Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. stationäre Krankenhausbehandlung. Methoden, die lediglich das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten. kein Anspruch als Regelleistung. Anspruch als Zusatzleistung im Rahmen von Erprobungsrichtlinien. hier: stationäre Liposuktion
Leitsatz (amtlich)
1. Versicherte haben als Regelleistung keinen Anspruch auf stationäre Krankenhausbehandlung mit Methoden, die lediglich das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten (Festhaltung an BSG vom 24.4.2018 - B 1 KR 10/17 R = BSGE 125, 283 = SozR 4-2500 § 137c Nr 10).
2. Versicherte haben gegen ihre Krankenkasse als Zusatzleistung im Rahmen von Erprobungsrichtlinien Anspruch auf stationäre Krankenhausbehandlung mit Methoden, die lediglich das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten (Festhaltung an BSG vom 24.4.2018 - B 1 KR 13/16 R = BSGE 125, 262 = SozR 4-2500 § 137e Nr 1).
Normenkette
SGB V § 2 Abs. 1 S. 3, Abs. 1a, 2 S. 3 Fassung: 2003-12-27, § 12 Abs. 1, § 13 Abs. 3 S. 1, Abs. 3a, 4 S. 6, § 27 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 5, § 39 Abs. 1 Sätze 1-3, § 70 Abs. 1 Sätze 1-2, § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5, § 109 Abs. 4 S. 2, § 135 Abs. 1, § 136 Abs. 1 S. 1 Fassung: 2015-12-10, Abs. 2 S. 1 Fassung: 2015-12-10, § 137c Abs. 1 S. 1 Fassung: 2011-12-22, S. 2 Fassung: 2011-12-22, S. 3 Fassung: 2011-12-22, S. 4 Fassung: 2011-12-22, S. 5 Fassung: 2011-12-22, Abs. 3 S. 1 Fassung: 2015-07-16, S. 2 Fassung: 2015-07-16, § 137e Abs. 1 S. 1 Fassung: 2011-12-22, S. 2 Fassung: 2011-12-22, Abs. 2 S. 3 Fassung: 2015-12-10, Abs. 6 Fassung: 2011-12-22, § 137e Fassung: 2019-05-06, § 137h Abs. 1 S. 4 Nr. 1 Fassung: 2015-07-16, Abs. 3 S. 1 Fassung: 2015-07-16, Abs. 4 S. 1 Fassung: 2015-07-16, S. 8 Fassung: 2015-07-16; ErpRL-Liposuktion § 1 Sätze 1-3, §§ 2, 3 Abs. 1-3, § 4 Abs. 1-2, § 7 Abs. 1 S. 5, Abs. 4; KHMeRL Fassung: 2017-07-20; GG Art 3 Abs. 1; GKV-VStG; GKV-VSG; KHSG; TSVG
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 10. April 2018 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Versorgung der Klägerin mit einer stationären Liposuktion (Fettabsaugung) zur Behandlung eines Lipödems.
Die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin beantragte im Februar 2012 befundgestützt die Versorgung mit drei stationären Liposuktionen. Die Beklagte lehnte dies nach Einholung von Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) mit der Begründung ab, für eine Liposuktion sei regelmäßig und auch im Fall der Klägerin keine stationäre Krankenbehandlung erforderlich. Die ambulante Liposuktion gehöre nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Eine Anerkennung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) fehle (Bescheid vom 30.4.2012; Widerspruchsbescheid vom 17.4.2013). Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 19.6.2015). Das LSG hat die Beklagte verurteilt, die Klägerin mit einer stationären Liposuktion an den Beinen zu versorgen: Die Klägerin habe Anspruch auf eine stationäre Liposuktion. Sie sei nach den Ergebnissen der eingeholten Sachverständigengutachten medizinisch erforderlich. Sie dürfe als nicht etablierte Behandlungsmethode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, da sie das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative biete, wenn ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolge (§ 137c Abs 3 SGB V; Urteil vom 10.4.2018).
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 137c Abs 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 64 Buchst b Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Versorgungsstärkungsgesetz - GKV-VSG - vom 16.7.2015, BGBl I 1211, 1230 mWv 23.7.2015) . Der Anspruch auf Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V umfasse nur die Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich seien und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprächen (§ 2 Abs 1 S 3 und § 12 Abs 1 SGB V). Die Liposuktion bei Lipödem genüge dem geforderten Qualitätsgebot nicht.
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Die Beklagte beantragt, |
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 10. April 2018 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 19. Juni 2015 zurückzuweisen, |
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hilfsweise, |
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 10. April 2018 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen. |
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Die Klägerin beantragt, |
die Revision zurückzuweisen. |
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Das angefochtene LSG-Urteil ist aufzuheben, weil es auf der Verletzung materiellen Rechts beruht und sich nicht aus anderen Gründen als richtig erweist. Ob die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) zumindest teilweise begründet ist, kann der erkennende Senat nicht abschließend entscheiden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Regelversorgung mit einer stationären Liposuktion aus § 27 Abs 1 S 2 Nr 5 iVm § 39 Abs 1 S 1 SGB V (dazu 1.). Der Senat kann wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen indes nicht abschließend entscheiden, ob die Klägerin einen Anspruch auf Teilnahme am Erprobungsverfahren nach § 137e SGB V hat (dazu 2.).
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch aus § 27 Abs 1 S 2 Nr 5 iVm § 39 Abs 1 S 1 SGB V auf die Gewährung einer stationär durchgeführten Liposuktion des Lipödems als Regelversorgung, weil diese Behandlungsmethode nicht den Anforderungen des Qualitätsgebots entspricht. Ein entsprechender Anspruch aufgrund grundrechtsorientierter Leistungsauslegung (§ 2 Abs 1a SGB V) kommt nicht in Betracht. Das Lipödem ist weder eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche noch eine hiermit wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung.
a) Der Anspruch Versicherter auf stationäre Krankenhausbehandlung aus § 27 Abs 1 S 2 Nr 5, § 39 Abs 1 S 1 SGB V unterliegt nach Wortlaut, Regelungssystem und Regelungszweck den sich aus dem Qualitätsgebot ergebenden Einschränkungen. Eine Absenkung der Qualitätsanforderungen für die stationäre Versorgung auf Methoden mit dem bloßen Potential einer Behandlungsalternative ergibt sich nicht aus § 137c Abs 3 SGB V (idF durch Art 1 Nr 64 Buchst b GKV-VSG). Allein Hinweise in den Gesetzesmaterialien genügen nicht, um das Ergebnis aller anderen Auslegungsmethoden zu überspielen.
