Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachentrichtung. Beiträge. Rentenversicherung. Verfolgter. Ausschlußfrist. Fristverlängerung. Ermessen
Orientierungssatz
1. Hat der Rentenversicherungsträger nicht ausdrücklich über den Antrag auf Fristverlängerung gemäß § 27 Abs 3 SGB 10 entschieden, so liegt in der Ablehnung des Antrages auf Nachentrichtung von Beiträgen nach § 10a Abs 2 WGSVG gleichzeitig die Weigerung, die Fristen zu verlängern. Damit hat der Rentenversicherungsträger nicht ermessensfehlerhaft gehandelt; denn nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Fristen durften diese nicht mehr verlängert werden.
2. Die gesetzte Frist zur Nachentrichtung nach Art 2 § 51a Abs 2 des ArVNG ist auch dann eine behördliche Frist, wenn die Nachentrichtung zur Erfüllung der Vorversicherungszeit nach § 10a Abs 2 WGSVG notwendig ist.
3. Eine von einer Behörde gesetzte Frist kann rückwirkend verlängert werden, insbesondere wenn es unbillig wäre, die durch den Fristablauf eingetretenen Rechtsfolgen bestehen zu lassen.
4. Festgesetzte Fristen durch eine Behörde dürfen nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist nicht mehr verlängert werden, es sei denn der Antrag auf Verlängerung konnte infolge höherer Gewalt nicht vor Ablauf der Jahresfrist gestellt werden.
5. Für eine Nachentrichtung nach §§ 10, 10a WGSVG kann der Versicherungsträger Teilzahlungen bis zu einem Zeitraum von fünf Jahren zulassen. In welcher Weise er von dieser Befugnis Gebrauch machte, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen.
Normenkette
SGB 10 § 27 Abs 3 Fassung: 1980-08-18; WGSVG § 10a Abs 2; ArVNG Art 2 § 51a Abs 2
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 28.08.1989; Aktenzeichen L 4 J 70/88) |
SG Düsseldorf (Entscheidung vom 17.11.1987; Aktenzeichen S 3 J 65/85) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über das Recht des Klägers zur Nachentrichtung von Beiträgen nach § 10a des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) und - als Voraussetzung für die Ausübung dieses Rechts - über die Nachentrichtung von 60 Monatsbeiträgen nach Art 2 § 51a Abs 2 Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz (ArVNG).
Der 1917 in Gelsenkirchen geborene Kläger ist rassisch Verfolgter. Er wanderte 1934 nach Palästina aus und besitzt inzwischen die israelische Staatsangehörigkeit. Er hat nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) Kapitalentschädigung für Schaden in der Ausbildung erhalten.
Mit Bescheid vom 17. Februar 1981, zugestellt am 4. März 1981, ließ die Beklagte ihn auf seinen Antrag vom 29. Dezember 1975 für die Zeit vom 1. Januar 1969 bis zum 31. Dezember 1973 zur Nachentrichtung von 60 Monatsbeiträgen in Höhe von insgesamt 1.080 DM nach Art 2 § 51a Abs 2 ArVNG und für die Zeit vom 17. April 1933 bis zum 31. Dezember 1955 zur Nachentrichtung von Beiträgen in Höhe von 9.828 DM nach § 10a WGSVG unter der Voraussetzung zu, "daß für mindestens 60 Kalendermonate Beiträge nach Art 2 § 51a Abs 2 ArVNG bzw gemäß § 1233 Reichsversicherungsordnung (RVO) iVm §§ 1418, 1420 RVO nachentrichtet werden". Zur Nachentrichtung nach Art 2 § 51a Abs 2 ArVNG führte die Beklagte in dem Bescheid aus, diese sei "in angemessener Zeit, das sind höchstens sechs Monate nach Zustellung dieses Bescheides, vorzunehmen". Für die Nachentrichtung nach § 10a WGSVG räumte sie eine Teilzahlungsmöglichkeit in höchstens drei Raten bis zum 31. Dezember 1981 ein. Vor Bescheiderteilung hatte sich der Kläger nach Aufforderung durch die Beklagte mit Schreiben vom 4. Februar 1981 bereit erklärt, insgesamt 10.908 DM, und zwar 60 Beiträge der Klasse 100 zu 18 DM für die Zeit von Januar 1969 bis Dezember 1973 und 273 Beiträge der Klasse 200 zu 36 DM für die Zeit vom April 1933 bis Dezember 1955 nachzuentrichten, und die Beklagte gebeten, "den Zulassungsbescheid zwecks Überweisung der obigen Nachentrichtungssumme zu erteilen". Erst am 13. April 1983 erhielt die Beklagte ein Schreiben des Bevollmächtigten des Klägers mit der Mitteilung, er sei nunmehr finanziell in der Lage, den im Bescheid vom 17. Februar 1981 bestimmten Nachentrichtungsbetrag zu entrichten. Vorsorglich werde ein "entsprechender Neuantrag" gestellt, hilfsweise beantrage er die Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen nach Art 12 der Vereinbarung zur Durchführung (DV) des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit (DISVA).
