Entscheidungsstichwort (Thema)
Verweisbarkeit. Leitberufe. Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit. Ausbildungsdauer. tarifliche Einstufung des Berufs. tarifliche Eingruppierung des Versicherten. Berufskraftfahrer. Fernverkehr. Nahverkehr. Verantwortung. Facharbeiter
Orientierungssatz
1. Zum Berufsschutz eines im Güterfernverkehr sowie im Nahverkehr eingesetzten Kraftfahrers.
2. Zur vorrangigen Berücksichtigung der Einschätzung der Tarifparteien zur Bewertung und Einordnung von Berufen iS von § 1246 Abs 2 RVO.
Normenkette
RVO § 1246 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 23.03.1992; Aktenzeichen L 2 J 169/91) |
SG Mainz (Entscheidung vom 06.06.1991; Aktenzeichen S 5 J 235/90) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente (BU-Rente). Umstritten ist dabei, ob der Kläger aufgrund seiner Tätigkeit als Kraftfahrer im Güterverkehr und im Hinblick auf die bestandene Berufskraftfahrerprüfung als Facharbeiter anzusehen ist.
Der Kläger (geboren 1939) war in den Jahren 1959 bis 1988 als Lkw-Fahrer tätig, zuletzt von Mai 1982 bis Mai 1985 im Fernverkehr und danach von April 1986 bis Mai 1988 als Lkw-Fahrer bei einer Obst- und Gemüsegroßhandlung im Nahverkehr. 1982 hatte er die Prüfung als Berufskraftfahrer (Güterfernverkehr) abgelegt.
Die Entlohnung erfolgte in beiden genannten Arbeitsverhältnissen nicht nach Tarifvertrag. Nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) hat er von Mai 1982 bis Mai 1985 als Lkw-Fahrer im Fernverkehr einen Bruttolohn von DM 3.000 erhalten, später als Lkw-Fahrer einer Obst- und Gemüsegroßhandlung zuletzt einen monatlichen Bruttolohn von DM 2.650.
Seit April 1988 ist der Kläger arbeitsunfähig. Im April 1990 hat er bei der Beklagten Versichertenrente beantragt. Diese wurde jedoch abgelehnt (Bescheid vom 25. Juni 1990) mit dem Hinweis, daß nach dem Ergebnis ärztlicher Begutachtung sein Leistungsvermögen zwar eingeschränkt sei, ihm jedoch noch körperlich leichte Arbeiten ebenerdig in wechselnder Körperhaltung und in temperierten Räumen vollschichtig zumutbar seien.
Auf die Klage hat das Sozialgericht Mainz (SG) den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Rente wegen BU ab 1. April 1990 zu gewähren (Urteil vom 6. Juni 1991). Das SG hat festgestellt, daß der Kläger nicht mehr in der Lage sei, den Beruf des Kraftfahrers auszuüben, weil er nur noch leichte Tätigkeit verrichten könne, dort aber auch mittelschwere, zum Teil sogar schwere körperliche Arbeit gefordert werde. Zumutbare Verweisungstätigkeiten seien nicht vorhanden. Der Kläger sei der Gruppe der Facharbeiter zuzuordnen. Die Ausbildung zum Berufskraftfahrer erfordere zwar nur eine Ausbildungsdauer von zwei Jahren. Es handele sich aber um einen Beruf, der erst erlernt werde, wenn derjenige, der den Beruf ergreifen möchte, bereits eine gewisse Reife erlangt habe. Im übrigen setze der Beruf ein besonderes Verantwortungsbewußtsein voraus.
Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG Rheinland-Pfalz das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 23. März 1992). Zur Begründung wird ausgeführt: Der Kläger könne nicht als Facharbeiter, sondern nur als Angelernter oberen Ranges eingestuft werden. Als Facharbeiter könne nur derjenige angesehen werden, der eine dreijährige Ausbildung erfolgreich durchlaufen habe. Beim Berufskraftfahrer der Fachrichtung Güterverkehr handele es sich auch nicht um einen sog Erwachsenenberuf, wie beispielsweise beim Berufskraftfahrer im Personenverkehr.
Eine Facharbeiterqualifikation könne auch nicht aus der tariflichen Einstufung abgeleitet werden. Der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), das der tariflichen Einstufung überragende Bedeutung beimesse, vermöge der Senat nicht zu folgen, da sie durch das Gesetz nicht gedeckt sei und zu Ergebnissen führe, die durch den Ausbildungsstand nicht gerechtfertigt seien.
Als angelernter Arbeitnehmer (oberer Bereich) könne der Kläger auf eine Beschäftigung als einfacher Pförtner verwiesen werden, die er nach seinem Gesundheitszustand auch noch ausüben könne. Stellen dieser Art würden auf dem Arbeitsmarkt angeboten.
Allerdings seien keine Verweisungstätigkeiten ersichtlich, wenn man den Kläger als Facharbeiter ansehe. Eine Tätigkeit als Hausmeister komme aufgrund der dort gestellten Anforderungen ebensowenig in Betracht wie eine Verweisung auf nicht ganz einfache Bürotätigkeiten. Bei einer Tätigkeit als Magazin- oder Lagerverwalter seien kaufmännische Vorkenntnisse erforderlich, die der Kläger nicht besitze.
Mit der Revision macht der Kläger geltend, ein Berufskraftfahrer der Fachrichtung Güterverkehr müsse genauso als Facharbeiter angesehen werden wie ein Berufskraftfahrer der Fachrichtung Personenverkehr, da in beiden Berufen die gleichen Anforderungen gestellt würden. Im übrigen sei kein Grund gegeben, von der Rechtsprechung des BSG zur Bedeutung der tariflichen Einstufung abzuweichen.