Dabei geht der erkennende Senat davon aus, dass der Leistungsanspruch der Versicherten auf Krankenhausbehandlung ein Individualanspruch und nicht lediglich ein bloßes subjektiv-öffentlich-rechtliches Rahmenrecht oder ein bloßer Anspruch dem Grunde nach ist. Seine Reichweite und Gestalt ergibt sich erst aus dem Zusammenspiel mit weiteren gesetzlichen und untergesetzlichen Rechtsnormen (stRspr, vgl zB BSGE 113, 241 = SozR 4-2500 § 13 Nr 29, RdNr 11 mwN; BSGE 117, 10 = SozR 4-2500 § 13 Nr 32, RdNr 8; BSGE 117, 236 = SozR 4-2500 § 11 Nr 2, RdNr 13; BSGE 124, 1 = SozR 4-2500 § 27 Nr 29, RdNr 11; vgl auch E. Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, Stand Januar 2019, § 13 SGB V RdNr 53 f). Hierzu gehören auch Regelungen des Leistungserbringungsrechts.
Funktionell dient das Leistungserbringungsrecht der Erfüllung der Naturalleistungsansprüche der Versicherten. Die KKn gewähren medizinische Sach- und Dienstleistungen, soweit sie nicht ausnahmsweise Eigeneinrichtungen betreiben (vgl zB § 132a Abs 4 S 15, § 140 SGB V), nicht unmittelbar in Natur, sondern bedienen sich regelmäßig der zugelassenen Leistungserbringer, um die Naturalleistungsansprüche der Versicherten zu erfüllen. Deshalb schließen sie über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (vgl § 2 Abs 2 S 3 SGB V idF durch Art 4 Nr 1 Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das SGB vom 27.12.2003, BGBl I 3022; zuvor § 2 Abs 2 S 2 SGB V; vgl zum Ganzen BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15, RdNr 30 f; BSGE 117, 1 = SozR 4-2500 § 28 Nr 8, RdNr 12; BSGE 124, 1 = SozR 4-2500 § 27 Nr 29, RdNr 9; BSG SozR 4-2500 § 137c Nr 10 RdNr 13, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSG SozR 4-2500 § 137e Nr 1 RdNr 11, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
aa) Schon nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern (§ 27 Abs 1 S 1 SGB V). Nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB V umfasst die Krankenbehandlung auch die Krankenhausbehandlung. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (§ 39 Abs 1 S 2 SGB V). Die Krankenhausbehandlung umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind (§ 39 Abs 1 S 3 SGB V).
bb) Krankenhausbehandlung ist iS von § 39 SGB V konform mit dem Regelungssystem grundsätzlich nur dann erforderlich, wenn die Behandlung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht und notwendig ist (stRspr, vgl zB BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 14). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenhausbehandlung unterliegt nach dem Gesetzeswortlaut und dem Regelungssystem wie jeder Anspruch auf Krankenbehandlung grundsätzlich den sich aus dem Qualitäts- und dem Wirtschaftlichkeitsgebot ergebenden Einschränkungen (vgl § 2 Abs 1 S 3 SGB V und § 12 Abs 1 SGB V). Er umfasst in diesem Rahmen nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (BSGE 117, 10 = SozR 4-2500 § 13 Nr 32, RdNr 11; BSGE 113, 241 = SozR 4-2500 § 13 Nr 29, RdNr 13 mwN; Hauck, NZS 2007, 461, 466 ff). Ausnahmen vom Qualitätsgebot bestehen insbesondere im Rahmen grundrechtsorientierter Leistungsauslegung - sei es verfassungsunmittelbar oder nach § 2 Abs 1a SGB V - und bei Seltenheitsfällen (stRspr, vgl zB BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 27 mwN) mit Auswirkungen sowohl für den Leistungsanspruch der Versicherten als auch für die Rechte und Pflichten der Leistungserbringer als auch der KKn. Eine weitere Ausnahme hat der Gesetzgeber zB mit dem Anspruch auf zulassungsüberschreitende Anwendung von Arzneimitteln im Rahmen klinischer Studien in § 35c SGB V geregelt (vgl BSGE 125, 76 = SozR 4-5562 § 6 Nr 1, RdNr 22; vgl zu dem Ganzen BSG SozR 4-2500 § 137c Nr 10 RdNr 17, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSG SozR 4-2500 § 137e Nr 1 RdNr 15, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
Das SGB V sichert auch im Recht der Leistungserbringung in seinem Vierten Kapitel "Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern" die Beachtung des Qualitätsgebots. So haben die KKn und die Leistungserbringer eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Versicherten zu gewährleisten. Die Versorgung der Versicherten muss ausreichend und zweckmäßig sein, darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten und muss in der fachlich gebotenen Qualität sowie wirtschaftlich erbracht werden (vgl § 70 Abs 1 S 1 und 2 SGB V). Die Pflicht des zugelassenen Krankenhauses im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten (vgl § 109 Abs 4 S 2 SGB V) richtet sich hieran aus.
Gleiches gilt für die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsverfahren im Krankenhaus: Auch diese sind zentral und auf Dauer am Qualitätsgebot ausgerichtet, der Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse. Denn der GBA überprüft auf Antrag des Spitzenverbandes Bund der KKn, der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der gesetzlichen KKn im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode nicht hinreichend belegt ist und sie nicht das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, insbesondere weil sie schädlich oder unwirksam ist, erlässt der GBA eine entsprechende Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zu Lasten der KKn erbracht werden darf. Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, beschließt der GBA eine Richtlinie zur Erprobung nach § 137e SGB V. Nach Abschluss der Erprobung erlässt der GBA eine Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zu Lasten der KKn erbracht werden darf, wenn die Überprüfung unter Hinzuziehung der durch die Erprobung gewonnenen Erkenntnisse ergibt, dass die Methode nicht den Kriterien nach S 1 entspricht. Ist eine Richtlinie zur Erprobung nicht zustande gekommen, weil es an einer nach § 137e Abs 6 SGB V erforderlichen Vereinbarung fehlt, gilt S 4 entsprechend (vgl § 137c Abs 1 S 1 bis 5 SGB V; § 137c Abs 1 S 5 aufgehoben durch Art 1 Nr 77 Terminservice- und Versorgungsgesetz - TSVG - vom 6.5.2019, BGBl I 646 mWv 11.5.2019).
