Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung der Rentner. Vorversicherungszeit. Ende der Rahmenfrist. Zeitpunkt der Rentenantragstellung. Geschäftsunfähigkeit. Fristhemmung
Leitsatz (amtlich)
Die Rahmenfrist, die für die Berechnung der für die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner erforderlichen Vorversicherungszeit maßgebend ist, endet mit dem Zeitpunkt des Rentenbeginns, wenn der Rentenversicherungsträger wegen der Geschäftsunfähigkeit und der zunächst fehlenden gesetzlichen Vertretung des Rentners einen früheren Zeitpunkt der Rentenantragstellung für den Rentenbeginn zugrunde legt.
Normenkette
SGB 5 § 5 Abs. 1 Nr. 11 Fassung: 1992-12-21, Nr. 11 Fassung: 1988-12-20, § 186 Abs. 9; BGB § 210
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin als Rentnerin in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert ist.
Die im September 1939 geborene Klägerin war nach Aufnahme ihrer Erwerbstätigkeit am 17.10.1955 bis zum Ende des Bezugs von Arbeitslosengeld am 28.9.1998 in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Im Anschluss hieran erhielt sie wegen vorhandenen Vermögens keine Arbeitslosenhilfe und erklärte auch nicht ihren Beitritt als freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichertes Mitglied.
Das Amtsgericht bestellte mit Beschluss vom 21.12.2005 einen Betreuer ua zur Vertretung der Klägerin gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern. Dieser beantragte für die Klägerin beim beigeladenen Rentenversicherungsträger am 27.12.2005 eine Altersrente für Frauen. Mit Schreiben vom 3.1.2006 stellte er einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der für den Rentenbeginn maßgebenden Frist des § 99 Abs 1 Satz 1 SGB VI, weil die Klägerin bereits im Jahre 1998 krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage gewesen sei, ihre Angelegenheiten mit Behörden, Versicherungen und ärztlichen Stellen zu regeln. Der beigeladene Rentenversicherungsträger ging davon aus, dass die Klägerin bereits seit September 1999 durchgehend geschäftsunfähig und damit an der wirksamen Rentenantragstellung gehindert gewesen sei, und gewährte ihr mit Bescheid vom 15.2.2006 eine Altersrente für Frauen ab dem 1.10.1999.
Die beklagte Krankenkasse stellte mit Bescheid vom 12.1.2006 fest, dass die Klägerin nicht pflichtversichert sei, weil sie in der zweiten Hälfte des Zeitraums seit der erstmaligen Aufnahme ihrer Erwerbstätigkeit bis zur Rentenantragstellung am 27.12.2005 (sog Rahmenfrist) nicht mindestens während 9/10 dieses Zeitraums in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert gewesen sei. Den Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 9.5.2006 zurück.
Das SG hat mit Urteil vom 11.7.2007 den Bescheid der Beklagten vom 12.1.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.5.2006 aufgehoben und festgestellt, dass ab 1.10.1999 eine Pflichtversicherung der Klägerin in der gesetzlichen Krankenversicherung als Rentnerin bei der Beklagten bestanden habe. Die erforderliche Vorversicherungszeit sei erfüllt, weil die Rahmenfrist nicht zum Zeitpunkt der tatsächlichen Rentenantragstellung am 27.12.2005, sondern in dem Monat geendet habe, in dem die Klägerin bei Geschäftsfähigkeit einen Rentenantrag gestellt hätte. Das Bayerische LSG hat auf die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 4.9.2008 das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ua ausgeführt, für das Ende der Rahmenfrist sei auf den Zeitpunkt des tatsächlich gestellten Rentenantrags abzustellen, weil nur so das Bestehen einer Pflichtversicherung und deren Beginn schnell und eindeutig festgestellt werden könnten.
Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V. Entsprechend dem Sinn und Zweck der Vorversicherungszeiten, nur diejenigen in die Krankenversicherungspflicht einzubeziehen, die während ihres Erwerbslebens hinreichend am Solidarausgleich der gesetzlichen Krankenversicherung teilgenommen hätten, stelle das Gesetz für die Beendigung der Rahmenfrist auf den Zeitpunkt des Rentenantrags ab, weil der Versicherte damit die Beendigung seines Erwerbslebens zum Ausdruck bringe. Einen Rentenantrag könnten jedoch Geschäftsunfähige ohne gesetzliche Vertreter trotz Beendigung ihres Erwerbslebens nicht wirksam stellen und wären deshalb bei Verzögerung der wirksamen Rentenantragstellung infolge Geschäftsunfähigkeit trotz einer während ihres gesamten Erwerbslebens in der gesetzlichen Krankenversicherung bestehenden Versicherung von der Pflichtversicherung als Rentner ausgeschlossen. Deshalb sei in diesem Fall für das Ende der Rahmenfrist der vom Rentenversicherungsträger zu Grunde gelegte fiktive Zeitpunkt des Rentenantrags maßgebend.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 4.9.2008 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11.7.2007 zurückzuweisen.
Die Beklagte und die beigeladene Pflegekasse beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Die Revision sei bereits mangels hinreichender Begründung unzulässig. Im Übrigen halten sie das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend.
Der beigeladene Rentenversicherungsträger hält das angefochtene Urteil ebenfalls für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das LSG das der Klage stattgebende Urteil des SG im vollen Umfang aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Klägerin ist seit dem 27.12.2005 in der gesetzlichen Krankenversicherung als Rentnerin pflichtversichert und Mitglied der Beklagten.
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist das mit einer Anfechtungs- und einer Feststellungsklage verfolgte Begehren der Klägerin, unter Abänderung der Bescheide der Beklagten das Bestehen von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung ab 27.12.2005 festzustellen. Soweit die Klägerin zunächst auch die Feststellung der Versicherungspflicht für die Zeit vor dem 27.12.2005 beantragt hatte, hat sie ihre Klage im Revisionsverfahren zurückgenommen. Damit sind das Urteil des SG, soweit es für die Zeit vor dem 27.12.2005 die Versicherungspflicht festgestellt hat, und das Urteil des LSG, soweit es insoweit das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen hat, gegenstandslos geworden. Das noch im Berufungsverfahren hilfsweise verfolgte Begehren, das Bestehen einer freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung ab 29.9.1998 festzustellen, hat die Klägerin im Revisionsverfahren ebenfalls nicht mehr aufrechterhalten.
2. Die Revision ist zulässig. Entgegen der Ansicht der Beklagten hat die Klägerin die Revision hinreichend begründet. Die Revisionsbegründung muss gemäß § 164 Abs 2 Satz 1 und 3 SGG einen bestimmten Antrag enthalten und die verletzte Rechtsnorm bezeichnen. Sie muss sorgfältig sowie nach Umfang und Zweck zweifelsfrei ausführen, weshalb eine Vorschrift des materiellen Rechts vom LSG nicht oder nicht richtig angewandt worden ist(vgl Urteil des Senats vom 21.9.2005 - B 12 KR 1/05 R - USK 2005-27 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Begründung der Klägerin. Sie legt dar, dass und warum anders als nach der Rechtsauffassung des LSG für die Prüfung der Voraussetzungen der Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V ein vom tatsächlichen Zeitpunkt abweichender, für den Rentenbeginn vom Rentenversicherungsträger als maßgebend angenommener fiktiver Zeitpunkt der Rentenantragstellung zugrunde zu legen ist.
3. Die Revision ist auch begründet. Die Klägerin erfüllt die für die Versicherungspflicht als Rentnerin und die Mitgliedschaft bei der Beklagten geltenden Voraussetzungen seit dem 27.12.2005.
