Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Urteil vom 01.11.1989) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 1. November 1989 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger wendet sich gegen eine zwangsgeldbewehrte Untersagung der Beklagten, Künstler in Engagementsverträge zu vermitteln.
Der 1944 geborene Kläger war als Solo-Sänger, Textdichter, Manager und Produzent im Show-Geschäft tätig. Er entwickelte 1985 einen „Künstler-Katalog”, den er an Interessenten verschicken wollte, um diesen den Abschluß von Engagementsverträgen mit den im Katalog aufgeführten Künstlern zu ermöglichen. Der Katalog enthält nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) die Namen zahlreicher im Show-Geschäft tätiger Künstler und Künstlergruppen und beschreibt deren künstlerische Eigenart und Laufbahn mehr oder weniger ausführlich. Es handelt sich im wesentlichen um Sänger und Gesangsgruppen, ferner um einen Hypnotiseur, einen Moderator und einen Bauchredner sowie einen auch als Discjockey auftretenden Sänger. Die Künstler werden für Galas, Bälle, Zelt- und Disco-Veranstalungen, Betriebsfeiern, Schützen-, Stadt- und Vereinsfeste angeboten, und es wird neben den im einzelnen genannten Künstlern auf Topgruppen aus Europa, Tanzkapellen, Dixi- und Skiffelbands, Artisten, Zauberer und Humoristen hingewiesen.
Das LSG hat festgestellt, daß mit Hilfe des Klägers Engagementsverträge zwischen der Discothek Enterprise in S. … und den Sängern Ted Herold und Wolfgang Petry sowie der Gruppe Bogart (Günther Lammers/Jay Bastos) tatsächlich abgeschlossen worden sind. In allen drei Fällen war das Auftreten an einem bestimmten Tage (Ted Herold am 10. Januar 1986, die Bogarts am 14. Februar 1986, Wolfgang Petry am 14. März 1986) – jeweils zwei Auftritte mit 25 bis 30 Minuten – vereinbart. Tatsächlich aufgetreten ist jedoch nur Ted Herold, weil die Discothek Enterprise von den anderen Verträgen wegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung, die vermittelnde Tätigkeit des Klägers beim Zustandekommen der Verträge sei unerlaubte Arbeitsvermittlung, zurückgetreten ist.
Am 8. Januar 1986 gab der Kläger bei der Beklagten zur Niederschrift an, er habe den Künstlerkatalog noch nicht verschickt und weise den Vorwurf der Arbeitsvermittlung in den Fällen „Ted Herold, Bogart und Wolfgang Petry” zurück. Er habe sich als nebenberuflicher Angestellter dieser Künstler bzw ihrer Büros gefühlt und eine Vergütung weder erhalten noch beansprucht. Die Discothek Enterprise sei an ihn herangetreten, damit er Künstler für Auftritte besorge und als freier Mitarbeiter ein entsprechendes Programm gestalte. Er habe die ihm bekannten Künstler angerufen, die ihn an ihre Büros verwiesen hätten, weil sie ihre Termine nicht im Kopf hätten. Die Büros hätten ihm die Vollmacht gegeben, sämtliche Arbeiten, die zur Vertragsabwicklung anfielen, zu erledigen.
Durch Bescheid vom 13. Januar 1986 idF des Widerspruchsbescheides vom 27. August 1986 untersagte die Beklagte dem Kläger unter Bezugnahme auf die Engagementsverträge zwischen der Discothek Enterprise und den Künstlern Ted Herold, Bogart und Wolfgang Petry sowie auf den von ihm entworfenen oder hergestellten Künstlerkatalog jede Tätigkeit, die „wie im festgestellten Sachverhalt” darauf gerichtet sei, Arbeitsvermittlung zu betreiben und forderte ihn auf, diese sofort zu unterlassen. Gleichzeitig drohte sie ihm für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,– DM an.
Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide mit Urteil vom 2. März 1988 aufgehoben. Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Es hat sein Urteil vom 1. November 1989 im wesentlichen wie folgt begründet:
Die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig, weil der Kläger keine Vermittlung in Arbeitsverhältnisse geplant und beabsichtigt habe, sondern ausschließlich die Vermittlung in Dienst- oder Werkverträge für eine selbständige Tätigkeit. Von daher sei es ohne rechtliche Bedeutung, ob sich aus dem Künstlerkatalog nur die Planung und Absicht einer Vermittlungstätigkeit ergebe oder ob es sich hierbei bereits um die Ausübung einer Vermittlungstätigkeit iS des § 13 Abs 2 Satz 1 AFG handele.
Ob Künstler selbständig oder im Rahmen eines abhängigen Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisses tätig würden, hänge von den Umständen des Einzelfalles ab. Es sei das Gesamtbild der Tätigkeit zu würdigen und dabei zu prüfen, welche Merkmale überwiegen. Hierfür seien auch vertragliche Vereinbarungen von Bedeutung, soweit sie nicht von den tatsächlichen Verhältnissen abwichen, auf die es maßgeblich ankomme.
Aus diesen Umständen ergebe sich hier, daß die Merkmale einer Vermittlung selbständiger Tätigkeit überwogen hätten und ausschließlich geplant gewesen seien. So seien Eingriffe und Weisungen des Veranstalters in Art und Inhalt der künstlerischen Darbietung, was für abhängige Beschäftigung gesprochen hätte, in den bereits abgeschlossenen Engagementsverträgen der Discothek Enterprise mit den Künstlern Ted Herold, Wolfgang Petry und der Künstlergruppe Bogart ausdrücklich ausgeschlossen worden. Die Beweisaufnahme habe keinen Anhalt dafür ergeben, daß bei der tatsächlichen Ausführung der Verträge von dieser Vereinbarung abgewichen worden sei. Einvernehmliche Programmänderungen erschienen möglich, würden aber kein Weisungsrecht des Veranstalters beinhalten. Über Ort und Zeit der Veranstaltungen seien in den Verträgen lediglich die aus sachlichen Gründen für die Durchführbarkeit der Veranstaltung notwendigen Vereinbarungen getroffen worden, um Inhalt und Umfang der vereinbarten künstlerischen Darbietung auch insoweit zu bestimmen. Darin gelange kein Weisungsrecht des Veranstalters zum Ausdruck (Bundesgerichtshof -BGH- in NJW 1985, 2133). Dies gelte auch für die Vereinbarung eines zweimaligen Auftritts zu annähernd bestimmten Zeiten. Eine solche Vereinbarung sei in beiderseitigem Interesse erwünscht und der Sache nach erforderlich. Es stehe ferner fest, daß die hier in den drei Engagementsverträgen mit der Discothek Enterprise getroffenen Vereinbarungen dem „Normalfall” entsprächen und daher von den Vertragspartnern beiderseits als selbstverständlich akzeptiert worden seien. Auch insoweit bestehe kein objektiver Anhaltspunkt dafür, daß bei der praktischen Durchführung der Verträge der Veranstalter durch einseitige Weisungen eine Abweichung von den vertraglichen Vereinbarungen habe verlangen können. Gegen eine Tätigkeit im abhängigen Beschäftigungsverhältnis spräche zusätzlich in den Verträgen mit Ted Herold und Wolfgang Petry das diesen zugestandene Recht, bei Beteiligung mehrerer Künstler bestimmen zu können, an welcher Stelle sie aufträten (Vertrag Ted Herold) oder zum Auftritt an letzter Stelle berechtigt zu sein (Vertrag Wolfgang Petry).
