuer widersprochen. Gelten sollte der Vertrag mit dem (Mindest-) Inhalt entsprechend dem Angebot, wobei die Kläger das Risiko des Bestehens eines Anspruchs auf zusätzliche Zahlung des Mehrwertsteueranteils auf sich nahmen. Beide Beteiligte gehen davon aus, daß die Kläger berechtigt sind, Leistungen an die Versicherten der Beklagten zu erbringen und daß die Beklagte auch mindestens zur Zahlung einer Vergütung nach der Gebührenliste verpflichtet ist. Nach den Feststellungen des LSG hat die Beklagte die Kläger stillschweigend weiterhin zur Behandlung ihrer Mitglieder zugelassen und mit den Klägern abgerechnet. Die Kläger machen auch den Betrag von 1.180,83 DM ausdrücklich zusätzlich zu den unstreitigen Entgelten als Mehrwertsteuer geltend.
Die Klage ist eine Angelegenheit nach dem SGB V. Für den Feststellungsantrag gilt dies hinsichtlich der zeitlichen Anwendbarkeit des SGB V (ab 1. Januar 1989) deshalb, weil der Feststellungsantrag sich auf die gegenwärtige Rechtslage bezieht. Die Beziehungen zwischen den Leistungserbringern von Heilmitteln, die als Dienstleistungen abgegeben werden, sind im Fünften Abschnitt des Vierten Kapitels des SGB V geregelt. Die Sache ist aber auch hinsichtlich des Zahlungsanspruchs, der für Leistungen im Dezember 1978 erhoben wird, als Angelegenheit nach dem SGB V zu behandeln. Zwar sind die Vorschriften des SGB V materiell-rechtlich auf diesen Anspruch nicht anzuwenden. Als prozeßrechtliche Vorschrift muß § 51 Abs 2 SGG aber dahin ausgelegt werden, daß die Bestimmung den heute im SGB V geregelten Bereich erfaßt, auch wenn sich der konkret geltend gemachte Anspruch materiell-rechtlich nach dem alten Recht richtet. Die Prozeßvoraussetzungen bestimmen sich nach dem zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung geltenden Recht, also nach § 51 SGG idF des am 1. Januar 1989 in Kraft getretenen Art 32 Nr 5 GRG. Die Bestimmung gilt auch für Entscheidungen, bei denen materiell-rechtlich das alte Recht anzuwenden ist, denn das GRG enthält insoweit keine Übergangsvorschrift.
1.2. Eine Beiladung Dritter zum Rechtsstreit ist nicht notwendig (§ 75 Abs 2 SGG). Die zu erwartende Entscheidung über das streitige Rechtsverhältnis greift insbesondere nicht zugleich in die Rechtssphäre der Versicherten ein. Über einen Anspruch der Kläger gegen Versicherte der Beklagten wird nicht mitentschieden. Das Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten ist nicht identisch mit Rechtsverhältnissen zwischen den Klägern und den Versicherten, die gegenwärtig bestehen. Für die notwendige Beiladung würde es auch nicht ausreichen, wenn etwa die Kläger sich im Fall der Abweisung ihrer Klage bei den Versicherten schadlos halten könnten.
2. Der mit der Leistungsklage geltend gemachte Zahlungsanspruch steht den Klägern nicht zu.
2.1. Der Anspruch kann nicht aus der Rechtsbeziehung der Beklagten zu den Versicherten hergeleitet werden. Eine Abtretung von Ansprüchen der Versicherten gegen die Beklagte an die Kläger haben diese nicht behauptet. Dem Sachverhalt ist auch keine stillschweigende Abtretung zu entnehmen. Vielmehr haben die Kläger entsprechend ihrer Berechtigung aus dem Vertrag durch ihre Leistungen die Ansprüche der Versicherten gegen die Beklagte erfüllt. Sie sind deshalb für ihre Forderung auf Vergütung des Mehrwertsteueranteils auf originäre eigene Ansprüche gegen die Beklagte angewiesen.
2.2. Der Anspruch auf Zahlung des Mehrwertsteueranteils in Höhe von 1.180,83 DM kann nicht auf einen zwischen den Beteiligten bestehenden Vertrag gestützt werden. Wie dargelegt, gehen die Beteiligten vom Bestehen eines Vertrages aus, nach dem die Beklagte die Badebetriebsleistungen der Kläger mindestens nach der Gebührenliste zu vergüten hat. Diesem Vertrag ist nicht im Wege der Auslegung eine Vereinbarung über die Zahlung der Mehrwertsteuer zu entnehmen. Die Beklagte hatte ausdrücklich nur eine Vergütung nach der Gebührenliste - einschließlich Mehrwertsteuer -, dh eine Vergütung nach der Liste ohne zusätzliche Zahlung der Mehrwertsteuer angeboten. Diese Erklärung ist ausschlaggebend, denn der Mehrwertsteueranteil ist nicht etwa kraft Gesetzes auf den Preis für eine mehrwertsteuerpflichtige Leistung aufzuschlagen. Vielmehr ist die Mehrwertsteuer ein rechtlich unselbständiger Teil des zu zahlenden Preises und ist, wenn nichts anderes vereinbart ist oder sich nicht ein abweichender Handelsbrauch in bestimmten Branchen entwickelt hat, in dem angebotenen Preis enthalten (BGHZ 60, 203; BFH BB 1982, 721, 722; Palandt/Heinrichs, Komm zum BGB § 157 Anm 3 mwN). Einen gesetzlichen Anspruch auf Ersatz der Mehrwertsteuer wie nach § 25 Abs 2 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, gibt es für die Vergütung von Badebetriebsleistungen an Versicherte nicht.
