Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. November 1995 wird zurückgewiesen.
Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Klägerin begehrt höheres Arbeitslosengeld (Alg).
Die Klägerin war vom 2. September 1991 bis 31. August 1993 aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrages als wissenschaftliche Angestellte einer Universität beitragspflichtig beschäftigt. Ihre Arbeitszeit betrug bis Mai 1993 vereinbarungsgemäß 19,25 Stunden in der Woche und danach 38,5 Stunden. In den letzten vor ihrem Ausscheiden abgerechneten Monaten Juni, Juli und August 1993 bezog sie ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt von 5.981,85 DM. Davor hatte sie von September bis Dezember 1992 ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt von 2.878,16 DM und von Januar bis Mai 1993 ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt von 2.965,08 DM erzielt, so daß sich für das gesamte letzte Jahr ihrer Beschäftigung ein monatliches Durchschnittseinkommen von 3.690,30 DM ergab.
Antragsgemäß bewilligte das Arbeitsamt (ArbA) der Klägerin ab 1. September 1993 Alg – zunächst in vorläufiger Höhe von 294,60 DM wöchentlich (Bescheid vom 3. September 1993) – und schließlich in Höhe von 408 DM wöchentlich nach einem Bemessungsentgelt von 850 DM. Dieses Arbeitsentgelt war nach dem monatlichen Durchschnittseinkommen von 3.690,30 DM und unter Zugrundelegung der Leistungsgruppe C (Steuerklasse III) berechnet (Bescheid vom 21. September 1993; Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 1993).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 28. Juli 1994). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 8. November 1995). Es hat ausgeführt, der Klägerin stehe kein höheres Alg zu. Nach § 112 Abs 2 Sätze 4 und 5 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in der bis Ende 1993 geltenden Fassung sei wegen einer außergewöhnlichen Lohnsteigerung im Bemessungszeitraum von drei Monaten ein Bemessungszeitraum von zwölf Monaten maßgebend; daß die außergewöhnliche Steigerung auf einer Verdoppelung der Arbeitszeit beruhe, sei unerheblich.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 112 Abs 1 und 2 AFG. Sie meint, es fehle an einer Tatbestandsvoraussetzung des § 112 Abs 2 Satz 5 AFG, nämlich an der Überschreitung der betriebsüblichen Anpassung des Arbeitsentgelts an die wirtschaftliche Entwicklung. Bei einem Wechsel von Teilzeit- zu Vollzeitarbeit habe sich nicht das Arbeitsentgelt erhöht, sondern lediglich die vertragliche Arbeitszeit. Zu berücksichtigen seien nur Arbeitsentgeltsteigerungen von ungewöhnlicher Höhe bei gleichbleibender Arbeitszeit. Eine Änderung der Arbeitszeit, die regelmäßig ein höheres monatliches Bruttoeinkommen nach sich ziehe, habe der Gesetzgeber durch die Vorschrift des § 112 Abs 2 Sätze 4 und 5 AFG nicht erfassen wollen.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 3. September 1993 und 21. September 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 1993 zu verurteilen, der Berechnung des Alg das Arbeitsentgelt der Klägerin aus den Monaten Juni bis August 1993 zugrunde zu legen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf die Ausführungen des LSG.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben, hat die Klägerin keinen Anspruch auf höheres Alg.
1. In der Revisionsinstanz fortwirkende Verstöße gegen verfahrensrechtliche Grundsätze, die einer Sachentscheidung entgegenstehen, liegen nicht vor. Die Berufung der Klägerin war nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG statthaft. Denn der Beschwerdegegenstand iS des § 144 Abs 1 SGG überstieg 1.000 DM. Zwar betrifft der Streit um ein höheres Alg nur den Zeitraum vom 1. September bis 12. Oktober 1993. Denn ab 13. Oktober 1993 (im LSG-Urteil irrtümlich: 13. Dezember 1993) hat die Klägerin Mutterschaftsgeld bezogen, so daß gemäß § 118 Abs 1 Nr 2 AFG der Anspruch auf Alg ruhte. Daraus, daß die Klägerin für die Zeit vom 1. September bis 12. Oktober 1993 höheres Alg auf der Grundlage eines Bruttoarbeitsentgelts von monatlich 5.981,85 DM, dh eines Bemessungsentgelts von 1.380 DM wöchentlich verlangt, ergibt sich unter Zugrundelegung der AFG-Leistungsverordnung 1993 (AFG-LeistungsVO) vom 18. Dezember 1992 (BGBl I 2354), daß hier ein wöchentlicher Zahlbetrag von 617,40 DM statt dem bewilligten Zahlbetrag von 408 DM im Streit steht. Der Wert des Beschwerdegegenstandes beläuft sich somit auf mehr als 1.000 DM.