Mit Schreiben vom 26. Oktober und 13. Dezember 1983 teilte die Beklagte dem Kläger mit, eine Nachentrichtung gemäß dem Bescheid vom 17. Februar 1981 sei infolge Versäumung der darin festgesetzten Zahlungsfristen nicht mehr möglich. Mit Bescheid vom 1. Februar 1984 lehnte die Beklagte die am 13. April 1983 erneut beantragte Zulassung zur Nachentrichtung nach Art 2 § 51a Abs 2 ArVNG und § 10a WGSVG wegen verspäteter Antragstellung ab. Hinsichtlich des Antrages vom 29. Dezember 1975 verwies sie auf ihre Schreiben vom 26. Oktober und 13. Dezember 1983. Der gegen diesen Bescheid eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 1985 zurückgewiesen.
Nachdem der Kläger Klage beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben hatte, ließ die Beklagte ihn entsprechend dem am 13. April 1983 hilfsweise gestellten Antrag zur Nachentrichtung nach Art 12 DV/DISVA für die Zeit von Januar 1956 bis Juni 1980 zu und gewährte ihm - wie zwischenzeitlich beantragt - Altersruhegeld ab Mai 1983. Seine Klage hat das SG durch Urteil vom 17. November 1987 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 28. August 1989 zurückgewiesen: Da der am 13. April 1983 vorsorglich gestellte Antrag nach Ablauf der in § 10a Abs 4 WGSVG iVm § 10 Abs 1 Satz 4 WGSVG bestimmten Frist gestellt worden sei und auch die Zahlungsfristen im Bescheid vom 17. Februar 1981 abgelaufen seien, sei eine Nachentrichtung überhaupt nur im Wege einer Neufeststellung nach § 44 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) oder im Rahmen eines Herstellungsanspruchs möglich. Keine dieser Möglichkeiten führe aber zu der vom Kläger begehrten Nachentrichtung. So ergebe eine erneute Überprüfung nach § 44 SGB X, die die Beklagte auch durchgeführt habe, daß die nach § 10a Abs 2 WGSVG erforderliche Vorversicherungszeit von 60 Kalendermonaten nur über eine Nachentrichtung nach Art 2 § 51a Abs 2 ArVNG iVm §§ 1418, 1420 RVO zu erfüllen sei. Dabei fänden aber nicht die sonst gegebenen Teilzahlungsmöglichkeiten uneingeschränkt Anwendung, vielmehr müßten die zur Erfüllung der Vorversicherungszeit notwendigen Beiträge "binnen angemessener Frist" entrichtet werden. Die von der Beklagten bestimmte Frist von sechs Monaten sei als "angemessen" anzusehen. Auch stehe dem Kläger kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zu. Die bis zum 31. Dezember 1981 gesetzte Teilzahlungsfrist für den Nachentrichtungszeitraum vom 17. April 1933 bis 31. Dezember 1955, die den Kläger veranlaßt haben könnte, auch von einer Nachentrichtung für den Zeitraum von 1969 bis 1973 abzusehen, sei nämlich rechtmäßig gewesen. Zwar habe sich die im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten liegende Bestimmung der Teilzahlungsfrist an den Umständen des Einzelfalles, insbesondere an den wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers, orientieren müssen. Da diese Verhältnisse aber nicht bekannt gewesen seien und der Kläger sogar den Eindruck gemacht habe, den Nachentrichtungsbetrag ohne weiteres zahlen zu können, habe die Beklagte zunächst eine pauschale Regelung treffen dürfen. Dem Kläger sei zumutbar gewesen, einen Antrag auf Fristverlängerung