Ein vertraglicher Anspruch auf zusätzliche Zahlung der Mehrwertsteuer läßt sich auch nicht aus der Bestimmung des § 612 BGB herleiten. Danach gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn eine Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Nach § 612 Abs 2 BGB ist die taxmäßige Vergütung oder in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen, wenn die Höhe der Vergütung für eine Dienstleistung nicht vertraglich vereinbart ist. Die Anwendung der Bestimmung des § 612 BGB ist aber durch die ausdrückliche Erklärung der Beklagten ausgeschlossen, denn es handelt sich um eine Auslegungsvorschrift, mit deren Hilfe nicht die ausdrückliche Erklärung eines Vertragspartners ausgeräumt werden kann. Im übrigen haben die Kläger das Bestehen einer die Mehrwertsteuer einschließenden Taxe oder üblichen Vergütung nicht behauptet. Sie können aus § 612 Abs 2 BGB nicht ersatzweise einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung herleiten.
Schließlich handelt es sich auch nicht etwa um einen wegen Verstoßes gegen das GWB teilweise nichtigen Vertrag, der um den Anspruch auf Zahlung der Mehrwertsteuer ergänzt werden könnte. In Betracht kommt ein Verstoß gegen das für marktbeherrschende Unternehmen geltende Verbot des § 26 Abs 2 Satz 1 und 2 GWB. Ob die Beklagte ein marktbeherrschendes Unternehmen ist, bleibt dahingestellt. Sie hat die Kläger jedenfalls weder unbillig behindert noch ohne sachlich gerechtfertigten Grund unterschiedlich behandelt. Es ist ihre Aufgabe, die aus den Beiträgen ihr zufließenden Mittel sparsam zu verwalten und eine wirtschaftliche Versorgung der Kranken zu gewährleisten (vgl § 368g Abs 1 RVO). Die Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine Gemeinwohlaufgabe (BVerfG NJW 1985, 1385, 1388). Daraus rechtfertigt sich das Ziel, für Badebetriebs- und Massageleistungen keine Vergütung zu zahlen, die über die Gebühren für freiberuflich tätige Masseure hinausgeht. Demgegenüber muß das Interesse der Kläger an der für sie zweckmäßigsten Gestaltung ihres Betriebes und an der gewerblichen Betätigung zurückstehen. Es mag allerdings angenommen werden, daß die Versicherten mangels besonderer Rechtsgrundlage die freie Wahl unter den Leistungserbringern haben (Behrends, Grenzen des Privatrechts in der gesetzlichen Krankenversicherung, S 73 ff). Daraus kann aber nicht gefolgert werden, der Versicherte dürfe sich die Leistung zu jedem beliebigen Preis beschaffen, so daß deshalb auch der rechtmäßig gewählte Leistungserbringer eine ihm auferlegte Mehrwertsteuer im Preis weitergeben dürfe. Vielmehr ist der Versicherte gegenüber seiner Kasse verpflichtet, sich im Rahmen des Zumutbaren die billigste ausreichende (§ 182 Abs 2 RVO) Leistung zu beschaffen oder entsprechend dem Rechtsgedanken des § 368d Abs 2 RVO die Mehrkosten zu tragen.
Eine Ergänzung des stillschweigenden Vertrages, auf die die Kläger ihre Forderung auf Zahlung der 1.180,83 DM stützen könnten, oder ein Anspruch darauf ergibt sich nicht aus den Bestimmungen der Reichsversicherungsordnung (RVO). Die RVO enthielt in der hier streitigen Zeit (Dezember 1980) keine Vorschriften über den Preis für Massage- und Badebetriebsleistungen. Lediglich in der Bestimmung des § 414e RVO war der Abschluß von Verträgen der Krankenkassen mit Vereinigungen oder Verbänden von Heilberufen oder Lieferanten erwähnt. Danach konnten die Landesverbände der Krankenkassen Verträge abschließen, wenn sie von der Mitgliedskasse dazu bevollmächtigt waren. Die Berechtigung der einzelnen Krankenkasse zum Abschluß solcher Verträge wird in dieser Vorschrift vorausgesetzt. Ihr Inhalt wird aber nicht näher bestimmt.
Ferner bestand aber auch kein der RVO oder dem Allgemeinen Verwaltungsrecht zu entnehmender Rechtssatz, der den Krankenkassen ein bestimmtes Verhalten bei den Preisvereinbarungen aufgeben könnte.
