Beteiligte
Landesversicherungsanstalt Württemberg |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25. Februar 1997 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Streitig ist, ob der im Jahr 1995 aus der ehemaligen Sowjetunion zugezogenen Ehegattin eines Spätaussiedlers Altersrente für Frauen zu gewähren ist.
Die 1935 in Kasachstan geborene Klägerin war in ihrer Heimat mit Unterbrechungen von September 1952 bis Juni 1990 als Arbeiterin beschäftigt; anschließend bezog sie eine Rente. Zusammen mit ihrem Ehemann, der deutscher Volkszugehöriger ist, nahm sie im August 1995 ihren ständigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Die Stadt S erteilte ihr am 22. Februar 1996 eine Bescheinigung, daß ihr Ehemann Spätaussiedler gemäß § 4 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz ≪BVFG≫) und sie selbst Ehegatte eines Spätaussiedlers gemäß § 7 Abs 2 dieses Gesetzes sei.
Ihren im September 1995 gestellten Antrag auf Gewährung von Rente wegen Alters lehnte die Beklagte wegen fehlender Anwartschaftserfüllung ab (Bescheid vom 2. Mai 1996; Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 1996). Klage und Berufung blieben ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Stuttgart ≪SG≫ vom 19. September 1996, Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg ≪LSG≫ vom 25. Februar 1997). Das LSG hat seiner Entscheidung im wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde gelegt:
Die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Altersrente für Frauen nach § 39 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI), da sie die Wartezeit nicht erfüllt habe. In der Bundesrepublik Deutschland habe sie keine rentenrechtlich bedeutsamen Zeiten zurückgelegt; auch ihre in der ehemaligen Sowjetunion verbrachten Zeiten könnten nicht angerechnet werden. Insbesondere sei eine Berücksichtigung von Zeiten nach §§ 15, 16 des Fremdrentengesetzes (FRG) nicht möglich, da sie weder als Vertriebene iS von § 1 BVFG noch als Spätaussiedlerin iS von § 4 BVFG anerkannt sei und deshalb die persönlichen Voraussetzungen für die Anwendung dieses Gesetzes nicht erfülle. Der Nachweis der Anerkennung als Vertriebener oder als Spätaussiedler erfolge seit dem 1. Januar 1993 gemäß § 15 Abs 1, § 100 Abs 2 BVFG im Falle einer Aufenthaltsnahme nach diesem Zeitpunkt durch eine entsprechende Bescheinigung. Diese für die Klägerin am 22. Februar 1996 ausgestellte Bescheinigung weise jedoch nicht den Status eines Vertriebenen oder Spätaussiedlers aus, vielmehr sei darin nur das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 7 Abs 2 BVFG bestätigt worden. Anders als der Ehegatte eines Vertriebenen und eines Aussiedlers nach dem bis zum 31. Dezember 1992 geltenden Recht sei der Ehegatte eines Spätaussiedlers gemäß dem jetzt geltenden Recht nur dann selbst Spätaussiedler, wenn er in seiner Person die Voraussetzungen des § 4 Abs 1 oder 2 BVFG oder diejenigen der Übergangvorschrift des § 100 Abs 4 und 5 BVFG erfülle. Gemäß § 15 Abs 1 Satz 2 BVFG sei die betreffende Bescheinigung für Behörden und Gerichte verbindlich; ihre Feststellungswirkung gelte in positiver wie auch in negativer Hinsicht. Somit seien die Voraussetzungen des § 1 FRG nicht nachgewiesen.