zu stellen. Aber selbst wenn die Beklagte dann an der - entsprechend einer Empfehlung des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger bis Ende 1981 gesetzten - Teilzahlungsfrist festgehalten hätte und man darin einen Ermessensfehler sähe, fehle die für den Herstellungsanspruch erforderliche Kausalität für das Unterlassen der Nachentrichtung. Schon eine Nachentrichtung nach Art 2 § 51a Abs 2 ArVNG für 60 Monate hätte zu einem Rentenanspruch geführt und wäre daher auch unabhängig von der Nachentrichtung nach § 10a WGSVG sinnvoll gewesen. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, dem Bescheid vom 17. Februar 1981 sei nicht zu entnehmen gewesen, welche Rechtsfolgen bei Verstreichen der darin festgesetzten Zahlungsfristen einträten. Denn aus dem Wortlaut des Bescheides ergebe sich unmißverständlich, daß nach Ablauf der Fristen eine Nachentrichtung nicht mehr möglich sei.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung seines Rechts auf pflichtgemäße Ermessensausübung (§ 39 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - SGB I-) und des ihm aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zustehenden Rechts auf Nachentrichtung von Beiträgen nach Art 2 § 51a Abs 2 ArVNG und § 10a WGSVG. Die im Bescheid vom 17. Februar 1981 bestimmte Teilzahlungsfrist sei ermessensfehlerhaft gesetzt worden. Die vordrucksmäßige Festlegung des Fristendes auf den 31. Dezember 1981 stelle jedenfalls dann keine Ausübung pflichtgemäßen Ermessens dar, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Teilzahlungsfrist unter einem Jahr liege, obwohl das Gesetz eine Frist bis zu fünf Jahren gestatte. Eine derartige Verkürzung der Teilzahlungsfrist verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 Grundgesetz -GG-) und auch gegen § 2 Abs 2 SGB I, wonach die sozialen Rechte möglichst weitgehend zu verwirklichen seien. Da der Kläger innerhalb dieser rechtswidrig verkürzten Frist die Beiträge für die Nachentrichtung nach § 10a Abs 2 WGSVG nicht habe aufbringen können, habe er auch kein Interesse mehr an einer Nachentrichtung nach Art 2 § 51a Abs 2 ArVNG gehabt; denn die Zulassung dazu habe der Kläger nur beantragt, um die Voraussetzungen für eine Nachentrichtung nach § 10a Abs 2 WGSVG zu erfüllen. Wegen des engen Zusammenhangs der beiden Nachentrichtungsarten habe die ermessensfehlerhaft bis Ende 1981 bestimmte Teilzahlungsfrist zur Folge, daß auch die für die Nachentrichtung nach Art 2 § 51a Abs 2 ArVNG vorgesehene Frist von sechs Monaten rechtsfehlerhaft sei. Die Voraussetzungen für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch seien auch deswegen erfüllt, weil die Beklagte in ihrem Bescheid vom 17. Februar 1981 nicht auf die Möglichkeit einer Verlängerung der Teilzahlungsfrist aufmerksam gemacht habe. Aus diesem Grunde habe der Kläger es unterlassen, eine Fristverlängerung zu beantragen. Bei längerer Teilzahlungsfrist hätte er - wie sich aus seinem Zahlungsangebot im Jahre 1983 zeige - die nachzuentrichtenden Beiträge aufbringen können und entrichtet.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Urteile des LSG vom 28. August 1989 und des SG vom 17. November 1987 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 1. Februar 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 1985 zu verurteilen, ihn zur Nachentrichtung von Beiträgen nach Art 2 § 51a Abs 2 ArVNG für die Zeit vom 1. Januar 1969 bis 31. Dezember 1973 und nach § 10a Abs 2 WGSVG für die Zeit vom 17. April 1933 bis 31. Dezember 1955 zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend und trägt noch vor: Soweit die Nachentrichtung nach Art 2 § 51a Abs 2 ArVNG zur Erfüllung der Vorversicherungszeit nach § 10a Abs 2 WGSVG durchgeführt werde, stünden hierfür entgegen der Ansicht des Klägers nicht die sonst vorgesehenen Teilzahlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Vielmehr müßten die Beiträge nach entsprechender Bereiterklärung "binnen angemessener Frist" entrichtet werden; dies sei im vorliegenden Fall eine Frist von sechs Monaten gewesen. Bei der Festsetzung der Teilzahlungsfrist seien der Beklagten keine Umstände bekannt gewesen, die für eine individuell zu bemessende Teilzahlungsfrist gesprochen hätten. Sie habe vielmehr davon ausgehen können, daß der Kläger in absehbarer Zeit die Beiträge entsprechend seiner schriftlichen Ankündigung hätte einzahlen können. Dem Kläger stehe auch kein Herstellungsanspruch zu, weil der Beklagten kein pflichtwidriges Verhalten zur Last gelegt werden könne. Insbesondere habe sie keinen Hinweis auf eine mögliche Verlängerung der im Bescheid enthaltenen Fristen zu geben brauchen, da dies - namentlich gegenüber einem im Sozialrecht tätigen Bevollmächtigten - ebenso unüblich sei wie eine Belehrung über eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Rechtsbehelfsfristen. Schließlich könne der Kläger nicht die Zulassung zur Nachentrichtung für die Zeit von 1969 bis 1973 beantragen, da er für diesen Zeitraum bereits Beiträge nach Art 12 DV/DISVA entrichtet habe, aus denen er ein Altersruhegeld beziehe. Höchstens sei noch zu entscheiden, ob die für diese Zeit entrichteten Beiträge die Voraussetzungen für ein Nachentrichtungsrecht nach § 10a WGSVG begründeten.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet.
Zwar ist es dem Kläger nicht verwehrt, mit seiner Klage auch noch die Zulassung zur Nachentrichtung für die Zeit von 1969 bis 1973 zu beantragen. Denn die Zulassung zur Nachentrichtung nach Art 12 DV/DISVA, die sich im übrigen hinsichtlich der Nachentrichtungszeiträume von der des Art 2 § 51a Abs 2 ArVNG unterscheidet (Art 12 DV/DISVA: 1956 bis Juni 1980; Art 2 § 51a Abs 2 ArVNG: 1956 bis 1973), war von ihm nur hilfsweise, dh nur für den Fall beantragt worden, daß er nicht zur Nachentrichtung nach Art 2 § 51a Abs 2 ArVNG zugelassen werde.
Das LSG hat die Klage jedoch im Ergebnis mit Recht für unbegründet gehalten, weil dem Kläger die streitige Zulassung zur Nachentrichtung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt mehr zusteht.
Eine Nachentrichtung aufgrund des am 13. April 1983 "vorsorglich" gestellten Antrages kommt nicht in Betracht, weil der Antrag nach Ablauf der in Art 2 § 51a Abs 3 Satz 1 ArVNG und § 10a Abs 4 iVm § 10 Abs 1 Satz 4 WGSVG bestimmten Ausschlußfrist (Fristende: 31. Dezember 1975) gestellt wurde.