Keine Eingliederung in den Betrieb des Veranstalters bedeute es sodann, wenn es bei künstlerischen Darbietungen dieser Art in Discotheken üblich sei, daß die Gäste während der Darbietung Getränke, jedoch keine Speisen zu sich nähmen. Wesentlich sei für den Charakter als Konzertveranstaltung, daß die künstlerische Darbietung als vom übrigen Betrieb mit Verzehr, Gespräch und Tanz gesonderter „Show-Teil” dargeboten werde und dabei das Anhören der musikalischen Darbietung durch mehr oder weniger als Solisten bekannte Künstler im Vordergrund stehe, nicht jedoch die von der Discothek im übrigen angebotenen Leistungen. Für die Künstler habe keine Probenverpflichtung bestanden. Soweit im Vertrag mit Wolfgang Petry von Proben gesprochen werde, habe es sich um den sog „Soundcheck” gehandelt, der aus technischen Gründen und im Interesse der Künstler selbst wegen der Notwendigkeit, technische Hilfsmittel zweckmäßig zu benutzen, erforderlich sei. Für eine selbständige Tätigkeit der Künstler sprächen weiter die Vereinbarungen in den Verträgen, wonach die Künstler die Steuern selbst trügen und das vereinbarte Entgelt ohne Abzüge gezahlt werde, sie das Recht auf Entlassung aus dem Vertrage bei Verpflichtungen zum Auftritt in Film, Funk oder Fernsehen hätten, wenn auch unter Verpflichtung zu einem neu zu vereinbarenden Ersatztermin, der Entgeltanspruch bei Auftrittsunmöglichkeit wegen Krankheit, die nachzuweisen sei, überwiegend entfalle und ua in diesem Zusammenhang eine Konventionalstrafe vereinbart sei. Auch für diese Vereinbarungen bestehe kein Anhalt, daß hiervon bei der tatsächlichen Durchführung der Verträge abgewichen worden sei.
Demgegenüber könne es nicht als wesentliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung gewertet werden, wenn der Veranstalter vertragsgemäß Bühne, Beleuchtung und Mikrophonanlage zur Verfügung habe stellen müssen, ebensowenig die Vereinbarung eines festen Honorars, wobei im Vertrag Ted Herold sogar ein höheres Honorar im Falle einer erhöhten Anzahl von Gästen/ Zuhörern vorgesehen gewesen sei.
Auch der vom Kläger entworfene Katalog biete keinen Anhalt dafür, daß er Künstler in abhängige Arbeitsverhältnisse habe vermitteln wollen. Der Katalog enthalte ausnahmslos Künstler, die in einem besonderen Show-Teil aufträten, nicht aber zum Zweck der Tanzbegleitung musizierten. Dem entsprächen auch die im Katalog enthaltenen Angaben zu den einzelnen Künstlern, die sich hiernach durchweg als Solisten darstellten. Die Künstler würden demnach unter im wesentlichen gleichen Bedingungen tätig, wie es die Künstler Ted Herold, Wolfgang Petry und die Künstlergruppe Bogart nach den Verträgen mit der Discothek Enterprise werden sollten. Soweit der Katalog neben Musikern und Sängern als Künstler auch einen Hypnotiseur, einen Bauchredner, einen Moderator und einen als Discjockey tätig werdenden Sänger aufführe, sei nicht ersichtlich, daß diese Künstler unter anderen Bedingungen tätig zu werden pflegten und tätig werden sollten. Soweit die Künstler für nicht öffentliche, private Veranstaltungen haben verpflichtet werden sollen, stehe der Annahme abhängiger Beschäftigungsverhältnisse schon entgegen, daß es insoweit an der Eingliederung in einen Betrieb fehle.
Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 4 und 13 Abs 1 AFG. Sie führt aus, das LSG verkenne den Charakter der Tätigkeiten der betroffenen Künstler ebenso wie das in § 4 AFG verankerte Alleinvermittlungsrecht. Für den sozialen Betreuungsbereich der Arbeitsvermittlung habe es eine zu enge Definition des Arbeitnehmerbegriffs vorgenommen und damit eine ganze Gruppe der im Showgeschäft tätigen Künstler aus der Arbeitnehmerschaft – zu deren potentiellen Schaden – ausgegrenzt. So enthalte der Katalog des Klägers keineswegs nur „Stars” der Showbranche, sondern neben kaum bekannten Sängern und Musikern auch einen Hypnotiseur, einen Bauchredner, einen Moderator und einen Discjockey. Das LSG übergehe diese seine eigenen Feststellungen mit der lapidaren Behauptung, es sei nicht ersichtlich, daß diese Künstler anders als selbständig tätig zu werden pflegten.