2.a) Die Höhe des der Klägerin ab 1. September 1993 dem Grunde nach zustehenden Anspruchs auf Alg richtet sich nach § 111 Abs 1 Nr 1 AFG in der bis zum 31. Dezember 1993 gültigen Fassung. Danach beträgt das Alg für Arbeitslose, die – wie die Klägerin – mindestens ein Kind iS des § 32 Abs 1, 4 und 5 Einkommensteuergesetz haben, 68 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts (§ 112 AFG). Die AFG-LeistungsVO 1993 vom 18. Dezember 1992, in der für die verschiedenen Arbeitsentgelte (§ 112 AFG) nach Minderung um die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallenden gesetzlichen Abzüge unter Berücksichtigung der Nettolohnersatzquote von 68 vH die jeweiligen Leistungssätze ausgewiesen sind, sieht in der Leistungsgruppe C, der die Klägerin gemäß § 111 Abs 2 Satz 2 Nr 1 Buchst c AFG angehört (verheiratet, Steuerklasse III) für ein (wöchentliches) Arbeitsentgelt (Bemessungsentgelt) von 850 DM die bewilligten 408 DM vor. Ein Anspruch auf höheres Alg wäre der Klägerin daher nur dann zuzuerkennen, wenn die Leistung nach einem höheren Arbeitsentgelt (Bemessungsentgelt) als 850 DM zu zahlen wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall.
b) Arbeitsentgelt (Bemessungsentgelt) in diesem Sinne ist nach § 112 Abs 1 AFG das Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum durchschnittlich in der Woche erzielt hat. Bemessungszeitraum sind nach § 112 Abs 2 Satz 1 AFG in der hier anzuwendenden, bis zum 31. Dezember 1993 geltenden Fassung des 8. AFG-Änderungsgesetzes vom 14. Dezember 1987 (BGBl I 2602) – im folgenden AFG aF – die beim Ausscheiden des Arbeitnehmers abgerechneten Lohnabrechnungszeiträume der letzten drei Monate der die Beitragspflicht begründenden Beschäftigungen vor der Entstehung des Anspruchs, in denen der Arbeitslose Arbeitsentgelt erzielt hat. Ist indes das Arbeitsentgelt im letzten Jahr vor dem Ende des Bemessungszeitraums außergewöhnlich gestiegen, so treten an die Stelle der genannten drei Monate zwölf Monate (§ 112 Abs 2 Satz 4 AFG aF). Eine außergewöhnliche Steigerung des Arbeitsentgelts liegt vor, wenn das Arbeitsentgelt über die betriebsübliche Anpassung der Arbeitsentgelte an die wirtschaftliche Entwicklung hinaus gestiegen und das durchschnittlich in der Woche erzielte Arbeitsentgelt im Regelbemessungszeitraum um mehr als ein Drittel höher ist als das im gesamten Zwölf-Monats-Zeitraum (§ 112 Abs 2 Satz 5 AFG aF). Erforderlich ist insoweit also ein Vergleich zwischen dem im Regelbemessungszeitraum und dem im erweiterten Bemessungszeitraum erzielten Entgelt.
Ist – wie bei der Klägerin – innerhalb eines Jahres vor Ende des Bemessungszeitraums (hier vom 1. September 1992 bis 31. August 1993) irgendeine Lohnsteigerung feststellbar, so erfordert die gesetzliche Regelung zur Feststellung, ob eine außergewöhnliche Steigerung zu bejahen ist, in einem ersten Zwischenschritt die genaue Festlegung dieser beiden Zeiträume für die Berechnung des in der Woche durchschnittlich erzielten Arbeitsentgelts (im Regelbemessungszeitraum und im erweiterten Bemessungszeitraum). Sodann ist das im (jeweiligen) Bemessungszeitraum durchschnittlich in der Arbeitsstunde erzielte Arbeitsentgelt (sog Lohnfaktor) mit der Zahl der Arbeitsstunden zu vervielfachen, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im (jeweiligen) Bemessungszeitraum ergibt – sog Zeitfaktor – (§ 112 Abs 3 Satz 1 AFG). Arbeitsentgelt, das – wie im Fall der Klägerin – nach Monaten bemessen ist, gilt – zur Ermittlung des Lohnfaktors – als in der Zahl von Arbeitsstunden erzielt, die sich ergibt, wenn die Zahl der vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden mit 13 vervielfacht und durch drei geteilt wird (§ 112 Abs 3 Satz 2 AFG).
c) Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, die von der Klägerin nicht angegriffen und daher für den Senat bindend sind (§ 163 SGG), hat sie im Regelbemessungszeitraum (Juni bis August 1993) ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt von 5.981,85 DM bei einer tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden erzielt. Dies ergibt ein wöchentliches Arbeitsentgelt von gerundet 1.380 DM (38,5 Stunden × 13: 3 = 166,83 Stunden; 5.981,85 DM: 166,83 Stunden = 35,86 DM/Std; 35,86 DM × 38,5 Wochenstunden = 1.380,61 DM/Woche). Im erweiterten Bemessungszeitraum (September 1992 bis August 1993) ergibt sich dagegen nur ein durchschnittlich in der Woche erzieltes Arbeitsentgelt von gerundet 850 DM (Arbeitsstunden: drei Monate á 166,83 Stunden ≪siehe oben≫ = 500,49 Std + 9 Monate á ≪19,25 Std × 13: 3 = 83,42≫ = 750,78 Std, ergibt eine Gesamtzahl der Arbeitsstunden von 1.251,27; Gesamtverdienst ≪vier Monate á 2.878,16 DM + 5 Monate á 2.965,08 DM + 3 Monate á 5.981,85 DM≫ = 44.283,59 DM; Durchschnittsentgelt/Std 44.283,59 DM: 1.251,27 Std = 35,39 DM/Std; durchschnittliche Wochenarbeitszeit ≪9 × 19,25 + 3 × 38,5: 12≫ = 24,06 Std; durchschnittliches Wochenentgelt ≪35,39 DM × 24,06 Std≫ = 851,48 DM).
Vergleicht man also das im Regelbemessungszeitraum erzielte, durchschnittliche wöchentliche Arbeitsentgelt von 1.380 DM mit dem durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitsentgelt des gesamten letzten Jahres von gerundet 850 DM (vgl § 112 Abs 10 AFG), so liegt dieses um gut 62 % höher. Es kann dahingestellt bleiben, ob schon von dieser Differenz der beiden durchschnittlichen Wochenentgelte ohne weiteres auf das Vorliegen einer „außergewöhnlichen Steigerung” iS von § 112 Abs 2 Satz 5 AFG aF geschlossen werden kann (so allerdings Runderlaß der BA 150/87, Abschnitt 3.2 Abs 6), oder ob eine betriebsübliche Anpassung des Arbeitsentgelts an die wirtschaftliche Entwicklung zuvor herauszurechnen ist (vgl dazu BSG-Urteil vom 25. November 1995 – 7 RAr 12/95 –). Diesbezügliche Feststellungen und Berechnungen erübrigen sich im Fall der Klägerin. Denn selbst wenn zugunsten der Klägerin im letztgenannten Sinn entschieden und davon ausgegangen wird, daß die Lohnsteigerung ua auch auf eine betriebsübliche Anpassung des Entgelts an die wirtschaftliche Entwicklung zurückzuführen war, kann hier ausgeschlossen werden, daß bei der in diesem Fall gebotenen Bereinigung der Entgeltsteigerung die Differenz nicht mehr als ein Drittel (§ 112 Abs 2 Satz 5 AFG aF) beträgt. Da die absolute Steigerung des Arbeitsentgelts rund 62 % betrug, müßte sie zu mindestens 28,66 % (62 % – 33,34 %) auf einer betriebsüblichen Anpassung des Arbeitsentgelts an die wirtschaftliche Entwicklung beruhen, um zu dem Ergebnis zu kommen, daß der restliche, auf anderen Gründen (hier: Wechsel zu Vollzeitarbeit) beruhende Anteil der Entgeltsteigerung nicht mehr als ein Drittel ausmachte. Eine auf die betriebsübliche Anpassung des Entgelts an die wirtschaftliche Entwicklung zurückgehende Arbeitsentgeltsteigerung von mindestens 28,66 % innerhalb eines Jahres, dh im Zeitraum 1992/1993, kann aber im Fall der Klägerin, die im öffentlichen Dienst beschäftigt war, auch ohne entsprechende Feststellungen des LSG eindeutig ausgeschlossen werden. Dies wird dadurch unterstrichen, daß sich nach den obigen Berechnungen das durchschnittlich pro Stunde erzielte Arbeitsentgelt im Regelbemessungszeitraum (35,86 DM) nur geringfügig von demjenigen im erweiterten Bemessungszeitraum (35,39 DM) unterschied. Auch aus dem Bundesangestelltentarifvertrag vom 26. Mai 1992 und 12. Februar 1993 ergibt sich, daß für Angestellte der Vergütungsgruppe I bis IIb ab 1. Juni 1992 bzw ab Januar 1993 die Stundenvergütungen um rund 3 % (Vergütungsgruppe IIa: von 31,62 DM auf 32,57 DM) gestiegen sind.
3. Zu Recht sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß bei Vorliegen einer außergewöhnlichen Steigerung des Arbeitsentgelts es unerheblich ist, worauf die außergewöhnliche Steigerung beruht. Dies hat der 7. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) bereits in seiner – den Beteiligten vorliegenden – Entscheidung vom 15. November 1995 (7 RAr 12/95, nicht veröffentlicht) klargestellt. Danach ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut als auch der Entstehungsgeschichte sowie Zielsetzung der Vorschrift, daß es auf die Gründe für eine außergewöhnliche Steigerung nicht ankommt. Dieser Entscheidung schließt sich der erkennende Senat nach eigener Prüfung an.
a) Abgesehen vom Wortlaut, bestätigt insbesondere die Entstehungsgeschichte der Vorschrift, daß der Gesetzgeber grundsätzlich alle Fälle einer außergewöhnlichen Arbeitsentgeltsteigerung ohne Rücksicht auf den Grund erfassen wollte. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks 11/890, S 9 zu Nr 29) sah zunächst eine genauere Umschreibung der außergewöhnlichen Steigerung vor. Es hieß darin, außergewöhnlich seien Steigerungen des Arbeitsentgelts, (1) durch die das Arbeitsentgelt von Arbeitnehmern mit vergleichbaren Beschäftigungen unverhältnismäßig überschritten werde, (2) die nicht den beruflichen Kenntnissen oder Fähigkeiten des Arbeitslosen entsprächen, oder (3) die auf einer nicht durch den Wegfall bisheriger Hinderungsgründe bedingten Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit beruhten. In der Begründung zu der Vorschrift des § 112 AFG wurde hervorgehoben, daß generell verhindert werden sollte, daß Arbeitsentgeltsteigerungen von ungewöhnlicher Höhe, die der Arbeitslose nur kurze Zeit erhalten habe, das für die Bemessung des Alg maßgebende Arbeitsentgelt überdurchschnittlich erhöhten. Speziell zu Nr 3 der genannten Steigerungsgründe wurde ausgeführt, Arbeitsentgeltsteigerungen seien außergewöhnlich, wenn der Arbeitslose von einer Teilzeitbeschäftigung auf eine Vollzeitbeschäftigung übergegangen sei, obwohl die Gründe, die ihn zur Teilzeitarbeit veranlaßt hätten, fortbestünden (vgl BT-Drucks 11/890, S 22 zu Art 1 Nr 29 = § 112 Abs 2 Satz 4). Der – hier relevante – Fall des Übergangs von Teilzeit- auf Vollzeitarbeit ist also schon im Gesetzgebungsverfahren bedacht worden.
Der 11. Ausschuß des Bundestages hat dann die Gesetz gewordene Fassung des § 112 Abs 2 AFG vorgeschlagen (BT-Drucks 11/1160, S 15). Die von dem Regierungsentwurf abweichende Fassung wurde damit begründet, daß die neue Definition der außergewöhnlichen Arbeitsentgeltsteigerung im Interesse der Rechtssicherheit und Vereinfachung des Leistungsrechts gewählt worden sei (BT-Drucks 11/1161, S 12). Dabei ging es nicht einzig und allein um die Verhinderung von Leistungsmißbrauch, sondern vor allem und vorrangig darum, außergewöhnliche Steigerungen von ungewöhnlicher Höhe, die erst im letzten Jahr eingetreten sind und deshalb für den Lebensstandard des Arbeitslosen noch nicht voll bestimmend waren, nur noch eingeschränkt zu berücksichtigen (vgl BT-Drucks 11/1161, S 8).
b) Vor dem Hintergrund der bezeichneten Zielsetzung der Vorschrift wäre es – wie der 7. Senat weiter zutreffend ausgeführt hat – unvereinbar, zwischen Steigerungen des Arbeitsentgelts bei demselben Arbeitgeber und solchen anläßlich eines Arbeitsplatzwechsels bei einem neuen Arbeitgeber zu unterscheiden. In der genannten Entscheidung, die den Fall einer Arbeitsentgeltsteigerung infolge eines Arbeitsplatzwechsels zu einem neuen Arbeitgeber zum Gegenstand hatte, hat deshalb der 7. Senat die Anwendbarkeit des § 112 Abs 2 Sätze 4 und 5 AFG aF grundsätzlich bejaht. Schließen danach „qualitative” Änderungen der Erwerbssituation wie die Erlangung einer Arbeitsstelle mit besserer Bezahlung die Anwendung des § 112 Abs 2 Sätze 4 und 5 AFG aF nicht aus, so kann für „quantitative” Veränderungen wie die Erhöhung der regelmäßigen Arbeitszeit mit entsprechender Steigerung des Arbeitsentgelts nichts anderes gelten. Denn ob das in der letzten Zeit vor Beginn der Arbeitslosigkeit erzielte (höhere) Entgelt den Lebensstandard des Arbeitslosen bereits in ausreichendem Maße repräsentierte, hängt maßgeblich von der zeitlichen Komponente, dh davon ab, wie lange der Arbeitslose schon über das gestiegene Entgelt verfügen konnte, nicht dagegen davon, welche Gründe für die Lohnsteigerung ursächlich waren (vgl Gagel, Komm zum AFG, Stand August 1995, § 112 RdNr 94; GemeinschaftsKomm zum AFG, Stand August 1995, § 112 RdNr 7).
c) Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich aus der Entscheidung des 7. Senats nicht, daß durch § 112 Abs 2 Sätze 4 und 5 AFG aF nur ungewöhnliche Arbeitsentgeltsteigerungen „bei gleicher Arbeitszeit” bzw außergewöhnliche Steigerungen des „Stundenlohns” erfaßt werden sollten. Eine derartige Einschränkung hat der 7. Senat nicht gemacht. Er hat sich vielmehr unter Hinweis auf Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik und Zielsetzung der Vorschrift ausdrücklich der in der Literatur verbreiteten Auffassung angeschlossen, daß es für die Anwendung des § 112 Abs 2 Sätze 4 und 5 AFG aF unerheblich ist, worauf die außergewöhnliche Steigerung des Arbeitsentgelts beruht. Nicht gefolgt werden kann auch der Auffassung der Klägerin und der von ihr in Bezug genommenen Rechtsprechung (SG Freiburg, Urteil vom 29. Mai 1989 – info also 1990, 18 f; SG Fulda, Urteil vom 19. Dezember 1991 – nicht veröffentlicht), wonach es bei einer allein durch die Erhöhung der Arbeitszeit verursachten Steigerung des Arbeitsentgelts an einer der nach § 112 Abs 2 Satz 4 AFG aF erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen fehle, nämlich an der betriebsüblichen Anpassung der Arbeitsentgelte an die wirtschaftliche Entwicklung übersteigenden Entgeltsteigerung. Durch die genannte Tatbestandsvoraussetzung sollte lediglich klargestellt werden, daß Erhöhungen des Arbeitsentgelts aufgrund betriebsüblicher Anpassungen an die wirtschaftliche Entwicklung „allein keine außergewöhnliche Arbeitsentgeltsteigerungen darstellen” (vgl Ausschußbericht, BT-Drucks 11/1161, S 12). Die Bedeutung dieses Tatbestandsmerkmals erschöpft sich mit anderen Worten darin, daß betriebsübliche Anpassungen an die wirtschaftliche Entwicklung vom Gesetzgeber allenfalls als gewissermaßen „neutrale Bestandteile” von Lohnsteigerungen behandelt werden (so ausdrücklich auch BSG-Urteil vom 15. November 1995 – 7 RAr 12/95 –). Von daher geht auch die Argumentation der Klägerin fehl, wonach eine außergewöhnliche Steigerung iS des § 112 Abs 2 Satz 5 AFG aF nur dann vorliege, wenn das Arbeitsentgelt über die betriebliche Anpassung der Arbeitsentgelte an die wirtschaftliche Entwicklung hinaus gestiegen sei, nicht jedoch in ihrem Fall, in dem die Arbeitsentgeltsteigerung letztlich nur auf einen Wechsel von Teilzeit- zu Vollzeitarbeit beruhe. Diese Argumentation verkennt, daß mit der Vorschrift des § 112 Abs 2 Sätze 4 und 5 AFG gerade die Fallgestaltungen erfaßt werden sollen, bei denen die Entgeltsteigerung nicht auf betriebsüblichen Anpassungen und damit aus Sicht des Gesetzgebers „neutralen” Erhöhungen beruht. Soweit sie mit ihrer Argumentation zum Ausdruck bringen will, daß sich der „Stundenlohn” nicht erhöht habe, kommt es darauf aus den oben schon genannten Gründen nicht an. Schließlich kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf § 47 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) berufen. Die dortigen Vorschriften über den Bemessungszeitraum für die Berechnung des Krankengeldes (§ 47 Abs 2 SGB V), die stärker auf das aktuelle Lohnniveau (vor Eintritt des Versicherungsfalls der Arbeitsunfähigkeit) abstellen, sind vorliegend nicht einschlägig und unterscheiden sich von den hier maßgeblichen Regelungen in § 112 Abs 2 AFG aF (vgl BSG SozR 4100 § 112 Nr 13).
Im übrigen kann auch aus der Aufhebung der bisherigen Regelung in § 112 Abs 2 Sätze 4 bis 6 AFG aF durch das mit Wirkung ab 1. Januar 1994 in Kraft getretene 1. Gesetz zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms (1. SKWPG) vom 21. Dezember 1993 (BGBl I 2353) nicht gefolgert werden, daß die bisherige Vorschrift einschränkend zu interpretieren sei. Denn der Gesetzgeber hat mit der Neufassung des § 112 Abs 2 AFG durch das 1. SKWPG die bisherige Zielsetzung nicht aufgegeben. Die dort bestimmte Verlängerung des Bemessungszeitraums von bisher drei auf sechs Monate soll vielmehr nach den Vorstellungen des Gesetzgebers – wie das zuvor geltende Recht – ebenfalls Manipulationsmöglichkeiten bei der Bemessung des Alg einschränken und verhindern, daß Umstände, die erst kurz vor dem Leistungsfall die Höhe des Arbeitsentgelts beeinflußt haben, in vollem Umfang bei der Bemessung des Alg berücksichtigt werden (vgl Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks 12/5502, S 33, zu Nr 28).
4. Schließlich läßt sich ein Anspruch der Klägerin auf ein höheres Arbeitsentgelt auch nicht auf § 112 Abs 7 AFG stützen. Eine Bemessung nach § 112 Abs 7 1. Alternative AFG kommt nur dann in Betracht, wenn es mit Rücksicht auf die von dem Arbeitslosen in den letzten drei Jahren vor der Arbeitslosmeldung überwiegend ausgeübte berufliche Tätigkeit unbillig hart ist, von dem Arbeitsentgelt nach den Abs 1 bis 6 auszugehen. Tatsächlich hat die Klägerin jedoch in den insoweit maßgebenden letzten drei Jahren (vom 1. September 1990 bis zum 31. August 1993) – wie sich aus den vom LSG in Bezug genommenen Leistungsakten der Beklagten ergibt – nur sieben Monate (September bis Dezember 1990; Juni bis August 1993) in einer beitragspflichtigen Beschäftigung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden und ansonsten in einer beitragspflichtigen Teilzeitbeschäftigung mit 19,25 Stunden (ab September 1991 bis Mai 1993) gestanden. Die dazwischen liegende Zeit der Arbeitslosigkeit (Januar bis August 1991) bleibt bei der Feststellung der überwiegend ausgeübten beruflichen Tätigkeit iS von § 112 Abs 7 AFG außer Betracht. Die überwiegende berufliche Tätigkeit der Klägerin ist somit von Teilzeitarbeit geprägt, so daß es bereits insoweit an den Voraussetzungen für eine Anwendung des § 112 Abs 7 AFG fehlt.
Die Revision der Klägerin war somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen