Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. November 1992 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Klägerin verlangt von der beklagten Künstlersozialkasse, die für die Jahre 1983 bis 1987 gezahlte Künstlersozialabgabe teilweise zu erstatten.
Die Klägerin unterliegt seit 1983 der Künstlersozialabgabepflicht. Im September 1988 legte sie der Beklagten Korrekturmeldungen für die Jahre 1983 bis 1987 vor, in denen sie die an Fotografen gezahlten Honorare um Aufwendungen für Fotomaterial und Reisekosten ergänzte. Dies führte zu einer Nachforderung der Beklagten, die von der Klägerin auch beglichen wurde. Nachfolgend vertrat die Klägerin die Auffassung, die Nebenleistungen gehörten nicht zum abgabepflichtigen Entgelt; die Beklagte sei daher verpflichtet, den nachgezahlten Betrag teilweise zu erstatten. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 7. Oktober 1988 ab. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 1990).
Im nachfolgenden Klageverfahren hat die Klägerin den von ihr geltend gemachten Erstattungsanspruch auf einen Betrag von 1.376,17 DM begrenzt. In Höhe dieses Betrages entfiel die Künstlersozialabgabe auf Reisekosten, die die Klägerin an selbständige Künstler gezahlt hatte. Das Sozialgericht (SG) München hat der Klage mit Urteil vom 25. September 1991 stattgegeben. Es hat die Auffassung vertreten, der Entgeltbegriff in § 25 Abs 2 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) aF sei auch schon vor dem Inkrafttreten der Künstlersozialversicherungs-Entgeltverordnung so auszulegen, daß er Reisekosten nicht umfasse. Auf die Berufung der Beklagten hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Nach § 25 Abs 2 KSVG aF hätten auch Nebenleistungen wie die von der Klägerin gezahlten Reisekosten zum abgabepflichtigen Entgelt gehört.
Hiergegen richtet sich die vom Bundessozialgericht (BSG) zugelassene Revision der Klägerin. Sie rügt eine Verletzung von § 25 Abs 1 und 2 KSVG. Das LSG habe übersehen, daß die gesetzliche Definition des § 25 Abs 2 KSVG systematisch im Zusammenhang mit § 25 Abs 1 KSVG stehe und daher lediglich Entgelte für künstlerische und publizistische Werke oder Leistungen abgabepflichtig seien.
Nebenentgelte, die nur Auslagenersatz darstellten, hätten mit der Bezahlung publizistischer oder künstlerischer Leistungen nichts zu tun. Beim Auslagenersatz lasse sich zudem oft nicht feststellen, ob der zu ersetzende Aufwand nicht ohnehin dem Auftraggeber zur Last falle. Die fehlende Zuordnung der Nebenentgelte zum abgabepflichtigen Entgelt ergeben sich schon aus § 25 Abs 2 iVm Abs 1 KSVG aF und sei nicht erst durch die Künstlersozialversicherungs-Entgeltverordnung eingeführt worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. November 1992 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 25. September 1991 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist zurückzuweisen.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Erstattung von Künstlersozialabgabe nicht zu. Der von einem Abgabepflichtigen iS von § 24 KSVG geltend gemachte Anspruch auf Erstattung von zuviel gezahlter Künstlersozialabgabe richtet sich nach § 33 Abs 1 KSVG.
