Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Ausschreibung eines Vertragsarztsitzes nur bei Fortführbarkeit der Praxis im Sinne von § 103 Abs 4 S 1 SGB 5. Sitzverlegung aus einer Gemeinschaftspraxis. Freiwerden nach längerem Zeitraum durch Verzicht des ausgeschiedenen Partners. Verfassungsmäßigkeit. Berücksichtigung privatrechtlicher Vereinbarungen im Vertragsarztrecht
Leitsatz (amtlich)
1. Die Ausschreibung eines Vertragsarztsitzes setzt voraus, dass eine Praxis noch im Sinne des § 103 Abs 4 Satz 1 SGB 5 fortgeführt werden kann.
2. Dies ist bei einer Gemeinschaftspraxis nicht mehr möglich, wenn der einst zu dieser Praxis gehörende Sitz aus dieser heraus verlegt wurde und erst nach einem längeren Zeitraum - durch Verzicht des ausgeschiedenen Partners - frei wird. Zudem wird der Sitz nicht in der ehemaligen Gemeinschaftspraxis frei, wenn er zuletzt im Rahmen einer anderen Gemeinschaftspraxis geführt worden ist.
Orientierungssatz
1. Die Bestimmungen für einen Anspruch auf Ausschreibung eines in einer Gemeinschaftspraxis frei gewordenen Vertragsarztsitzes zur Nachbesetzung in § 103 Abs 4 und Abs 6 SGB 5 sind verfassungsgemäß (vgl ua BSG vom 18.3.1998 - B 6 KA 37/96 R = SozR 3-2500 § 103 Nr 2).
2. Für das Bestehen des Zulassungsbeendigungstatbestandes des Verzichts kommt es nicht darauf an, ob ein Arzt aufgrund einer zivilrechtlichen Vereinbarung möglicherweise verpflichtet gewesen wäre, einen Zulassungsverzicht zu erklären. Privatrechtliche Vereinbarungen, wie sie insbesondere in Gemeinschaftspraxen zwischen deren Mitgliedern getroffen werden, können die Vorgaben und Anforderungen des Vertragsarztrechts nicht verändern (vgl zuletzt BSG vom 7.2.2007 - B 6 KA 6/06 R = SozR 4-2500 § 85 Nr 31).
Normenkette
Ärzte-ZV § 24 Abs. 7, § 33; GG Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1; SGB 5 § 103 Abs. 4 S. 1 Fassung: 1992-12-21, Abs. 6 Fassung: 1992-12-21
Verfahrensgang
Tatbestand
Umstritten ist die Verpflichtung zur Ausschreibung eines Vertragsarztsitzes.
Der Kläger Dr. M. und der Beigeladene Dr. R. sind als Augenärzte zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Sie waren vom 2.1.1998 bis zum 30.9.1999 zusammen in einer Gemeinschaftspraxis in F. im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) tätig. In dem entsprechenden Planungsbereich waren und sind für Augenärzte Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung - Versorgungsgrad ca 135 % - angeordnet. Der Kläger übt seine vertragsärztliche Tätigkeit weiterhin am alten Praxisstandort aus. Der zum 30.9.1999 aus der Gemeinschaftspraxis ausgeschiedene Beigeladene kam seiner Verpflichtung aus dem Gemeinschaftspraxis-Vertrag, die Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes zu beantragen, um die weitere Existenz der Gemeinschaftspraxis zu ermöglichen, nicht nach. Vielmehr wurde er fortan in eigener Praxis bzw in anderen Gemeinschaftspraxen tätig.
Er eröffnete zum 1.10.1999 eine vertragsärztliche (Einzel-)Praxis an anderer Stelle in F. Diesen Praxissitz verlegte er zum 1.4.2003 in eine Gemeinschaftspraxis, ebenfalls in F., in der er zunächst zusammen mit der Anästhesistin Dr. H.-K. und ab dem 1.7.2005 zusätzlich mit dem Augenarzt H. tätig war. Mit Schreiben vom 2.10.2006 - eingegangen bei der KÄV am 4.10.2006 - erklärte er, dass er mit dem Zeitpunkt bestandskräftiger Zulassung seines Nachfolgers, die zum 2.1.2007 erfolgen solle, auf seine Zulassung verzichte. Zum 31.12.2006 schied er aus dieser Gemeinschaftspraxis aus. Auf diesen Sitz bewarb sich als einzige die Augenärztin Dr. R.; ihr wurde die Zulassung erteilt. Der Kläger erhob Widerspruch; das angerufene Sozialgericht (SG) ordnete die sofortige Vollziehung der Zulassungsentscheidung an (Beschluss vom 13.4.2007) . Das nach Zurückweisung seines Widerspruchs vom Kläger angestrengte Klageverfahren ruht.
Der Beigeladene wurde zum 2.1.2007 im benachbarten Planungsbereich Stadt L. im Wege der Praxisnachfolge in einer Gemeinschaftspraxis zugelassen. Diese Zulassung gab er zum Ablauf des Quartals wieder auf und ließ sich zum 1.4.2007 erneut in F. nieder, und zwar wieder in der Gemeinschaftspraxis mit den Ärzten Dr. H.-K. und H., zunächst im Wege eines sog Job-Sharing mit der - dort seit dem 2.1.2007 auch tätigen - Augenärztin Dr. R. Zum 1.10.2007 wurde diese in einem anderen KÄV-Bezirk tätig, sodass er deren Vertragsarztsitz im Wege der Praxisnachfolge übernehmen konnte. Zum selben Zeitpunkt schied auch Dr. H.-K. aus der Gemeinschaftspraxis aus, sodass der Beigeladene und H. diese seitdem allein weiter führen.