Nach der seit dem 1.1.1993 bis zum 31.3.2002 geltenden Fassung des § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V (vgl Art 1 Nr 1 des Gesundheitsstrukturgesetzes ≪GSG≫ vom 21.12.1992, BGBl I 2266), soweit sie hier von Interesse ist, waren versicherungspflichtig Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllten und diese Rente beantragt hatten, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags (sog Rahmenfrist) mindestens 9/10 der zweiten Hälfte des Zeitraums aufgrund einer Pflichtversicherung Mitglied oder aufgrund einer Pflichtversicherung nach § 10 SGB V versichert waren. Änderungen der Vorschrift betrafen nicht die Anknüpfungspunkte für die Rahmenfrist, sondern nur die Art der Versicherungszeiten, die für die Vorversicherung anrechenbar waren. So setzte vor Änderung der Vorschrift durch das GSG zum 1.1.1993 § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V in der seit dem 1.1.1989 geltenden Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) für die Pflichtmitgliedschaft lediglich voraus, dass innerhalb der Rahmenfrist mindestens 9/10 der zweiten Hälfte des Zeitraumes eine Mitgliedschaft oder eine Versicherung nach § 10 SGB V bestanden hatte. Das BVerfG hat § 5 Abs 1 Nr 11 Halbs 1 SGB V idF des GSG für mit Art 3 Abs 1 GG unvereinbar erklärt, soweit die erforderliche sog 9/10-Belegung nicht mehr durch Zeiten einer freiwilligen Versicherung erfüllt werden konnte. Es hat gleichzeitig entschieden, dass die Vorschrift dennoch bis zum 31.3.2002 angewendet werden konnte und dass sich bei fehlender gesetzlicher Neuregelung bis zu diesem Datum der Zugang von Rentnern zur Krankenversicherung ab 1.4.2002 wieder nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V idF des GRG bestimmt (Beschluss vom 15.3.2000 - 1 BvL 16/96 ua - BVerfGE 102, 68 = SozR 3-2500 § 5 Nr 42; vgl hierzu auch Urteil des Senats vom 7.12.2000 - B 12 KR 29/00 R - SozR 3-2500 § 5 Nr 44). Weil der Gesetzgeber bis zum 1.4.2002 eine Neuregelung unterlassen hatte, kam seit diesem Zeitpunkt wieder § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V idF des GRG zur Anwendung. Durch Art 1 Nr 2 Buchst a aa) des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.3.2007 (BGBl I 378) hat der Gesetzgeber den Wortlaut des § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V mit Wirkung ab 1.4.2007 der materiell-rechtlichen Rechtslage angepasst, die infolge der Rechtsprechung des BVerfG seit dem 1.4.2002 bestand.
Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen des § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V in der hier anwendbaren ab 1.4.2002 geltenden Fassung des GRG. Nach den Feststellungen des LSG hat sie am 17.10.1955 erstmalig eine Erwerbstätigkeit aufgenommen und war seitdem bis zum 28.9.1998 in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Damit hat sie die Vorversicherungszeit erfüllt, weil die Rahmenfrist hier abweichend vom Wortlaut des Gesetzes nicht erst zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung, also am 27.12.2005, sondern bereits am 1.10.1999, dem Tag des Rentenbeginns, endete.
Der Gesetzgeber hat für das Ende der Rahmenfrist in § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V an den Zeitpunkt der Rentenantragstellung angeknüpft, weil dieser in den Fällen der Altersrente in einer für alle Rentner gleichen Weise typisierend das Ende einer vorausgegangenen eigenen oder abgeleiteten Erwerbsbiografie markiert. Durch die Rentenantragstellung gibt der Versicherte zu erkennen, dass er aus dem Erwerbsleben ausscheiden will (vgl Urteil des Senats vom 4.6.2009 - B 12 KR 26/07 R - BSGE 103, 235 = SozR 4-2500 § 5 Nr 8). Mit der Rentenantragstellung kann auch in der Regel ohne größere Schwierigkeiten das Ende der Rahmenfrist ermittelt und das Vorliegen von Versicherungspflicht geprüft werden.
Wird als Ende der Rahmenfrist ausnahmslos auf den Zeitpunkt des wirksam gestellten Rentenantrags abgestellt, kann jedoch der Zeitpunkt des Rentenantrags und der Zeitpunkt der Beendigung der Erwerbstätigkeit unter Umständen für einen größeren Zeitraum auseinanderfallen, wenn eine Erwerbstätigkeit nicht mehr ausgeübt wird und auch die Voraussetzungen für eine Altersrente erfüllt sind, ein wirksamer Rentenantrag aber wegen bestehender Geschäftsunfähigkeit und fehlender gesetzlicher Vertretung nicht im zeitlichen Zusammenhang mit dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gestellt werden kann. Wird hier die fehlende rechtsgeschäftliche Handlungsmacht erst später - etwa durch Bestellung eines Betreuers - (wieder) hergestellt, kann dann zwar zum Zeitpunkt der Beendigung der Erwerbstätigkeit die notwendige Vorversicherungszeit für eine Pflichtversicherung als Rentner erfüllt gewesen sein, aber zu dem Zeitpunkt, in dem ein wirksamer Rentenantrag gestellt werden kann, die erforderliche Vorversicherungszeit für die Versicherungspflicht als Rentner innerhalb der nach diesem Antrag berechneten - längeren - Rahmenfrist für eine Pflichtversicherung nicht mehr gegeben sein. Soweit Regelungen bestehen, die Geschäftsunfähige ohne gesetzlichen Vertreter vor Rechtsverlusten schützen sollen, sind sie hier nicht direkt einschlägig. So können die Regelungen über die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gemäß § 27 SGB X sowie über die Hemmung des Fristablaufes gemäß § 206 BGB aF bzw ab 1.1.2002 gemäß § 210 BGB nicht unmittelbar angewandt werden, weil die die Rahmenfrist bestimmende Rentenantragstellung in Bezug auf die Versicherungspflicht als Rentner keine fristgebundene Erklärung ist.
Im Rentenversicherungsrecht besteht ein vergleichbares Problem in Bezug auf den von der Rentenantragstellung abhängigen Rentenbeginn. Hier liegt es nahe, zum Schutz des Geschäftsunfähigen eine nach Wegfall der Geschäftsunfähigkeit bzw nach Bestellung eines Betreuers wirksam erfolgte Rentenantragstellung auf den Zeitpunkt der an sich sinnvollen zeitnahen Beantragung zurückwirken zu lassen. Rechtlich wird dies dadurch erreicht, dass der Ablauf der Frist des § 99 Abs 1 Satz 1 SGB VI während der Geschäftsunfähigkeit in entsprechender Anwendung des § 206 BGB bzw seit dem 1.1.2002 des § 210 BGB bis zu deren Wegfall oder der Bestellung eines Vertreters gehemmt ist (vgl BSG Urteil vom 28.11.1973 - 4 RJ 159/72 - BSGE 36, 267 = SozR Nr 18 zu § 1290 RVO). Damit wird dem Schutz der geschäftsunfähigen Rentenberechtigten Rechnung getragen. Die Rente wird gemäß § 99 Abs 1 Satz 1 SGB VI von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn ihre Anspruchsvoraussetzungen erfüllt waren, der Versicherte jedoch wegen fehlender Geschäftsfähigkeit und mangelnder gesetzlicher Vertretung den Rentenantrag nicht innerhalb der Frist des § 99 Abs 1 Satz 1 SGB VI stellen konnte.
Diese Rechtsprechung ist auf § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V zu übertragen, soweit nach dieser Vorschrift der Zeitpunkt der Rentenantragstellung für die Bestimmung der Rahmenfrist maßgebend ist. Die geschäftsunfähigen Rentner bedürfen auch im Hinblick auf die Zugehörigkeit zur gesetzlichen Krankenversicherung eines Schutzes vor Rechtsverlust, wenn sie andernfalls wegen ihrer Geschäftsunfähigkeit und fehlenden gesetzlichen Vertretung die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erfüllen würden. Entgegen dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V, die Pflichtversicherung auf Personen zu erstrecken, die vorher hinreichend lange in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren, wären geschäftsunfähige Versicherte ohne Betreuer, die zwar zum Zeitpunkt eines möglichen Rentenbeginns die Vorversicherungszeiten für eine Pflichtversicherung erfüllten, jedoch anders als die übrigen Versicherten keinen zeitnahen wirksamen Rentenantrag stellen konnten, andernfalls vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.