Der Kläger beantragt dem Sinne nach,
das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Mainz zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie beruft sich im wesentlichen auf das angefochtene Urteil.
In bezug auf die Feststellung, daß es für den Kläger bei Einstufung als Facharbeiter keine zumutbaren Verweisungstätigkeiten gebe, rügt sie Verstöße gegen die Amtsermittlungspflicht des Gerichts (§ 103 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫). Das LSG habe nicht geprüft, ob der Kläger im Spektrum seines Berufes noch für andere Tätigkeiten erwerbsfähig war.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LSG, weil das LSG ua keine ausreichenden Feststellungen zur tariflichen Einordnung des Kraftfahrerberufs im Großhandel und zur Art der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit getroffen hat.
Der Anspruch des Klägers auf Versichertenrente wegen BU richtet sich noch nach § 1246 der Reichsversicherungsordnung (RVO), da der Rentenantrag bereits im April 1990 - also bis zum 31. März 1992 - gestellt worden ist und er sich auch auf die Zeit vor dem 1. Januar 1992 bezieht (§ 300 Abs 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Rentenversicherung - ≪SGB VI≫; dazu BSG SozR 3-2200 § 1265 Nr 29 S 102).
Nach § 1246 Abs 2 RVO ist ein Versicherter berufsunfähig (bu), dessen Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.
Ob diese Voraussetzungen beim Kläger vorliegen, läßt sich noch nicht abschließend beurteilen; denn die Tatsachenfeststellungen im Berufungsurteil reichen hierfür nicht aus. Unklarheiten bestehen bereits in der Frage, was als Beruf des Klägers der Beurteilung zugrunde zu legen ist. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist bei der Prüfung der BU Ausgangspunkt der Beurteilung der "bisherige Beruf" des Versicherten (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 107). Dieser ist zuerst zu ermitteln und sodann zu prüfen, ob der Versicherte ohne wesentliche Einschränkungen weiterhin zu seiner Ausübung in der Lage ist. Ist der Versicherte nämlich in seinem Beruf noch ausreichend erwerbsfähig iS des § 1246 Abs 2 Satz 1 und 2 RVO, so ist er nicht bu, ohne daß es auf seine Erwerbsfähigkeit in sog Verweisungstätigkeiten ankommt (vgl zB BSG SozR 2200 § 1246 Nr 126).
Bisheriger Beruf iS des § 1246 Abs 2 RVO ist, wie das BSG in zahlreichen Entscheidungen (vgl BSG Urteil vom 30. Oktober 1985 SozR 2200 § 1246 Nrn 130, 164 mwN) ausgesprochen hat, in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn diese die qualitativ höchste ist (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 53, 66). Eine zuletzt ausgeübte geringerwertige Tätigkeit ist dann unbeachtlich, wenn die vorangegangene höherwertige Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben wurde (BSG 2, 182, 187; BSG SozR Nr 33 zu § 1246 RVO).
Das LSG ist lediglich von dem Beruf des Klägers als Kraftfahrer ausgegangen und hat diese Aussage darauf gestützt, daß er in den Jahren 1959 bis 1985 als Kraftfahrer im Güterfernverkehr sowie in der Zeit von April 1986 bis Mai 1988 im Nahverkehr als Fahrer einer Obst- und Gemüsegroßhandlung eingesetzt war. Dabei wurde nicht geprüft, ob sich die Tätigkeiten eines Fernfahrers im Verkehrsgewerbe und eines Fahrers, der für eine Großhandelsfirma Fahrten im Nahverkehr ausführt, qualitativ unterscheiden. Insoweit können erhebliche Unterschiede in den Anforderungen schon nach Art der Fahrzeuge bestehen. Es ist nicht auszuschließen, daß im Nahverkehr großenteils oder gar überwiegend Fahrzeuge gefahren wurden, die lediglich den Führerschein der Klasse drei erfordern. Darüber hinaus können auch die Anforderungen an die Bewältigung schwieriger Situationen und die Verantwortung im Fernverkehr wesentlich höher sein.
Sollte sich dabei ergeben, daß die Tätigkeit als Fernfahrer die qualitativ höherwertige war, käme es noch darauf an, ob der Kläger sie aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben hat, was ebenfalls nicht geprüft wurde.
Nach Feststellung des bisherigen Berufs war zu prüfen, inwieweit der Kläger trotz seiner gesundheitlichen Einschränkung in seinem Berufsbereich noch eingesetzt werden konnte. Für eine BU-Rente ist vom Grundgedanken des Berufsschutzes her kein Raum, solange der bisherige Beruf noch ausgeübt werden kann. Auch hierzu enthält das Urteil des LSG keine präzisen Feststellungen, zumal auch der bisherige Beruf und seine Anforderungen nicht im einzelnen ermittelt wurden.
Bestätigen die weiteren Ermittlungen, daß der Kläger die für den Berufsschutz bestimmende Tätigkeit als Kraftfahrer im Nahverkehr (oder Fernverkehr) nicht mehr ausüben konnte, so sind weitere Feststellungen dazu erforderlich, ob der Kläger Berufsschutz als Facharbeiter genießt, weil davon die Art der ihm sonst noch sozial zumutbaren Tätigkeiten (vgl § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO) abhängt.
Die Rechtsprechung des BSG hat zur BU iS von § 1246 Abs 2 RVO die Berufe der Versicherten nach ihrer Wertigkeit in verschiedene Gruppen eingeteilt. Die jeweilige Einstufung in dieses Raster bestimmt die Berufstätigkeit, auf die der Versicherte verwiesen werden kann. Die von der Rechtsprechung hierfür zugrunde gelegten Berufsgruppen sind, ausgehend von der Bedeutung, die die Ausbildung für die Qualität eines Berufes hat, nach Leitberufen gebildet worden. Sie sind charakterisiert durch den Beruf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters. Hierbei handelt es sich aber lediglich um Leitberufe. Von allen Senaten des BSG, die für die Arbeiterrentenversicherung zuständig sind, ist immer wieder deutlich gemacht worden, daß ausschlaggebend für die Zuordnung einer bestimmten Tätigkeit zu einer dieser Gruppen nicht allein die Ausbildung, sondern die Qualifikationsanforderungen der verrichteten Arbeit insgesamt sind, dh der aus einer Mehrzahl von Faktoren ermittelte Wert der Arbeit für den Betrieb auf der Grundlage der in § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO am Ende genannten Merkmale der Dauer und des Umfangs der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit. Es kommt also auf das Gesamtbild an.
In diesem Rahmen hat das BSG tariflichen Regelungen unter zwei Gesichtspunkten Bedeutung beigemessen: Zum einen der abstrakten - "tarifvertraglichen" - Klassifizierung der Tätigkeit (iS eines verselbständigten Berufsbildes) innerhalb eines nach Qualitätsstufen geordneten Tarifvertrags (vgl dazu BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 46, 111, 116, 122, 123, 164), zum anderen der - "tariflichen" - Eingruppierung des Versicherten in eine bestimmte Tarifgruppe des jeweiligen Tarifvertrages durch den Arbeitgeber (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 168, 169; BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 22). In beiden Bereichen sind die Folgerungen für die Wertigkeit einer Arbeit jedoch verschieden. Soweit die Tarifvertragsparteien eine bestimmte Berufsart im Tarifvertrag aufführen und einer Tarifgruppe zuordnen, kann in der Regel davon ausgegangen werden, daß die tarifvertragliche Einstufung der einzelnen, in der Tarifgruppe genannten Tätigkeiten auf deren Qualität beruht; denn die Tarifparteien als unmittelbar am Arbeitsleben Beteiligte nehmen relativ zuverlässig eine Bewertung von Berufstätigkeiten vor, die den Anforderungen auch des Mehrstufenschemas und der Qualität des Berufs in bezug auf die in § 1246 Abs 2 RVO genannten Merkmale entspricht. Demgemäß läßt die abstrakte (tarifvertragliche) Einordnung einer bestimmten Berufstätigkeit in eine Tarifgruppe, in der auch Facharbeiter eingeordnet sind, in der Regel den Schluß zu, daß diese Berufstätigkeit als Facharbeitertätigkeit zu qualifizieren ist. Von dem Grundsatz, daß von der tarifvertraglichen Einstufung einer Berufsart auszugehen ist, gelten jedoch Ausnahmen, wenn die Einstufung durch qualitätsfremde Merkmale bestimmt ist (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 101, 123; BSG SozR 3-2200 § 1246 Nrn 13, 22).
Der tariflichen Zuordnung des einzelnen Versicherten durch den Arbeitgeber kommt demgegenüber eine andere Bedeutung zu. Sie ist zwar ein Indiz dafür, daß die vom Versicherten ausgeübte Tätigkeit in ihrer Wertigkeit der Berufs- und Tarifgruppe entspricht, nach der er bezahlt wird. Die Richtigkeit dieser Eingruppierung kann insoweit aber durchaus widerlegt werden (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 77; BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 22).
Der erkennende Senat sieht keine Veranlassung, aufgrund der im angefochtenen Urteil aufgeführten Gründe von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Das Urteil selbst enthält im wesentlichen nur Thesen und Hinweise darauf, daß Dauer und Umfang der Ausbildung in der neueren Rechtsprechung des BSG unzureichend berücksichtigt würden. Welche Überlegungen das LSG hierzu veranlaßt haben, erschließt sich dann aber aus den zitierten Urteilen und der mehrfach zitierten Anmerkung von Hofmann in der Zeitschrift "Die Sozialgerichtsbarkeit" 1991, Seite 111 bis 114.
Soweit die Kritik daran ansetzt, daß die Einordnung des Berufs in einen nach Qualitätsstufen geordneten Tarifvertrag und auch die tarifliche Eingruppierung des einzelnen Versicherten in § 1246 RVO nicht genannt seien, sich das BSG durch Anlehnung an die Tarifverträge auch seiner Prüfungspflicht entziehe und sie gesetzwidrig auf die Tarifvertragsparteien verlagere, wird der Grundgedanke dieser Rechtsprechung verkannt. Dieser liegt gerade darin, die Vielzahl der in § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO genannten Merkmale ernster zu nehmen als dies bisher geschehen ist, indem neben der Dauer der Ausbildung auch deren Umfang und vor allem die Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit beachtet werden. Dies kann allerdings nicht in der Weise geschehen, daß in jedem Fall bisheriger Beruf und mögliche Verweisungstätigkeiten auf alle diese Merkmale untersucht und eine Gesamtbewertung vorgenommen wird. Eine so geartete Verwirklichung der Anforderungen des Gesetzes stößt wegen des erforderlichen Ermittlungsumfangs und der zwangsläufig begrenzten Vertrautheit von Versicherungsträgern und Richtern mit der Realität der einzelnen Berufsbereiche in der Praxis an die Grenzen der Handhabbarkeit. Bei dieser Situation ist es geboten, zunächst einmal von der Gesamtbewertung derjenigen auszugehen, die dem Arbeitsleben näherstehen. Allerdings ist es zutreffend, daß diesen Einschätzungen, weil sie möglicherweise auch von anderen, für § 1246 RVO nicht maßgeblichen Gesichtspunkten getragen sind, nicht uneingeschränkt gefolgt werden kann. Aus diesem Grunde ist auch in ständiger Rechtsprechung entschieden worden, daß die tarifvertragliche Einordnung eines Berufs nicht maßgeblich ist, wenn sie durch qualitätsfremde Merkmale bestimmt ist. Dabei wird in Kauf genommen, daß die Gründe der tariflichen Einordnung von Berufen nicht immer erkennbar oder zu ermitteln sind. Dies muß aber im Interesse der Praktikabilität hingenommen werden. Wegen der Vielfalt und Unüberschaubarkeit der beruflichen Anforderungen ist die Umsetzung des § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO nur durch ein gröberes Raster zu erreichen.