3. Unbegründet ist die Revision auch hinsichtlich des Antrages auf Feststellung, daß die Beklagte zur Zahlung des Mehrwertsteueranteils verpflichtet ist. Über diesen Feststellungsantrag ist materiell-rechtlich nach den Bestimmungen des am 1. Januar 1989 in Kraft getretenen SGB V vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2477) zu entscheiden, denn die Kläger begehren damit Feststellung eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses. Wie bereits in der durch Gesetz vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1578) eingefügten Vorschrift des § 376d RVO ist nunmehr in § 125 SGB V ausdrücklich bestimmt, daß die Landesverbände - nach § 376d RVO alternativ die Krankenkassen - Verträge mit Leistungserbringern von Heilmitteln oder mit Verbänden der Leistungserbringer über die Preise abschließen. Die Preise sind Höchstpreise.
3.1. Die Kläger haben nicht behauptet, daß in einem Vertrag aufgrund des § 376d RVO oder § 125 SGB V die Übernahme der begehrten Mehrwertsteueranteile vereinbart worden sei. Wie bereits zur Leistungsklage dargelegt, können die Kläger ihren Anspruch weder aus der Rechtsbeziehung der Beklagten zu den Versicherten noch aufgrund einer Auslegung oder Ergänzung ihres stillschweigenden Vertrages mit der Beklagten (seine Fortgeltung unterstellt) herleiten. Insoweit ist durch die neuen Vorschriften jedenfalls keine Rechtsänderung zugunsten der Kläger eingetreten. Die Preisvereinbarungen mit den Leistungserbringern sind vielmehr auf eine gesetzliche Grundlage gestellt worden. Über die vereinbarten (Höchst-)preise dürfen die einzelnen Kassen nicht hinausgehen - auch nicht durch die Zahlung von Mehrwertsteueranteilen -. Die Höchstpreisvereinbarung ist im Ergebnis auch für die Leistungserbringer verbindlich, denn sie sind zur Abgabe von Massage- und Badebetriebsleistungen nur zuzulassen, wenn sie die für die Versorgung der Versicherten geltenden Vereinbarungen anerkennen (§ 124 Abs 2 Nr 4 SGB V). Der einzelne Leistungserbringer hat im Hinblick auf diese Regelungen des Gesetzes keinen Anspruch auf eine "angemessene" Vergütung, insbesondere nicht auf eine über dem Höchstpreis liegende Vergütung. Dem Anspruch auf eine über dem Listenpreis liegende Vergütung steht das neue Recht entgegen - zumindest solange die einzelne Krankenkasse nicht (gesetzwidrig) mit einem Leistungserbringer ausdrücklich einen höheren Preis vereinbart.
3.2. Den Vorschriften der §§ 124, 125 SGB V ist schließlich nicht zu entnehmen, daß nach der neuen Rechtslage nunmehr der stillschweigende Vertrag wegen Verstoßes gegen das GWB teilweise nichtig ist. Die Kläger werden auch nach der neuen Rechtslage durch die Weigerung der Beklagten, ihnen den Mehrwertsteueranteil zu zahlen, weder unbillig behindert noch ohne sachlich gerechtfertigten Grund gegenüber den freiberuflich tätigen Masseuren unterschiedlich behandelt. Über die bestehenden Höchstpreise darf die Beklagte nach ausdrücklicher Vorschrift nicht hinausgehen; sie darf den Leistungserbringern also auch im Hinblick auf die Belastung mit der Mehrwertsteuer keine höhere Vergütung zahlen. Die im Fall der Zulassung der Kläger geltende Höchstpreisregelung wäre ferner nicht ihrerseits wegen Verstoßes gegen das GWB nichtig, so daß die Beklagte sie nicht anwenden dürfte. Jedenfalls haben die Kläger dafür nichts vorgetragen, und die Preisvereinbarung würde nicht allein deshalb gegen das GWB verstoßen, weil sie keine Zahlung des Mehrwertsteueranteils vorsieht. Das Ziel der wirtschaftlichen Leistungserbringung, auf dem auch die Abweisung der Leistungsklage beruht, ist durch die Vorschrift des § 124 Abs 2 Nr 3 SGB V (§ 376d Abs 1 RVO aF) ausdrücklich vorgegeben. Aus dem Recht des Versicherten zur freien Wahl des Leistungserbringers läßt sich der Anspruch auf Zahlung des Mehrwertsteueranteils nach neuem Recht keinesfalls herleiten. Die freie Wahl hat der Versicherte vielmehr grundsätzlich nur unter den zugelassenen Leistungserbringern, die die für die Versorgung der Versicherten geltenden Vereinbarungen einschließlich der Höchstpreisvereinbarungen anerkannt haben.
Die Kostenentscheidung wird auf § 193 SGG gestützt.BUNDESSOZIALGERICHT
Fundstellen
Haufe-Index 517906 |
AusR 1991, 17 |