Verfassungsmäßige Bedenken dagegen, daß der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Bereinigung von Kriegsfolgengesetzen (Kriegsfolgenbereinigungsgesetz ≪KfbG≫) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2094) gemäß § 1 FRG iVm §§ 1, 4, 7, 13 BVFG nur noch dem Ehegatten eines Vertriebenen bzw eines Aussiedlers mit Aufenthaltsnahme bis 31. Dezember 1992, nicht jedoch dem Ehegatten eines Spätaussiedlers die Eingliederung in die Rentenversicherung mit den im Herkunftsland zurückgelegten Zeiten vergönne, beständen nicht. Insbesondere sei Art 3 des Grundgesetzes (GG) nicht verletzt. Die Differenzierung des Gesetzgebers danach, daß die Einbeziehung in die gesetzliche Rentenversicherung nach Maßgabe des FRG gemäß § 13 BVFG iVm § 1 Buchst a FRG an die Spätaussiedlereigenschaft iS von § 4 BVFG anknüpfe, sei nicht zu beanstanden.
Weiter könne sich die Klägerin nicht auf Art 6 Abs 1 GG berufen. Aus dem dort normierten Verfassungsauftrag, Ehe und Familie zu schützen und zu fördern, lasse sich keine konkrete Folgerung für einzelne Rechtsgebiete und Teilsysteme ableiten; insoweit bestehe für den Gesetzgeber grundsätzlich Gestaltungsfreiheit. Diesen habe er in Bezug auf die nichtdeutschen Ehegatten von Spätaussiedlern dahingehend benutzt, daß er diese teilweise Spätaussiedlern gleichgestellt habe (vgl § 7 Abs 2, §§ 8, 10, 15 Abs 2 BVFG; § 27 Abs 1 Satz 2 BVFG; § 116 Abs 1 GG; §§ 62a, 62b des Arbeitsförderungsgesetzes ≪AFG≫ aF). Hinzu kämen Leistungen bei Krankheit (§ 11 BVFG) und der Zugang zu Sozialhilfeleistungen. Diese Integrationsleistungen habe der Gesetzgeber in nicht zu beanstandender Weise als ausreichend angesehen, um auch dem nichtdeutschen Ehegatten eines Spätaussiedlers die Mitaussiedlung zu ermöglichen.
Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verfassungswidrigkeit des § 1 Buchst a FRG iVm §§ 1, 4, 7, 13 BVFG idF des KfbG. Diese Vorschriften verstießen gegen Art 3 und 6 GG. Zunächst sei Art 3 GG verletzt, da die vom Gesetzgeber zum Stichtag 31. Dezember 1992 vorgenommene Differenzierung zwischen einem nichtdeutschen Ehegatten eines Vertriebenen und einem solchen eines Spätaussiedlers willkürlich sei. Sachliche Gründe für diese Differenzierung seien nicht ersichtlich. Dies folge schon daraus, daß der nichtdeutsche Ehegatte eines Vertriebenen nur im Wege der Fiktion in den Genuß des Vertriebenenstatus gelange. Damit habe der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, daß es unerheblich sei, ob ein nichtdeutscher Ehegatte irgendwelchen Verfolgungs- oder Vertreibungsmaßnahmen ausgesetzt sei. Beide Vergleichsgruppen würden sich in der Sache nicht unterscheiden. Wenn in der Literatur zum Teil ein Gleichheitsverstoß verneint und die Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung durch das KfbG damit begründet werde, daß dem nichtdeutschen Ehegatten eines Spätaussiedlers immerhin teilweise Integrationsleistungen zuteil würden, so werde trotzdem nicht deutlich, weshalb der nichtdeutsche Ehegatte eines Spätaussiedlers gegenüber dem eines Vertriebenen gerade hinsichtlich der wirtschaftlich bedeutsamen Eingliederung in das Rentenversicherungssystem der Bundesrepublik Deutschland dadurch benachteiligt werde, daß die Eingliederung nur dem Spätaussiedler selbst vorbehalten sei.