Eine Kritik dieser Rechtsprechung wäre dementsprechend nur dort überzeugend, wo sie unter Berücksichtigung der dargestellten Einschränkungen (qualitätsfremde Merkmale) und des Ziels dieser Rechtsprechung (Ausschöpfung des Gesetzeswortlauts/Praktikabilität) Ergebnisse aufzeigt, die mit § 1246 Abs 2 RVO nicht in Einklang stehen. Derartiges läßt sich aber der Begründung des LSG nicht entnehmen.
So ist es zB verfehlt, wenn Hofmann (aaO, Seite 113), auf den sich das LSG bezieht, ua Ausdauer, Geschicklichkeit und Verantwortung nicht als Merkmale anerkennt, die eine höhere berufliche Wertigkeit begründen können. Wenn bestimmte Tätigkeiten Ausdauer und Geschicklichkeit erfordern, so sind dies qualitative Arbeitsanforderungen, die uU erst erlernt werden müssen und in jedem Fall die Wertigkeit der Arbeit über andere Berufstätigkeiten hinausheben, in denen derartige Anforderungen nicht gestellt werden.
Das Merkmal "Verantwortung" unterscheidet sich allerdings dadurch von Kenntnissen und Fertigkeiten, daß es nicht als solches erlernbar ist, sondern dem betreffenden Arbeitnehmer die Aufgabe zuweist, seine Kräfte und Fähigkeiten mit besonderer Intensität und Sorgfalt einzusetzen und ihm erhöhte Aufmerksamkeit abfordert, damit Fehler ausgeschaltet werden. § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO zwingt aber gerade durch die Gegenüberstellung von Ausbildung und Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit, auch den Wert des Berufs zu berücksichtigen, den er durch die Notwendigkeit besonderer Sorgfalt und Umsicht erhält. Dies entspricht einem in allen Bereichen der Lohn- und Gehaltsfindung anzutreffenden Denken, das in zahlreichen Tarifverträgen seinen Niederschlag gefunden hat (vgl zB die Anlagen zu §§ 22, 23 BAT und die dazu ergangene umfangreiche Rechtsprechung, ua BAG AP Nr 129 zu §§ 22, 23 BAT 1975 mwN; BAG AP Nr 3 zu § 1 TVG Tarifverträge-Brauereien; BAG AP Nr 17 zu § 1 TVG Tarifverträge-Druckindustrie), ua auch dem vom LSG herangezogenen Lohntarifvertrag zwischen dem Arbeitgeberverband Großhandel Rheinland-Rheinhessen und der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen, Landesbezirk Rheinland-Pfalz, sowie der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft, Landesverband Rheinland-Pfalz-Saar (Lohngruppen L I und L II) zugrunde liegt. Es ist dementsprechend dem § 1246 RVO in keiner Weise zu entnehmen, daß ein Arbeitnehmer, der besondere Verantwortung getragen und deshalb eine herausgehobene Stellung eingenommen hat, einen geringeren Schutz genießen soll als derjenige, der über eine umfangreichere Ausbildung verfügt, aber weniger verantwortungsvolle Tätigkeiten zu verrichten hat. Der bei Hofmann (aaO Fußn 34) und in einem anderen Urteil des LSG (Urt v 30. September 1991 - L 2 J 159/90 -) anzutreffende Hinweis, Verantwortung als Merkmal sei eher typisch für Anlernberufe, entbehrt sachlicher Grundlagen, wie allein schon ein Blick in den BAT zeigt.
An einer sachgerechten Auseinandersetzung fehlt es auch, soweit das LSG seine Kritik im Anschluß an Hofmann (aaO) auf die Rechtsprechung zu den sog Beamtendiensttuern der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Bundespost stützt. Es wird eine Fehleinordnung dieser Berufsgruppen gerügt, die - wenn sie tatsächlich vorliegen sollte - im wesentlichen auf dem prozessualen Verhalten der zuständigen Rentenversicherungsträger beruht. Hier wird übersehen, daß in allen Fällen, die das BSG bisher entschieden hat, Feststellungen der Tatsachengerichte zu qualitätsfremden Merkmalen bei der tarifvertraglichen Einstufung fehlten und insoweit wirksame Rügen der jeweiligen Beklagten in der Revisionsinstanz nicht erhoben wurden. Behauptungen, daß qualitätsfremde Merkmale vorlägen, wurden lediglich in wenigen Fällen in der Revisionsinstanz aufgestellt, wo sie nicht mehr verwertet werden konnten (anders lediglich die in der ebenfalls am 25. August 1993 entschiedene Sache 13 RJ 25/92).
Das weitere Argument, die Rechtsprechung führe zu widersprüchlichen Ergebnissen, weil im Rahmen eines geregelten Ausbildungsberufs Berufsschutz als Facharbeiter nur gewährt werde, wenn die Facharbeiterprüfung erfolgreich abgeschlossen worden ist oder der einzelne die beruflichen Anforderungen dieses Berufs voll erfüllt, während in anderen Berufen die tarifliche Einstufung genüge, überzeugt ebenfalls nicht. Allerdings ist zutreffend, daß insoweit keine einheitliche Beurteilung stattfindet. Bei geregelten Berufen wird zusätzlich bedacht, die Bedeutung abgeschlossener geregelter Fachausbildungen oder entsprechender Kenntnisse und Fähigkeiten nicht dadurch zu relativieren, daß auch anderen, deren Tätigkeit und Kenntnisse sich nur auf einen Teilbereich eines Ausbildungsberufs erstrecken, rentenrechtlich der gleiche Status zugebilligt wird.