Im übrigen habe sich das LSG nicht mit der sozialen Situation der Künstler befaßt, weshalb es nicht habe feststellen können, daß diese regelmäßig als Arbeitnehmer tätig zu werden pflegten und in besonderem Maße wirtschaftlich wie sozial schutzbedürftig seien. Die Untersagung privater Arbeitsvermittlung diene gerade dem Zweck, eine Ausbeutung dieses Personenkreises durch unkontrollierte (gewerbliche) Vermittler zu verhindern. Das existenzielle und berufliche Risiko insbesondere eines Showkünstlers sei ungleich höher einzuschätzen als das eines freien Unternehmers.
Nach Auffassung der Beklagten liege auch im zu entscheidenden Rechtsstreit eine persönliche Abhängigkeit iS der Rechtsprechung (BSGE 16, 289, 294) vor. Dies habe das LSG feststellen können und auch müssen. Dazu sei es notwendig gewesen, neben Ted Herold, Wolfgang Petry und der Gruppe Bogart als Vertreter relativ bekannter Showkünstler auch die im Künstlerkatalog darüber hinaus enthaltenen Künstler über die Art ihrer Engagements zu befragen. Das LSG hätte dann feststellen müssen, daß viele Veranstalter aus unterschiedlichen Gründen, zB wegen unzureichender Sachkunde, nicht oder nur in geringem Umfang von einem Direktionsrecht Gebrauch machen könnten oder aber schon bei den Engagementsverhandlungen Festlegungen träfen. Dies könne aber nicht als grundsätzlicher Verzicht auf das Direktionsrecht ausgelegt werden.
Im Hinblick auf die besonders gelagerte, soziale Situation der Künstler seien die vom LSG angewendeten Abgrenzungskriterien zwischen Arbeitnehmereigenschaft bzw Selbständigkeit von zweifelhaftem Wert und für die Praxis unbrauchbar. Müsse in jedem Einzelfall nach den Kriterien des LSG geprüft werden, ob bei einem bestimmten Engagement jeweils ein Arbeitsverhältnis zustande komme oder nicht, sei eine geregelte Arbeit der Künstlerdienste der Beklagten wie die der nach § 23 AFG beauftragten Vermittler im Show-/Unterhaltungsbereich praktisch unmöglich. Im Zeitpunkt der Vermittlung lasse sich zudem auch nicht feststellen, wie die vertragliche Vereinbarung und deren Durchführung tatsächlich aussehen werden. Weder die Dauer des Engagements noch der Marktwert eines Künstlers noch die Art des Veranstalters bzw des Auftritts seien bei der Eigenart des Showgeschäftes zuverlässige Kriterien für oder gegen die Arbeitnehmereigenschaft. Die Bewertung der Tätigkeit von Künstlern als selbständige Dienstleistung könne nur bei ungewöhnlichen Sachverhalten mit eindeutigen Kriterien Platz greifen. In allen übrigen Fällen sei von Arbeitnehmereigenschaft auszugehen. Die weit überwiegende Zahl der Künstler sei im übrigen auf die Dienste der Beklagten angewiesen. Auch Show-Künstlern müsse die Möglichkeit, einen neutralen, gebührenfrei arbeitenden Vermittler in Anspruch zu nehmen, erhalten bleiben.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des LSG Niedersachsen vom 1. November 1989 und des SG Braunschweig vom 2. März 1988 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Er ist der Meinung, daß die Beklagte lediglich behaupte, die Verletzung der §§ 4, 13 AFG zu rügen. Tatsächlich seien ihre Angriffe jedoch nicht gegen die Rechtsauffassung des Berufungsurteils zu § 13 AFG, sondern gegen die Wertung der der Rechtsanwendung zugrundeliegenden Tatsachensituation gerichtet. Die Beklagte bringe eine unbewiesene Sachdarstellung von mit der Wirklichkeit nicht vereinbaren Behauptungen vor. Sie nähme trotz zahlreicher gerichtlicher Hinweise noch immer nicht zur Kenntnis, daß sie darlegungs- und beweispflichtig sei. Sie habe sich auch nicht an den revisionsrechtlichen Rahmen gehalten. Ihrer Revisionsbegründung stehe insbesondere § 163 SGG entgegen. Sie habe weder beachtliche Sachrügen noch Verfahrensrügen vorgetragen. Hinsichtlich eventueller Verfahrensrügen stünde zudem auch das Fehlen entsprechenden Vortrags und protokollierter Beweisanträge aus dem Berufungsverfahren entgegen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist zulässig. Die Beklagte hat hinreichend deutlich begründet, weshalb sie die Entscheidung des LSG für rechtsfehlerhaft hält. Keine Frage der Zulässigkeit der Revision unter dem Gesichtspunkt der ausreichenden Begründung (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG) ist es, ob die Rechtsauffassung des Revisionsklägers zutrifft.