Art 6 Abs 1 GG sei ebenfalls verletzt. Bei der Gesetzesänderung durch das KfbG handele es sich um einen Eingriff in den verfassungsrechtlich garantierten Schutz der Ehe. Die Fiktion des § 1 Abs 3 BVFG, wonach auch der Ehegatte eines Vertriebenen selbst als Vertriebener gelte, werde in der Literatur im wesentlichen damit begründet, daß es hierbei um den Schutz der Ehe gegen ihre Gefährdung durch die Vertreibung des deutschen Ehegatten gehe. Danach solle diese Vorschrift den Konflikt des nichtdeutschen Ehegatten, entweder an seiner Heimat festzuhalten und dadurch seine Ehe zu zerstören oder seinem deutschen Ehegatten zu folgen und damit seine Ehe zu bewahren, im Sinne der Eheerhaltung lösen. Begreife man § 1 Abs 3 BVFG als Ausprägung des Art 6 Abs 1 GG, dann sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Spätaussiedler seine Ehe aus den Gründen, die den Gesetzgeber bewogen hätten, die Ehe des Vertriebenen über § 1 Abs 3 BVFG zu schützen, gefährden lassen solle. Dies verstoße gegen den Schutz der Ehe, denn gerade in der Sowjetunion seien Frauen den überwiegenden Teil ihres Lebens erwerbstätig gewesen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25. Februar 1997 und des Sozialgerichts Stuttgart vom 19. September 1996 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 2. Mai 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 1996 zu verurteilen, ihr ab 1. September 1995 Altersrente für Frauen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).
II
Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Altersrente für Frauen. Nach § 39 SGB VI in der zur Zeit der Antragstellung geltenden Fassung (vgl § 300 Abs 1 und 2 SGB VI) haben versicherte Frauen Anspruch auf Altersrente, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben, nach Vollendung des 40. Lebensjahres mehr als zehn Jahre Pflichtbeitragszeiten und die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben. Die Klägerin hat die Wartezeit nicht erfüllt. Nach den unangegriffenen und damit verbindlichen Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) hat sie keine versicherungsrechtlich bedeutsamen Zeiten bei einem deutschen Versicherungsträger zurückgelegt. Es bestehen auch keine zwischen- und überstaatlichen Regelungen, nach denen die in der ehemaligen Sowjetunion zurückgelegten Versicherungszeiten für die Klägerin berücksichtigt werden könnten. Eine Anrechnung dieser Zeiten nach den Vorschriften des FRG kommt ebenfalls nicht in Betracht.
Nach § 15 Abs 1 FRG stehen Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der Versicherung zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Voraussetzung ist, daß die Klägerin zum Personenkreis gehört, für den das FRG Anwendung findet. Nach der entsprechenden Regelung in § 1 FRG werden insoweit fünf Fallgruppen unterschieden: Vertriebene iS des § 1 BVFG oder Spätaussiedler iS des § 4 BVFG, die als solche in der Bundesrepublik Deutschland anerkannt sind (Buchst a), Deutsche iS des Art 116 Abs 1 GG oder frühere deutsche Staatsangehörige iS des § 116 Abs 2 Satz 1 GG, die unabhängig von Kriegsauswirkungen ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben, jedoch infolge der Kriegsauswirkungen den für sie zuständigen ausländischen Versicherungsträger nicht in Anspruch nehmen können (Buchst b) oder die nach dem 8. Mai 1945 in ein ausländisches Staatsgebiet zu Arbeitsleistung verbracht wurden (Buchst c), heimatlose Ausländer iS des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet vom 25. April 1951 (BGBl I 269), auch wenn sie die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben oder erwerben (Buchst d), und schließlich Hinterbliebene der genannten Personen (Buchst e). Die Klägerin gehört keiner der in § 1 FRG genannten Fallgruppen an.
