Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsgenehmigungsfreiheit für ausländische Arbeiter. Türkische Kraftfahrer im grenzüberschreitenden Güterverkehr. Verstoß gegen das Verbot der Beschränkung des Dienstleistungsverkehrs mit der Türkei nach dem Zusatzprotokoll vom 23.11.1970. Rechtmäßige Dienstleistung. Unzulässige Arbeitnehmerüberlassung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die 1996 in Deutschland erfolgte Änderung des Arbeitsgenehmigungsrechts, wonach Arbeitsgenehmigungsfreiheit für das fahrende Personal im Güterfernverkehr nur noch vorgesehen ist, sofern das Fahrzeug im Sitzstaat des Arbeitgebers zugelassen ist, verstößt gegen das Verbot des Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls zum Assoziationsabkommen der Türkei mit der EWG, neue innerstaatliche Beschränkungen des Dienstleistungsverkehrs mit der Türkei einzuführen.

2. Auf das Verbot des Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls können sich Unternehmer und Arbeitnehmer nur berufen, soweit es sich um eine rechtmäßige Dienstleistung handelt. Nicht rechtmäßig ist dabei eine Dienstleistung, bei der der Einsatz von Arbeitnehmern unerlaubter Arbeitnehmerverleih ist.

3. Der Einsatz von Arbeitnehmern eines anderen Unternehmers auf den Lkw eines Güterkraftverkehrsunternehmers ist nicht stets Arbeitnehmerverleih. Der Einsatz kann vielmehr auch in Form eines Werk- oder Dienstvertrags geschehen.

4. Die Stillhalteklausel des Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats über die Entwicklung der Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vom 19.09.1980 ist nicht auf Arbeitnehmer anzuwenden, die bei einem Unternehmen mit Sitz in der Türkei beschäftigt sind, von diesem entlohnt werden und nur wegen ihrer Tätigkeit als Kraftfahrer im grenzüberschreitenden Güterverkehr immer wieder kurzfristig in Deutschland arbeiten (vgl. EuGH, Urteil v. 21.10.2003, Az. C-317/01 und C-369/01).

 

Normenkette

ArbErlVO § 9 Nr. 2; ArGV § 9 Nr. 3a; EWGZusProtTürkei Art. 41 Abs. 1; ARB 1/80 Art. 13

 

Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Urteil vom 25.07.2000; Aktenzeichen L 10 AL 392/98)

SG Nürnberg (Urteil vom 27.10.1998; Aktenzeichen S 5 AL 693/97)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25. Juli 2000 – L 10 AL 392/98 – aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Fundstellen

SGb 2004, 359

GuS 2004, 59

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