Nachdem der Beigeladene zum 30.9.1999 aus der Gemeinschaftspraxis mit dem Kläger ausgeschieden war, aber nicht auf seine Zulassung verzichtet und keinen Antrag auf Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes gestellt hatte, erhob der Kläger zivilgerichtlich Klage mit dem Begehren, den Beigeladenen zu verurteilen, die Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes zu beantragen. Damit war er beim Land- und Oberlandesgericht (LG und OLG) erfolglos, hatte aber beim Bundesgerichtshof (BGH) Erfolg. Dieser verurteilte den Beigeladenen, "Antrag auf Ausschreibung seines Kassenarztsitzes als Augenarzt bei der KÄV zu stellen" (BGH, Urteil vom 22.7.2002 - II ZR 265/00 - NJW 2002, 3538).
Den Antrag des Klägers, auf der Grundlage des Urteils des BGH die Ausschreibung eines Vertragsarztsitzes für eine zusammen mit einem neuen Partner zu betreibende Gemeinschaftspraxis vorzunehmen, lehnte die Beklagte mit den hier streitigen Bescheiden ab (Bescheid vom 17.1.2003; Widerspruchsbescheid vom 29.7.2003). Das SG hat seine Klage abgewiesen (Urteil vom 16.2.2005), da eine aus dem BGH-Urteil abgeleitete Verzichtserklärung allein nicht für eine Ausschreibung ausreiche. Bisher fehle es an einem frei gewordenen Vertragsarztsitz, weil der dafür notwendige Verzicht des Beigeladenen auf seine Zulassung nicht vorliege. Einen Verzicht habe dieser weder ausdrücklich erklärt, noch ergebe sich eine solche Willenserklärung aus dem Urteilstenor des BGH.
Der Kläger unternahm zwischenzeitlich den Versuch, einen Zulassungsverzicht des Beigeladenen im Wege der Zwangsvollstreckung aus dem BGH-Urteil zu erreichen. Dies war ebenfalls erfolglos (Beschluss des LG Frankenthal ≪Pfalz≫ vom 6.5.2003 - 6 O 723/99 - und Beschluss des Pfälzischen OLG Zweibrücken vom 3.7.2003 - 3 W 120/03 -) . Der Kläger erhob daraufhin eine weitere zivilgerichtliche Klage mit dem Ziel, eine Erklärung des Beigeladenen über einen Zulassungsverzicht zu erlangen. Im Berufungsverfahren verurteilte das Pfälzische OLG Zweibrücken rechtskräftig den Beigeladenen, gegenüber der Beklagten den Verzicht auf seinen augenärztlichen Vertragsarztsitz zugunsten der Gemeinschaftspraxis Z...str. ... ≪= Anschrift der Praxis des Klägers≫ zu erklären" (Urteil vom 25.5.2005 - 4 U 73/04 - GesR 2005, 423; Zurückweisung der Revisions-Nichtzulassungsbeschwerde durch BGH, Beschluss vom 10.7.2006 - II ZR 175/05).
Der Kläger legte der Beklagten das Urteil des OLG vom 25.5.2005 mit Schreiben vom 13.9.2006 vor. Hierdurch - und weil der Beigeladene mit Schreiben vom 2.10.2006 erklärt hatte, mit dem Zeitpunkt bestandskräftiger Zulassung seines Nachfolgers, die zum 2.1.2007 erfolgen solle, auf seine Zulassung zu verzichten - sah die Beklagte sich veranlasst, dem Kläger einen neuen Bescheid zu erteilen. Sie lehnte sein Begehren auf Ausschreibung des Vertragsarztsitzes für eine von ihm zusammen mit einem neuen Partner zu betreibende Gemeinschaftspraxis mit dem ebenfalls hier angefochtenen Bescheid vom 8.12.2006 erneut ab. Zur Begründung stellte sie darauf ab, dass sieben Jahre nach dem Ausscheiden des Beigeladenen kein Praxissubstrat mehr vorhanden sei, wie es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) für eine Praxisnachfolge gegeben sein müsse. Die Beklagte nahm indessen eine andere Ausschreibung vor, und zwar - im Gefolge der Zulassungsverzichtserklärung des Beigeladenen - eine Ausschreibung zur Nachbesetzung in einer augenärztlichen Gemeinschaftspraxis zum 2.1.2007, also für die Gemeinschaftspraxis mit den Ärzten Dr. H.-K. und H., die zur Zulassung und zum Eintritt der Augenärztin Dr. R. in diese Praxis führte. Wie bereits erwähnt, ruht das vom Kläger hiergegen anhängig gemachte Klageverfahren.
Das gegen das Urteil des SG vom 16.2.2005 vom Kläger angerufene Landessozialgericht (LSG) hat seine Berufung zurückgewiesen und seine Klage gegen den Bescheid vom 8.12.2006 abgewiesen (Urteil vom 15.2.2007) . In diesem Urteil ist ausgeführt, es fehle an dem für eine Nachbesetzung und Ausschreibung erforderlichen Praxissubstrat. Nach der Rechtsprechung des BSG sei erforderlich, dass der ausscheidende Vertragsarzt noch zuletzt tatsächlich in der Praxis, in der der Sitz frei geworden sei, in nennenswertem Umfang vertragsärztlich tätig gewesen sei. Dies sei hier seit 1999 nicht mehr der Fall, sodass der Sitz in dieser Praxis nicht mehr für eine Ausschreibung und Nachbesetzung in Frage komme. Dies könne nicht deshalb anders beurteilt werden, weil der Beigeladene bis zu seinem Ausscheiden aus der Gemeinschaftspraxis tatsächlich dort tätig gewesen sei und sich das Fehlen des Praxissubstrats erst aus dessen rechtswidrigem Verhalten ergeben habe. Insoweit sei der Kläger auf einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch zu verweisen, für den er - in einem dritten zivilgerichtlichen Klageverfahren - bereits ein sog Grundurteil des Pfälzischen OLG Zweibrücken (vom 17.10.2006 - 8 U 158/05) erstritten habe.
Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Die Argumentation des LSG, es fehle an dem für eine Ausschreibung erforderlichen Praxissubstrat, gehe fehl. Das vom LSG angeführte Urteil des BSG vom 29.9.1999 (BSGE 85, 1 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5) betreffe einen andersgelagerten Sachverhalt. Dort sei überhaupt keine Vertragsarztpraxis betrieben worden. Es habe lediglich ein "Platzhalter" für einen Nachfolger existiert, was naturgemäß nicht ausgereicht habe. Zudem sei der Gesichtspunkt der Vermeidung von "Handel mit Kassenarztsitzen" hier ohne Bedeutung. Im vorliegenden Fall sei der Beigeladene bis zu seinem Ausscheiden tatsächlich in der Praxis tätig gewesen; danach habe sich die Ausschreibung lediglich wegen der Rechtsstreitigkeiten verzögert, während derer der Beigeladene weiterhin in anderen Praxen umfänglich an der vertragsärztlichen Versorgung teilgenommen habe. Die Praxisräumlichkeiten seien noch unverändert vorhanden. Dies gelte auch für die Patienten, diese seien nur anderweitig verteilt. Im Übrigen würden zunehmend geringere Anforderungen an das Praxissubstrat gestellt. Nach der Neufassung des § 103 SGB V, dem zum 1.1.2007 die Abs 4a und 4b eingefügt worden seien, könne sich ein Vertragsarzt in einem Medizinischen Versorgungszentrum oder bei einem anderen Vertragsarzt anstellen lassen, ohne dass ein Praxissitz mit Patientenstamm vorausgesetzt werde. Die Verzögerung der Ausschreibung durch Rechtsstreitigkeiten könne nicht dazu führen, dass die Ausschreibung gehindert sei. Durch die Urteile des BGH vom 22.7.2002 und des Pfälzischen OLG Zweibrücken vom 25.5.2005 lägen die Erklärungen des Beigeladenen vor, dass er auf seine Zulassung verzichte und die Ausschreibung beantrage. Die Nichtausschreibung sei auch mit dem Rechtsstaatsprinzip und seinen - des Klägers - Rechten aus Art 12 und Art 14 GG unvereinbar. Es gehe nicht an, dem Beigeladenen, der rechtswidrig seinen Vertragsarztsitz mitgenommen habe und später in einem anderen Planungsbereich tätig geworden sei, den Vertragsarztsitz und eine zu Unrecht geführte Praxis zu belassen. Ihn, den Kläger, auf Schadensersatzansprüche zu verweisen, sei unzureichend. Damit würden einer Art "Faustrecht" durch verzögernde Rechtsstreitigkeiten Tür und Tor geöffnet.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15.2.2007 und des Sozialgerichts Mainz vom 16.2.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 17.1.2003 - in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.7. 2003 - und des Bescheids vom 8.12.2006 zu verurteilen, den Vertragsarztsitz des Beigeladenen als Sitz in der Gemeinschaftspraxis in F., Z.straße, auszuschreiben.
Die Beklagte und der Beigeladene beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie halten das Berufungsurteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Das Urteil des LSG ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Die Beklagte hat zu Recht das Begehren des Klägers abgelehnt, den Vertragsarztsitz des Beigeladenen für eine vom Kläger zusammen mit einem neuen Partner zu betreibende Gemeinschaftspraxis auszuschreiben; denn zu dem Zeitpunkt, in dem ein Vertragsarztsitz durch den Verzicht des Beigeladenen frei geworden ist, konnte die frühere Gemeinschaftspraxis nicht mehr iS des § 103 Abs 4 Satz 1 SGB V fortgeführt werden.
1. Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Ausschreibung eines in einer Gemeinschaftspraxis frei gewordenen Vertragsarztsitzes zur Nachbesetzung sind die Bestimmungen des § 103 Abs 4 und Abs 6 SGB V (im Wesentlichen idF des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21.12.1992, BGBl I 2266) , die im Zusammenhang mit den Regelungen über die versorgungsgradabhängige Bedarfsplanung mit örtlichen Zulassungssperren getroffen wurden. Diese Regelungen sind verfassungsgemäß (s dazu zB BSGE 82, 41, 44 ff, insbes S 45 f = SozR 3-2500 § 103 Nr 2 S 13 ff, insbes S 15; BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, jeweils RdNr 15, sowie BVerfG ≪Kammer≫, MedR 2001, 639, 640 = DVBl 2002, 400, 401 f, jeweils unter 2.; MedR 2004, 680, 681 = NJW 2005, 273, 274 = SozR 4-1500 § 54 Nr 4, jeweils unter II 3 a bb ≪1≫ bzw RdNr 21) . Sind für eine Arztgruppe in einem Planungsbereich Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung angeordnet worden (§ 103 Abs 1 und 2 SGB V) , so kann dort grundsätzlich kein Arzt mehr zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden. Eine Ausnahme davon lässt das Gesetz zu, wenn die Zulassung eines Vertragsarztes - durch Erreichen der Altersgrenze, Tod, Verzicht oder Entziehung - endet und auf Antrag des ausscheidenden Vertragsarztes, seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben oder der Gemeinschaftspraxispartner sein Vertragsarztsitz ausgeschrieben und ein Praxisnachfolger ausgewählt wird (§ 103 Abs 4 iVm Abs 6 SGB V, vgl dazu BSG SozR 3-2500 § 103 Nr 3) .
Die Zulassung und der damit verknüpfte Vertragsarztsitz (vgl dazu BSG SozR 4-5520 § 24 Nr 2 RdNr 13 mwN) sind auf einen Planungsbereich bezogen. Sie erlöschen, wenn der Inhaber seine Praxistätigkeit nicht mehr in dem Planungsbereich ausübt. Wird der Vertragsarztsitz nur innerhalb des Planungsbereichs mit Genehmigung des Zulassungsausschusses verlegt (§ 24 Abs 7 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte ≪Ärzte-ZV≫), so bleiben Zulassung und Vertragsarztsitz erhalten (s dazu BSG SozR 3-2500 § 103 Nr 3 S 25; ebenso BSG, Beschluss vom 14.3.2001 - B 6 KA 60/00 B -, S 5, unveröffentlicht) .
Ist der Vertragsarzt, dessen Zulassung endet, in einer Gemeinschaftspraxis tätig bzw tätig gewesen, so können sowohl er selbst als auch die in der Praxis verbleibenden Partner die Ausschreibung des frei werdenden bzw frei gewordenen Vertragsarztsitzes beantragen (vgl § 103 Abs 4 Satz 1 iVm Abs 6 Satz 1 SGB V und dazu BSG SozR 3-2500 § 103 Nr 3 S 22 ff) . Die Ausschreibung und die Nachbesetzung erfolgen in diesen Fällen für einen Sitz in dieser Gemeinschaftspraxis, wobei bei der Bewerberauswahl die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte zu berücksichtigen sind (§ 103 Abs 6 Satz 2 SGB V und dazuBSG SozR 3-2500 § 103 Nr 3 S 24) .
Sowohl bei der Einzelpraxis als auch bei der Gemeinschaftspraxis gilt ferner, dass Ziel der Ausschreibung und Nachbesetzung die "Fortführung" der Praxis ist (s § 103 Abs 4 Satz 1 SGB V) . Deshalb können im Falle einer Einzelpraxis Ausschreibung und Nachbesetzung nur so lange erfolgen, als ein Praxissubstrat noch vorhanden ist (BSGE 85, 1, 5 und 7 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 31 f und 34; s auch BSGE 86, 121, 122 f = SozR 3-5520 § 24 Nr 4 S 15 f) . Für eine Gemeinschaftspraxis gilt Vergleichbares, nämlich dass hier eine Anknüpfung an die gemeinsam ausgeübte Tätigkeit noch möglich sein muss (s BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, jeweils RdNr 22 sowie unten RdNr 22) .
Ein Fall der "Fortführung" der ehemaligen Gemeinschaftspraxis von Kläger und Beigeladenem, für den ein Vertragsarztsitz hätte ausgeschrieben und nachbesetzt werden können, liegt nicht vor. Voraussetzung für die Ausschreibung und Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes ist in einem Planungsbereich, in dem Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung angeordnet worden sind (§ 103 Abs 1 und 2 SGB V) , dass die Zulassung eines Vertragsarztes - durch Erreichen der Altersgrenze, Tod, Verzicht oder Entziehung - geendet hat und so ein Vertragsarztsitz frei geworden ist (s § 103 Abs 4 Satz 1 SGB V) .
Diese Voraussetzung eines frei gewordenen Vertragsarztsitzes war im vorliegenden Fall zunächst nicht erfüllt. Zwar schied der Beigeladene zum 30.9.1999 aus der zusammen mit dem Kläger betriebenen Gemeinschaftspraxis aus. Der von ihm innegehabte Vertragsarztsitz wurde dadurch aber nicht frei. Denn der Beigeladene verlegte diesen - innerhalb des Planungsbereichs verbleibend - in eine andere Praxis, nämlich ab dem 1.10.1999 in eine Einzelpraxis in F. und danach - ab dem 1.4.2003 - in eine Gemeinschaftspraxis, in der er zusammen mit Dr. H.-K. und ab dem 1.7.2005 zusätzlich mit dem Arzt H. tätig war. Frei wurde der Vertragsarztsitz des Beigeladenen erst, als seine Zulassung im Planungsbereich F. zum 31.12.2006 endete. Dabei ist es rechtlich unerheblich, ob die Beendigung der Zulassung zum 31.12.2006 maßgeblich auf dem Urteil des Pfälzischen OLG Zweibrücken vom 25.5.2005 (GesR 2005, 423) iVm dessen im September 2006 erfolgter Übergabe an die KÄV (mit der Folge der Wirkung des gemäß § 894 ZPO erklärten Zulassungsverzichts zum 31.12.2006 gemäß § 28 Abs 1 Ärzte-ZV) oder auf der Verzichtserklärung des Beigeladenen vom 2.10.2006 beruhte.