Zunächst liegen die Voraussetzungen des § 1 Buchst a FRG nicht vor. Die Klägerin ist nicht als Vertriebene oder Spätaussiedlerin iS dieser Vorschrift anerkannt. § 1 Buchst a FRG hat seine geltende Fassung durch Art 12 des KfbG vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2094) erhalten, indem nach den Wörtern „im Sinne des § 1 BVFG” die Wörter „sowie Spätaussiedler iS des § 4 BVFG” eingefügt wurden. Durch diese Änderung wurde eine Anpassung an die mit Art 1 KfbG erfolgte Änderung des BVFG vorgenommen (vgl BT-Drucks 12/3212, 34, zu Art 12 des Regierungsentwurfs) und eine FRG-Berechtigung für Spätaussiedler hergestellt. Vertriebener iS von § 1 Buchst a FRG ist gemäß § 1 Abs 2 Nr 3 BVFG ua, wer als deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger nach Abschluß der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen vor dem 1. Juli 1990 oder danach im Wege des Aufnahmeverfahrens vor dem 1. Januar 1993 die ehemalige Sowjetunion verlassen hat, es sei denn, daß er, ohne aus diesem Gebiet vertrieben und bis zum 31. März 1952 dorthin zurückgekehrt zu sein, nach dem 8. Mai 1945 seinen Wohnsitz in diesem Gebiet begründet hat (Aussiedler). Spätaussiedler iS von § 1 Buchst a FRG ist gemäß § 4 BVFG ein deutscher Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31. Dezember 1992 verlassen hat. Spätaussiedler ist übergangsweise auch, wer vor dem 1. Januar 1993 einen Aufnahmebescheid bzw vor dem 1. Juli 1990 eine Übernahmegenehmigung erhalten hat (§ 100 Abs 1 iVm Abs 4 und 5 BVFG).
Das seit 1. Januar 1993 geltende Recht des § 1 Buchst a FRG unterscheidet somit bei Personen, die als deutsche Staatsangehörige oder deutsche Volkszugehörige die ehemalige Sowjetunion nach Abschluß der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen verlassen haben, nach dem Zeitpunkt der Ausreise zwischen Vertriebenen und Spätaussiedlern. Der Status als Aussiedler wird grundsätzlich begrenzt auf Zuzüge vor dem 1. Januar 1993. Die Anerkennung als Spätaussiedler hängt neben der deutschen Volkszugehörigkeit ebenfalls von der Erfüllung von Stichtagsvoraussetzungen ab. Indem sich § 1 Buchst a FRG nur auf anerkannte Vertriebene und Spätaussiedler bezieht, wird der Ehegatte eines Spätaussiedlers, der nicht selbst Spätaussiedler ist, nicht mehr erfaßt (vgl Schenckendorff, Vertriebenen- und Flüchtlingsrecht, 3. Aufl 1998, B 2 § 4 BVFG nF Anm 9a und b; LVA Oberfranken und Mittelfranken, MittLVA Oberfr 1993, 132; Theis, NDV 1993, 257; BT-Drucks 12/3212, 24).
Der Nachweis der Voraussetzungen nach § 1 Buchst a FRG wird seit dem 1. Januar 1993 allein durch eine Bescheinigung nach § 15 BVFG geführt (vgl dazu allgemein Bundessozialgericht ≪BSG≫ – Großer Senat – BSGE 49, 175, 181 = SozR 5050 § 15 Nr 13; SozR 2200 § 1290 Nr 17; Beschluß vom 13. August 1996 – 8 BKn 4/95 –; zur Feststellungswirkung der Anerkennung vgl auch BVerwGE 78, 139, 144; vgl auch BSG, Urteil vom 23. Juni 1999 – B 5 RJ 44/98 R –, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; LVA Oberfranken und Mittelfranken, MittLVA Oberfr 1993, 133; Spegel, MittLVA Württ 1994, 325). Nach Abs 1 Satz 1 der letztgenannten Vorschrift erhalten Spätaussiedler zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft auf Antrag eine Bescheinigung. Die Entscheidung über die Ausstellung dieser Bescheinigung ist nach Abs 1 Satz 2 für alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung der zuständigen Behörde über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie gemäß Abs 1 Satz 3 nur ihre Änderung oder Aufhebung durch die Ausstellungsbehörde beantragen. Nach Abs 2 der Vorschrift erhalten der Ehegatte und die Abkömmlinge des Spätaussiedlers zum Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen des § 7 Abs 2 auf Antrag eine Bescheinigung; im übrigen gilt Abs 1 entsprechend. Ausweise nach § 15 BVFG in der vor dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung (Vertriebenenausweise) werden gemäß § 100 Abs 2 Satz 1 BVFG nur noch ausgestellt, wenn sie vor diesem Tag beantragt wurden. Nach Abs 2 Satz 2 der letztgenannten Vorschrift konnten Aussiedler, die den ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes nach dem 2. Oktober 1990 und vor dem 1. Januar 1993 begründet haben, den Ausweis nur noch bis zum 31. Dezember 1993 beantragen.
Nach den – von den Beteiligten nicht gerügten – und damit für das BSG bindenden Feststellungen ist der Nachweis der Anerkennung der Klägerin als Vertriebene oder Spätaussiedlerin durch die dafür zuständige Landesbehörde nicht erbracht. Damit liegen die Voraussetzungen des § 1 Buchst a FRG nicht vor. Die Klägerin ist nicht im Besitz eines Vertriebenenausweises nach altem Recht. Auch die von der Klägerin vorgelegte Bescheinigung der Stadt S vom 22. Februar 1966 weist weder den Status eines Spätaussiedlers noch eines Vertriebenen aus, sondern nur, daß ihr Ehemann Spätaussiedler gemäß § 4 BVFG und sie selbst Ehegatte eines Spätaussiedlers sei. Damit ist auch davon auszugehen, daß die Klägerin nicht die Voraussetzungen der Anerkennung iS der Übergangsvorschrift des § 100 BVFG erfüllt.
Ebenfalls fehlt es an der Erfüllung der Voraussetzungen des § 1 Buchst b FRG. Den Gesamtfeststellungen des LSG kann entnommen werden, daß die Klägerin ihre auf Beitragszeiten ab Kriegsende beruhenden Rentenansprüche nicht als Deutsche infolge von Kriegsauswirkungen verloren, sondern wegen der Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland eingebüßt hat. Auch für das Vorliegen einer der übrigen Fallgruppen des § 1 FRG besteht kein Anhalt.
Der Ausschluß der Klägerin von Rentenansprüchen nach dem FRG beruht auf den durch das KfbG erfolgten Rechtsänderungen. Nach § 1 Abs 1 Satz 1 BVFG in der bis dahin geltenden Fassung (aF) war ua Vertriebener, wer als deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger seinen Wohnsitz in den zur Zeit unter fremder Verwaltung stehenden Ostgebieten oder in den Gebieten außerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches nach dem Gebietsstand vom 31. Dezember 1937 hatte und diesen im Zusammenhang mit den Ereignissen des zweiten Weltkrieges infolge Vertreibung, insbesondere durch Ausweisung oder Flucht, verloren hat. Nach § 1 Abs 3 BVFG aF galt auch als Vertriebener, wer, ohne selbst deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger zu sein, als Ehegatte eines Vertriebenen seinen Wohnsitz usw verloren hat. Eine Fiktion wie nach § 1 Abs 3 BVFG aF gibt es nach neuem Recht nicht mehr (vgl auch Schenckendorff, Vertriebenen- und Flüchtlingsrecht, 3. Aufl 1998, B 2 § 4 BVFG Anm 9a und d; Gaa-Unterpaul, NJW 1993, 2080 f; vgl auch LVA Oberf u Mittelfr, MittLVA Oberfr 1993, 132).
Die Klägerin wird durch das KfbG nicht in ihren verfassungsmäßigen Rechten verletzt (Art 3, 6, 14, 20 Abs 1 und 3 GG). Insoweit schließt sich der erkennende Senat der Entscheidung des 5. Senats des BSG vom 23. Juni 1999 (– B 5 RJ 44/98 R –; zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) an.
Die streitige Rechtsänderung verletzt zunächst nicht durch Art 14 Abs 1 GG geschützte Rechtspositionen der Klägerin. Anwartschaften und Ansprüche auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung werden durch Art 14 GG nur insoweit geschützt, als sie einem Betroffenen im Zeitpunkt eines Eingriffes bereits zustehen. Die auf dem Gedanken der Eingliederung beruhenden Rechte nach dem FRG können erst mit der Einreise in das Bundesgebiet entstehen (vgl zB BVerfGE 68, 193, 222 = SozR 5495 Art 5 Nr 1; BSG SozR 3-5050 § 22 Nr 6). Diese erfolgte bei der Klägerin erst 1995, dh lange nach Inkrafttreten des KfbG (1. Januar 1993).
Ferner ist der im Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG) verankerte Grundsatz eines Vertrauensschutzes der Klägerin nicht verletzt. Die Regelungen des KfbG messen sich keine Rückwirkung bei (vgl BVerfGE 63, 343, 353; 92, 277, 344). Der Gesetzgeber hat die Vorteile des alten Rechts den Personen erhalten, die bei Inkrafttreten des KfbG bereits eingereist waren, sowie denjenigen, denen unter Geltung des alten Rechts bereits ein Aufnahmebescheid bzw eine Übernahmegenehmigung erteilt war (§ 100 Abs 1 iVm Abs 4 und 5 BVFG). Dies war nach der bindenden Statusentscheidung der Stadt S bei der Klägerin nicht der Fall. Im Rahmen des Vertrauensschutzes ist überdies zu berücksichtigen, daß die Gesetzeskonzeption des KfbG, insbesondere auch die Frage eines Ausschlußstichtages für Spätaussiedler, über längere Zeit kontrovers diskutiert worden ist (vgl BT-Drucks 12/3212, 20; Haberland, NDV 1994, 479; Schaefer, IFLA 1992, 1).
Der Ausschluß der Klägerin von Leistungen des FRG verletzt auch nicht das Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG). Zum einen läßt sich aus dem daraus folgenden Gestaltungsauftrag des Gesetzgebers regelmäßig kein Gebot entnehmen, soziale Leistungen in einem bestimmten Umfang zu gewähren. Zum anderen hat die Klägerin Zugang zu den für deutsche Staatsangehörige allgemein vorgesehenen Sozialleistungen (vgl auch § 4 Abs 3 Satz 2 und 3 BVFG).
Ebenfalls ist Art 3 Abs 1 GG nicht verletzt. Der Klägerin ist zwar im Vergleich zu nichtdeutschen Ehegatten von Aussiedlern, die bereits vor dem 1. Januar 1993 im Wege des Aufnahmeverfahrens die ehemalige Sowjetunion verlassen bzw einen Aufnahmebescheid erhalten haben, schlechter gestellt, weil auf diesen Personenkreis das FRG noch Anwendung findet. Dies ist jedoch Folge einer verfassungsrechtlich zulässigen Stichtagsregelung. Diese war nicht sachfremd, sondern erscheint im Hinblick auf die veränderten Verhältnisse sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch in den ursprünglichen Vertreibungsgebieten als hinreichend gerechtfertigt.
Soweit es die Situation in der Bundesrepublik anbelangt, stehen die hier bedeutsamen Regelungen des KfbG im Zusammenhang mit den Folgen der deutschen Einigung. Nach Anlage I Kapitel II Sachgebiet D Abschnitt III Nr 1 des Einigungsvertrages (EinigVtr) vom 31. August 1990 iVm Art 1 des Gesetzes vom 23. September 1999 (BGBl II, 885, 918) fand das BVFG in seiner Altfassung in den neuen Bundesländern nur auf Aussiedler Anwendung, die nach dem Wirksamwerden des Beitritts (3. Oktober 1990) und vor dem 1. Januar 1992 dort ihren ständigen Aufenthalt begründet hatten. Durch Gesetz vom 20. Dezember 1991 (BGBl I, 2270) wurde die unveränderte Geltung des BVFG im Beitrittsgebiet bis zum 31. Dezember 1992 verlängert. Bis dahin sollte nach den Erläuterungen zum EinigVtr iVm dem Gesetz zur Regelung des Verhältnisses von Kriegsfolgengesetzen zum EinigVtr eine Regelung getroffen werden, die die Aufnahme und Eingliederung von Aussiedlern im gesamten Gebiet Deutschlands sichert (vgl auch Haberland, NDV 1994, 477; Kapinos, IFLA 1992, 113). Somit stellte sich die Notwendigkeit einer Neuregelung des Flüchtlings- und Vertriebenenrechts.
Bei dieser Umgestaltung ging der Gesetzgeber davon aus, daß mit der Verwirklichung der deutschen Einheit, der völkerrechtlichen Festlegung der deutsch-polnischen Grenze und den Verträgen mit den vier Mächten und Polen die Nachkriegszeit als beendet anzusehen sei. Allerdings war zu berücksichtigen, daß in den Vertreibungsgebieten noch mehrere Millionen Deutschstämmige lebten, deren Lebensgrundlagen infolge des zweiten Weltkrieges durch Umsiedlung und Vertreibung uä berührt worden waren. In erster Linie wurde insofern mit dem KfbG das Ziel verfolgt, durch Verbesserung der dortigen Lebensverhältnisse den Drang zur Aussiedlung zu beenden (vgl Gesetzesbegründung zum KfbG, BT-Drucks 12/3212, 19 ff). Die durch das KfbG vorgesehene Statusänderung nach dem BVFG und damit verbunden auch die Einschränkung von Leistungen nach dem FRG wurden im Hinblick auf die sozialen und finanziellen Probleme vorgenommen, die nach Änderung der politischen Verhältnisse mit der wirtschaftlichen und sozialen Eingliederung einer Vielzahl aussiedlungswilliger Personen verbunden waren. Die Änderungen sollten eine sozialverträgliche Aufnahme von Aussiedlern gewährleisten, ohne diese zeitlich zu beschneiden (vgl Begründung des Gesetzentwurfs in BT-Drucks 12/3212, 19 f, 22).
Die auf den 1. Januar 1993 bezogene Stichtagsregelung orientiert sich in sachgerechter Weise an dem Zeitpunkt der Einreise und gewährleistet gemäß § 100 Abs 4 und 5 BVFG auch einen ausreichenden Vertrauensschutz im Hinblick auf zuvor erteilte Aufnahmebescheide (bzw Übernahmegenehmigungen). Verbleibende Härten müssen hingenommen werden (vgl BVerfGE 13, 31, 38; BVerfGE 29, 245, 248); dies gilt auch für die sich aus dem Stichtag ergebende unterschiedliche Behandlung von Ehegatten von Vertriebenen und solchen von Spätaussiedlern.
Letztlich widerspricht das Nichtbestehen von Leistungen nach dem FRG für die nichtdeutschen Ehegatten von Spätaussiedlern auch nicht dem Grundrecht der Klägerin aus Art 6 Abs 1 GG. Diese Verfassungsnorm begründet für den Staat die Pflicht, Ehe und Familie zu schützen und zu fördern. Die Leistungen nach dem BVFG für nichtdeutsche Ehegatten dienen diesem Zweck. Hierbei ist jedoch zu beachten, daß der Statuserwerb nach § 1 Abs 3 BVFG nicht vordringlich dem nichtdeutschen Ehegatten dienen sollte, sondern dem deutschen, der sich nicht zwischen Ehe und Aussiedlung sollte entscheiden müssen (vgl Schenckendorff, Flüchtlings- und Vertriebenenrecht, 3. Aufl 1998, B 2 § 4 BVFG Anm 9a). Insoweit ist zwar bei Vertriebenen und Spätaussiedlern die Konfliktlage gleich. Aus Art 6 Abs 1 GG – auch iVm dem Sozialstaatsprinzip – läßt sich jedoch kein konkreter Anspruch auf bestimmte Leistungen herleiten (vgl BVerfGE 82, 60, 81 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1 S 5 ff). Der Gesetzgeber konnte vielmehr im Rahmen der ihm zustehenden Gestaltungsfreiheit entscheiden, in welchem Umfang er nichtdeutschen Ehegatten von Spätaussiedlern zum Zwecke des Eheerhalts weiterhin Eingliederungshilfen gewährt.
Bei der Neufassung des BVFG durfte insbesondere berücksichtigt werden, daß der Vertreibungsdruck und damit auch die Konfliktsituation in den damaligen Vertreibungsgebieten nachgelassen haben. Hierbei hat der Prozeß der Demokratisierung und der wirtschaftlichen Umgestaltung in den Staaten des früheren Ostblocks mitgewirkt. Hinzu kommt, daß durch das KfbG Leistungen umgeschichtet werden sollten. Es ist nunmehr beabsichtigt, in erster Linie die Lebensverhältnisse der Deutschen in den Aussiedlungsgebieten so weit zu verbessern, daß sie in ihrer angestammten Heimat verbleiben können (vgl Gesetzesbegründung BT-Drucks 12/3212, 19; vgl auch Gaa-Unterpaul, NJW 1993, 2080; Theis, NDV 1993, 257). Im Hinblick auf diese veränderte Situation durfte der Gesetzgeber für nichtdeutsche Ehegatten von Spätaussiedlern bislang vorgesehene Vergünstigungen jedenfalls insoweit abbauen, als zur weitgehenden Vermeidung eines Konflikts der Ehepartner ein Mindestmaß an Eingliederungshilfen erhalten bleibt. Dies ist hier der Fall.
Im Vergleich zum früheren Recht werden dem Ehegatten eines Spätaussiedlers nicht sämtliche bisher eingeräumten Vergünstigungen versagt, sondern er wird nur in Teilbereichen schlechter als vordem gestellt; so ist zB die Anwendung des FRG versperrt (§ 13 BVFG), und auch die Hilfen nach § 9 BVFG sind nicht möglich. Zu Recht hat das LSG jedoch auf die verbleibenden durch das KfbG eingeräumten Vergünstigungen hingewiesen. So werden die nichtdeutschen Ehegatten von Spätaussiedlern im Aufnahmeverfahren, beim Deutschenstatus, im Verteilungsverfahren, bei der Anerkennung von Prüfungen und Befähigungsnachweisen und bei der Ausstellung von Bescheinigungen den Spätaussiedlern gleichgestellt (§ 7 Abs 2, §§ 8, 10, 15 Abs 2, § 27 Abs 1 Satz 2 BVFG, Art 116 Abs 1 GG). Sie erhalten außerdem wie diese bestimmte Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung und Eingliederungshilfen der Bundesanstalt für Arbeit (§ 7 Abs 2 und § 11 BVFG; § 418 des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch; bis 31. Dezember 1997: §§ 62a, 62b AFG aF). Mit ihrer Aufnahme im Geltungsbereich des BVFG erwerben sie die Rechtsstellung als Deutsche und sind auf Antrag nach Maßgabe des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes einzubürgern (§ 4 Abs 3 Satz 2 und 3 BVFG); auf diese Weise haben sie Zugang zu weiteren Sozialleistungen. Wenn damit auch keine Gleichstellung mit den Ehegatten von Vertriebenen (Aussiedlern) hergestellt wird, so sind diese Hilfen insgesamt doch geeignet, den Spätaussiedler unter den gegebenen Umständen davor zu schützen, daß seine Ehe durch die Frage einer Aussiedlung gefährdet wird, und zwar auch in Fällen wie dem vorliegenden, wo die Ehefrau in der ehemaligen Sowjetunion ihr gesamtes Erwerbsleben verbracht hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen