Entscheidungsstichwort (Thema)
Erwerbsunfähigkeit. versicherungsrechtliche Voraussetzungen. Arbeitsunfähigkeit. Gesetzesauslegung durch höchstrichterliche Rechtsprechung
Orientierungssatz
1. Die Bewertung einer Zeit der Arbeitsunfähigkeit richtet sich, wenn die Arbeitsunfähigkeit vor dem 1.1.1984 begonnen hat, auch über den 1.1.1984 hinaus nach § 1259 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst a.
2. Die Auslegung gesetzlicher Vorschriften durch die höchstrichterliche Rechtsprechung betrifft die gesamte Geltungsdauer der Normen, solange diese unverändert sind.
Normenkette
RVO § 1247 Abs 2a, § 1246 Abs 2a S 2 Nr 2, § 1259 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst a
Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 26.09.1988; Aktenzeichen L 2 J 26/88) |
SG Speyer (Entscheidung vom 27.11.1987; Aktenzeichen S 2 J 233/86) |
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zusteht. Das hängt davon ab, ob er die Voraussetzungen der §§ 1247 Abs 2a iVm 1246 Abs 2a der Reichsversicherungsordnung (RVO) erfüllt hat, ob also von den letzten 60 Kalendermonaten vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit mindestens 36 mit Pflichtbeiträgen belegt sind.
Der im Jahre 1935 geborene Kläger war viele Jahre als Dreher oder als Automateneinrichter beschäftigt. Übergangs- bzw Krankengeld erhielt er vom 12. September 1979 bis zur Aussteuerung am 27. Januar 1981. In einem Vorprozeß verurteilte das Sozialgericht (SG) die Beklagte am 25. Oktober 1982, dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 1. März 1981 zu gewähren. Auf die Berufung der Beklagten wurde dieses Urteil am 27. Februar 1984 vom Landessozialgericht (LSG) aufgehoben. Die Beklagte zahlte aufgrund des erstinstanzlichen Urteils die sog Urteilsrente vom 25. Oktober 1982 bis zum 30. März 1984.
Während einer stationären Behandlung des Klägers vom 28. August bis 27. September 1985 wurde eine Amputation des linken Oberschenkels wegen eines Arterienverschlusses durchgeführt. Daraufhin beantragte der Kläger im Oktober 1985 erneut, ihm Versichertenrente zu gewähren. Mit Bescheid vom 10. März 1986 erkannte die Beklagte zwar eine Erwerbsunfähigkeit ab 28. August 1985 an, lehnte die Rentengewährung jedoch ab, weil der Kläger nicht vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit ab 1. Februar 1980 eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt habe.
Das SG hat die dagegen gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 27. November 1987). Auf die Berufung des Klägers hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. November 1985 zu gewähren (Urteil vom 26. September 1988). Das LSG hat ausgeführt, die Erwerbsunfähigkeit sei beim Kläger bereits im Juli 1985 eingetreten. Bei der Berechnung der 60 Kalendermonate aus § 1246 Abs 2a Satz 2 RVO seien die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit vom 12. September 1979 bis zum 27. Januar 1981 und vom 12. Mai 1981 bis zum 31. Dezember 1983 nicht mitzuzählen, wohl aber die Rentenbezugszeit vom 25. Oktober 1982 bis zum 30. März 1984. Somit verlängere sich der maßgebende Zeitraum über den 1. Juli 1980 hinaus bis zum 23. Juni 1976. Von da an bis Juni 1985 habe der Kläger aber mehr als die geforderten 36 Kalendermonate, nämlich 42 Monate an Beitragszeiten zurückgelegt.
Die Beklagte hat dieses Urteil mit der vom LSG zugelassenen Revision angefochten. Sie rügt eine Verletzung des § 1247 Abs 2a RVO iVm den §§ 1246 Abs 2a Satz 2 Nr 2, 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 1a RVO.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen, hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Beklagten ist insofern begründet, als das angefochtene Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit an das LSG zurückverwiesen werden mußte. Die vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen lassen eine abschließende Entscheidung des Rechtsstreits noch nicht zu.
Rente wegen Erwerbsunfähigkeit erhält gemäß § 1247 Abs 1 RVO der Versicherte, der erwerbsunfähig ist, die Wartezeit erfüllt und vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt hat. Wegen dieser zuletzt genannten Voraussetzung verweist Abs 2a der genannten Vorschrift auf § 1246 Abs 2a RVO. Nach dessen Satz 1 Nr 1 müssen von den letzten 60 Kalendermonaten vor Eintritt des Versicherungsfalles 36 Kalendermonate mit Beiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sein. Das LSG hat festgestellt, daß der Kläger im Juli 1985 erwerbsunfähig geworden ist. In den vor diesem Zeitpunkt liegenden 60 Kalendermonaten ab 1. Juli 1980 sind keine 36 Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung für den Kläger entrichtet worden. An diese Feststellung des Berufungsgerichts, die nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffen worden ist, ist der erkennende Senat gemäß § 163 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gebunden. Darüber hinaus ist das LSG zu dem Ergebnis gelangt, der für die Berechnung der 60 Kalendermonate maßgebende Zeitraum beginne nicht am 1. Juli 1980, sondern am 23. Juni 1976. Von da an bis Ende Juni 1985 habe der Kläger mehr als die geforderten 36 Kalendermonate, nämlich 42 Monate an Pflichtbeiträgen zurückgelegt.
Gemäß § 1246 Abs 2a Satz 2 RVO werden bei der Ermittlung der 60 Kalendermonate des Satzes 1 bestimmte Zeiten, die nicht mit Beiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind, nicht mitgezählt, so ua Ausfallzeiten. Nach der angefochtenen Entscheidung des LSG fallen in die Zeit bis 30. Juni 1985 Ausfallzeiten nach § 1259 Abs 1 Nr 1 RVO. Dabei handele es sich um die Zeiten vom 12. September 1979 bis zum 27. Januar 1981 und vom 12. Mai 1981 bis zum 31. Dezember 1983. Somit sei der maßgebende Zeitraum über den 1. Juli 1980 hinaus in die Vergangenheit zurückzuverlegen.
§ 1246 Abs 2a Satz 2 Nr 2 RVO verweist wegen der nicht mitzuzählenden Ausfallzeiten auf § 1259 Abs 1 RVO, der in seiner Nr 1 die hier in Betracht kommende Arbeitsunfähigkeit behandelt. Die Vorschrift ist mit Wirkung ab 1. Januar 1984 durch Art 1 Nr 38 des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 (HBegleitG 1984) vom 22. Dezember 1983 (BGBl I 1532) neu gefaßt worden. Da der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit beim Kläger im Jahre 1985 eingetreten ist, muß hier die Neufassung der genannten Vorschrift angewendet werden. Davon ist auch das LSG ausgegangen. Ausfallzeiten iS des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst a RVO sind Zeiten, in denen eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ua durch eine infolge Krankheit bedingte Arbeitsunfähigkeit unterbrochen worden ist, wenn vor dem 1. Januar 1984 die Arbeitsunfähigkeit begonnen und mindestens einen Kalendermonat betragen hat und in der Zeit vom 1. Oktober 1974 bis zum 31. Dezember 1983 wegen des Bezuges ua von Krankengeld Versicherungspflicht nicht bestanden hat.
Nach dem Wortlaut des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst a RVO ist diese Ausfallzeit an den Bezug von Krankengeld und eine deswegen nicht bestehende Versicherungspflicht geknüpft. So ist die Vorschrift allerdings nicht zu verstehen; denn durch die Neufassung durch das HBegleitG 1984 sollte für die Zeit bis Ende 1983 keine Änderung des bisherigen Rechtszustandes erfolgen. Vor dem 1. Januar 1984 lautete § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO - soweit hier von Bedeutung - dahingehend, Ausfallzeiten seien Zeiten, in denen eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit durch Arbeitsunfähigkeit unterbrochen worden sei. Von Krankengeldbezug und Versicherungspflicht war keine Rede. Die fehlende Absicht des Gesetzgebers, sachliche Änderungen für die Zeit vor 1984 einzuführen, ergibt sich aus der Begründung zum Entwurf des HBegleitG 1984. Darin heißt es (BT-Drucks 10/335 S 73 f zu Nr 34): "Vom Buchst a werden grundsätzlich die Zeiten bis Ende 1983 erfaßt, wobei die Voraussetzungen dem bisher geltenden Recht entsprechen. ... Sofern die Arbeitsunfähigkeit oder die Rehabilitationsmaßnahme vor Ende 1983 begonnen hat, können sie nach dieser Regelung auch dann noch nach 1983 weiter als Ausfallzeiten berücksichtigt werden, wenn die Erfordernisse des Buchst b nicht erfüllt sind. Vom Buchst b werden Zeiten ab 1984 erfaßt, wobei jetzt als neues Erfordernis gilt, daß zu Beginn dieser Zeiten ein Bezug einer Lohnersatzleistung erfolgt ist, wofür entsprechende Beiträge nach § 1385b Abs 1 RVO an die Rentenversicherung zu zahlen sind."
