Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenhilfe. Bildungsbereitschaft des Arbeitslosen. Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Bildung. Sperrzeit. subjektive Verfügbarkeit
Leitsatz (amtlich)
Der Arbeitslose, der eine bestimmte Art. von ihm zumutbaren beruflichen Bildungsmaßnahmen (hier: Übungsfirma) ablehnt, ist nicht subjektiv verfügbar.
Normenkette
AFG § 103 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, b, § 119 Abs. 1 Nr. 3, § 134 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1, 4, Abs. 4, § 135 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2; SGB X § 107 Abs. 1
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Urteil vom 16.08.1993; Aktenzeichen L 7 Ar 45/92) |
SG Kiel (Entscheidung vom 12.05.1992; Aktenzeichen S 1 Ar 209/90) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 16. August 1993 aufgehoben, soweit die Beklagte zur Gewährung von Arbeitslosenhilfe verurteilt worden ist. In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Streitig ist die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi).
Der 1952 geborene Kläger, der nach dem Schulbesuch mehrere Ausbildungsverhältnisse abgebrochen hatte, holte von 1976 bis 1979 die Mittlere Reife nach. Von 1980 bis 1982 war er als kaufmännischer Angestellter beschäftigt. Vorübergehend war er auch als Gastwirt tätig. In der Folgezeit war er arbeitslos und bezog über mehrere Jahre lang Leistungen von der Beklagten, zuletzt – wohl bis zum 13. Juni 1989 – Alhi. Ein vom April bis September 1984 durchgeführter Umschulungsversuch zum Datenverarbeitungskaufmann wurde abgebrochen. Ein im Jahre 1989 ergangenes Angebot zur Teilnahme an einer Übungsfirma scheiterte, da der Kläger arbeitsunfähig erkrankte. Nach Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit beantragte der Kläger am 4. Januar 1990 die Wiederbewilligung von Alhi. Das Arbeitsamt bot ihm am 5. Januar 1990 die Teilnahme an einer Übungsfirma mit Praxistraining vom 8. Januar bis 29. Juni 1990 an. Trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen lehnte der Kläger die Teilnahme an dieser Maßnahme ab.
Mit Bescheid vom 5. April 1990 und Widerspruchsbescheid vom 31. Mai 1990 lehnte die Beklagte die Gewährung von Alhi ab, da der Kläger der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehe.
Das Sozialgericht (SG) wies die Klage mit Urteil vom 5. Mai 1992 ab, da der Kläger nicht iS von § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2b Arbeitsförderungsgesetz (AFG) verfügbar sei. Auf die Berufung des Klägers, der inzwischen Sozialhilfe bezog, hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG sowie den Bescheid der Beklagten idF des Widerspruchsbescheides aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger für den 4. Januar 1990 und vom 31. März 1990 an Alhi zu gewähren.
Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt: Dem Kläger stehe Alhi zu, die allerdings wegen des Eintritts einer Sperrzeit von 5. Januar bis 30. März 1990 ruhe (§ 119 Abs. 1 Satz 3 AFG), da sich der Kläger ohne wichtigen Grund geweigert habe, an der ihm ab 5. Januar 1990 angebotenen, zumutbaren beruflichen Bildungsmaßnahme teilzunehmen. Dadurch sei seine Verfügbarkeit jedoch nicht entfallen. Im Falle der Weigerung, an einer Maßnahme nach § 103 Abs. 1 Nr. 2b AFG teilzunehmen, sei zu prüfen, ob der Arbeitslose generell alle Maßnahmen zur beruflichen Wiedereingliederung ablehne oder ob er nur an der angebotenen speziellen Maßnahme nicht interessiert sei. Nur bei einer generellen Weigerung entfalle die Verfügbarkeit. Die nur eine Maßnahmeart betreffende Weigerung reiche nicht aus, um die Verfügbarkeit generell entfallen zu lassen. Die Weigerung, an einer konkret angebotenen Maßnahme mitzuwirken, habe nach § 119 AFG nur den Eintritt einer Sperrzeit zur Folge. Der Kläger habe nicht generell die Teilnahme an Maßnahmen iS des § 103 Abs. 1 Nr. 2b AFG abgelehnt.