Die Voraussetzungen von § 33 Abs 1 KSVG liegen nicht vor, da die Klägerin Künstlersozialabgabe nicht zu Unrecht entrichtet hat. Das LSG hat zutreffend entschieden, daß die von der Klägerin an Künstler oder Publizisten gezahlten Reisekosten im streitigen Bemessungszeitraum (1983 bis 1987) zur Bemessungsgrundlage zählten, weil sie Bestandteil des Entgelts für künstlerische oder publizistische Leistungen iS von § 25 Abs 1 KSVG waren. Dieser ist hier in der bis zum 31. Dezember 1988 geltenden Fassung anzuwenden (KSVG 1981); § 25 KSVG in der ab 1. Januar 1989 geltenden Fassung durch das Gesetz zur Änderung des KSVG vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2606), hier als § 25 KSVG 1989 bezeichnet, betrifft den streitigen Abgabezeitraum nicht. Nach § 25 Abs 2 KSVG 1981 ist Entgelt iS des Abs 1 alles, was der zur Abgabe Verpflichtete aufwendet, um das Werk zu erhalten oder zu nutzen, abzüglich der in einer Rechnung oder Gutschrift gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer (Satz 1). Ausgenommen hiervon sind die Entgelte, die für urheberrechtliche Nutzungsrechte, sonstige Rechte des Urhebers oder Leistungsschutzrechte an Verwertungsgesellschaften gezahlt werden (Satz 2).
Der erkennende Senat hat bereits mit Urteil vom 20. Juli 1994 (SozR 3-5425 § 25 Nr 6) entschieden, daß nach dem Gesetzeswortlaut auf das gesamte für ein Kunstwerk gezahlte Entgelt abzustellen ist und nicht nur auf den darin enthaltenen Wert der eigentlichen künstlerischen oder publizistischen Leistung. Danach ist es auch unerheblich, ob die Rechnung die bei der Herstellung des Werkes angefallenen Nebenkosten, Auslagen etc gesondert ausweist oder nur den Gesamtpreis. Dies folgt schon aus § 10 Umsatzsteuergesetz (UStG), dem § 25 Abs 2 KSVG nachgebildet ist. Nach § 10 Abs 1 UStG 1980 ist Entgelt alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, abzüglich der Umsatzsteuer. Nicht zum Entgelt zählen lediglich diejenigen Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen verausgabt und vereinnahmt (sog durchlaufende Posten; § 10 Abs 1 Satz 4 UStG, Satz 5 idF durch Gesetz vom 21. Dezember 1993). Dies entsprach, wie das LSG zutreffend herausgestellt hat, auch der im Gesetzgebungsverfahren zum KSVG 1981 geäußerten Auffassung. Danach sollte Abs 2 des § 25 KSVG gerade klarstellen, daß auch Nebenleistungen der Abgabepflicht unterliegen (BT-Drucks 9/26, S 21).
Die Revision vertritt unter Hinweis auf Berger-Delhey (BB 1993, 1549) und Bröckel (KSVG, 2. Aufl, S 50) die Auffassung, die § 10 Abs 1 UStG entliehene Definition stehe im KSVG in einem systematischen Zusammenhang mit § 25 Abs 1 KSVG und unterliege von daher einer teleologischen Reduktion auf die dort aufgeführten Entgelte für künstlerische und publizistische Werke oder Leistungen. Damit wird indes schon nach dem Gesetzeswortlaut auf das künstlerische Werk abgehoben, das die verarbeiteten Materialien umfaßt, und nicht auf die künstlerische Tätigkeit. Die Revision wendet ferner ein, das Sozialversicherungsrecht stelle allgemein für die Beitragspflicht nur auf das Entgelt für die Arbeit ab, und rechne Aufwendungsersatz nicht zum Arbeitsentgelt, was auch für das Einkommensteuerrecht gelte (§ 3 Nr 50 Einkommensteuergesetz ≪EStG≫). Damit verkennt sie, daß das KSVG nur hinsichtlich der Bemessung der vom Künstler zu tragenden Beiträge auf den nach allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelten Gewinn abstellt, der für das Arbeitseinkommen des Künstlers maßgebend ist (§ 15 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – ≪SGB IV≫), nicht aber bei der Abgabepflicht des Vermarkters. Beide Bereiche sind bewußt nicht dekkungsgleich geregelt, was schon in § 25 Abs 1 Satz 1 KSVG zum Ausdruck kommt „… auch wenn diese ≪sc die selbständigen Künstler und Publizisten≫ selbst nach diesem Gesetz nicht versicherungspflichtig sind”) und im übrigen in der Rechtsprechung bereits mehrfach herausgestellt worden ist (vgl BVerfG, SozR 5425 § 1 Nr 1; BSG SozR 3-5425 § 25 Nr 6). Dies gilt sowohl hinsichtlich des versicherten Personenkreises, der nicht mit dem Kreis der Künstler und Publizisten übereinstimmt, deren Honorare in die Bemessung der Künstlersozialabgabe einfließen, als auch in bezug auf die der Beitragsbemessung zugrunde zu legenden Entgelte. Die Abgabenfreiheit von Auslagen und Nebenentgelten kann von daher nicht mit der Begründung verneint werden, beim Künstler werde derartiger Aufwand nicht als beitragspflichtiges Entgelt berücksichtigt (so aber: Berger-Delhey, aaO) und unterliege bei ihm auch nicht der Einkommensteuerpflicht (§ 3 Nr 50 EStG).