Bei einem geschäftsunfähigen Rentner ohne Betreuer ist deshalb nicht der Zeitpunkt des später wirksam gestellten Rentenantrags, sondern der Zeitpunkt des aufgrund dieses Antrags vom Rentenversicherungsträger festgelegten Rentenbeginns für das Ende der Rahmenfrist zugrunde zu legen. Dies ist der Zeitpunkt, zu dem jedenfalls ein Ausscheiden aus dem Erwerbsleben anzunehmen ist. Die Anknüpfung an die Entscheidung des Rentenversicherungsträgers über den Zeitpunkt des Rentenbeginns auch als Zeitpunkt des fiktiven Rentenantrags ist geboten, weil die Krankenversicherungsträger hinsichtlich des Eintritts von Versicherungspflicht ebenfalls an die Entscheidungen der Rentenversicherungsträger über die Gewährung der Rente und deren Beginn gebunden sind. Dies rechtfertigt es, auch für das Ende der Rahmenfrist dann auf den vom Rentenversicherungsträger festgestellten Rentenbeginn abzustellen, wenn dieser seinerseits in entsprechender Anwendung von § 206 BGB aF bzw § 210 BGB den Rentenbeginn auf einen Zeitpunkt vor der tatsächlichen Rentenantragstellung festlegt, ohne dass die Krankenkasse verpflichtet oder befugt ist, diese Entscheidung des Rentenversicherungsträgers zu überprüfen. Deshalb bedurfte es auch keiner Feststellungen des LSG dazu, ob die Klägerin im Jahr 1999 tatsächlich geschäftsunfähig war.
Allerdings können damit in Fällen wie dem der Klägerin die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht nicht allein anhand des wirksam durch einen gesetzlichen Vertreter gestellten Rentenantrags geprüft werden. Gründe der Verwaltungsvereinfachung können jedoch eine andernfalls nicht gerechtfertigte Benachteiligung geschäftsunfähiger Versicherter nicht rechtfertigen. Die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung als Rentner sind auch sonst nicht in jedem Fall sofort bei Rentenantragstellung sicher feststellbar, weil uU weitere Ermittlungen des Krankenversicherungsträgers zu den erforderlichen Vorversicherungszeiten erfolgen müssen. Ebenso können gerade bei einem möglicherweise Geschäftsunfähigen weitere Ermittlungen des Rentenversicherungsträgers zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung und zu dessen Wirksamkeit erforderlich sein.
Im hier zu entscheidenden Fall beginnt die Versicherungspflicht schon wegen der Begrenzung des Antrags der Klägerin nicht mit dem Ende der Rahmenfrist, sondern erst mit dem tatsächlichen Rentenantrag. Insoweit hat die Klägerin selbst die Regelung über den Beginn der Versicherungspflicht in § 186 Abs 9 SGB V beachtet. Ein Auseinanderfallen von Ende der Rahmenfrist und Beginn der Versicherungspflicht hat der Senat bereits früher für eine vergleichbare Fallgestaltung als rechtlich geboten erachtet (vgl Urteil des Senats vom 25.2.1997 - 12 RK 4/96 - BSGE 80, 102 = SozR 3-2500 § 5 Nr 33 mwN), weil die Begründung von Versicherungspflicht für in der Vergangenheit liegende Zeiträume vermieden werden soll. Soweit sowohl in § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V als auch in § 186 Abs 9 SGB V auf den Rentenantrag abgestellt wird, sind damit unterschiedliche Rechtsfolgen verbunden. Von daher ist es auch zulässig, in § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V den Rentenantrag durch einen anderen Tatbestand zu ersetzen, in § 186 Abs 9 SGB V jedoch für den Beginn der Versicherungspflicht auf den tatsächlichen Rentenantrag abzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 2342484 |
BSGE 2010, 219 |
NZS 2011, 285 |
SGb 2010, 151 |
SGb 2011, 143 |