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2b AFG sowie einen Verstoß gegen § 107 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X). Sie macht geltend: Entgegen der Auffassung des LSG reiche die eine bestimmte Art. von Bildungsmaßnahmen betreffende Weigerung des Arbeitslosen zur Verneinung der Voraussetzungen des § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2b AFG aus, so daß die Verfügbarkeit entfalle. Wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden habe, stehe ein Arbeitsloser, dem die grundsätzliche Bereitschaft fehle, an Maßnahmen der beruflichen Bildung – wie der jeweils angebotenen – teilzunehmen, obwohl die Teilnahme an solchen Maßnahmen zumutbar wäre, der Arbeitsvermittlung mangels Bildungsbereitschaft nicht zur Verfügung (SozR 3-4100 § 119 Nrn 1 und 4). Davon sei im Falle des Klägers auszugehen, da dieser nach den Feststellungen des LSG nicht bereit gewesen sei, an Maßnahmen bei Übungsfirmen teilzunehmen. Daraus sei eindeutig zu schließen, daß seine Bereitschaft zur Teilnahme an beruflichen Bildungsmaßnahmen generell nicht mehr vorgelegen habe, so daß er subjektiv nicht verfügbar gewesen sei. Überdies weiche die Entscheidung des LSG auch von der Entscheidung des BSG in SozR 4100 § 103 Nr. 43 ab, wonach der Arbeitslose sich nicht willkürlich auf einen Teil seiner objektiven (Vermittlungs-)MÖglichkeiten beschränken dürfe. Diese Rechtsprechung zum erforderlichen Umfang der Arbeitsbereitschaft gelte auch für den erforderlichen Umfang der Bereitschaft zur Teilnahme an zumutbaren Bitdungsmaßnahmen, da der Gesetzgeber im Rahmen der subjektiven Verfügbarkeit die Tatbestände des § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a und b AFG gleichwertig nebeneinander gestellt habe. Der daneben gerügte Verstoß gegen § 107 Abs. 1 SGB X liege darin, daß das LSG die Beklagte zur Zahlung von Alhi für einen Zeitraum verurteilt habe, für den die Leistung durch Gewährung von Sozialhilfe erfüllt sei und ein Erstattungsanspruch bestehe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG abzuändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG im vollen Umfang zurückzuweisen.
Der nicht vertretene Kläger hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.
Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 Soziatgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist iS der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet.
Zu entscheiden ist im Revisionsverfahren über die ursprüngliche Klage nur insoweit, als das LSG die Beklagte verurteilt hat, dem Kläger für den 4. Januar 1990 und vom 31. März 1990 an Alhi zu gewähren. Nur insoweit ist der Rechtsstreit aufgrund der Revision der Beklagten beim Revisionsgericht angefallen.
Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensfehler, die eine Entscheidung des Senats in der Sache entgegenstehen, sind nicht ersichtlich. Nicht zweifelhaft ist insbesondere das Vorliegen der Voraussetzungen des § 155 Abs. 3 SGG; denn die Beteiligten waren damit einverstanden, daß der Vorsitzende anstelle des Senats des LSG entscheidet.
Ob dem Kläger, wie er geltend macht, Alhi zusteht, richtet sich nach § 134 AFG. Nach § 134 Abs. 1 Nr. 1 AFG setzt der Anspruch auf Alhi ua voraus, daß der Arbeitslose der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht. Das LSG hat diese Anspruchsvoraussetzung bejaht, ist dabei indes von einer unzutreffenden Rechtsauffassung ausgegangen.