Im übrigen spricht auch die Regelung der Melde- und Abgabeverfahren im KSVG (§ 27) dafür, bei der Bemessung der Künstlersozialabgabe allein auf die Aufwendungen des Vermarkters abzustellen. Denn die Höhe der Abgabe ist vom Abgabepflichtigen selbst zu ermitteln. Diesem sind grundsätzlich nur die eigenen Aufwendungen, nicht aber die Höhe des nur auf die künstlerische Leistung entfallenden Preises sowie die Höhe der Auslagen, Nebenkosten etc bekannt. Eine einschränkende Auslegung des Entgeltbegriffs in § 25 Abs 2 KSVG gegenüber der Definition des Umsatzsteuerrechts kann daher mit der Systematik des KSVG oder Sinn und Zweck der Künstlersozialabgabe nicht begründet werden.
Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, daß erst die im KSVG 1989 vorgenommene Ergänzung des § 25 Abs 2 KSVG um Satz 3 (Art 1 Nr 6 des Gesetzes zur Änderung des KSVG vom 20. Dezember 1988, BGBl I 2606) die Rechtsgrundlage dafür geschaffen hat, bestimmte Nebenleistungen durch Rechtsverordnung vom abgabepflichtigen Entgelt auszunehmen. Dabei handelt es sich nur insoweit um eine Klarstellung, als die Neuregelung Nebenleistungen nunmehr eindeutig dem Entgelt iS des § 25 Abs 2 Satz 1 KSVG zuordnet, so daß sie nach Abs 1 abgabepflichtig sind, soweit nicht aufgrund der neuen Verordnungsermächtigung etwas anderes bestimmt wird. Bei der Verordnungsermächtigung und der Herausnahme der Reisekosten nach Maßgabe der daraufhin erlassenen Rechtsverordnung handelt es sich indes nicht um eine Klarstellung des bisherigen Rechtszustandes, sondern um eine Rechtsänderung. Das ist im Gesetzgebungsverfahren deutlich gemacht worden. Die Ergänzung des § 25 Abs 2 KSVG um eine Verordnungsermächtigung wurde damit begründet, daß hierdurch die Möglichkeit geschaffen werden sollte, bestimmte Nebenleistungen ganz oder teilweise von dem abgabepflichtigen Entgelt auszunehmen (BT-Drucks 11/2964, S 18). Dies ist durch die Künstlersozialversicherungs-Entgeltverordnung (vom 22. Januar 1991, BGBl I 156) mit Wirkung vom 1. Januar 1991 geschehen. Danach sind dem Entgelt iS des § 25 Abs 2 Satz 1 KSVG ua nicht zuzurechnen: Aufwendungen für nachgewiesene Reisekosten des selbständigen Künstlers oder Publizisten, die der zur Abgabe Verpflichtete übernimmt, soweit sie die in § 3 Nr 16 EStG genannten Grenzen nicht übersteigen (§ 1 Nr 1).
Die aufgrund der Nachberechnung der Künstlersozialabgabe für die Jahre 1983 bis 1987 von der Klägerin entrichteten Beträge sind deshalb nicht zu Unrecht entrichtet worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen
AfP 1996, 102 |
ZUM 1995, 628 |
SozSi 1997, 79 |