Die zugrunde liegende Änderung des § 137c SGB V und Einfügung der Regelung des § 137e SGB V durch das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (Art 1 Nr 54 und Nr 56 GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKV-VStG - vom 22.12.2011, BGBl I 2983) hat insofern an der bisherigen Grundkonzeption nichts geändert. Sie hat lediglich Raum für den GBA geschaffen, Richtlinien zur Erprobung nach § 137e SGB V zu beschließen, wenn die Überprüfung im Rahmen des § 137c SGB V ergibt, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet. Abgesehen von der speziell geregelten Modifizierung durch die zeitlich begrenzte Erprobung (§ 137e Abs 1 S 2 SGB V) noch nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechender Methoden verbleibt es auch im stationären Sektor beim Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 S 3 SGB V (vgl BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 19; BSG Beschluss vom 15.7.2015 - B 1 KR 23/15 B - Juris RdNr 8; zur Fortgeltung des Qualitätsgebots für Krankenhäuser vgl auch Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines Gesetzes zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung - Krankenhausstrukturgesetz - KHSG -, BT-Drucks 18/5372 S 86, zu Art 6 Nr 15 zu § 136b Abs 4 S 1 SGB V und BSG Urteil vom 18.12.2018 - B 1 KR 11/18 R - Juris RdNr 12, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).
Nach Wortlaut und Regelungssystem ändert auch die Norm des § 137c Abs 3 S 1 und 2 SGB V an den Anforderungen des Anspruchs Versicherter auf Krankenhausbehandlung nichts. Danach dürfen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der GBA bisher keine Entscheidung nach Abs 1 getroffen hat, im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist. Dies gilt sowohl für Methoden, für die noch kein Antrag nach Abs 1 S 1 gestellt wurde, als auch für Methoden, deren Bewertung nach Abs 1 noch nicht abgeschlossen ist (vgl § 137c Abs 3 S 1 und 2 SGB V). Die Regelung trifft bereits nach ihrem Wortlaut ("dürfen … angewandt werden") - anders als zB jene des § 2 Abs 1a SGB V (Versicherte "können … beanspruchen") - keine Aussage zu Leistungsansprüchen der Versicherten; sie setzt diese vielmehr voraus (dies verkennend Schifferdecker, NZS 2018, 698, 699). Sie können sich etwa aus Ansprüchen Versicherter auf Krankenhausbehandlung bei grundrechtsorientierter Leistungsauslegung ergeben (vgl zB § 2 Abs 1a iVm § 27 Abs 1 S 1, § 27 Abs 1 S 2 Nr 5 und § 39 Abs 1 SGB V; vgl BSG SozR 4-2500 § 137c Nr 10 RdNr 18, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSG SozR 4-2500 § 137e Nr 1 RdNr 16, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; zustimmend Mittelbach, NZS 2019, 64, 65).
Mit Einfügung der Regelungen des § 137c Abs 3 S 1 und 2 SGB V hat der Gesetzgeber nicht etwa die Regelung des § 137c Abs 1 S 1 SGB V aufgehoben, die sachlich dem Qualitätsgebot entspricht. Er geht vielmehr von deren fortwährender Geltung und Bedeutung aus. So richtet sich konsequent und systemgerecht auch die Regelung der Bewertung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit Medizinprodukten hoher Risikoklasse im Krankenhaus am Qualitätsgebot aus (vgl § 137h SGB V, eingefügt durch Art 1 Nr 66 GKV-VSG). Bei diesen nimmt der GBA eine Bewertung vor, ob 1. der Nutzen der Methode unter Anwendung des Medizinprodukts als hinreichend belegt anzusehen ist, 2. der Nutzen zwar als noch nicht hinreichend belegt anzusehen ist, aber die Methode unter Anwendung des Medizinprodukts das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, oder 3. die Methode unter Anwendung des Medizinprodukts kein Potential für eine erforderliche Behandlungsalternative bietet, insbesondere weil sie als schädlich oder unwirksam anzusehen ist (vgl § 137h Abs 1 S 4 SGB V). Der GBA prüft für eine Methode nach Nr 1 nur noch, ob Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung nach den §§ 136 bis 136b SGB V zu regeln sind (vgl § 137h Abs 3 S 1 SGB V). Denn bei dieser Methode sind ja grundsätzlich die Anforderungen des Qualitätsgebots erfüllt. Der GBA entscheidet für eine Methode nach Nr 2 über eine Richtlinie zur Erprobung nach § 137e SGB V (vgl § 137h Abs 4 S 1 SGB V). Denn die Anforderungen des Qualitätsgebots sind nicht erfüllt. Die Erprobung auf der Grundlage der Erprobungs-RL bewirkt aber Klarheit hinsichtlich der zunächst unzureichenden Evidenz für die Methode. Nach Abschluss der Erprobung entscheidet der GBA über eine Richtlinie nach § 137c SGB V (vgl § 137h Abs 4 S 8 SGB V). Diese ist wiederum am Qualitätsgebot ausgerichtet (vgl § 137c Abs 1 S 1 SGB V).
Auch weitere Regelungen der Qualitätssicherung richtet der Gesetzgeber konsequent am Qualitätsgebot aus. So sind Richtlinien des GBA zur Qualitätssicherung grundsätzlich sektorenübergreifend zu erlassen (vgl § 136 Abs 2 S 1 SGB V idF durch Art 6 Nr 15 KHSG vom 10.12.2015, BGBl I 2229 mWv 1.1.2016). Folgten die Regelungen der Qualitätssicherung für die vertragsärztliche und die Krankenhausversorgung unterschiedlichen Qualitätsmaßstäben, kämen sektorenübergreifende Regelungen zur Qualitätssicherung praktisch nicht in Betracht.
Ebenso hat der Gesetzgeber mit Einfügung der Regelungen des § 137c Abs 3 S 1 und 2 SGB V nicht etwa die Regelungen der Erprobungsrichtlinien für Methoden im Krankenhaus beseitigt (vgl § 137c Abs 1 S 3, § 137e SGB V). Die späteren Änderungen belegen, dass der Gesetzgeber unverändert von der Geltung dieser Regelungen ausgeht (vgl zu den Änderungen § 137e Abs 2 S 3 SGB V idF durch Art 6 Nr 18 KHSG vom 10.12.2015, BGBl I 2229 mWv 1.1.2016 sowie die vielfachen Änderungen des § 137e SGB V durch Art 1 Nr 78 TSVG vom 6.5.2019, BGBl I 646 mWv 11.5.2019). Wäre mit dem "Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative" bereits das geforderte Qualitätsniveau der Krankenhausbehandlung erreicht, wären Erprobungs-RL funktionslos, die auf Gewinn von Erkenntnissen zu Qualität und Wirksamkeit einer Methode für Krankenhausversorgung nach dem Qualitätsgebot ausgerichtet wären (vgl BSG Urteil vom 18.12.2018 - B 1 KR 11/18 R - Juris RdNr 12 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).
cc) Zweck der Ausrichtung der Leistungsansprüche der Versicherten am Qualitätsgebot ist es, im Interesse des Patientenschutzes und des effektiven Einsatzes der Mittel der Beitragszahler zu gewährleisten, dass eine nicht ausreichend erprobte Methode nicht zu Lasten der KKn abgerechnet werden darf (vgl BSG Urteil vom 27.3.2007 - B 1 KR 17/06 R - Juris RdNr 21 = USK 2007-25 - Polyglobin, zustimmend BVerfG Beschluss vom 30.6.2008 - 1 BvR 1665/07 - SozR 4-2500 § 31 Nr 17 RdNr 10 und Gesetzesbegründung im Entwurf der Bundesregierung eines GKV-VStG, BR-Drucks 456/11 S 74, zum Off-Label-Use von Arzneimitteln; BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 8 RdNr 21 zur Reichweite der grundrechtsorientierten Auslegung; BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 22; zum effizienten Einsatz der der GKV zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel, indem nur wirksame Leistungen auf Kosten der GKV erbracht werden sollen, vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen - Gesundheits-Reformgesetz - GRG -, BT-Drucks 11/2237 S 157 zu Artikel 1 ≪§ 2 Abs 1≫). Eine Behandlungsmethode gehört dementsprechend grundsätzlich erst dann zum Leistungsumfang der GKV, wenn die Erprobung abgeschlossen ist und über Qualität und Wirkungsweise der neuen Methode zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Das setzt einen Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen voraus. Dabei muss sich der Erfolg aus wissenschaftlich einwandfrei geführten Statistiken über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der neuen Methode ablesen lassen (stRspr, vgl BSGE 76, 194 = SozR 3-2500 § 27 Nr 5 = Juris RdNr 22 ff; BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 21; BSGE 125, 76 = SozR 4-5562 § 6 Nr 1, RdNr 14). Diese Anforderung darf aber nicht als starrer Rahmen missverstanden werden, der unabhängig von den praktischen Möglichkeiten tatsächlich erzielbarer Evidenz gilt (vgl BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 21; BSG Urteil vom 18.12.2018 - B 1 KR 11/18 R - Juris RdNr 39, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).
Die einheitliche Geltung des Qualitätsgebots "der Leistungen" dient zudem dazu, Schnittstellenprobleme zwischen unterschiedlichen Versorgungssektoren zu vermeiden. Die Verbesserung der sektorenübergreifenden Versorgung ist ein gesetzliches Regelungsziel, das ua der Innovationsfonds fördern soll (vgl § 92a Abs 1 S 2 SGB V, eingefügt durch Art 1 Nr 40 GKV-VSG; vgl auch Antwort der BReg auf die Kleine Anfrage verschiedener Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE vom 21.6.2016, BT-Drucks 18/8847).
Das Gesetz garantiert zugleich mit der Sicherung des Qualitätsgebots die Gleichbehandlung der Versicherten, um den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) zu beachten. Der Gesetzgeber muss den Versicherten Rechtsanwendungsgleichheit im Leistungsrecht gewährleisten (vgl BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 7 RdNr 23 zur Auslandsbehandlung; BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 23; Hauck, Festschrift für Kohte, 2016, 577, 585, 587; vgl auch Udsching, VSSR 1996, 271, unter III.1.). Es wäre vor dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht zu rechtfertigen, würde der Gesetzgeber natürliche Personen zwar in gleicher Weise dem Versicherungs- und Beitragszwang der GKV unterwerfen, ihnen aber trotz gleicher Erkrankung und gleichem Anspruch auf Krankenbehandlung rechtlich unterschiedliche Chancen eröffnen, ihren Anspruch zu verwirklichen. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber zwar nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (BVerfGE 117, 316, 325 = SozR 4-2500 § 27a Nr 3 RdNr 31; BSGE 99, 95 = SozR 4-2500 § 44 Nr 13, RdNr 26; vgl zu dem Ganzen BSG SozR 4-2500 § 137c Nr 10 RdNr 20, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSG SozR 4-2500 § 137e Nr 1 RdNr 18, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
Um das Ziel der Rechtsanwendungsgleichheit im Leistungsrecht der GKV zu erreichen, regelt das Gesetz nicht nur gleiche Rechtsansprüche der Versicherten auf Krankenbehandlung. Es garantiert den Versicherten auch deren Realisierung, nach Wortlaut, Regelungssystem und Regelungszweck einheitlich und eindeutig ausgerichtet am Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V), erweitert um die Fälle grundrechtsorientierter Auslegung (vgl zB BSG Urteil vom 20.3.2018 - B 1 KR 4/17 R - KHE 2018/31 = Juris RdNr 20 f, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 2 Nr 12 vorgesehen): Kommt es entgegen der Gewährleistungspflicht der KKn für eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung (vgl § 70 Abs 1 S 1 SGB V) zu einer Lücke im Versorgungssystem, hat der betroffene Versicherte Anspruch auf Kostenerstattung wegen Systemversagens (vgl § 13 Abs 3 S 1 SGB V). Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die KK die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen (vgl § 13 Abs 4 S 6 SGB V). Besteht innerhalb der EU, des EWR und der Schweiz ein qualitatives oder quantitatives Versorgungsdefizit, sodass eine Krankenbehandlung nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse nur im Ausland möglich ist, hat der Versicherte hierauf Anspruch (vgl näher zB BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 7 RdNr 12 ff; Hauck, GesR 2017, 19, 22 sowie ders in Festschrift für Kohte, 2016, 577, 590 f, dort auch zur Garantie bei Leistungsmöglichkeit nur in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder einem anderen Vertragsstaat des EWR; lediglich andere Teilaspekte beleuchtend Stallberg, NZS 2017, 332).
Das SGB V kennt nach Wortlaut, Regelungssystem und Regelungszweck keine gleichen Garantien für Krankenbehandlung Versicherter mit Methoden, die lediglich das Potential einer Behandlungsalternative haben. Eine Beanspruchung von Potentialleistungen, die per definitionem nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen, etwa im Ausland kommt von vorneherein nicht in Betracht (so aber Schifferdecker, NZS 2018, 698, 699). Die Gerichte sind bei dieser klaren Gesetzeslage an einer Rechtsfortbildung zu den einfachrechtlichen Garantien contra legem gehindert (vgl zu den Grenzen Hauck in Masuch/Spellbrink/Becker/Leibfried ≪Hrsg≫, Grundlagen und Herausforderungen des Sozialstaats - Denkschrift 60 Jahre Bundessozialgericht, Band 2: Bundessozialgericht und die Sozialstaatsforschung - Richterliche Wissensgewinnung und Wissenschaft, 2015, 299, 300 ff).
Wollte man entgegen Wortlaut, Regelungssystem und Regelungszweck auch Potentialleistungen nach § 137c Abs 3 SGB V in die Ansprüche Versicherter auf Regelversorgung einbeziehen, wäre eine sachwidrige Ungleichbehandlung Versicherter die Folge. Die Gruppe der Versicherten, die dem Qualitätsgebot entsprechende Leistungen benötigt, hätte durch die aufgezeigten einfachrechtlichen Garantien einen rechtlich gesicherten Zugang zu diesen Leistungen auch dann, wenn sie im Inland überhaupt nicht oder jedenfalls nicht innerhalb des Leistungserbringungssystems zur Verfügung stehen oder rechtswidrig verweigert werden. Die Gruppe der Versicherten, die Potentialleistungen als Regelversorgung begehrte, hätte hingegen keinen rechtlich gesicherten Anspruch auf die Potentialleistungen. Würde die Potentialleistung im Inland nicht durch nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser erbracht, könnte diese Gruppe sich die Leistung zu Lasten der GKV weder in Krankenhäusern außerhalb des Leistungserbringungssystems, sei es im Inland, sei es im Ausland, beschaffen, noch wäre eine Leistungsablehnung durch die KK rechtswidrig mit der Folge der Selbstbeschaffungsmöglichkeit (§ 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V). Denn den Ansprüchen auf Potentialleistungen stehen die aufgezeigten einfachrechtlichen Garantien eines rechtlich gesicherten Zugangs nicht zur Seite. Für eine solche Ungleichbehandlung gibt es - anders als in den nachfolgenden Fallgestaltungen - keinen sachlichen Grund.
Das Gesetz sieht Abweichungen von den aufgezeigten Garantien der Krankenbehandlung Versicherter nach dem Qualitätsgebot nur außerhalb der Regelversorgung der GKV bei einer Zusatzversorgung aus besonderen sachlichen Gründen vor. So eröffnet die Regelung der Erprobungsrichtlinien (vgl § 137e SGB V) des GBA den Versicherten - bei überschießender Nachfrage im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens der KKn (vgl näher unten, unter II. 2.) - die Möglichkeit, trotz zur Verfügung stehender qualitätsgerechter Leistungen an der Anwendung nicht dem allgemeinen Erkenntnisstand entsprechender Methoden zu Lasten der GKV teilzunehmen, um innovative Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit Potential zeitlich begrenzt zwecks Erkenntnisgewinns zum Nutzen der Gesamtheit der Versicherten und Beitragszahler unter strukturierten Bedingungen zu erproben (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung eines GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 87 Zu Nummer 56 ≪§ 137e≫; Hauck, GesR 2014, 257, 261). Die Gewährleistungspflicht und der dementsprechende Sicherstellungsauftrag der KKn und Leistungserbringer erstreckt sich nicht - von Fällen grundrechtsorientierter Leistungsauslegung und Seltenheitsfällen abgesehen - auf davon abweichende Erprobungssituationen. Die Folge ist, dass sich auf der Landkarte ein "Erprobungsflecken-Teppich" mit Regionen entwickelt, in denen Krankenhäuser an der Erprobung teilnehmen, und anderen Regionen, bei denen das nicht der Fall ist (vgl Hauck, GesR 2014, 257, 261). Die Ungleichbehandlung Versicherter, die sich aus der eingeschränkten Verfügbarkeit der Leistung ergeben kann, ist wegen des mit der Erprobung verknüpften wichtigen öffentlichen Zwecks und des nur vorübergehenden Ausnahmefalls aufgrund notwendiger Befristung der Erprobung verfassungsrechtlich gerechtfertigt (vgl BSG SozR 4-2500 § 137c Nr 10 RdNr 23, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSG SozR 4-2500 § 137e Nr 1 RdNr 21, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
Auch die Regelung der Genehmigungsfiktion (vgl § 13 Abs 3a SGB V und hierzu BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33; BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 37; BSGE 124, 251 = SozR 4-2500 § 13 Nr 39; BSG Urteil vom 6.11.2018 - B 1 KR 20/17 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG Urteile vom 26.2.2019 - B 1 KR 24/18 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, und B 1 KR 18/18 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) kann als durch rechtmäßiges Verwaltungshandeln vermeidbare Sanktion in eng begrenzten Ausnahmefällen zu Abweichungen vom Qualitätsgebot führen. Eine Gewährleistungspflicht entsprechend jener für Leistungsansprüche Versicherter, die dem Qualitätsgebot genügen, ist hierfür ausgeschlossen: Der Gesetzgeber will durch die Androhung der Sanktion gerade verhindern, dass es zum Eintritt von Genehmigungsfiktionen kommt. Wiederum rechtfertigen der zugrunde liegende wichtige öffentliche Zweck und die Enge der hierzu erforderlichen, vermeidbaren Ausnahme die darin liegende Ungleichbehandlung Versicherter (vgl BSG SozR 4-2500 § 137c Nr 10 RdNr 24, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSG SozR 4-2500 § 137e Nr 1 RdNr 22, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
dd) Soweit die Gesetzesmaterialien zu einem von Vorstehendem abweichenden Ergebnis führen, vermag der erkennende Senat dem nicht zu folgen. Gesetzesmaterialien sind mit Vorsicht, nur unterstützend und insgesamt nur insofern heranzuziehen, als sie auf einen objektiven Gesetzesinhalt schließen lassen und im Gesetzeswortlaut einen Niederschlag gefunden haben (stRspr, vgl zB BVerfGE 62, 1, 45 mwN; BVerfGE 119, 96, 179 = Juris RdNr 219 mwN; vgl auch BVerfG Beschluss vom 26.11.2018 - 1 BvR 318/17, 1 BvR 1474/17, 1 BvR 2207/17 - Juris RdNr 48 = NJW 2019, 351). Der Entstehungsgeschichte kommt zwar zur Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers erhebliches Gewicht zu (vgl BVerfGE 54, 277, 285 ff, unter C.III.1.; BGHZ 197, 21, jeweils mwN). Es genügt aber nicht, dass sich die Voraussetzungen oder Rechtsfolgen allein der Gesetzesbegründung entnehmen lassen. Der sogenannte Wille des Gesetzgebers oder der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten kann bei der Interpretation nur insoweit berücksichtigt werden, als er auch im Text Niederschlag gefunden hat (vgl BVerfGE 62, 1, 45, unter C.II.3.a; BFHE 238, 362 = BStBl II 2013, 165 mwN). Die Gesetzesmaterialien dürfen nicht dazu verleiten, die subjektiven Vorstellungen der gesetzgebenden Instanzen dem objektiven Gesetzesinhalt gleichzusetzen (vgl BVerfGE 62, 1, 45, unter C.II.3.a; BFHE 254, 319 = BStBl II 2016, 1010, RdNr 20). Erkenntnisse zum Willen des Gesetzgebers können sich nicht gegenüber widerstreitenden gewichtigen Befunden durchsetzen, die aus der Anwendung der anderen Auslegungskriterien gewonnen werden (stRspr des BVerfG und aller obersten Gerichtshöfe des Bundes, vgl zB BVerfGE 62, 1, 45; BVerfGE 119, 96, 179; BSG SozR 4-2500 § 62 Nr 8 RdNr 20 f; BSG SozR 4-2500 § 175 Nr 2 RdNr 25; BAG Urteil vom 13.5.2004 - 2 AZR 426/03 - Juris RdNr 25, nachfolgend BVerfG Beschluss vom 11.11.2004 - 1 BvR 2150/04 - Juris, konform mit BVerfG Beschluss vom 6.6.2018 - 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14 - Juris RdNr 73 ff mwN; BFHE 164, 516 mwN; BGHZ 197, 21 RdNr 36 f und BGHZ 210, 77 RdNr 69, jeweils mwN; BVerwGE 146, 89 RdNr 16 mwN; dies verkennend Schifferdecker, NZS 2018, 698, 699). Anders liegt es, wenn sich der Regelungsgehalt des Gesetzes zwar nicht eindeutig aus dem Wortlaut der Norm ergibt und auch die Systematik kein zwingendes Ergebnis der Auslegung vorgibt, aber die Gesetzesmaterialien und die Entstehungsgeschichte zeigen, welche gesetzgeberische Konzeption der Norm zugrunde liegt (vgl dazu BVerfG Beschluss vom 6.6.2018 - 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14 - Juris RdNr 78 = NJW 2018, 2542). Darum geht es vorliegend indes nicht.
Dies gilt erst recht, wenn die Gesetzesmaterialien zum gleichen oder einem kurz darauf folgenden Gesetzesvorhaben widersprüchlich sind. Würde das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative im stationären Sektor genügen, hätte es also das bisher dort geltende Qualitätsgebot ersetzt, käme eine uneingeschränkte Bezugnahme auf das gesetzliche Qualitätsgebot in den Gesetzesmaterialien zur Begründung von Anforderungen an stationäre Leistungen nicht mehr in Betracht. Hingegen gehen etwa die Gesetzesmaterialien zum KHSG gerade ohne jede Einschränkung davon aus, dass das Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) und nicht bloß das Erfordernis eines bloßen Potentials für Methoden im stationären Sektor gilt (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines KHSG, BT-Drucks 18/5372 S 86, zu Art 6 Nr 15 zu § 136b Abs 4 S 1 SGB V). Letzterem kommt umso größeres Gewicht zu, als der Hinweis im Kontext der Neuregelungen der Qualitätssicherung erfolgt, aber bei unterschiedlichen Qualitätsvorgaben für ambulante und stationäre Behandlung die grundsätzlich nach dem Gesetzeswortlaut erstrebte sektorenübergreifende Qualitätssicherung (vgl § 136 Abs 1 S 1 und Abs 2 SGB V) nicht realisierbar ist. Wenn der Gesetzgeber einen fundamentalen Paradigmenwechsel zu regeln beabsichtigt, wie es die Ablösung des Qualitätsgebots für den Sektor der Krankenhausversorgung durch ein bloßes auf Dauer angelegtes "Potentialgebot" wäre, darf der Normanwender aufgrund des Rechtsstaatsprinzips ein Mindestmaß an Regelungsklarheit auch in Gesetzestext und Regelungssystem erwarten.
An einem hinreichenden Niederschlag der in den Gesetzesmaterialien geäußerten Rechtsauffassung im Gesetzeswortlaut fehlt es. Nach den Gesetzesmaterialien sollten "Methoden mit dem Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative" im Rahmen der Krankenhausbehandlung zu Lasten der KKn erbracht werden können, insbesondere damit sie zur Versorgung typischerweise schwerer erkrankter Versicherter mit besonderem Bedarf nach innovativen Behandlungsalternativen zur Verfügung stünden (vgl Entwurf der Bundesregierung eines GKV-VSG, BR-Drucks 641/14 S 147 f zu Nr 64 ≪§ 137c SGB V≫ Buchst b). Dies gewährleiste die Teilhabe der Versicherten am medizinischen Fortschritt auch außerhalb von Studien (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit - 14. Ausschuss - zum Entwurf eines GKV-VSG, BT-Drucks 18/5123 S 135 zu Nr 64 ≪§ 137c SGB V≫ Buchst b).
Bei der bestehenden Diskrepanz zwischen punktuellen Ausführungen in den Gesetzesmaterialien und dem Gesetzeswortlaut, dem Regelungssystem und dem Regelungsziel muss Letzteren der Vorrang zukommen. Die dauerhafte Erweiterung der Regelversorgung der stationären Krankenhausbehandlung auf Methoden mit Potential ohne die im bisherigen System vorgesehenen Garantien, die ausdrücklich lediglich für Leistungen entsprechend dem Qualitätsgebot gelten, würden zudem den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG), das Gebot der Rechtsanwendungsgleichheit für Versicherte verletzen (vgl dazu oben, unter II. 1. a cc). Die gesetzgeberische Grundentscheidung, dass lediglich Untersuchungs- und Behandlungsmethoden ohne das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative von vorneherein von der Anwendung im Rahmen einer Krankenhausbehandlung zu Lasten der KKn ausgeschlossen sind (vgl § 137c Abs 1 S 2 SGB V und hierzu Gesetzentwurf der Bundesregierung eines GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 86 f Zu Nr 54 ≪§ 137c≫ Buchst a DBuchst bb), wird damit nicht in Frage gestellt (vgl zur Beachtung der Grundentscheidung BVerfG Beschluss vom 6.6.2018 - 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14 - Leitsatz 3 und Juris RdNr 73 mwN; BVerfG Beschluss vom 26.11.2018 - 1 BvR 318/17, 1 BvR 1474/17, 1 BvR 2207/17 - Juris RdNr 32).
b) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hat die Klägerin keinen Anspruch auf Versorgung mit unter stationären Bedingungen durchzuführenden Liposuktionen bei Lipödem als Regelleistung. Die begehrte Maßnahme entspricht nicht den Anforderungen des Qualitätsgebots. Die Anforderungen des Qualitätsgebots werden gewahrt, wenn die "große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler)" die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dies setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der Methode - die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist - zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (stRspr, vgl zB BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 29; BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 8 RdNr 10).
Die von der Klägerin beantragten stationären Liposuktionen erfüllen diese Voraussetzungen nach den sich aus dem Gesamtzusammenhang ergebenden, den Senat bindenden (vgl § 163 SGG) Feststellungen des LSG nicht. Das LSG nimmt insofern ua Bezug auf den Beschluss des GBA über eine Änderung der Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung: Liposuktion bei Lipödem vom 20.7.2017 (BAnz AT 17.10.2017 B3), der in den tragenden Gründen hierzu die Voraussetzungen für einen hinreichenden Nutzenbeleg der Liposuktion bei Lipödem als nicht erfüllt ansieht (2.2.2 ≪Bewertung der vorhandenen Evidenz≫ der "Tragenden Gründe zum Beschluss des GBA über eine Änderung der Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung: Liposuktion bei Lipödem vom 20.7.2017", abrufbar unter https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/3012/; zur Möglichkeit, Erkenntnisse auf Beschlüsse des GBA zu stützen: BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 50). Es geht nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG auch nicht um Ausnahmen vom Qualitätsgebot im Sinne eines Seltenheitsfalls.
2. Ein Anspruch der Klägerin auf die begehrte stationäre Liposuktion kann sich jedoch ergeben aus einem Anspruch auf Teilnahme der Klägerin an dem Erprobungsverfahren nach der am 10.4.2018 in Kraft getretenen Erp-RL Liposuktion (Richtlinie des GBA zur Erprobung der Liposuktion zur Behandlung des Lipödems - Erprobungs-Richtlinie Liposuktion - Erp-RL Liposuktion - vom 18.1.2018, BAnz AT 9.4.2018 B1), ggf in Gestalt eines Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Berücksichtigung beim Auswahlverfahren (vgl auch Pressemitteilung des GBA vom 18.4.2019 "Erprobungsstudie soll offene Frage des Nutzens der Liposuktion bei Lipödem beantworten: G-BA beauftragt wissenschaftliche Institution mit Studienbegleitung"). Dagegen kommt ein Anspruch gegen die Beklagte aufgrund der Wiederaufnahme der Bewertungsverfahren gemäß §§ 135 Abs 1 und 137c Abs 1 SGB V über die Methode der Liposuktion beim Lipödem Stadium III (Beschluss des GBA über eine Wiederaufnahme von Bewertungsverfahren gemäß §§ 135 Abs 1 und 137c Abs 1 SGB V: Liposuktion beim Lipödem Stadium III vom 21.2.2019, abrufbar unter https://www.g-ba.de/bewertungsverfahren/beratungsthemen/3696/) nach den Feststellungen des LSG mangels Vorliegens eines Lipödems des Stadiums III nicht in Betracht.
Ob die Klägerin Anspruch auf Teilnahme am Erprobungsverfahren hat, weil sie die Voraussetzungen der Erp-RL Liposuktion für die Teilnahme an der Erprobung erfüllt, kann der Senat nicht abschließend entscheiden (hierzu a). Die Erp-RL Liposuktion entspricht den gesetzlichen Anforderungen des § 137c Abs 1 S 3 und des § 137e SGB V (hierzu b). Die Erp-RL Liposuktion und ihre gesetzliche Grundlage sind verfassungsgemäß (hierzu c).
a) Die Erprobung einer Untersuchungs- oder Behandlungsmethode nach § 135 und/oder § 137c SGB V zur Gewinnung der notwendigen Erkenntnisse für die Bewertung des Nutzens der Methode vermittelt Versicherten der GKV einen gegen ihre KK gerichteten Anspruch auf Teilnahme an der Erprobung, soweit sie die in der Richtlinie nach § 137e Abs 1 S 1 SGB V geregelten Anforderungen erfüllen (vgl § 137e Abs 1 S 2 SGB V und hierzu Hauck, GesR 2014, 257, 263 mwN). Bei der Auswahl der Teilnehmer ist dem Grundsatz der Rechtsanwendungsgleichheit Rechnung zu tragen.
Der erkennende Senat kann nicht abschließend darüber entscheiden, ob die Klägerin zumindest Anspruch auf Teilhabe an einer Versorgung mit stationärer Liposuktion hat, weil sie die Anforderungen der Erp-RL Liposuktion für eine stationäre Behandlung erfüllt und einen Behandlungsplatz in einem Krankenhaus erhalten kann, das nach den Kriterien der Erprobung verfährt. Das LSG hat zwar Feststellungen dazu getroffen, dass die Klägerin, soweit ihr eine Liposuktion zu gewähren ist, hierfür stationärer Behandlung bedarf. Es hat jedoch nicht festgestellt, dass die Klägerin die Einschlusskriterien der Erp-RL Liposuktion erfüllt und die Ausschlusskriterien der Erp-RL Liposuktion nicht erfüllt sowie, falls diese Voraussetzungen erfüllt sind, inwieweit sie einen Behandlungsplatz in einem die institutionellen Anforderungen erfüllenden Krankenhaus erhalten kann. Die Anforderungen der Erp-RL Liposuktion bedürfen zudem teilweise noch der Operationalisierung durch das gemeinsam mit der Hautklinik des Klinikums Darmstadt hierzu beauftragte Zentrum für Klinische Studien (ZKS) der Universität zu Köln (ZKS Köln/Klinikum Darmstadt; vgl erneut Pressemitteilung des GBA vom 18.4.2019 "Erprobungsstudie soll offene Frage des Nutzens der Liposuktion bei Lipödem beantworten: G-BA beauftragt wissenschaftliche Institution mit Studienbegleitung").