Nach §§ 134 Abs. 4 Satz 1 und 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AFG steht der Arbeitsvermittlung ua nur zur Verfügung, wer bereit ist, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen, die er ausüben kann und darf (a), und bereit ist, an zumutbaren Maßnahmen zur beruflichen Ausbildung, Fortbildung und Umschulung sowie zur beruflichen Rehabilitation teilzunehmen (b). Die damit angesprochene subjektive Verfügbarkeit setzt die umfassende und grundsätzliche Bereitschaft des Arbeitslosen voraus, zumutbare Arbeiten jeglicher Art. die er ausüben kann und darf, anzunehmen und an entsprechenden Bildungsmaßnahmen teilzunehmen. Wie das LSG nicht verkannt hat, sind die Voraussetzungen des § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2b AFG nicht schon immer dann zu verneinen, wenn der Arbeitslose eine einzige ihm zumutbare Fortbildungsmaßnahme abgelehnt hat, ohne einen wichtigen Grund dafür zu haben und einen Sperrzeittatbestand des § 119 Abs. 1 Nr. 3 AFG verwirklicht hat (BSG Beschluß vom 12. Dezember 1991 – 7 BAr 88/91 – nicht veröffentlicht). Die Weigerung, an einer bestimmten zumutbaren Bildungsmaßnahme teilzunehmen, kann indes im Einzelfall dazu Anlaß geben, das Vorliegen der Bildungsbereitschaft iS des § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst b AFG zu verneinen (BSG Urteil vom 11. Januar 1990 – 7 RAr 46/89 – BSGE 66, 140 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 1, insoweit nicht abgedruckt; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 4).
Im Zusammenhang mit der Prüfung, ob der Kläger die Teilnahme an Bildungsmaßnahmen iS des § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst b AFG ablehnt, ist das LSG indessen davon ausgegangen, eine generelle Weigerung des Arbeitslosen, an Maßnahmen bestimmter Art. (zB an Übungsfirmen) teilzunehmen, reiche nicht aus, die Verfügbarkeit des Arbeitslosen entfallen zu lassen. Das beanstandet die Revision zu Recht.
Zur subjektiven Verfügbarkeit nach § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst a AFG hat das BSG schon entschieden, daß der Arbeitslose seine Arbeitsbereitschaft weder von Bedingungen abhängig machen noch sich allein aufgrund subjektiver Wünsche oder Neigungen auf bestimmte Tätigkeiten beschränken darf (BSGE 57, 10, 11 = SozR 4100 § 103 Nr. 35; SozR 4100 § 103 Nr. 43 und § 119 Nr. 12), Einschränkungen der Vermittlungsmöglichkeiten, die auf einer freien Entscheidung des Arbeitslosen beruhen, schließen die subjektive Verfügbarkeit aus, weil sie dem Grundgedanken widersprechen, daß die Vermittlungschancen nicht durch andere als objektiv zwingende Gründe in der Person und in den Lebensverhältnissen des Arbeitslosen verkürzt sein dürfen. Der Arbeitslose darf sich also nicht willkürlich auf einen Teil seiner objektiven Möglichkeiten beschränken, will er Leistungen wegen Arbeitslosigkeit beziehen (BSG SozR 4100 § 103 Nr. 43).
Dieselben Grundsätze sind zu berücksichtigen, soweit es um die Beurteilung der Bildungsbereitschaft iS des § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst b AFG geht. Die Einfügung dieser Vorschrift durch das Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) bezweckte, die Weigerung der Teilnahme an beruflichen Bildungsmaßnahmen nicht mehr nur mit Sperrzeitfolgen zu belegen, sondern von vornherein einen Anspruch auf Leistungen wegen Arbeitslosigkeit auszuschließen, wenn es an der Bereitschaft fehlt, an Maßnahmen beruflicher Bildung teilzunehmen (BSGE 66, 140, 143 f = SozR 3-4100 § 119 Nr. 1). Nachdem die Bildungsbereitschaft eine weitere und gleichrangig neben der Arbeitsbereitschaft geforderte Anspruchsvoraussetzung darstellt, ist kein Grund dafür erkennbar, bei der Beurteilung der subjektiven Verfügbarkeit unterschiedliche und grundsätzlich voneinander abweichende Maßstäbe anzulegen, je nachdem, ob es um die Arbeits- oder die Bitdungsbereitschaft geht. Lehnt ein Arbeitsloser eine bestimmte, ihm zumutbare Art. von beruflichen Bildungsmaßnahmen generell ab, so beschränkt er dadurch die zur Überwindung von Arbeitslosigkeit zur Verfügung stehenden Möglichkeiten in einer dem beschriebenen Gesetzeszweck widersprechenden Weise. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die generelle Beschränkung sich auf den Inhalt der Bildungsmaßnahmen oder auf die Form der Wissensvermittlung (hier: Übungsfirma) bezieht. Die Auffassung des LSG, eine „nur” bestimmte Art. von Bildungsmaßnahmen betreffende Weigerung des Arbeitslosen sei nicht geeignet, seine subjektive Verfügbarkeit auszuschließen, verletzt daher das Gesetz.