Die Revision der Beklagten ist jedoch nicht begründet. Gegenstand der Klage (§ 95 SGG) ist der Bescheid der Beklagten vom 13. Januar 1986 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 1986. Regelungsgehalt dieses Bescheides ist die Untersagung jeder Tätigkeit, die wie im festgestellten Sachverhalt darauf gerichtet ist, Arbeitsvermittlung zu betreiben, die Aufforderung, diese (Tätigkeit) sofort zu unterlassen und die Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1.000,– DM für jeden Fall der Zuwiderhandlung. Grundlage für diese Verfügungen ist der im einzelnen dargelegte Vorwurf, in drei konkret bezeichneten Fällen Arbeitsvermittlung betrieben und die Absicht zu haben, so in gleicher Weise mit Hilfe des Künstlerkatalogs weiter zu verfahren. Geregelt hat die Beklagte im Rahmen der Untersagung mithin nur, daß der Kläger keine auf die Zusammenführung von Künstlern mit Veranstaltern gerichtete Tätigkeit (mehr) ausüben dürfe, die auf das Zustandekommen von Engagements wie in den Fällen Herold, Petry und der Gruppe Bogart (jeweils zur Discothek Enterprise) gerichtet ist, weil dies eine dem Kläger nicht erlaubte Arbeitsvermittlung sei. Die Regelung ist mit hinreichender Bestimmtheit erfolgt, wie das LSG zutreffend erkannt hat. Maßstab der gerichtlichen Prüfung ist deshalb lediglich, ob die vom LSG festgestellte Mitwirkung des Klägers am Zustandekommen der drei konkreten Engagements zwischen der Discothek Enterprise und den oa Künstlern Arbeitsvermittlung iS von § 4 AFG war. Nicht zu entscheiden ist in diesem Rechtsstreit, ob die vom Kläger geplante oder etwa verwirklichte Herausgabe seines Künstlerkatalogs als Arbeitsvermittlung anzusehen ist (§ 13 Abs 2 AFG); denn im angefochtenen Verwaltungsakt hat die Beklagte dem Kläger dieses nicht verboten. Auch die Frage, unter welchen Voraussetzungen allgemein die Mitwirkung an Engagements im künstlerischen Bereich Arbeitsvermittlung ist, bedarf keiner weiteren Erörterung, als es die Prüfung der Rechtmäßigkeit des von der Beklagten im angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Verbots von dort näher beschriebenen konkreten Tätigkeiten erfordert. Handelte es sich dabei allerdings um Arbeitsvermittlung, war die Beklagte als Folge der ihr insoweit durch § 4 AFG eingeräumten Alleinzuständigkeit zur Arbeitsvermittlung (auch Monopol genannt) berechtigt, diese Tätigkeit und deren Fortführung unter Androhung von Zwangsgeldern zu untersagen (vgl dazu BSG SozR 4100 § 4 Nr 2; BSGE 43, 100, 101 = SozR 4100 § 4 Nr 3; BSGE 63, 240, 243 = SozR 4100 § 13 Nr 8).