Zielsetzung der Erp-RL Liposuktion ist es, den GBA in die Lage zu versetzen, eine abschließende Bewertung des Nutzens der Liposuktion zur Behandlung des Lipödems durchzuführen, indem im Wege der Erprobung die hierfür nach den §§ 135 Abs 1, 137c Abs 1 SGB V iVm den Vorgaben der Verfahrensordnung des GBA notwendigen Erkenntnisse für die Bewertung des Nutzens der Methode gewonnen werden (vgl § 1 S 1 Erp-RL Liposuktion). Die Erprobung soll der Beantwortung der Frage dienen, ob bei Patientinnen mit Lipödem die zusätzliche Liposuktion gegenüber einer alleinigen konservativen, symptomorientierten Behandlung insbesondere unter Einsatz der komplexen physikalischen Entstauungstherapie (KPE) zu einer Verbesserung patientenrelevanter Zielgrößen führt (vgl § 2 Erp-RL Liposuktion). Die Ein- und Ausschlusskriterien normiert § 3 Erp-RL Liposuktion. In die Erprobungsstudie sollen Patientinnen eingeschlossen werden, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, mit gesichertem Lipödem der Beine im Stadium I, II oder III, die auch unter konservativer Behandlung keine ausreichende Linderung ihrer Beschwerden angeben (§ 3 Abs 1 Erp-RL Liposuktion). Ausschlussgründe sind eine allgemeine Adipositas ohne Disproportion, wobei Grenzwerte oder andere Maße zur Operationalisierung durch die unabhängige wissenschaftliche Institution festzulegen sind, andere ödemverursachende Erkrankungen, Fettverteilungsstörungen anderer Genese sowie eine Ablehnung der konservativen Therapie (§ 3 Abs 2 Erp-RL Liposuktion). Nach den tragenden Gründen zu § 3 Abs 2 Erp-RL Liposuktion kann Adipositas "den Verlauf und das Beschwerdebild beim Lipödem verschlechtern. Bei den Studienpatientinnen soll eine allgemeine Adipositas ausgeschlossen werden. Maßgeblich ist hierbei vorrangig das Fehlen des Kriteriums 'Disproportion'. Im Rahmen der Erstellung des Studienprotokolls soll durch die unabhängige wissenschaftliche Institution operationalisiert werden, durch welche Kriterien die allgemeine Adipositas von der Disproportion des Lipödems abgegrenzt werden kann. Hierbei sollen auch medizinisch begründete Grenzwerte für die Operabilität festgelegt werden." Dieses Vorgehen entspricht den Stellungnahmen von Spitzenverband Bund der KKn, Kassenärztlichen Bundesvereinigung, DKG und Patientenvertretung im Stellungnahmeverfahren vor der Entscheidung des GBA (vgl Abschlussbericht Beratungsverfahren über eine Richtlinie zur Erprobung gem § 137e SGB V - Liposuktion bei Lipödem - Stand 10.4.2018, B-5 Würdigung der Stellungnahmen, S 68 f , abrufbar unter https://www.g-ba.de/downloads/40-268-4769/2018-04-10_Erp-R_Liposuktion_ZD.pdf). Die weiteren Ein- und Ausschlusskriterien (zB Alter, Komorbiditäten, Vorerkrankungen) sind so festzulegen, dass eine Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die Zielpopulation ermöglicht wird (§ 3 Abs 3 Erp-RL Liposuktion). Die Konkretisierung erfolgt durch die mit der Durchführung der Erprobungsstudie beauftragte unabhängige wissenschaftliche Institution, das ZKS Köln/Klinikum Darmstadt. Denn die Studie, die erforderlich ist, um notwendige Erkenntnisse für die Bewertung des Nutzens der Methode der Liposuktion zu gewinnen, soll durch eine unabhängige wissenschaftliche Institution nach Maßgabe der Erp-RL Liposuktion entworfen, durchgeführt und ausgewertet werden. Die Ausgestaltung des Studiendesigns ist - soweit nicht in der Erp-RL Liposuktion näher bestimmt - von der unabhängigen wissenschaftlichen Institution auf der Basis des Standes der wissenschaftlichen Erkenntnisse vorzunehmen und zu begründen (vgl § 1 S 2 und 3 Erp-RL Liposuktion).
Soweit die Klägerin alle vorgenannten Voraussetzungen nach den vom LSG zu treffenden Feststellungen erfüllt, wird das LSG festzustellen haben, inwieweit die Klägerin einen Behandlungsplatz in einem Krankenhaus erhalten kann, das nach den Kriterien der Erprobung verfährt. Einzubeziehen sind neben den an der Erprobung teilnehmenden die nicht an der Erprobung teilnehmenden Krankenhäuser, die hierzu bereit sind, hierfür zumindest die Intervention entsprechend § 4 Abs 1 und Abs 2 Erp-RL Liposuktion durchführen, den sächlichen, personellen und sonstigen Anforderungen an die Qualität gemäß § 7 Erp-RL Liposuktion einschließlich der Konkretisierungen durch die unabhängige wissenschaftliche Institution (vgl § 7 Abs 1 S 5 und Abs 4 Erp-RL Liposuktion) genügen sowie die Kriterien zur Qualitätssicherung für nicht an der Erprobung teilnehmende Krankenhäuser erfüllen (vgl § 137e Abs 2 S 3 SGB V). Über deren Regelung entscheidet der GBA im Rahmen der Umsetzung der Erprobung (vgl tragende Gründe zum GBA-Beschluss vom 20.7.2017 S 8).
Sind mehr Interessenten als Behandlungsplätze vorhanden, ist der Anspruch der Versicherten auf Teilnahme an der Erprobung entsprechend dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) auf ermessensfehlerfreie Berücksichtigung bei der Auswahlentscheidung gerichtet. Der Anspruch der einzelnen Versicherten richtet sich gegen ihre jeweilige KK. Bei der verfahrensmäßigen Umsetzung dieses Anspruchs steht der Selbstverwaltung ein Gestaltungsspielraum zu, der etwa durch Organisation der Verteilung der interessierten Versicherten auf die teilnehmenden Leistungserbringer mit Unterstützung des Spitzenverbandes Bund der KKn ausgefüllt werden kann (vgl § 217f Abs 2 S 1 SGB V; zur geplanten zentralen Anmeldestelle vgl Pressemitteilung des GBA vom 18.4.2019). Voraussetzung einer ermessensfehlerfreien Auswahlentscheidung ist hierbei, dass alle interessierten Versicherten - vermittelt durch ihre jeweilige KK - gleichberechtigten Zugang zum Auswahlverfahren haben. Das LSG wird ggf auch die hierzu gebotenen Feststellungen zu treffen haben.
b) Es steht mit Gesetzesrecht in Einklang, dass der GBA das sektorenübergreifende Bewertungsverfahren Liposuktion bei Lipödem ausgesetzt und die genannten Regelungen der Erp-RL Liposuktion erlassen hat. Die Beschlüsse des GBA (vom 20.7.2017 und vom 18.1.2018, aaO) entsprechen den in § 137c Abs 1 S 3 SGB V (zum Wortlaut vgl oben) und § 137e SGB V geregelten gesetzlichen Anforderungen. Aufgrund der Richtlinie wird die Untersuchungs- oder Behandlungsmethode in einem befristeten Zeitraum ua im Rahmen der Krankenbehandlung zu Lasten der KKn erbracht (§ 137e Abs 1 S 2 SGB V; vgl ausführlich BSG SozR 4-2500 § 137e Nr 1 RdNr 34 ff, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
c) Die Erp-RL Liposuktion, ihre gesetzliche Grundlage und die Rechtsanwendung stehen auch mit Verfassungsrecht in Einklang. Es ist verfassungsrechtlich zulässig, dass der Gesetzgeber den GBA in § 137c Abs 1 S 3 iVm § 137e SGB V konkret ermächtigt, Richtlinien zur Erprobung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu erlassen, die das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten. Der GBA verfügt hierdurch über eine hinreichende demokratische Legitimation (vgl zu den Voraussetzungen BVerfGE 140, 229 = SozR 4-2500 § 92 Nr 18, RdNr 22; BSGE 120, 170 = SozR 4-2500 § 34 Nr 18, RdNr 43 mwN). Der erkennende Senat hat dies in den Beteiligten bekannter Rspr ausführlich begründet. Er verweist hierauf (vgl BSG SozR 4-2500 § 137e Nr 1 RdNr 47 ff, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
3. Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten.
Fundstellen
NZS 2019, 751 |
SGb 2019, 477 |
GesR 2019, 726 |