Ob der Kläger subjektiv verfügbar war, insbesondere ob er bereit war, an zumutbaren Maßnahmen zur beruflichen Ausbildung, Fortbildung, Umschulung und Rehabilitation teilzunehmen, kann hiernach aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen nicht beurteilt werden. Das LSG hat die Teilnahme an der Übungsfirma, die dem Kläger ab 5. Januar 1990 angeboten war, für zumutbar, geeignet und notwendig gehalten. Daraus kann im Gesamtzusammenhang entnommen werden, daß jede ihrer Art. nach vergleichbare Bildungsmaßnahme zumutbar und objektiv geeignet ist. Die Verfügbarkeit wäre daher zu verneinen, wenn der Kläger, wie nach dem bisherigen Sachstand möglich erscheint, nicht bereit war, an Bildungsmaßnahmen in Form von Übungsfirmen teilzunehmen. Eine solche Feststellung kann dem Urteil des LSG allerdings nicht entnommen werden.
Zwar hat das LSG die allgemeine Bereitschaft des Klägers festgestellt, Maßnahmen iS des § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst b AFG auf sich zu nehmen, weil er in der mündlichen Verhandlung glaubhaft erklärt habe, er habe immer Umschulungsmaßnahmen erstrebt, und auch das Schreiben des Klägers vom 9. Januar 1990 bei sinngerechter Auslegung diese Auffassung stütze. Andererseits hat das LSG aber auch festgestellt, der Kläger habe im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens geäußert, alle Übungsfirmen seien sinnlos. In diesem Zusammenhang hat es ausgeführt, die nur eine Maßnahmeart betreffende Weigerung, an Übungsfirmen teilzunehmen, reiche nicht aus, um die subjektive Verfügbarkeit generell entfallen zu lassen. Diesem Satz läßt sich nicht entnehmen, ob eine solche Weigerung tatsächlich vorliegt oder nicht. Nach der – unrichtigen – Rechtsauffassung des LSG schloß eine solche beschränkte Weigerung die Verfügbarkeit des Klägers nicht aus. Der Satz kann daher auch so verstanden werden, daß eine solche Weigerung zwar in Betracht komme bzw nicht auszuschließen sei, aus Rechtsgründen aber unerheblich sei. Auch hat das LSG ausgeführt, bei sinngerechter Auslegung des Schreibens vom 9. Januar 1990 ergebe sich sogar, daß der Kläger seinerzeit erklärt habe, an der am 5. Januar 1990 beginnenden Maßnahme teilnehmen zu wollen. Da es sich bei dieser Maßnahme gerade um eine Tätigkeit in einer Übungsfirma handelte, widerspräche das der Feststellung, der Kläger lehne die Teilnahme an Bildungsmaßnahmen in Form von Übungsfirmen grundsätzlich ab.
Kann nach alledem in Ermangelung ausreichender Feststellungen nicht abschließend entschieden werden, ob der Kläger verfügbar war, kann die angefochtene Verurteilung der Beklagten durch das LSG, die sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend erweist, keinen Bestand haben, und zwar ungeachtet ob weitere Mängel vorliegen. Soweit das LSG die Beklagte verurteilt hat, ist das Urteil daher gemäß § 170 Abs. 2 Satz 2 SGG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen, damit nun die fehlenden Feststellung nachgeholt werden.
Für diese von der Tatsacheninstanz nachzuholende Beurteilung wird das LSG alle Umstände festzustellen haben, die dafür oder dagegen sprechen, daß der Kläger nicht nur die ihm konkret angebotene Maßnahme, sondern die Teilnahme an Übungsfirmen überhaupt abgelehnt hat. Um würdigen zu können, ob dem Kläger die Bildungsbereitschaft im oben aufgezeigten Sinne fehlt, wird das LSG die näheren Umstände, wie einschlägige Erklärungen und das Verhalten des Klägers vor und nach der Ablehnung der ihm angebotenen Maßnahme, sein etwaiges Beharren auf bestimmte Bildungsmaßnahmen, Art. und Inhalt der von ihm vorgebrachten Einwendungen und auch sein früheres Verhalten, etwa im Zusammenhang mit vorangegangenen Bildungsmaßnahmen, aufklären und berücksichtigen müssen. Auch ist der Hinweis angezeigt, daß es in der Regel zunächst zwar ausreicht, daß der Arbeitslose glaubhaft darlegt, verfügbar zu sein; in Zweifelsfällen hat der Arbeitslose jedoch das Vorliegen der anspruchsbegründenden Bestandsmerkmale nachzuweisen (BSG Urteile vom 11. Januar 1990 – 7 RAr 54/88 – und vom 23. Juli 1992 – 7 RAr 38/91 –, beide nicht veröffentlicht).
Weiter wird das LSG zu beachten haben, daß die Verfügbarkeit für den gesamten streitigen Zeitraum festgestellt werden muß; denn solange Alhi beansprucht wird, muß die Verfügbarkeit des Arbeitslosen gegeben sein. Nicht auszuschließen ist vorliegend, daß die Bildungsbereitschaft des Klägers, sollte sie zunächst gefehlt haben, ab einem späteren Zeitpunkt, etwa wegen Änderung seiner diesbezüglichen Auffassung, vorhanden war. Dabei sollte das LSG beachten, daß der Anspruch auf Alhi auch eine Anwartschaft voraussetzt (§ 134 Abs. 1 Nr. 4 AFG). Der Kläger hat zuletzt 1989 Alhi bezogen, und zwar vermutlich gemäß § 134 Abs. 1 Nr. 4 Buchst a AFG. Dies hätte zur Folge, daß unmaßgeblich ist, ob der Kläger 1989 eine neue Anwartschaftszeit zurückgelegt hat, solange der alte Anspruch auf Alhi nicht erloschen ist (§ 135 Abs. 2 AFG). Auf die erworbene Anwartschaft kann der Kläger indes nur im zeitlichen Rahmen des § 135 Abs. 1 Nr. 2 AFG zurückgreifen. Innerhalb eines Jahres seit dem letzten Bezug von Alhi müssen daher die Verfügbarkeit (und die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen) zumindest für einen Tag gegeben sein. Liegen diese Voraussetzungen erst danach gemeinsam vor, dürfte Alhi nach der Sachlage nur in Betracht kommen, wenn in der nach diesem Tage zu berechnenden Vorfrist durch einen Krankengeldbezug bzw dessen Wegfall die Voraussetzungen des § 134 Abs. 1 Nr. 4 Buchst b oder Abs. 3 AFG gegeben sind.
Schließlich wird darauf hingewiesen, daß die Klage abzuweisen ist, soweit der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte gemäß § 107 SGB X wegen eines Erstattungsanspruchs als erfüllt gilt. Da der Kläger ausweislich des Tatbestandes von Sozialhilfe gelebt hat und diese auch noch weiterhin bezieht, kann § 107 SGB X eingreifen. Das gilt auch dann, wenn der Erstattungsanspruch vom Sozialhilfeträger nicht geltend gemacht worden ist oder nach § 111 SGB X ausgeschlossen ist; denn § 107 SGB X soll ungerechtfertigte Doppelleistungen verhindern (vgl. dazu Urteil des Senats vom 29. Juni 1995 – 11 RAr 87/94 – zur Veröffentlichung vorgesehen).
Schließlich wird das LSG im Rahmen der neuen Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstellen
Haufe-Index 946257 |
NJW 1996, 1773 |