Auch eine rückwirkende Verlängerung der im Zulassungsbescheid vom 17. Februar 1981 gesetzten Fristen scheidet aus. Zwar kann in dem Antrag des Klägers vom 13. April 1983 zugleich ein Antrag gesehen werden, diese Fristen gemäß § 26 Abs 7 Satz 2 SGB X zu verlängern. Nach dieser Vorschrift kann eine von einer Behörde gesetzte Frist rückwirkend verlängert werden, insbesondere wenn es unbillig wäre, die durch den Fristablauf eingetretenen Rechtsfolgen bestehen zu lassen. Wie der Senat in seinem Urteil vom 26. Oktober 1989 (SozR 1300 § 26 Nr 2) entschieden hat, stellt die zur Nachentrichtung nach Art 2 § 51a Abs 2 ArVNG gesetzte Frist auch dann eine behördliche Frist dar, wenn die Nachentrichtung - wie hier - zur Erfüllung der Vorversicherungszeit nach § 10a Abs 2 WGSVG notwendig ist. Nach der genannten Entscheidung hat der Versicherungsträger bei Anträgen auf rückwirkende Verlängerung einer (Teil-)Zahlungsfrist bei Nachentrichtung von Beiträgen über den Verlängerungsantrag unter Abwägung aller in Betracht kommenden Möglichkeiten zu entscheiden.
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte im angefochtenen Bescheid zwar nicht ausdrücklich über den Antrag auf Fristverlängerung entschieden. In der Ablehnung des Antrages auf Nachentrichtung von Beiträgen nach § 10a Abs 2 WGSVG liegt aber gleichzeitig die Weigerung, die Fristen zu verlängern. Damit hat die Beklagte nicht ermessensfehlerhaft gehandelt; denn nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Fristen durften diese nicht mehr verlängert werden. § 27 Abs 3 SGB X ist nämlich in Fällen der vorliegenden Art entsprechend anzuwenden. Danach kann bei Versäumung gesetzlicher Fristen nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war. Da die im Bescheid vom 17. Februar 1981 gesetzte Frist für die Nachentrichtung nach Art 2 § 51a Abs 2 ArVNG am 4. September 1981, die für die Nachentrichtung nach § 10a Abs 2 WGSVG am 31. Dezember 1981 endete, war die entsprechend § 27 Abs 3 SGB X anzuwendende Jahresfrist bei weitem überschritten, als der Kläger am 13. April 1983 einen Verlängerungsantrag stellte. Da für höhere Gewalt keine Anhaltspunkte vorliegen, hat sich die Beklagte somit zu Recht geweigert, die fraglichen Fristen zu verlängern.
Die Beklagte hat auch zu Recht die Rücknahme des bindend gewordenen Bescheides vom 17. Februar 1981 abgelehnt. Denn dieser Bescheid ist nicht rechtswidrig. Art 2 § 51a Abs 3 Satz 3 ArVNG sah für eine Beitragsnachentrichtung nach Abs 2 dieser Vorschrift sowie iVm § 10a Abs 4, § 10 Abs 1 Satz 5 WGSVG auch für eine Nachentrichtung nach §§ 10, 10a WGSVG vor, daß der Versicherungsträger Teilzahlungen bis zu einem Zeitraum von fünf Jahren zulassen konnte. In welcher Weise er von dieser Befugnis Gebrauch machte, lag in seinem pflichtgemäßen Ermessen (vgl BSG SozR 5750 Art 2 § 51a Nr 67 S 145). Dabei hatte er das Interesse der Solidargemeinschaft der Versicherten an einem möglichst baldigen Zahlungseingang gegen das Interesse des Einzelnen abzuwägen. Zugunsten der Solidargemeinschaft war insbesondere zu beachten, daß die gesetzliche Regelung der Antragsfrist (bis Ende 1975) und der Teilzahlungsfrist von höchstens fünf Jahren erkennen ließen, daß die Nachentrichtungsverfahren grundsätzlich bis Ende 1980 abgeschlossen sein sollten, diese also zügig zu Ende zu führen waren (BSGE 50, 152, 154 = SozR 5750 Art 2 § 51a Nr 43). Demgegenüber waren zugunsten