In Bereichen, in denen es keine geregelte Ausbildung gibt oder in denen die Absolvierung einer Ausbildung für die Ausübung eines verselbständigten Berufs (noch) unüblich ist (zB Kraftfahrer), fehlt indes die Möglichkeit einer derartigen Differenzierung. Wollte man jeweils alle Anforderungen ermitteln und zu den Anforderungen in geregelten Ausbildungsberufen in Beziehung setzen, so würde dies auf die gleichen Umsetzungsschwierigkeiten stoßen, wie sie oben für die Ermittlung und Bewertung eines Berufs unter allen in § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO aufgeführten Kriterien (Gesamtbild) dargelegt wurden.
Inwieweit diesen unterschiedlichen Kriterien bei der Bewertung des bisherigen Berufs durch Unterschiede in der Abgrenzung des Verweisungsspektrums Rechnung getragen werden kann oder muß, ist eine andere Frage (ohne Differenzierung allerdings noch BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 17).
Nicht überzeugend ist schließlich die Auffassung des LSG, daß Dauer und Umfang der Ausbildung deshalb vorrangig berücksichtigt werden müßten, weil es andernfalls an einem hinreichenden Verweisungsspektrum fehle. Hier ist darauf hinzuweisen, daß auch unabhängig von der Anbindung an Tarifverträge das Verweisungsspektrum regelmäßig kleiner wird, wenn man neben der Dauer der Ausbildung den Umfang der Ausbildung und die Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit berücksichtigt. Je spezieller die erworbenen Kenntnisse werden, je stärker sie betriebsgebunden sind und je mehr es sich um Anforderungen handelt, die nicht unbedingt durch eine Ausbildung erworben werden müssen, desto geringer ist die Verwertbarkeit außerhalb der bisherigen Berufstätigkeit und die Zugangsmöglichkeit zu Berufen, die einen bestimmten Kenntnisstand voraussetzen. Abgesehen davon zeichnen sich auch einige Ausbildungsberufe durch ein geringes fachliches Verweisungsspektrum aus. Die Berücksichtigung der tariflichen Einstufung spiegelt diesen Zustand lediglich wieder. Soweit neben der Dauer der Ausbildung besondere Verantwortung, Anforderungen an Präzision, Bewältigung von Problem- und Konfliktsituationen die Bewertung beeinflussen, bleibt nur ein kleines Verweisungsspektrum, wenn gerade diese zusätzlichen Qualifikationen aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr erbracht werden können oder es wenig Möglichkeiten gibt, mit dem Restleistungsvermögen eine verantwortungsvolle Tätigkeit zu übernehmen. Dies zeigt sich gerade auch beim Beruf des Kraftfahrers, bei dem offenbar die besondere Verantwortung für die Ladung und die übrigen Verkehrsteilnehmer wie auch die Fähigkeit zur Bewältigung von Problemsituationen bei Fernfahrten in die Bewertung einfließen. Es handelt sich dabei um Qualifikationen, die eng mit der Durchführung von Gütertransporten im Straßenverkehr verbunden sind und möglicherweise außerhalb dieses Bereichs nur wenige Zugangsmöglichkeiten für andere Berufe eröffnen.
Im übrigen ist in Frage zu stellen, ob die Einengung des Verweisungsfeldes in vielen Fällen auftritt, da durch die Orientierung auch der Verweisungstätigkeiten an ihrer tariflichen Einordnung (vgl BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 17) zugleich Verweisungsmöglichkeiten eröffnet werden, die keine umfangreiche Ausbildung voraussetzen.
Unterschiedliche Einordnungen derselben Berufsbezeichnung in verschiedene Tarifgruppen je nach Branche und regionalem Tarifvertrag (vgl hierzu BSG Urteil vom 7. April 1992 - 8 RKn 2/90 -) sprechen ebenfalls nicht gegen die vorrangige Berücksichtigung der Einschätzung der Tarifparteien. Soweit es sich um branchenspezifische Unterschiede handelt, kann davon ausgegangen werden, daß sie auf unterschiedlichen Anforderungen an die Berufstätigkeit beruhen. Regionale Unterschiede sind allerdings im allgemeinen nicht aus Qualitätsunterschieden zu erklären. Der erkennende Senat ist indes der Auffassung, daß diese Nachteile im Interesse einer einheitlichen Handhabung hingenommen werden können, und insgesamt diese und andere Probleme, die das "Tarifmodell" mit sich bringt, weit hinter die Probleme zurücktreten, die sich in bezug auf Praktikabilität und Gefahr von Fehleinschätzungen ergeben, wenn versucht wird, die Bewertung des Gesamtbildes einer Tätigkeit allein aus richterlicher Sicht vorzunehmen. Dies zeigt ua die geringe Bedeutung, die das LSG im Anschluß an Hofmann (aaO) der mit der Arbeit verbundenen Verantwortung beimißt. Auch darüber hinaus bietet hierfür gerade das angegriffene Urteil ein gutes Beispiel. Das LSG setzt sich dort mit den Unterschieden zwischen dem Beruf des Kraftfahrers im Güterverkehr und dem Beruf des Kraftfahrers im Personenverkehr auseinander. Es sieht als entscheidend an, daß im Personenverkehr nur derjenige tätig werden kann, der das 21. Lebensjahr vollendet hat und eine besondere behördliche Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung besitzt, die persönliche Zuverlässigkeit voraussetzt, wobei die geistige und körperliche Eignung amtsärztlich festgestellt werden muß. Aus diesen Merkmalen ist indes lediglich ersichtlich, daß der Staat durch gesetzliche Vorschriften seiner Verantwortung für die Bürger insofern Rechnung trägt, als er bei Personenbeförderung die Anforderungen an die Eignung überprüft. Es mag gerechtfertigt sein, daraus zu folgern, daß die Verantwortung eines Fahrers, der Personen befördert, höher zu bewerten ist. Dies besagt indes nicht, daß die realen Anforderungen an Fahrer im Güterverkehr insgesamt geringer sind, da mit Warenverkehr andere Erfordernisse verbunden sind als mit Personenverkehr, ebenso wie uU sich die Anforderungen unterscheiden, je nachdem, ob es sich um Fernverkehr oder um Nahverkehr handelt. Der umfassende Einblick, welche Anforderungen im Regelfall in einer bestimmten Branche gestellt werden und wie dementsprechend der Beruf zu bewerten ist, läßt sich - wie dargelegt - nicht durch das Herausgreifen einzelner Merkmale, sondern nur durch einen umfassenden Überblick über die Branche ermitteln, der nicht im Rahmen eines Gerichtsverfahrens, sondern nur durch praxisnahe Beobachtung des Arbeitslebens gewonnen werden kann.