Zur Jahreswende 2006/07 jedenfalls war eine Ausschreibung, wie der Kläger sie begehrt - nämlich gerichtet auf die Nachbesetzung des Sitzes, den der Beigeladene bis zum 30.9.1999 in der zusammen mit ihm, dem Kläger, betriebenen Gemeinschaftspraxis innegehabt hatte -, nicht mehr möglich. Für eine "Fortführung" (s § 103 Abs 4 Satz 1 SGB V) dieser Gemeinschaftspraxis gab es nach mehr als sieben Jahren keine Grundlage mehr. Ab welcher Frist generell nicht mehr von einer "Fortführung" die Rede sein kann, bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles keiner näheren Konkretisierung.
Die Ausschreibung des Vertragsarztsitzes des Beigeladenen für eine vom Kläger zusammen mit einem neuen Partner zu betreibende Gemeinschaftspraxis scheitert auch aus einem weiteren Grund. Da § 103 Abs 4 Satz 1 SGB V als Ziel der Ausschreibung und Nachbesetzung die "Fortführung" der Praxis vorgibt sowie die Regelung des § 103 Abs 6 SGB V für die Gemeinschaftspraxis in Satz 1 an die bisherige Praxis anknüpft und nach Satz 2 für die Bewerberauswahl die Interessen der in dieser Praxis "verbleibenden" Vertragsärzte zu berücksichtigen sind, können im Falle der Beendigung der Zulassung eines Partners Ausschreibung und Nachbesetzung nur für eine Nachbesetzung in derjenigen Gemeinschaftspraxis erfolgen, in welcher der ausscheidende Praxispartner zuletzt tätig war (zum rechtlichen Gewicht von deren Interessen s zB BSG SozR 3-2500 § 103 Nr 3 S 22 ff; BSGE 85, 1, 6 ff = SozR aaO Nr 5 S 33 ff; BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, jeweils RdNr 26 bis 28) . Daraus folgt für die vorliegende Konstellation mit einer im Jahr 2006 zwischen dem Beigeladenen und den Ärzten Dr. H.-K. und H. bestehenden Gemeinschaftspraxis, dass der durch Ausscheiden des Beigeladenen frei gewordene Sitz nur für diese Gemeinschaftspraxis - und nicht für eine vom Kläger zusammen mit einem neuen Partner zu betreibende Gemeinschaftspraxis - ausgeschrieben werden konnte, wie die Beklagte es auch getan hat.
2. Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass - wonach aufgrund der vom Kläger erstrittenen zivilgerichtlichen Urteile auszugehen ist - der Beigeladene nach dem Gemeinschaftspraxisvertrag verpflichtet war, auf seine Zulassung zu verzichten und einen Antrag auf Ausschreibung des damit frei werdenden Vertragsarztsitzes zu stellen.
Die Ausschreibung eines Vertragsarztsitzes in einem gesperrten Planungsbereich gemäß § 103 Abs 4 Satz 1 SGB V setzt - wie dargelegt - das Beenden einer vertragsärztlichen Zulassung voraus. Zulassung und Vertragsarztsitz sind rechtlich so eng miteinander verknüpft, dass der Vertragsarztsitz in seiner rechtlichen Wirkung an dem Statuscharakter der Zulassung teilnimmt (BSG SozR 4-5520 § 24 Nr 2 RdNr 13, mwN) . Das Bestehen eines Vertragsarztsitzes ist unabdingbare Voraussetzung für die Ausübung der vertragsärztlichen Zulassung. Solange kein Vertragsarztsitz aufgrund der Beendigung einer Zulassung - zB wegen eines Zulassungsverzichts - frei geworden ist oder wird, kann keine Ausschreibung stattfinden. Dabei kommt es für das Bestehen des Zulassungsbeendigungstatbestandes des Verzichts nicht darauf an, ob ein Arzt aufgrund einer zivilrechtlichen Vereinbarung möglicherweise verpflichtet gewesen wäre, einen Zulassungsverzicht zu erklären. Privatrechtliche Vereinbarungen, wie sie insbesondere in Gemeinschaftspraxen zwischen deren Mitgliedern getroffen werden, können die Vorgaben und Anforderungen des Vertragsarztrechts nicht verändern (s dazu die Rspr zu Fragen der Gemeinschaftspraxis, zB BSG MedR 1993, 279, 280; SozR 3-2200 § 368c Nr 1 S 6 f; SozR 4-2500 § 106 Nr 6 RdNr 22; vgl auch BSGE 85, 1, 4 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 30 f und BSG, Urteil vom 7.2.2007 - B 6 KA 6/06 R -, RdNr 11, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) . Denn vertragsarztrechtlich muss zu jedem Zeitpunkt klar sein, welcher Arzt Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen zu deren Lasten behandeln und Leistungen verordnen darf und ob insoweit ein Anspruch des Arztes besteht, wegen der von ihm erbrachten Leistungen an der Verteilung des Honorars durch die KÄV beteiligt zu werden (vgl zum GanzenBSG SozR 4-5520 § 24 Nr 2 RdNr 14, mwN) . Hinzu tritt das über § 103 Abs 4 SGB V geschützte Interesse an der Erhaltung des Praxiswerts, insbesondere der Erhaltung der Patientenschaft, und das Interesse an einer kontinuierlichen Versorgung der Versicherten. Alle Gesichtspunkte zusammen erfordern zeitnahe und rechtssichere Entscheidungen über Ausschreibung und Nachbesetzung, die bei vertragsarztrechtlichen Gemeinschaftspraxen nicht durch zivilrechtliche Auseinandersetzungsstreitigkeiten überlagert werden dürfen. Für die Frage, ob ein Arzt seine vertragsärztliche Zulassung durch Verzicht beendet hat, ist danach allein maßgeblich, ob ein solcher Verzicht wirksam gegenüber den vertragsarztrechtlichen Institutionen erklärt worden ist oder als erklärt gilt. Demgemäß ist bei der Beendigung einer Gemeinschaftspraxis und der Verlegung des Vertragsarztsitzes durch einen Partner an eine andere Stelle im selben Planungsbereich unerheblich, ob dieses Verhalten zivilrechtsgemäß ist oder ob privatrechtlich vereinbart war, dass der ausscheidende Partner auf seine Zulassung verzichte und die Ausschreibung seines Sitzes beantrage.
Ausnahmsweise beachtlich sind die zivilrechtlichen (gesellschaftsrechtlichen) Verhältnisse nur dann, wenn vertragsarztrechtliche Voraussetzungen untrennbar von zivilrechtlichen Gestaltungsformen abhängen. So ist bei der Frage, ob ein Arzt sich für die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung eignet, insbesondere ob bei ihm die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in beruflicher und persönlicher Selbstständigkeit gesichert ist, im Falle gesellschaftsvertraglicher Verbindung mit einer anderen Person zu überprüfen, ob eine ausreichende Selbstständigkeit oder in Wahrheit ein (verstecktes) Angestelltenverhältnis vorliegt (s hierzu BSG SozR 4-5520 § 33 Nr 2 RdNr 22 bis 25) . Außerhalb dieses Sonderbereichs ist es aber nicht Aufgabe der KÄVen und der Zulassungsgremien, zivilrechtliche Verhältnisse zu prüfen.
Der Kläger beruft sich demgegenüber auf die von ihm gegen den Beigeladenen erstrittenen zivilgerichtlichen Urteile. Diese können schon deshalb keine Relevanz haben, weil sie zivilrechtliche Verhältnisse gestalten, solche aber für die Beurteilung eines Anspruchs auf Ausschreibung und Nachbesetzung unerheblich sind, wie bereits oben ausgeführt worden ist (s oben RdNr 25) .
Im Übrigen werden die zivilgerichtlichen Urteile auch nicht "unterlaufen", wie der Kläger meint. Die vom BGH vorgenommene Verurteilung des Beigeladenen zur Beantragung der Ausschreibung (BGH, Urteil vom 22.7.2002 - II ZR 265/00 -, NJW 2002, 3538 = MedR 2002, 647 = USK 2002-155) konnte vom Urteilstenor her, wie ihn der BGH entsprechend dem Revisionsantrag des Klägers gefasst hatte, Wirksamkeit erst entfalten, sobald der vorerst noch fehlende Zulassungsverzicht erklärt wurde. Dies geschah erst im Jahr 2006. Zu diesem Zeitpunkt konnte aber - wie oben unter 1. ausgeführt - eine "Fortführung" der Gemeinschaftspraxis, die der Kläger mit dem Beigeladenen bis zum 30.9.1999 betrieben hatte, nicht mehr erreicht werden. Eine Ausschreibung für eine vom Kläger zusammen mit einem neuen Partner zu betreibende Gemeinschaftspraxis konnte auch deshalb nicht mehr erfolgen, weil der frei werdende Sitz in eine andere Gemeinschaftspraxis eingebunden war (s oben RdNr 23) . Die Gründe, die den Vollzug des Urteils des BGH verhinderten, ergaben sich mithin aus der mit dem Zeitablauf verbundenen Änderung der Sachlage, sodass ein "Unterlaufen" von dessen Urteil nicht in Rede steht. Im Übrigen gab das Urteil des BGH auch nur den Ausschreibungsantrag als solchen vor; der BGH hat weder zur Frage eines Anspruchs auf Durchführung des Ausschreibungsverfahrens noch zur Bewerberauswahl und Nachbesetzung Stellung genommen (s zur Mehrstufigkeit des Ausschreibungs- und Nachbesetzungsverfahrens: BSG SozR 3-2500 § 103 Nr 3 S 21 f und BSGE 85, 1, 3 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 29 f) .
Auch das Urteil des OLG (Pfälzisches OLG Zweibrücken, Urteil vom 25.5.2005 - 4 U 73/04 -, GesR 2005, 423; Revisions-Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch BGH, Beschluss vom 10.7.2006 - II ZR 175/05) wird entgegen der Ansicht des Klägers nicht "konterkariert". Dessen Verurteilung des Beigeladenen zur Erklärung eines Zulassungsverzichts beruhte auf der Annahme, der Beigeladene betreibe "in F. ... eine eigene Augenarztpraxis" (OLG-Urteil S 10) . Indessen war dieser seit dem 1.4.2003 in eine Gemeinschaftspraxis eingebunden. Seitdem konnte ein Verzicht auf seine Zulassung nur dieser Gemeinschaftspraxis zugute kommen. Der durch den Zulassungsverzicht frei werdende Vertragsarztsitz konnte nicht mehr, wie vom Kläger begehrt, einer von ihm zusammen mit einem neuen Partner zu betreibenden Gemeinschaftspraxis anwachsen und daher auch nicht für diese ausgeschrieben werden (s oben RdNr 23) . Ob dies anders zu beurteilen wäre, wenn die damaligen Gemeinschaftspraxispartner des Beigeladenen am Zivilprozess zB durch Streitverkündung beteiligt worden wären (sodass das Urteil Rechtskraftwirkung gegen sie hätte entfalten können), ist hier nicht zu erörtern, weil eine solche Beteiligung nicht erfolgt war. Den damaligen Partnern kann im Übrigen auch nicht Bösgläubigkeit oä angelastet werden; die komplexe Rechtslage ist zivilrechtlich erst durch die Urteile des BGH vom 22.7.2002 (NJW 2002, 3538 = MedR 2002, 647 = USK 2002-155 und BGHZ 151, 389 = NJW 2002, 3536 = GesR 2002, 91 = USK 2002-158) und des Pfälzischen OLG Zweibrücken vom 25.5.2005 (GesR 2005, 423) - sowie vertragsarztrechtlich erst durch das hier vorliegende Senatsurteil - geklärt worden.
Fehl geht die Schlussfolgerung des Klägers, nach alledem sei ein Arzt in einer Gemeinschaftspraxis ohne Rechtsschutz gegenüber einem vertragswidrigen Verhalten eines ausscheidenden Partners, einer Art "Faustrecht" durch verzögernde Rechtsstreitigkeiten werde Tür und Tor geöffnet. Dies trifft nicht zu.
Dem Gemeinschaftspraxispartner verbleibt jedenfalls die Möglichkeit, gegenüber dem rechtswidrig Ausscheidenden dessen Vertragsverletzung im Wege einer zivilgerichtlichen Schadensersatzklage geltend zu machen. Dies hat der Kläger im vorliegenden Fall auch getan. Er hat beim Pfälzischen OLG Zweibrücken bereits ein Urteil erstritten, das ihm Schadensersatz dem Grunde nach zuspricht (Urteil vom 17.10.2006 - 8 U 158/05 -; - das "Nachverfahren" wegen der Höhe des Schadens ist derzeit anhängig) . Solche Möglichkeiten eines Sekundärrechtsschutzes reichen grundsätzlich aus, wie das BVerfG unter den Gesichtspunkten des Erfordernisses effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) und des für Zivilrechtsbeziehungen einschlägigen allgemeinen Justizgewährungsanspruchs (Art 2 Abs 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip) ausgeführt hat (s BVerfGE 116, 135, 154 bis 159) .
Im Übrigen hat der in der Praxis verbleibende Partner auch Möglichkeiten des vorläufigen zivilgerichtlichen Rechtsschutzes in Form einer einstweiligen Verfügung (§§ 935, 940 ZPO) . Eine einstweilige Verfügung kann zwar nach herrschender Meinung grundsätzlich nicht darauf gerichtet werden, dass schon vorläufig der Verzicht und der Ausschreibungsantrag gemäß § 894 ZPO als erklärt gelten, weil darin eine im vorläufigen Rechtsschutzverfahren unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache läge (s zB HansOLG Hamburg NJW-RR 1991, 382; LG München MMR 2001, 61; s auch LG Bochum NJW-RR 1998, 1372; - zu Ausnahmen vgl zB OLG Köln NJW-RR 1997, 59, 60; LAG Bremen ZTR 1996, 276, 277 f) . Eine einstweilige Verfügung kann aber darauf zielen, dass der ausscheidende Praxispartner es unterlassen muss, einen Praxisbetrieb an anderer Stelle im Planungsbereich zu eröffnen. Eine solche Unterlassenspflicht liegt besonders in solchen Fällen auf der Hand, in denen - wie vorliegend (zum Vertragstext s BGH NJW 2002, 3538, 3539 = MedR 2002, 647, 649 = USK 2002-155 S 997, jeweils unter I.2.c, letzter Absatz) - der Gemeinschaftspraxis-Vertrag ausdrücklich darauf gerichtet ist, "die weitere Existenz der Gemeinschaftspraxis zu ermöglichen". Dies wird bei einer Gemeinschaftspraxis aus bisher zwei Partnern vereitelt, wenn einer von ihnen ausscheidet, ohne zugleich vereinbarungsgemäß auf seine Zulassung zu verzichten und den Weg zu einer Ausschreibung und Nachbesetzung frei zu machen.
Soweit der Kläger geltend macht, er habe den Weg vorläufigen Rechtsschutzes versucht, jedoch nicht erlangt, ergibt sich daraus kein durchgreifender Einwand. Denn seit den Urteilen des BGH vom 22.7.2002 (NJW 2002, 3538 = MedR 2002, 647 = USK 2002-155 und BGHZ 151, 389 = NJW 2002, 3536 = GesR 2002, 91 = USK 2002-158) besteht die vorstehend dargestellte Möglichkeit vorläufigen Rechtsschutzes. Sein persönlicher Misserfolg beruht auf den besonderen Umständen seines Falles. Damals herrschten noch allgemein Zweifel, ob sich die Partner einer Gemeinschaftspraxis für den Fall ihres Ausscheidens wirksam zum Verzicht auf ihre Zulassung verpflichten könnten. Dies änderte sich erst durch das - vom Kläger selbst erstrittene - Urteil des BGH. Seitdem sind Bedenken gegen die Möglichkeit der Erlangung einer einstweiligen Verfügung - in Form der Verpflichtung, eine Praxistätigkeit an anderer Stelle im Planungsbereich zu unterlassen - nicht mehr erkennbar.
3. Fehl geht schließlich die Ansicht des Klägers, er werde in seinen Grundrechten oder grundrechtsähnlichen Rechten verletzt. Ebenso wie eine Verletzung des Justizgewährleistungsanspruchs - wie ausgeführt - zu verneinen ist (s oben RdNr 31) , scheidet auch eine Verletzung von Art 12 Abs 1 und/oder Art 14 Abs 1 GG aus. Aus keinem dieser Grundrechte lässt sich ein Anspruch des Klägers auf eine Ausschreibung nach eigenen Wünschen und losgelöst von den gesetzlichen Voraussetzungen ableiten. Vielmehr stehen sowohl Art 12 Abs 1 GG als auch Art 14 Abs 1 GG - nämlich durch ihren jeweiligen Satz 2 - unter Gesetzesvorbehalt, lassen also nähere gesetzliche Regelungen zu, nach deren Maßgabe - bei gebotener Auslegung, wie oben ausgeführt - dem Kläger ein Anspruch auf Ausschreibung für eine von ihm zusammen mit einem neuen Partner zu betreibende Gemeinschaftspraxis gerade nicht zusteht.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO) , einschließlich der Kosten des Beigeladenen, der sich am Verfahren beteiligt und auch Anträge gestellt hat (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl dazu BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, jeweils RdNr 16) .
Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 2, § 47, § 40 Gerichtskostengesetz (GKG). Der Betrag von 60.000 Euro ergibt sich aus dem Ansatz von 5.000 Euro für zwölf Quartale. Mit dem dabei zu Grunde gelegten Drei-Jahres-Zeitraum wird berücksichtigt, dass das Begehren des Klägers nach Durchführung des Ausschreibungsverfahrens auf dem Standpunkt beruht, der durch den Zulassungsverzicht des Beigeladenen frei werdende Vertragsarztsitz müsse für eine vom Kläger zusammen mit einem neuen Partner zu betreibende Gemeinschaftspraxis zur Verfügung stehen. Damit weist das vorliegende Verfahren Ähnlichkeiten mit einer Zulassungsstreitigkeit auf. Dem entspricht der Ansatz eines Zeitraums von drei Jahren, wie er nunmehr in Zulassungsangelegenheiten zu Grunde gelegt wird (vgl hierzu BSG SozR 4-1920 § 52 Nr 1; BSG MedR 2006, 236 f) . Die Anknüpfung an den Regelwert gemäß § 52 Abs 2 GKG erfolgt deshalb, weil vorliegend kein greifbarer Ansatz ersichtlich ist, wie das wirtschaftliche Interesse des Klägers, wieder eine Gemeinschaftspraxis zu betreiben, bemessen werden könnte. Der Ansatz des Regelwerts je Quartal und deshalb insgesamt zwölfmal - und nicht nur einmal insgesamt oder nur einmal je Jahr - entspricht der Rechtsprechung des Senats, in Zulassungs- und zulassungsähnlichen Angelegenheiten, in denen die Anknüpfung an andere Werte nicht angemessen erscheint, pauschal je Quartal den sog Regelwert von 5.000 Euro anzusetzen (vgl hierzu BSG SozR 4-1920 § 47 Nr 1 RdNr 4 betr Zulassung eines Vertragsarztes mit nur minimalem Tätigkeitsumfang; BSG, Beschluss vom 15.2.2007 - B 6 KA 40/06 R - betr Ermächtigung für geplante psychotherapeutische Praxistätigkeit; Beschluss vom 19.5.2006 - B 6 KA 12/06 R - betr Entziehung der Zulassung. - Anders früher, jeweils ausgehend vom Fünffachen des Regelwertes, zB BSG, Beschlüsse vom 14.3.2002 - B 6 KA 36/00 B und B 6 KA 60/00 B -, letzterer in juris ≪jeweils betr Anfechtung der Genehmigung der Verlegung des Vertragsarztsitzes des Praxispartners≫ sowie Beschlüsse vom 12.10.2005 - B 6 KA 63/03 B und B 6 KA 64/03 B - und vom 2.3.2006 - B 6 KA 34/02 R - ≪jeweils betr Anfechtung der Rücknahme der Genehmigung zur Teilnahme an einer Gemeinschaftspraxis≫) .
Fundstellen
Haufe-Index 1938399 |
BSGE 2009, 218 |