Auch vor 1984 standen entrichtete Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung der Anerkennung von Ausfallzeiten entgegen. Das traf in der Zeit vom 1. Oktober 1974 bis zum 31. Dezember 1983 für eine Versicherungspflicht zu, die nach der damals geltenden Nr 8a des § 1227 Abs 1 Satz 1 RVO bestanden hatte und die durch das HBegleitG 1984 mit Wirkung ab 1. Januar 1984 gestrichen ist. Nr 8a bestimmte, daß in der Rentenversicherung der Arbeiter Personen, denen ein Träger der gesetzlichen Krankenversicherung zwölf Kalendermonate ununterbrochen Krankengeld gezahlt hatte, für die Zeit des weiteren Bezuges von Krankengeld versichert wurden, darüber hinaus für höchstens weitere 24 Kalendermonate einer Arbeitsunfähigkeit.
Darauf zielt die Neufassung in Nr 1a des § 1259 Abs 1 Satz 1 RVO ab, wenn dort verlangt wird, wegen des Bezuges von Krankengeld dürfe Versicherungspflicht nicht bestanden haben. Darüber hinaus sind aber auch Ausfallzeiten diejenigen Zeiten, in denen eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit durch Arbeitsunfähigkeit unterbrochen und kein Krankengeld bezogen worden ist. Die genannte Vorschrift ist also in den hier entscheidenden Passagen wie folgt zu lesen:
|
Ausfallzeiten iS des §-1258 sind |
1. Zeiten, in denen eine versicherungspflichtige |
Beschäftigung oder Tätigkeit durch eine infolge |
Krankheit bedingte Arbeitsunfähigkeit ... unterbrochen |
worden ist, wenn |
a) vor dem 1. Januar 1984 die Arbeitsunfähigkeit |
begonnen ... hat und, sofern in der Zeit vom |
1. Oktober 1974 bis zum 31. Dezember 1983 Kranken |
geld bezogen worden ist, deswegen Versicherungspflicht |
nicht bestanden hat. |
Festzustellen ist: 1. ob Krankheit Arbeitsunfähigkeit bedingt hat, ggf von wann bis wann, 2. ob eine versicherungspflichtige Tätigkeit unterbrochen worden ist, 3. ob Krankengeld bezogen worden ist und 4. ob deswegen Versicherungspflicht nicht bestanden hat. Bezüglich der Arbeitsunfähigkeit, des Krankengeldanspruchs und der Versicherungspflicht reichen die Feststellungen des LSG im angefochtenen Urteil nicht aus.
Arbeitsunfähig war der Kläger ab 20. August 1979, den Lohn erhielt er aber fortgezahlt bis zum 11. September 1979. Diese Zeit ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in die zwölf Monate "Wartezeit" des § 1227 Abs 1 Satz 2 Nr 8a Buchst a RVO aF nicht einzurechnen (vgl BSG in SozR 2200 § 1227 Nr 33). Übergangsgeld bzw Krankengeld - so hat das LSG ausgeführt - habe der Kläger vom 12. September 1979 bis zu seiner Aussteuerung am 27. Januar 1981 erhalten. Bei der Berechnung des Zeitraums der zwölf Monate ununterbrochener Krankengeldzahlung iS der zuletzt genannten Vorschrift ist jedoch die Zeit zu berücksichtigen, in der der Anspruch auf Krankengeld wegen eines auf medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen beruhenden Bezugs von Übergangsgeld ruhte (vgl BSG aaO Nr 27). Demnach kann für den Kläger zwölf Monate nach Beginn des Krankengeldbezuges am 12. September 1979 Versicherungspflicht ab 12. September 1980 bestanden haben. Ob von da an die für die Krankenversicherung zuständige Betriebskrankenkasse Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet hat oder warum sie es nicht getan hat, läßt sich dem angefochtenen Urteil des LSG nicht entnehmen. Möglicherweise hat die Krankenkasse nach der Zahlung von Übergangsgeld - das LSG erwähnt eine Erholungskur - fälschlicherweise begonnen, einen neuen Zeitraum von zwölf Monaten zu berechnen.
Pflichtbeiträge sind für den Kläger vom 1. Februar oder 1. März 1981 - beide Daten werden im angefochtenen Urteil genannt - bis zum 11. Mai 1981 entrichtet worden. Offenbar war der Kläger während dieser Zeit - oder zumindest während eines Teils dieses Zeitraumes - aber nicht erwerbstätig; denn nach den Feststellungen des LSG war er "auch vom 31. März 1981 bis zum 11. Mai 1981 arbeitsunfähig geschrieben". Ob er in der Zeit zwischen dem 27. Januar und dem 31. März 1981 arbeitsunfähig oder arbeitsfähig und ggf beschäftigt war, ist der Entscheidung des LSG nicht zu entnehmen. Das ist aber von Bedeutung, weil bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit Versicherungspflicht gemäß § 1227 Abs 1 Satz 1 Nr 8a Buchst a RVO aF nach dem Ende des Krankengeldbezuges für weitere 24 Kalendermonate bestanden haben kann.
Eine Ausfallzeit hat das LSG auch vom 12. Mai 1981 bis Ende Dezember 1983 angenommen. Das deutet auf eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers während dieses Zeitraumes hin. Konkrete Feststellungen dazu fehlen jedoch im angefochtenen Urteil. Dort heißt es insoweit lediglich, eine über den 11. Mai 1981 hinausgehende Zeit der Arbeitsunfähigkeit sei zwar von der Betriebskrankenkasse nicht mehr bescheinigt worden, aber nur deshalb, weil der Krankengeldanspruch am 27. Januar 1981 wegen Erreichens der Höchstbezugsdauer erschöpft gewesen sei. Worauf das LSG die offenbar angenommene Arbeitsunfähigkeit gründet, ist nicht erkennbar.
Die Beklagte macht mit der Revision geltend, das LSG habe zu Unrecht eine Arbeitsunfähigkeit vom 12. Mai 1981 bis zum 31. Dezember 1983 angenommen, weil der Kläger damals in der Lage gewesen sei, im Vergleich zu seiner bisherigen Tätigkeit ähnlich geartete zu verrichten. Das LSG hingegen meint, für die Zeit vor dem 1. Januar 1984 sei "von einem engeren Begriff der Arbeitsunfähigkeit auszugehen"; denn die Rechtsprechung des BSG zur Auslegung der Arbeitsunfähigkeit habe sich erst ab November 1984 geändert. Dieser Auffassung kann keinesfalls zugestimmt werden. Die Auslegung gesetzlicher Vorschriften durch die höchstrichterliche Rechtsprechung betrifft die gesamte Geltungsdauer der Normen, solange diese unverändert sind. Hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeit ist zum 1. Januar 1984 keine Änderung eingetreten. Im übrigen betreffen die Urteile des BSG vom 15. November 1984 (BSGE 57, 227) und 9. Dezember 1986 (BSGE 61, 66), die das LSG für die von ihm erwähnte Änderung der Rechtsprechung anführt, Zeiten der Arbeitsunfähigkeit vor 1984. Schon daraus folgt, daß das LSG nicht zu akzeptierende Schlüsse aus der Rechtsprechung des BSG gezogen hat.
Das LSG hat ausgeführt, ab 1. Januar 1984 richte sich die Bewertung einer Zeit der Arbeitsunfähigkeit nicht mehr nach § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst a RVO, sondern nach Buchst b der Vorschrift. Das trifft jedoch - schon nach dem Wortlaut des Buchst a - dann nicht zu, wenn die Arbeitsunfähigkeit vor dem 1. Januar 1984 begonnen hat. Dann gilt Buchst a auch über den genannten Zeitpunkt hinaus weiter. Übereinstimmend mit der hier vertretenen Gesetzesauslegung heißt es in der Begründung zum Entwurf des HBegleitG 1984 (BT-Drucks 10/335 aaO), sofern die Arbeitsunfähigkeit vor Ende 1983 begonnen habe, könne sie nach der Regelung des Buchst a auch dann noch nach 1983 weiter als Ausfallzeit berücksichtigt werden, wenn die Erfordernisse des Buchst b nicht erfüllt seien. Die Fallkonstellation hier erfordert also eine Prüfung, ob eine Arbeitsunfähigkeit vor dem 1. Januar 1984 begonnen und über diesen Zeitpunkt hinaus bestanden hat sowie ob insoweit die Voraussetzungen des § 1259 Abs 1 Satz 1 Buchst a RVO erfüllt sind.
Bei der Prüfung der Frage, wann und wie lange beim Kläger Arbeitsunfähigkeit bestanden hat, wird das LSG auch für die Zeit vor dem 1. Januar 1984 von der Rechtsprechung des BSG auszugehen haben. Der Große Senat des BSG hat am 16. Dezember 1981 (BSGE 53, 22) entschieden, der Versicherte sei iS des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO arbeitsunfähig, wenn er infolge von Krankheit weder seine vor der Unterbrechung ausgeübte Tätigkeit noch eine ähnlich geartete Beschäftigung oder Tätigkeit ausüben könne. Solange der Kläger Krankengeld bezogen hat, ist die Arbeitsunfähigkeit unproblematisch, sie ist für die Feststellung der Ausfallzeit zu bejahen. Darüber hinaus kann von Bedeutung sein, ob das bisherige Arbeitsverhältnis fortbestanden hat und ggf bis wann. Der 8. Senat des BSG hat im Urteil vom 9. Dezember 1986 (aaO 70) es unentschieden gelassen, was dann gilt, insbesondere, ob der Versicherte in einem solchen Fall auch auf Tätigkeiten bei anderen Arbeitgebern "verwiesen" werden kann. Der erkennende Senat neigt insoweit zu der Auffassung, daß die sich aus dem noch bestehenden Arbeitsvertrag für den Versicherten ergebenden Verpflichtungen und Beschränkungen zu beachten sind. Indessen kann derzeitig im konkreten Fall des Klägers nicht beurteilt werden, ob diese Frage überhaupt entscheidungserheblich ist, weil Feststellungen des LSG über den Zeitpunkt der Beendigung des letzten Arbeitsverhältnisses fehlen.
Was unter einer ähnlich gearteten Tätigkeit zu verstehen ist, hat das BSG ua im Urteil vom 9. Dezember 1986 (aaO 71 ff) näher konkretisiert. Hat der Versicherte zuletzt einen anerkannten Ausbildungsberuf ausgeübt, so scheiden Tätigkeiten außerhalb dieses Berufes aus. Sie sind im allgemeinen nicht ähnlich. Nach den Ausführungen des LSG im Tatbestand des angefochtenen Urteils hat der Kläger von 1949 bis 1952 eine Dreherlehre erfolgreich abgeschlossen und bis 1981 als Dreher gearbeitet. In den Entscheidungsgründen dieses Urteils heißt es dann, in dem Streit um die Berufsunfähigkeit des Klägers habe das LSG in seinem Urteil vom 27. Februar 1984 (Az: L 2 J 295/82) ihn auf die Tätigkeit eines Kontrolleurs von Drehteilen in der Kleinfertigung sowie auf Einrichtarbeiten von und an Bohrmaschinen sowie von Handarbeitsplätzen verwiesen und diese Tätigkeiten insbesondere deshalb für zumutbar gehalten, weil der Kläger zuletzt als Automateneinrichter tätig gewesen sei. Das Urteil des LSG läßt hier die notwendige Klarheit vermissen, ob der Kläger in einem anerkannten Ausbildungsberuf tätig war. Selbst wenn das bezüglich des Automateneinrichters nicht der Fall gewesen sein sollte, so kann im Vergleich dazu bei den genannten Kontrolltätigkeiten und den "Einrichtarbeiten" nicht von ähnlich gearteten Tätigkeiten die Rede sein. Für die Frage der Ähnlichkeit ist es - so das BSG im Urteil vom 9. Dezember 1986 (aaO 72) - nicht allein entscheidend, ob ein Aufgabenbereich zu einem bestimmten Beruf gehört oder nicht. Es kommt vielmehr darauf an, daß die bisher vom Versicherten verrichtete Arbeit nach der Art der Verrichtung sowie nach den erforderlichen Kenntnissen und Fähigkeiten mit dem Inhalt der "Verweisungstätigkeit" in etwa übereinstimmt. Für eine solche der bisherigen Erwerbstätigkeit des Klägers ihrer Art nach als ähnlich geartet zu bewertende Tätigkeit geben weder das angefochtene Urteil des LSG noch die Revision der Beklagten ausreichende Anhaltspunkte.
Das LSG wird die somit noch erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben.
Die Kostenentscheidung bleibt der den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Fundstellen