Allerdings hat das BSG früher dem Umstand, daß ein Beruf erst im Erwachsenenalter ergriffen werden kann (sog Erwachsenenberuf), dadurch Rechnung getragen, daß in diesen Fällen auch bei nur zweijähriger Ausbildung der Facharbeiterstatus bejaht wurde (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 159 S 517). Ausgangspunkt dafür waren aber nicht höhere Anforderungen in einem Erwachsenenberuf, sondern die stärkere Konzentration des Lehrstoffs auf einen kürzeren Zeitraum. Im übrigen ist aber in einer späteren Entscheidung darauf hingewiesen worden, daß dieser Gedanke die Bedeutung der in der tariflichen Einordnung des Berufs zum Ausdruck kommenden Bewertung des Gesamtbilds aller Anforderungen, Kenntnisse und Fertigkeiten nicht relativiert (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 18 S 72).
Ausgehend von diesen Überlegungen müssen für die Entscheidung des vorliegenden Falles folgende Prüfungsstufen durchlaufen werden:
Kommt das LSG zu dem Ergebnis, daß der Beruf des Klägers der des Fernfahrers im Güterverkehr war, so ist von dem vom LSG festgestellten Lohntarifvertrag zwischen der Vereinigung der Arbeitgeberverbände Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz eV und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr vom 12. Juni 1984 auszugehen, der am 1. April 1984 in Kraft getreten ist. Der Kläger wurde zwar nicht nach Tarif entlohnt; der Arbeitgeber war auch nicht tarifgebunden. Wie das BSG mehrfach entschieden hat, ist jedoch auch in solchen Fällen von dem räumlich und fachlich geltenden Tarifvertrag auszugehen, um eine gleichmäßige Bewertung des beruflichen Status sicherzustellen (s ua BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 18).
Das LSG hat ferner festgestellt, daß die Tätigkeit des Klägers "Fahrer im Güterfernverkehr" in Lohngruppe III der Lohntabelle 2 (Fahrpersonal) des genannten Tarifvertrages eingeordnet ist. Von dieser Zuordnung ist auszugehen, wenn es sich um einen nach Qualitätsstufen geordneten Tarifvertrag handelt. Dies wäre noch anhand des gesamten Tarifvertrages zu überprüfen. Hiergegen spricht jedenfalls noch nicht, daß in der Lohntabelle für Fahrer die Lohngruppen I bis Va keine von unten nach oben gestaffelten Stundenlöhne ausweisen. Entscheidend ist vielmehr, ob der Tarifvertrag im übrigen Qualitätsstufen aufweist, möglichst solche, die Differenzierungen zwischen Facharbeitergruppen, Gruppen für sonstige Ausbildungsberufe und Gruppen für ungelernte Tätigkeit ausweisen, denen die Fahrergruppen gegenübergestellt und damit in ihrer Wertigkeit abgeklärt werden können. Der Kläger wäre danach als Facharbeiter anzusehen, wenn der in der Lohntabelle 2 für ihn vorgesehene Stundenlohn sowie sonstige evtl zu beachtende Bestimmungen (vgl hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 17. Juni 1993 - 13 RJ 23/92 -) demjenigen entsprächen, der auch für Facharbeiter mit einer Ausbildungszeit von über zwei Jahren vorgesehen ist.
Da der Kläger allerdings nicht nach Tarif entlohnt worden ist, gibt es auch keine Eingruppierung, die als Indiz dafür dienen kann, daß der Kläger die Tätigkeit als Fernfahrer im Güterverkehr, wie sie Lohngruppe III voraussetzt, tatsächlich in vollem Umfang ausgeübt hat. Dies müßte auf andere Weise festgestellt werden. Das LSG hat hier aufgrund eigener Prüfung eine der Lohngruppe III entsprechende Tätigkeit bejaht. Wirksame Verfahrensrügen hiergegen sind nicht erhoben worden.
Sollte das LSG indes bei der Prüfung des bisherigen Berufs zu dem Ergebnis kommen, daß der Kläger seine Tätigkeit als Fahrer im Güterfernverkehr nicht aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben hat, so wäre in entsprechender Weise zu prüfen, ob die Tätigkeit des Klägers als Fahrer im Nahverkehr für ein Großhandelsunternehmen als Facharbeitertätigkeit anzusehen ist. Hierbei kann allerdings nicht von dem vom LSG herangezogenen Tarifvertrag vom 27. Mai 1991 ausgegangen werden, da der Kläger diese Tätigkeit in den Jahren 1986 bis 1988 ausgeübt hat. Maßgeblich ist vielmehr der bei Beendigung seiner Tätigkeit geltende Tarifvertrag.
Geht man einmal davon aus, daß der damals geltende Tarifvertrag im wesentlichen die gleiche Struktur aufwies, so ist auf folgendes hinzuweisen:
Es fällt auf, daß der Lohntarifvertrag zwischen dem Arbeitgeberverband Großhandel Rheinland-Rheinhessen und der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen, Landesbezirk Rheinland-Pfalz sowie der Deutschen Angestelltengewerkschaft, Landesverband Rheinland-Pfalz-Saar in § 2 nur drei Lohngruppen ausweist, wobei die Lohngruppen I und II sich auf ungelernte Tätigkeiten beziehen und die Lohngruppe III auf Handwerker sowie Fahrer von Fahrzeugen und Transportmaschinen. Dies allein spricht noch nicht dagegen, daß der Tarifvertrag nach Qualitätsstufen geordnet ist. Es fehlt zwar eine Gruppe für sonstige Ausbildungsberufe und ihnen gleichgestellte Tätigkeiten. Dies kann aber ua damit zusammenhängen, daß derartige Tätigkeiten im Großhandel kaum vorkommen und deshalb von der Bildung einer besonderen Tarifgruppe abgesehen wurde. Diese Frage muß allerdings noch durch Rückfrage bei den Tarifvertragsparteien geklärt werden.
Geht man davon aus, daß der Tarifvertrag nach Qualitätsstufen geordnet ist, so wäre er - wie oben bereits dargelegt - für die Beurteilung der Wertigkeit des vom Kläger ausgeübten Berufs zugrunde zu legen, obwohl der Kläger nicht nach dem Tarifvertrag entlohnt wurde. Die Berufstätigkeit des Klägers als Kraftfahrer ist dort - wie das LSG ebenfalls festgestellt hat - in Lohngruppe III aufgeführt. In dieser Gruppe werden auch die Handwerker mit Ausbildung genannt, die in ihrem erlernten Beruf beschäftigt werden. Aus letzterem ergibt sich, daß es sich um eine Handwerkerlohngruppe handelt, und deshalb grundsätzlich alle dort auch noch genannten Tätigkeiten von den Tarifvertragsparteien in ihrer Wertigkeit den Handwerkerberufen gleichgestellt werden und damit ebenfalls als Facharbeiterberufe anzusehen sind. Das LSG hat allerdings die Auffassung vertreten, daß dies nicht zutreffen könne, weil in dieser Tarifgruppe ua "Gabelstaplerfahrerinnen" genannt seien. Insoweit ist indes darauf hinzuweisen, daß nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (s ua Urteil vom 22. Juli 1992 - 13 RJ 21/91 -) die Bewertung einer Tarifgruppe als Facharbeitergruppe nicht dadurch in Frage gestellt wird, daß dort möglicherweise auch Berufe auftauchen, die nur aus qualitätsfremden Erwägungen in dieser Gruppe aufgeführt werden. Dementsprechend muß für jeden Beruf, über den zu entscheiden ist, geprüft werden, ob solche qualitätsfremden Merkmale maßgeblich waren. Wo dies festgestellt wird, wirkt es sich aber nur auf den betreffenden Beruf aus, nicht aber auf die anderen, in der Facharbeitergruppe genannten Berufe, für die qualitätsfremde Gründe nicht feststellbar sind.
Nach den bisherigen Feststellungen des LSG ist der Kläger als Kraftfahrer tätig gewesen und erfüllt damit die Voraussetzungen der Lohngruppe III. Da indes dort Kraftfahrer jeglicher Qualifikation und Aufgabenstellung genannt sind, könnte es sich ergeben, daß die Einordnung der Kraftfahrer zumindest teilweise auf qualitätsfremden Merkmalen beruht. Eine solche Überprüfung erübrigt sich indes, wenn der Kläger, der nach den Feststellungen des LSG die Prüfung als Berufskraftfahrer der Fachrichtung Güterverkehr abgelegt hat, Arbeiten ausgeführt hat, die diesem Berufsbereich zuzuordnen sind, also insbesondere Fahrzeuge gefahren hat, die den Besitz des Führerscheins Klasse zwei voraussetzen. Soweit diese Voraussetzungen gegeben sind, sind Zweifel an der qualitätsorientierten Gleichstellung mit Handwerkern nicht angezeigt. Sollte sich indes ergeben, daß der Kläger lediglich Kleintransporter gefahren hat und darüber hinaus keine Aufgaben zu bewältigen hatte, die seiner Tätigkeit eine besondere Wertigkeit geben, liegt es nahe, daß insoweit eine qualitätsfremde Einordnung dieses Berufsbereichs vorlag. Eine solche qualitätsfremde Grundlage könnte zB darin gesehen werden, daß es im Großhandelsgewerbe nur wenige Fahrer gibt, die überwiegend Kleintransporter fahren, und man im Interesse eines einheitlichen Lohngefüges (soziale Gründe) diesen Bereich mit in die Lohngruppe III einbezogen hat.
Kommt das LSG letztlich zu dem Ergebnis, daß der Kläger angelernter Arbeitnehmer im oberen Bereich ist, wie es dies bereits in dem angefochtenen Urteil angenommen hat, so ist bei der Prüfung von Verweisungstätigkeiten davon auszugehen, daß nach der Rechtsprechung des BSG nur eine Verweisung auf Tätigkeiten zulässig ist, die zu den Anlernberufen gehören, diesen gleichgestellt sind oder zum Bereich ungelernter Tätigkeiten gehören, dort jedoch nicht zu den einfachsten Tätigkeiten zu rechnen sind. Außerdem ist ein Beruf zu benennen (vgl BSG in SozR 2200 § 1246 Nr 132).
Das LSG hat den Kläger auf den Beruf des einfachen Pförtners verwiesen, wobei offenbar nicht der Pförtner an der Nebenpforte, sondern ein Pförtner an der Hauptpforte ohne besonders hohe Anforderungen gemeint ist.
Bei seiner erneuten Entscheidung wird das LSG diese Verweisung zunächst einmal unter dem Gesichtspunkt tariflicher Einstufung überprüfen müssen. Für gehobene Angelernte kommt insoweit nur eine Verweisung auf obere Tarifgruppen im Bereich ungelernter Tätigkeiten in Betracht. Das LSG wird deshalb durch Anfrage bei Gewerkschaften oder Arbeitgeberverbänden verschiedener Branchen und Heranziehung mindestens eines Tarifvertrags feststellen müssen, wie "einfache Pförtner" mit dem Aufgabenkreis, den das LSG beschreibt, tariflich eingestuft sind.
Darüber hinaus muß im einzelnen überprüft werden, ob der Kläger diesen Beruf nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten ausüben kann, ohne hierfür eine längere Anlernzeit als bis zu drei Monaten zu benötigen. Dabei ist es nicht zulässig, sich auf sog allgemeinkundige Tatsachen und die Kenntnis verständiger oder erfahrener Menschen zu stützen. Zwar ist es grundsätzlich zulässig, allgemeinkundige Tatsachen zu verwerten, zumindest dann, wenn sie in den Prozeß eingeführt worden sind (BSG SozR 1500 § 128 Nr 15). Dies gilt aber nur für Tatsachen, die keine besondere Berufskenntnis voraussetzen, wie zB in der zitierten Entscheidung des BSG, wo es nur um die Tatsache ging, daß ein Bäcker im Rahmen der Backwarenabteilung eines Kaufhauses berufliche Fachkenntnisse verwerten kann. Bereits die weitergehende Frage, in welchem Umfang dies der Fall ist, kann schon nicht mehr aus Allgemeinkenntnissen beantwortet werden, sondern bedarf berufskundlicher Überprüfung.
Soweit der 4. Senat des BSG in der vom LSG zitierten Entscheidung (BSG SozR 2200 § 1256 RVO Nr 61) sogar die Tätigkeit eines Hausmeisters als allgemeinkundig angesehen hat, vermag dem der erkennende Senat nicht zu folgen. Hierzu bedarf es aber an dieser Stelle keiner näheren Erörterung, da bisher eine Verweisung des Klägers auf eine Tätigkeit als Hausmeister nicht in Betracht gezogen wird und zudem der 4. Senat für Fragen der Arbeiterrentenversicherung nicht mehr zuständig ist. Die ständig sich verändernden Bedingungen der Berufe, die Vielfalt der Berufe und ihrer Ausübungsformen und die begrenzte Einsicht Fachfremder in die konkreten Bedingungen von Berufstätigkeiten schließen es grundsätzlich aus, richterliche Allgemeinerfahrungen zugrunde zu legen oder ärztliche Gutachten einzuholen im Vertrauen auf die Allgemeinerfahrung medizinischer Sachverständiger. Es bedarf stets einer genauen Beschreibung der Anforderungen an Kenntnisse und Fähigkeiten wenigstens einer Verweisungstätigkeit, die dann mit den Kenntnissen und Fähigkeiten des Klägers abzugleichen sind, sowie einer genauen Prüfung der typischen Arbeitsabläufe und Belastungen, die dann zu dem Restleistungsvermögen des Versicherten in Beziehung zu setzen sind (vgl BSG in SozR 2200 § 1246 Nr 45).
Da es sich hier jedoch nicht um eine Verweisung auf Tätigkeiten handelt, die der Versicherte innehat, ist außerdem besondere Sorgfalt darauf zu legen und festzustellen, ob er allen Anforderungen, die für die Wertigkeit des Berufs maßgeblich sind, gewachsen ist, insbesondere auch denjenigen, die über Kenntnisse und Fähigkeiten hinausgehen, wie zB Anforderungen an Streßbewältigung, Genauigkeit, Konzentrationsvermögen und Reaktionsvermögen sowie ähnliche Voraussetzungen. Ferner ist die Umstellungsfähigkeit zu überprüfen, insbesondere, wenn es sich um einen Wechsel in Berufstätigkeiten handelt, die sich wesentlich von dem bisherigen Beruf unterscheiden.
Zudem genügt es nicht, auf eine Tarifgruppe zu verweisen, die vielfältige Tätigkeiten umfaßt. Es bedarf vielmehr einer Präzisierung, welche konkret umschriebene Tätigkeit dem Versicherten noch zugemutet werden kann (BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr 8 S 19 und Nr 29 S 106).
Schließlich muß das LSG auch prüfen, ob der Arbeitsmarkt für die in Aussicht genommene Verweisungstätigkeit offen ist oder ob es sich im wesentlichen um Schonarbeitsplätze handelt, die nur betriebsintern vergeben werden (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 137, 139; BSG Urteil vom 2. Dezember 1987 - 1 RA 11/86 - DAngVers 1988, 426).
Da das BSG die noch erforderlichen Feststellungen nicht nachholen kann (§ 163 SGG), war das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache an dieses Gericht zur weiteren Sachaufklärung zurückzuverweisen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Fundstellen