des Nachentrichtungswilligen insbesondere die Höhe des Nachentrichtungsbetrages, seine wirtschaftliche Lage sowie die Schwierigkeiten zu berücksichtigen, die sich aus einem Wohnort im Ausland ergeben konnten. Bei Anlegung dieser Maßstäbe erscheinen die dem Kläger gesetzten Fristen seiner persönlichen Situation, wie sie sich im Zeitpunkt des Bescheiderlasses der Beklagten darbot, angemessen. Für die Zahlung des Nachentrichtungsbetrages nach Art 2 § 51a Abs 2 ArVNG in Höhe von 1.080 DM war die - bei Auslandswohnsitz übliche - Frist von sechs Monaten nicht zu kurz bemessen. Für die Zahlung des Nachentrichtungsbetrages nach § 10a Abs 2 WGSVG in Höhe von 9.828 DM stand nach Zustellung des Bescheides am 4. März 1981 noch ein Zeitraum von fast zehn Monaten zur Verfügung. Angesichts des Umstandes, daß der Kläger in seinem Schreiben vom 4. Februar 1981 den Betrag selbst errechnet und dessen Überweisung zusammen mit den Beiträgen nach Art 2 § 51a Abs 2 ArVNG angekündigt hatte, konnte die Beklagte seinerzeit annehmen, daß beim Kläger Zahlungsschwierigkeiten nicht bestanden. Für den Fall, daß solche wider Erwarten eintreten sollten, konnte die Beklagte bei Fristsetzung zu Recht davon ausgehen, daß der Kläger eine Verlängerung der Teilzahlungsfrist beantragen würde. Die am 31. Dezember 1981 abgelaufene Frist war daher nicht zu kurz bemessen.
Auch lag in der "pauschalen", dh unter Verwendung eines Vordrucks erfolgten Bestimmung dieser Frist kein Ermessensfehler. Wie bereits ausgeführt, hatte die Beklagte zu berücksichtigen, daß die Nachentrichtungsverfahren grundsätzlich fünf Jahre nach Ablauf der gesetzlichen Antragsfrist, also bis Ende 1980 abgeschlossen sein sollten. Im Falle des Klägers wurde diese Frist bereits um ein Jahr zu seinen Gunsten überschritten und hätte möglicherweise bei einem rechtzeitigen, ausreichend begründeten Verlängerungsantrag weiter verlängert werden können. Wenn er es unterlassen hat, rechtzeitig eine solche Fristverlängerung zu beantragen, muß er den Fristablauf gegen sich gelten lassen.
Im übrigen hat die Beklagte in ihrem Bescheid vom 17. Februar 1981 deutlich zum Ausdruck gebracht, daß es sich bei den darin gesetzten Fristen um Ausschlußfristen handelte, deren Versäumung zur Ablehnung der beantragten Nachentrichtung führen würde. Da die Beklagte zur Bestimmung dieser Fristen gesetzlich ausdrücklich ermächtigt war (Art 2 § 51a Abs 3 Satz 3 ArVNG) und sich die Ausschlußwirkung somit aus dem Gesetz ergibt, waren weitere Hinweise auf den Ausschlußcharakter der Fristen, wie sie der Senat für die Konkretisierungsfrist gefordert hat (vgl BSGE 50, 152, 155 = BSG SozR 5750 Art 2 § 51a Nr 43), hier nicht erforderlich. Auch war die Beklagte nicht verpflichtet, den Kläger nach § 14 SGB I darüber zu beraten, daß die von ihr gesetzten Fristen unter bestimmten Umständen verlängert werden könnten. Die Beklagte konnte vielmehr davon ausgehen, daß der durch einen Rechtsanwalt vertretene Kläger, wenn er schon nicht vorsorglich Fristverlängerung beantragte, sich jedenfalls über Verlängerungsmöglichkeiten bei ihr erkundigen würde. Da sie von den Zahlungsschwierigkeiten des Klägers erst am 13. April 1983 erfuhr, konnte sie auch insoweit einen Beratungsbedarf des Klägers vorher nicht erkennen.
Nach allem hat die Beklagte die vom Kläger begehrte Nachentrichtung zu Recht abgelehnt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen