Entscheidungsstichwort (Thema)
Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe. ähnliche Leistung. Bedürftigkeitsprüfung. Vermögen. befreiende Lebensversicherung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Kapitalauszahlung aus sogenannten befreienden Lebensversicherungen führt nicht zum Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe.
2. Zur Zumutbarkeit der Verwertung der Kapitalauszahlung aus befreienden Lebensversicherungen, die der Arbeitslose auf den Zeitpunkt der Vollendung seines 60. Lebensjahres abgeschlossen hat.
Stand: 24. Oktober 2002
Normenkette
AFG § 118 Abs. 1 Nr. 4 Fassung: 1989-12-18, § 134 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 137 Abs. 2-3; AlhiV § 6 Abs. 1, 3 Sätze 1, 2 Nr. 3; AnVNG Art. 2 § 1 Abs. 1 Buchst. b; SGB VI § 99 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. November 1995 wird zurückgewiesen, soweit das Arbeitsamt Mayen die Arbeitslosenhilfe-Bewilligung für die Zeit vom 1. April bis 14. Juni 1994 aufgehoben hat. Im übrigen wird das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 2. November 1994 zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger zwei Drittel der Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Rechtsstreit betrifft die Aufhebung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 1. Dezember 1993 bis 14. Juni 1994 und die Rückforderung von Leistungen in Höhe von insgesamt 8.869,10 DM.
Der am 28. März 1934 geborene Kläger ist seit 1. Januar 1968 von der gesetzlichen Versicherungspflicht befreit. Er hat mehrere (insgesamt acht) sog befreiende Lebensversicherungen bei drei Versicherungsgesellschaften (Gerling-Konzern, Sparkassen-Verein und RV-Versicherungen) abgeschlossen. Die Auszahlung der Versicherungssummen war auf die Vollendung des 60. Lebensjahres ausgerichtet; die Ablaufleistungen (im Sinne der vereinbarten Versicherungssumme) betrugen nach den Angaben des Klägers insgesamt 201.553,00 DM. Bei Vollendung des 65. Lebensjahres kann der Kläger laut Auskunft der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zusätzlich mit einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von 868,88 DM monatlich rechnen.
Seit Juli 1990 bezog der Kläger Arbeitslosengeld (Alg) und ab Dezember 1990 Anschluß-Alhi, die ihm zuletzt mit Bescheid vom 16. Juli 1993 bis zum 30. Juni 1994 in Höhe von 613,80 DM bzw (ab 1. Januar 1994) in Höhe von 591,00 DM wöchentlich bewilligt wurde. Während des Leistungsbezugs trug die Beklagte nach § 166b Arbeitsförderungsgesetz (AFG) antragsgemäß die vom Kläger zu entrichtenden Beiträge zu den befreienden Lebensversicherungen (bis zu der sich gesetzlich ergebenden Höchstgrenze). Am 1. Dezember 1993 gelangte ein Lebensversicherungsvertrag mit 23.296,96 DM und am 1. Januar 1994 ein weiterer Vertrag mit einem Betrag von 31.881,71 DM zur Auszahlung. Die Beklagte hob daraufhin mit Bescheid vom 14. April 1994 die Alhi-Bewilligung ab 1. Dezember 1993 auf, weil der Kläger – bei Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens (abzüglich eines Freibetrags von 8.000,00 DM) durch das der Bemessung der Alhi zugrundeliegende Arbeitsentgelt (1.640,00 DM wöchentlich) – für 28 Wochen nicht bedürftig sei; ein Anspruch auf Alhi bestehe frühestens wieder ab 15. Juni 1994. Außerdem forderte die Beklagte die (bis 14. März 1994) überzahlte Alhi in Höhe von 8.869,10 DM zurück. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 1994).
Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 2. November 1994 antragsgemäß den Bescheid vom 14. April 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 1994 aufgehoben.
Zwischenzeitlich hatte die Beklagte dem Kläger ab 15. Juni 1994 Alhi bewilligt. Diese Bewilligung wurde mit Wirkung zum 1. Dezember 1994 erneut wegen fehlender Bedürftigkeit aufgehoben, nachdem weitere Versicherungsleistungen zur Auszahlung gelangt waren (Bescheid vom 15. Dezember 1994).
Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 28. November 1995 das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat ua ausgeführt, in Streit stehe der Anspruch auf Alhi für die Zeit vom 1. Dezember 1993 bis 14. Juni 1994. Der weitere Aufhebungsbescheid vom 15. Dezember 1994, der die erneute Alhi-Bewilligung ab 15. Juni 1994 betroffen habe, sei nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Der Aufhebungsbescheid vom 14. April 1994 sei rechtmäßig, weil der Anspruch des Klägers auf Alhi ab 1. Dezember 1993 in entsprechender Anwendung des § 118 Abs 1 Nr 4 AFG geruht habe. Der Kläger sei so zu behandeln, als ob er eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehe. Denn eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung sei nur in Betracht gekommen, wenn der abgeschlossene Versicherungsvertrag bzw die Kapitalauszahlung aus einem solchen Vertrag einem Altersruhegeldanspruch gleichwertig gewesen sei.
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 62, § 128 Abs 2 sowie § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und des § 118 Abs 1 Nr 4 AFG. Zu den Verfahrensrügen trägt der Kläger vor, das LSG habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil die Beteiligten erstmals im Rahmen einer Wiedereröffnung der zuvor schon geschlossenen mündlichen Verhandlung auf die Möglichkeit einer Anwendung des § 118 Abs 1 Nr 4 AFG hingewiesen worden seien. Mangels der gebotenen Vertagung des Termins sei ihm keine Gelegenheit gegeben worden, sich hierzu in angemessener Weise zu äußern. Ferner habe das LSG den für die Entscheidung erheblichen Sachverhalt nicht umfassend aufgeklärt, da es fälschlicherweise davon ausgegangen sei, er habe gegen den Aufhebungsbescheid vom 15. Dezember 1994 keinen Widerspruch erhoben. Seine materiell-rechtliche Rüge einer Verletzung des § 118 Abs 1 Nr 4 AFG begründet der Kläger damit, das LSG habe den Begriff der „ähnlichen Leistung öffentlich-rechtlicher Art” iS des § 118 Abs 1 Nr 4 AFG zu Unrecht auf Leistungen eines privaten Versicherungsunternehmens ausgedehnt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 28. November 1995 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Koblenz vom 2. November 1994 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des LSG im Ergebnis für zutreffend; allerdings sei bisher in ihren Weisungen zu § 118 AFG (Durchführungsanweisung ≪DA≫ 1.42 (5) Buchst h) eine von der Auslegung des LSG abweichende Auffassung vertreten worden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist teilweise begründet.
Aufgrund der Revision des Klägers hat der Senat nur über den Bescheid vom 14. April 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 1994 zu entscheiden, mit dem die Beklagte ua die Bewilligung der Alhi ab 1. Dezember 1993 aufgehoben hat. Der weitere Bescheid vom 15. Dezember 1994, mit dem die erneut ab 15. Juni 1994 bewilligte Alhi ab 1. Dezember 1994 aufgehoben worden ist, ist nicht Gegenstand der Revision. Denn unabhängig von der Frage, ob das LSG insoweit zu Recht eine Einbeziehung dieses Bescheides gemäß §§ 96, 153 Abs 1 SGG abgelehnt hat, ist er der Prüfung im Revisionsverfahren entzogen. Eine gegebenenfalls fehlerhafte Nichteinbeziehung dieses Bescheides in das Verfahren vor dem Berufungsgericht und eine dementsprechende Verletzung des § 96 SGG wäre nur auf entsprechende Rüge hin zu beachten (vgl BSGE 61, 45, 48 = SozR 4100 § 113 Nr 5; SozR 3-4100 § 249e Nr 5 mwN). Der Kläger hat jedoch keine solche Revisionsrüge erhoben. Er hat weder ausdrücklich noch sinngemäß einen Verstoß gegen § 96 SGG geltend gemacht. Sein Vorbringen, die Sachverhaltsdarstellung des LSG, wonach er gegen den Bescheid vom 15. Dezember 1994 keinen Widerspruch eingelegt habe, sei unzutreffend, ergibt noch nicht die Rüge, daß das LSG wegen Nichteinbeziehung dieses Bescheides in den Rechtsstreit den Streitgegenstand verkannt habe. Folgerichtig beantragt der Kläger mit der Revision lediglich die Wiederherstellung des Urteils des SG und nicht zusätzlich die Aufhebung des Bescheides vom 15. Dezember 1994.
1. Begründet ist die Revision des Klägers insoweit, als der angefochtene Bescheid vom 14. April 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 1994 die Alhi-Bewilligung für die Zeit ab 1. Dezember 1993 bis 31. März 1994 aufgehoben und die entsprechenden Leistungen zurückgefordert hat. Die Entziehung des Alhi-Anspruchs für den genannten Zeitraum steht nicht im Einklang mit der materiellen Rechtslage.
a) Der Auffassung des LSG, der Anspruch auf Alhi ruhe ab 1. Dezember 1993 entsprechend § 118 Abs 1 Nr 4 AFG, ist nicht zu folgen. Ob die Rüge des Klägers durchgreift, das LSG habe im Hinblick auf die Anwendbarkeit dieser Vorschrift ihm das rechtliche Gehör verweigert, bedarf daher keiner Entscheidung.
Nach § 118 Abs 1 Nr 4 AFG in der hier maßgebenden Fassung des Rentenreformgesetzes 1992 vom 18. Dezember 1989 (BGBl I 2291), in Kraft ab 1. Januar 1992, ruht der Anspruch auf Alg während der Zeit, für die dem Arbeitslosen eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art zuerkannt ist. Diese Vorschrift gilt gemäß § 134 Abs 4 Satz 1 und Satz 3 AFG für den Anspruch auf Alhi entsprechend. Die dem Kläger ab 1. Dezember 1993 ausgezahlten Leistungen aus den befreienden Lebensversicherungen sind nicht, wie das LSG angenommen hat, „ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art”.
Ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art sind solche Leistungen, die die gleichen gemeinsamen und typischen Merkmale aufweisen wie die ausdrücklich in § 118 Abs 1 Nr 4 AFG genannte Altersrente oder Ausgleichsleistung für eine Zeit vor Vollendung des 65. Lebensjahres; denn nach Vollendung des 65. Lebensjahres kann Alg bzw Alhi nicht beansprucht werden (vgl § 100 Abs 2 iVm § 134 Abs 4 AFG). Wie das Bundessozialgericht (BSG) wiederholt entschieden hat, kommen dabei nur Leistungen in Betracht, die von einem öffentlichen Träger aus öffentlichen Mitteln gezahlt werden (vgl BSG SozR 4100 § 118 Nr 9 mwN; BSG SozR 3-4100 § 118 Nr 2; BSGE 73, 10, 15 = SozR 3-4100 § 118 Nr 4). Zumindest an dieser Voraussetzung fehlt es bei den an den Kläger ausbezahlten Versicherungsleistungen. § 118 Abs 1 Nr 4 AFG beruht auf der Überlegung, daß die Sicherstellung des Lebensunterhalts durch Leistungen der Arbeitslosenversicherung bei der dort genannten Altersrente und Ausgleichsleistung entbehrlich ist. Sie ist es aber auch dort, wo die öffentliche Hand außerhalb der Sozialversicherung gleichartige Leistungen mit Lohnersatzfunktion gewährt. Daher hat der Gesetzgeber „ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art” in § 118 Abs 1 Nr 4 AFG einbezogen. Der Zweck der Vorschrift geht also nicht allein dahin, eine Doppelversorgung aus der Sozialversicherung zu vermeiden; vielmehr sollen allgemein zwei gleichzeitige Leistungen mit Lohnersatzfunktion „aus öffentlichen Kassen” verhindert werden (BSG SozR 4100 § 118 Nr 9 mwN). Von diesem Zweck her ist es unerheblich, ob die Bezüge auf öffentlichem oder privatem Recht beruhen. Bedeutsam ist vielmehr, ob die Bezüge aus öffentlichen Mitteln stammen, dh aus Mitteln gezahlt werden, die für öffentliche Aufgaben vorgesehen sind (vgl BSG SozR 4100 § 118 Nr 9; BSGE 73, 10, 15 = SozR 3-4100 § 118 Nr 4).
Dies trifft auf die Leistungen aus einer privaten Lebensversicherung nicht zu. Abgesehen davon, daß es sich bei den Versicherungsgesellschaften nicht um öffentliche Träger handelt, stammen die Leistungen auch nicht aus öffentlichen Mitteln. Dem läßt sich nicht – wie das LSG gemeint hat – entgegenhalten, daß die Altersversorgung der von der Versicherungspflicht befreiten Angestellten im öffentlichen Interesse liege. Zwar trifft es zu, daß eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach Art 2 § 1 Abs 1 Buchst b Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG) idF des Finanzänderungsgesetzes 1967 vom 21. Dezember 1967 (BGBl I 1259) nur erfolgen durfte, wenn die Angestellten „mit einem öffentlichen oder privaten Versicherungsunternehmen für sich und ihre Hinterbliebenen einen Versicherungsvertrag für den Fall des Todes und des Erlebens des 65. oder eines niedrigeren Lebensjahres” abgeschlossen und für diese Versicherung mindestens ebensoviel aufzuwenden hatten, wie für sie Beiträge zur Angestelltenversicherung zu zahlen gewesen wären. Es kann hier offenbleiben, ob und inwieweit nach den Vorstellungen des Gesetzgebers ein die Befreiung von der Versicherungspflicht rechtfertigender Lebensversicherungsvertrag voraussetzt, daß die insgesamt während der Laufzeit zu zahlenden Prämien ausreichen, um daraus im Todes- oder Erlebensfall Leistungen zu gewähren, die denen der gesetzlichen Rentenversicherung gleichwertig sind oder jedenfalls noch den Namen einer Hinterbliebenen- und Altersversicherung verdienen (vgl BSG SozR 5755 Art 2 § 1 Nr 5). Jedenfalls hat es der Gesetzgeber den unter die genannte Vorschrift fallenden Angestellten überlassen, „die Vorsorge für den Fall des Alters und des Todes in eigener Verantwortung zu gestalten” (BSGE 23, 241, 244 = SozR Nr 3 zu Art 2 § 1 AnVNG). Die befreiten Angestellten – wie der Kläger – werden mit dem Befreiungsbescheid aus dem öffentlichen System der Alterssicherung entlassen, auch im Hinblick auf den Pfändungsschutz ihrer Alterssicherung (BFHE 164, 399, 402 = Breithaupt 1993, 946, 948). Dies äußert sich darin, daß ab dem Befreiungsbescheid der Kläger in eigener Verantwortung und ohne entsprechende Kontrolle seitens des Rentenversicherungsträgers die Beiträge an das gewählte Versicherungsunternehmen aus eigenen Mitteln zu finanzieren hatte. Dazu steht nicht im Widerspruch, daß die Beklagte – nach Eintritt der Arbeitslosigkeit des Klägers – die an die Lebensversicherungen zu zahlenden Beiträge bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze teilweise übernommen hat (§ 166b AFG). Nach § 166b Abs 1 Satz 2 AFG wird der Kläger zwar insoweit von der Verpflichtung befreit, Beiträge zum Versicherungsunternehmen zu entrichten. Dieser Schuldnerwechsel (vgl BSG SozR 3-4100 § 166b Nr 1) bedeutet jedoch lediglich, daß für die fragliche Zeit die Beklagte anstelle des Klägers Beiträge zum Versicherungsunternehmen zu entrichten hat, er ändert jedoch nichts daran, daß die ausgezahlten Versicherungsleistungen aus privaten Mitteln stammen. Im übrigen zeigt gerade die in § 118 Abs 1 Nr 4 AFG genannte Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, daß es für die Zuordnung als Leistung öffentlich-rechtlicher Art nicht darauf ankommt, ob die Beiträge aus – wie in der Regel – privaten oder öffentlichen Mitteln gezahlt werden.
Nicht zu überzeugen vermag schließlich auch das weitere Argument des LSG, wonach im Hinblick auf die in Art 2 § 1 Satz 1 Buchst b AnVNG bestimmte Wahlmöglichkeit zwischen einem Versicherungsvertrag mit einem öffentlichen oder privaten Versicherungsunternehmen die Zufälligkeit dieser Wahl nicht zu unterschiedlichen Rechtsfolgen bei der Anwendung des § 118 Abs 1 Nr 4 AFG führen dürfe. Denn allein die Rechtsform, in der das Versicherungsunternehmen betrieben wird, ist nicht entscheidend für die Anwendung des § 118 Abs 1 Nr 4 AFG.
Die Aufhebung der Alhi-Bewilligung kann somit nicht auf den Ruhenstatbestand des § 118 Abs 1 Nr 4 AFG gestützt werden.
b) Die Entscheidung des LSG ist für den Zeitraum ab 1. Dezember 1993 bis 31. März 1994 auch nicht aus anderen Gründen richtig (§ 170 Abs 1 Satz 2 SGG). Denn für diesen Zeitraum hat die Beklagte zu Unrecht die Anspruchsvoraussetzung der Bedürftigkeit (§ 134 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG) verneint. Die vom Kläger bezogenen Leistungen in Höhe von rd 55.000,00 DM aus seinen beiden befreienden Lebensversicherungen durften bis zum 31. März 1994 weder als Einkommen noch als Vermögen angerechnet werden.
Nicht bedürftig ist nach § 137 Abs 2 AFG ein Arbeitsloser, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen die Gewährung von Alhi offenbar nicht gerechtfertigt ist.
Unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist, konkretisieren die §§ 6 ff der Alhi-Verordnung ≪AlhiV≫ (vom 7. August 1974 – BGBl I 1929 – idF des Gesetzes vom 18. Dezember 1992 – BGBl I 2044), die auf der Ermächtigungsgrundlage des § 137 Abs 3 AFG beruhen. Danach ist Vermögen des Arbeitslosen zu berücksichtigen, soweit es verwertbar und die Verwertung – nach Abzug eines Freibetrages von 8.000,00 DM – zumutbar ist (§ 6 Abs 1 AlhiV).
Die ausbezahlten Versicherungsleistungen stellen in diesem Sinn verwertbares Vermögen dar. Nach den – nicht angegriffenen und daher bindenden (§ 163 SGG) – Feststellungen des LSG verfügte der Kläger am 1. Dezember 1993 über einen Geldbetrag in Höhe von 23.296,96 DM und am 1. Januar 1994 über einen weiteren Betrag in Höhe von 31.881,71 DM. Diese Auszahlungsbeträge aus den beiden Lebensversicherungen sind als Vermögen iS des § 137 AFG zu qualifizieren (vgl BSG SozR 4100 § 138 Nr 25 mwN). Dieses Vermögen war auch verbrauchbar und damit verwertbar (§ 6 Abs 2 AlhiV).
Ob und in welchem Umfang dies dem Kläger auch zumutbar war, richtet sich nach § 6 Abs 3 AlhiV. Nach Satz 1 dieser Bestimmung ist die Verwertung eines Vermögens dann zumutbar, wenn sie nicht offensichtlich unwirtschaftlich ist und wenn sie unter Berücksichtigung einer angemessenen Lebenshaltung des Inhabers des Vermögens und seiner Angehörigen billigerweise erwartet werden kann. Satz 2 derselben Vorschrift zählt unter Nrn 1 bis 7 Regelbeispiele auf, bei deren Vorliegen insbesondere von Unzumutbarkeit der Vermögensverwertung auszugehen ist. Dazu gehört, soweit hier von Belang, die Verwertung von Vermögen, das zum Aufbau oder zur Sicherung einer angemessenen Lebensgrundlage oder zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt ist (Nr 3 Varianten 2 und 3).
Wie der 7. Senat des BSG (SozR 3-4100 § 137 Nr 7) und ihm insoweit folgend der erkennende Senat in seinem Urteil vom 29. Januar 1997 (11 RAr 21/96, zur Veröffentlichung vorgesehen) in diesem Zusammenhang speziell zu kapitalbildenden Lebensversicherungsverträgen ausgeführt haben, läßt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen die beiden jeweiligen Zweckbestimmungen zu bejahen sind, nicht abstrakt, sondern nur unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles sowie von Sinn und Zweck der Alhi-Bestimmungen beantworten. Ausgangspunkt der Prüfung sind danach die vom Arbeitslosen (subjektiv) getroffene Zweckbestimmung und die objektiven Begleitumstände (beispielsweise Vertragsgestaltung, Alter des Versicherten, Familienverhältnisse).
Nach diesen Grundsätzen dienen die hier vom Kläger abgeschlossenen beiden Lebensversicherungsverträge ausschließlich der Zweckbestimmung „Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung” (§ 6 Abs 3 Satz 2 Nr 3 Variante 3 AlhiV). Dies folgt nicht nur aus dem eigenen Vorbringen des Klägers, sondern bestätigt auch die Tatsache, daß es sich um sog „befreiende” Lebensversicherungen handelt, durch die die gesetzliche Rentenversicherung durch eine eigenverantwortliche private Vorsorge ersetzt werden soll. Daß diese Lebensversicherungen der Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung dienen sollten, zeigt sich ebenfalls daran, daß nicht nur die beiden in Rede stehenden Lebensversicherungen, sondern auch die anderen befreienden Lebensversicherungen – wie vom LSG bindend festgestellt – hinsichtlich der Auszahlung der Versicherungssummen auf die Vollendung des 60. Lebensjahres ausgerichtet waren. Die Ausrichtung des Vertragsendes einer Lebensversicherung auf einen Zeitpunkt, der in etwa mit einem möglichen Eintritt in das Rentenalter zusammentrifft, ist ein wesentliches Indiz für die Zweckbestimmung „Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung” (SozR 3-4100 § 137 Nr 7; vgl auch DA der Beklagten, Stand August 1994, 3.46, Ziff 6 zu § 137).
Ihre Zweckbestimmung zur „Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung” haben die hier in Rede stehenden beiden Lebensversicherungsverträge nicht dadurch verloren, daß die Versicherungsleistungen in Höhe von rd 55.000,00 DM an den Kläger ausbezahlt wurden und damit frei verfügbar waren. Auch wenn hinsichtlich dieser beiden Verträge für ihn die sog „Ansparphase” beendet war, ist hier zu berücksichtigen, daß er zu diesem Zeitpunkt das 60. Lebensjahr, auf das auch die anderen befreienden Lebensversicherungen ausgerichtet waren, noch nicht vollendet hatte und im übrigen die Höhe der Kapitalauszahlung von rd 55.000,00 DM keinesfalls – auch unter Berücksichtigung der zu erwartenden Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 868,00 DM monatlich – als bereits für die von ihm angestrebte Sicherung einer angemessenen Altersversorgung ausreichend angesehen werden kann. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus sonstigen Umständen, insbesondere seinen Familienverhältnissen, wie den vom LSG in Bezug genommenen Verwaltungsakten der Beklagten zu entnehmen ist. Auch die Art der Verwertung dieser ausbezahlten Versicherungsleistungen spricht dafür, daß der Kläger an der Zweckbestimmung „Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung” festgehalten hat. Denn nach seinem Vortrag hat er das Geld – er bezog damals noch Alhi – zunächst angelegt und erst später bis zu einem Teilbetrag von ca. 25.000,00 DM verbraucht.
Unter Berücksichtigung der subjektiven Zweckbestimmung und der objektiven Begleitumstände waren die am 1. Dezember 1993 bzw 1. Januar 1994 ausbezahlten Versicherungsleistungen in Höhe von rd 55.000,00 DM im damaligen Zeitpunkt von der Verwertung ausgeschlossen, weil sie zweckbestimmt weiterhin der „Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung” nach § 6 Abs 3 Satz 2 Nr 3 Variante 3 AlhiV dienten.
Dieser Verwertungsausschluß ist hier allerdings nicht zeitlich unbegrenzt, sondern gilt nur bis zum Ende des Kalendermonats, in dem der Kläger das 60. Lebensjahr vollendet hat, dh bis 31. März 1994. Denn auf den Zeitpunkt der Vollendung des 60. Lebensjahres hat der Kläger nicht nur die beiden vorliegenden Lebensversicherungsverträge abgeschlossen, sondern auch die anderen befreienden Lebensversicherungsverträge waren – wie vom LSG bindend festgestellt – auf diesen Zeitpunkt ausgerichtet. Aus dieser zeitlichen Fixierung, die auch im Einklang mit der gesetzlichen Befreiungsvorschrift steht (vgl Art 2 § 1 Abs 1 Buchst b AnVNG), ist zu schließen, daß der Kläger das 60. Lebensjahr als Zeitpunkt des Eintritts des Ruhestandes gewählt hat. Dieser Zeitpunkt deckt sich auch mit dem Zeitpunkt, ab dem einem Versicherten eine (vorzeitige) Altersrente wegen Arbeitslosigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt werden kann (§ 38 Abs 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB VI≫). Nach § 99 Abs 1 Satz 1 SGB VI wird eine Rente aus eigener Versicherung frühestens von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind. Entsprechend der Ausrichtung der Lebensversicherungsverträge auf die Vollendung des 60. Lebensjahres sind deshalb die schon vorher dem Kläger ausbezahlten Versicherungsleistungen – in Anlehnung an die Regelung bei der vorzeitigen Altersrente – bis zum Zeitpunkt, zu dem er vorzeitige Altersrente beziehen könnte, dh bis 31. März 1994, von der Verwertung ausgeschlossen.
Mangels einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse war die Beklagte deshalb nicht gemäß § 48 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) berechtigt, die im Juli 1993 ausgesprochene Alhi-Bewilligung für die Zeit vom 1. Dezember 1993 bis 31. März 1994 aufzuheben. Hat der Aufhebungsbescheid keinen Bestand, entfällt nach § 50 Abs 1 SGB X auch die Erstattung der nur bis zum 14. März 1994 ausgezahlten Alhi. Insoweit war daher das Urteil des SG wiederherzustellen.
2. Unbegründet ist die Revision dagegen, soweit die Alhi-Bewilligung für die Zeit vom 1. April bis 14. Juni 1994 aufgehoben worden ist. Für diesen Zeitraum ist das angefochtene Urteil aus anderen als den vom LSG angeführten Gründen richtig (§ 170 Abs 1 Satz 2 SGG). Der Kläger war in dieser Zeit mit Rücksicht auf sein Vermögen nicht bedürftig (§ 134 Abs 1 Nr 3, § 137 Abs 2 AFG), weil nunmehr die Verwertung der aus den beiden Lebensversicherungen stammenden 55.000,00 DM billigerweise erwartet werden kann.
a) Ab 1. April 1994 liegen die Voraussetzungen des § 6 Abs 3 Satz 2 Nr 3 Variante 3 AlhiV nicht mehr vor. Denn die Lebenszeit, für die durch Abschluß der Lebensversicherungsverträge vorgesorgt werden sollte, war nunmehr erreicht; das aus den Versicherungsverträgen stammende Vermögen kann jetzt dem vorgesehenen Zweck, dem Lebensunterhalt im Alter zu dienen, zugeführt werden. Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, er habe die an ihn ausbezahlen Beträge erneut anlegen wollen, um sie sich bei Erreichen des 65. Lebensjahres auszahlen zu lassen. Denn er hat bei Abschluß der befreienden Lebensversicherungsverträge die Altersgrenze selbst bestimmt und bis zur Auszahlung der Versicherungsleistungen nicht geändert. Insofern ist seine Situation nicht vergleichbar mit den Fallgestaltungen, die den Entscheidungen des 7. Senats (SozR 3-4100 § 137 Nr 7) und des erkennenden Senats vom 29. Januar 1997 (11 RAr 21/96, zur Veröffentlichung vorgesehen) zugrunde lagen. Denn abgesehen davon, daß die dortigen Lebensversicherungen keine sog befreienden Lebensversicherungen waren, befanden sich die Versicherten jeweils noch in der Ansparphase, so daß nach den objektiven Gegebenheiten ein – in der Entscheidung des 7. Senats diskutierter – Wechsel der Zweckbestimmung der Lebensversicherung bzw eine Realisierung der geplanten Alterssicherung in mehreren Schritten hintereinander, noch möglich war. Die Situation des Klägers ist vielmehr – wie im folgenden noch näher ausgeführt wird – vergleichbar mit derjenigen des Versicherten, der auf seinen Antrag eine vorzeitige Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht.
b) Auch ein Verwertungsausschluß nach dem Grundtatbestand des § 6 Abs 3 Satz 1 AlhiV kommt bei dem Kläger für die Zeit ab 1. April 1994 nicht in Betracht. Dieser bleibt dann zu prüfen, wenn die Voraussetzungen eines Verwertungsausschlusses nach § 6 Abs 3 Satz 2 Nr 3 Variante 3 AlhiV nicht gegeben sind. Nach dem Grundtatbestand ist die Verwertung zumutbar, wenn sie nicht offensichtlich unwirtschaftlich ist und wenn sie unter Berücksichtigung einer angemessenen Lebenshaltung des Inhabers des Vermögens und seiner Angehörigen billigerweise erwartet werden kann.
Die hierdurch umschriebene Zumutbarkeit ist zu bejahen. Es läßt sich nicht feststellen, daß die Verwertung der ausbezahlten Versicherungsleistungen oder – anders ausgedrückt – die Anrechnung dieser Versicherungsleistungen in Höhe von rd 55.000,00 DM (abzüglich des Freibetrags von 8.000,00 DM) auf die Alhi nach § 9 AlhiV für die Zeit ab 1. April bis 14. Juni 1994 unbillig wäre: Der Kläger hat sich auf eigenen Wunsch 1968 von der gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen; er hat hierfür – wie dies die Befreiungsvorschrift (Art 2 § 1 Abs 1 Buchst b AnVNG) voraussetzt – Lebensversicherungsverträge bezogen auf die Vollendung des 60. Lebensjahres mit einer Beitragsleistung abgeschlossen, die mindestens die Höhe der Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten erreichen mußte; er bzw in den letzten Jahren teilweise auch die Beklagte hat diese Beiträge bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres (und darüber hinaus) geleistet; er konnte nach seinen eigenen Angaben bei Fälligkeit der Verträge allein Ablaufleistungen (Versicherungssummen) in Höhe von 201.553,00 DM beanspruchen, wobei – wie sich aus den vom LSG in Bezug genommenen Verwaltungsakten ergibt – die gesamten, im Jahre 1994 ausbezahlten Versicherungsleistungen (einschließlich der Überschußanteile) annähernd doppelt so hoch waren. Die Verwertung war auch nicht offensichtlich unwirtschaftlich, denn – anders als bei einem Lebensversicherungsvertrag in der sog Ansparphase, bei dem im allgemeinen nur der Rückkaufswert realisiert werden kann – waren hier bereits die Versicherungsleistungen in Höhe von rd 55.000,00 DM zur Auszahlung gelangt. Unter Berücksichtigung einer angemessenen Lebenshaltung des Klägers und seiner Angehörigen konnte von ihm billigerweise eine Verwertung dieses Vermögens erwartet werden; gegenteilige Anhaltspunkte ergeben sich auch nicht aus den vom LSG in Bezug genommenen Verwaltungsakten der Beklagten. Dies gilt auch dann, wenn die Höhe der vom Kläger zu erwartenden Versicherungsleistungen aus den befreienden Lebensversicherungen zu der Höhe des der Bemessung seines Alhi-Anspruchs zugrundeliegenden Arbeitsentgelts von 1.640,00 DM wöchentlich (vgl Bescheid vom 14. April 1994) in Beziehung gesetzt wird. Bei der Billigkeitsprüfung ist hier entscheidend zu berücksichtigen, daß auch der Arbeitslose, dem eine vorzeitige Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zuerkannt wird, allein auf diese Rente – ohne Rücksicht auf deren Höhe – verwiesen wird. Denn der Anspruch auf Alhi ruht bei Zuerkennung einer vorzeitigen Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 118 Abs 1 Nr 4 AFG iVm § 134 Abs 4 Satz 1, 3 AFG in vollem Umfang.
Wie oben ausgeführt, ist zwar eine Erweiterung der Ruhensvorschrift des § 118 Abs 1 Nr 4 AFG auf befreiende private Lebensversicherungen nicht möglich. Gleichwohl ist es sachlich gerechtfertigt, im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen des Grundtatbestandes des § 6 Abs 3 Satz 1 AlhiV den Kläger dem Bezieher einer vorzeitigen Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gleichzustellen. Es besteht zwar ein Unterschied insoweit, als eine vorzeitige Altersrente bis zum Lebensende des Versicherten gezahlt wird, während es dem Kläger freisteht, wie schnell er die Beträge aus den ausgezahlten Lebensversicherungen verbraucht. Hieraus kann jedoch nicht der Schluß gezogen werden, daß nur eine Teilanrechnung der Lebensversicherung vorzunehmen ist, und zwar in Höhe des zu erwartenden monatlichen Rentenanspruchs, der sich bei Umwandlung des Kapitalbetrags in eine monatliche Rentenleistung unter Berücksichtigung der Lebenserwartung des Klägers (ab Vollendung des 60. Lebensjahres) ergäbe. Denn eine solche Teilanrechnung, die im übrigen nicht auf dem Weg über eine Vermögensanrechnung nach § 137 AFG, sondern als Einkommen nach § 138 Abs 1 Nr 1 AFG zu berücksichtigen wäre, scheidet im Rahmen der Billigkeitsprüfung schon deshalb aus, weil im Fall der Zuerkennung einer vorzeitigen Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Anspruch auf Alhi unabhängig von der Rentenhöhe in vollem Umfang ruhen würde. Außerdem wird spätestens mit Vollendung des 65. Lebensjahres (§ 100 Abs 2 AFG) der Arbeitslose allein auf die private oder gesetzliche Alterssicherung verwiesen.
Sowohl aus Gründen der Gleichbehandlung (Art 3 Abs 1 Grundgesetz) als auch unter Billigkeitsgesichtspunkten kann von dem Kläger mit Ablauf des Monats der Vollendung des 60. Lebensjahres, dh ab 1. April 1994, die Verwertung der an ihn ausbezahlten Beträge aus den befreienden Lebensversicherungen für seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt seiner Angehörigen iS des § 6 Abs 3 Satz 1 AlhiV erwartet werden. Die Gewährung von Alhi über diesen Zeitpunkt hinaus ist nach § 137 Abs 2 AFG „offenbar nicht gerechtfertigt”.
Da das zu berücksichtigende Vermögen nach Abzug des Freibetrags von 8.000,00 DM gemäß § 9 AlhiV unter Berücksichtigung des Arbeitsentgelts von 1.640,00 DM wöchentlich die Bedürftigkeit für 28 Wochen entfallen läßt, erfüllt der Kläger für die noch streitige Zeit vom 1. April bis 14. Juni 1994 nicht mehr die Anspruchsvoraussetzungen für Alhi. Nach § 48 SGB X war die Beklagte berechtigt, aufgrund dieses Sachverhalts ihre Alhi-Bewilligung ab 1. April 1994 aufzuheben.
Gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X sind Verwaltungsakte mit Dauerwirkung im Falle einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, wenn nach Antragstellung oder Erlaß des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im Vergleich zu den Verhältnissen, die bei der Bewilligung der Alhi vorgelegen haben (Bescheid vom 16. Juli 1993), ist insofern eine Änderung eingetreten, als der Kläger am 1. Dezember 1993 und am 1. Januar 1994 Versicherungsleistungen in Höhe von rd 55.000,00 DM aus zwei befreienden Lebensversicherungen erhalten hat. Diese Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen war ab 1. April 1994 wesentlich, weil dieses Vermögen mit Ablauf des Monats der Vollendung des 60. Lebensjahres, dh ab 1. April 1994, gemäß § 137 Abs 2, 3 AFG iVm § 6 Abs 1 bis 3 AlhiV zu berücksichtigen war und dies zum Wegfall des Alhi-Anspruchs ab diesem Zeitpunkt führt. Auf die Bösgläubigkeit oder ein Verschulden des Klägers kommt es nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X nicht an.
Die Aufhebung der Leistungsbewilligung ab 1. April 1994 steht nicht im Ermessen der Beklagten. Vielmehr „ist” gemäß § 152 Abs 3 AFG idF des Gesetzes vom 21. Dezember 1993 (BGBl I 2353) der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Diese Neuregelung ist zumindest auf alle seit dem 1. Januar 1994 ergangenen Aufhebungsbescheide anzuwenden (BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 13). Da hier auch die Aufhebungsfristen (§§ 48 Abs 4, 45 Abs 3 und Abs 4 Satz 2 SGB X) eingehalten sind, war sonach die Aufhebungsentscheidung der Beklagten rechtmäßig, soweit sie die Aufhebung der Alhi-Bewilligung für diese Zeit zum Inhalt hatte. Insoweit hat deshalb das LSG im Ergebnis zu Recht die Entscheidung des SG aufgehoben.
3. Entsprechend dem Prozeßergebnis ist es nach § 193 Abs 2 SGG angemessen, daß die Beklagte dem Kläger zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits erstattet.
Fundstellen
Haufe-Index 1172815 |
BB 1998, 1011 |
SGb 1998, 422 |
SozR 3-4100 § 137, Nr.9 |
SozSi 1998, 114 |
info-also 1998, 99 |