Indes fehlt es hier deshalb an dieser Berechtigung, weil es sich bei der in Rede stehenden Tätigkeit des Klägers nicht um Arbeitsvermittlung iS von § 4 AFG handelt. Was Arbeitsvermittlung iS des AFG ist, folgt aus § 13 AFG. Nach dessen Abs 1 ist dies eine Tätigkeit, die darauf gerichtet ist, Arbeitsuchende mit Arbeitgebern zur Begründung von Arbeitsverhältnissen oder mit Auftraggebern oder Zwischenmeistern zur Begründung von Heimarbeitsverhältnissen iS des Heimarbeitsgesetzes zusammenzuführen. Für die dem Kläger untersagte Betätigung kommt nur eine Fallgestaltung nach § 13 Abs 1 Halbs 1 AFG in Betracht. Ebenso scheidet die Anwendung des § 13 Abs 2 AFG aus, wonach bestimmte Formen der Veröffentlichung von Stellenangeboten und -gesuchen Arbeitsvermittlung iS des AFG sind.
Ob Künstler als Arbeitsuchende iS von § 13 Abs 1 AFG anzusehen sind, wenn sie (nur) Engagementsaufträge anstreben, die den hier in Rede stehenden entsprechen, bedarf keiner Entscheidung (vgl zum Begriff des Arbeitsuchenden ua BSGE 37, 1 = SozR Nr 1 zu § 23 AFG; BSGE 38, 138 = SozR 4100 § 43 Nr 9; BSG SozR 4100 § 4 Nr 2). Die dem Kläger vorgehaltene und untersagte Mitwirkung am Zustandekommen von Engagementsverträgen der Art, wie sie zwischen der Discothek Enterprise und den Künstlern Herold, Petry, Gruppe Bogart zustande gekommen sind, war jedenfalls keine Arbeitsvermittlung iS des § 13 Abs 1 AFG; denn sie war nicht auf die Begründung von Arbeitsverhältnissen gerichtet. Dasselbe gilt für die vom Kläger beabsichtigte Mitwirkung an entsprechenden Engagementsverträgen für die übrigen in seinem Katalog aufgeführten Künstler. Grundlage für diese rechtliche Wertung sind die Feststellungen des LSG, soweit der Senat an diese gemäß § 163 SGG gebunden ist.
Das LSG hat den Rechtsbegriff des – arbeitsrechtlichen – Arbeitsverhältnisses iS des § 13 Abs 1 AFG nicht verkannt (vgl dazu BSG SozR 4100 § 13 Nr 6 mwN). Es hat darauf hingewiesen, daß dieser wie auch sonst von der persönlichen Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber gekennzeichnet ist, was sich aus dessen vereinbartem Recht zu Weisungen hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Arbeitsleistung ebenso herleiten kann wie aus der Eingliederung des Arbeitnehmers in die Betriebs- und Arbeitsorganisation des Arbeitgebers. Im Gegensatz zur Tätigkeit eines Selbständigen ist die des Arbeitnehmers mithin ihrem Wesen nach fremdbestimmt (vgl dazu ua Hilger, Zum Arbeitnehmerbegriff, RdA 1989, 1; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 6. Auflage, § 8 I und II mwN; Gagel, Kommentar zum AFG, § 13 RdNrn 2 ff mit zahlreichen Nachweisen; zum vergleichbaren sozialrechtlichen Begriff des Beschäftigungsverhältnisses vgl ua BSGE 45, 199, 200 ff = SozR 2200 § 1227 Nr 8 mwN). Das LSG hat ferner zutreffend ausgeführt, daß es auf die Umstände des Einzelfalles ankommt, ob eine selbständige Tätigkeit oder die eines Arbeitnehmers im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses vorliegt. Im Grenzfall ist maßgebend, welche Merkmale überwiegen.
Dasselbe gilt für Tätigkeiten im Künstlerbereich. Dies entspricht nicht nur dem Wortlaut des Gesetzes, sondern auch der Rechtsprechung (vgl BSGE 37, 1 = SozR AFG § 23 Nr 1; BSG SozR 4100 § 4 Nr 2 mwN). Deshalb kann der Beklagten nicht gefolgt werden, für den Begriff der Arbeitsvermittlung iS des § 13 Abs 1 AFG sei hier von einem besonderen Arbeitnehmerbegriff auszugehen. Mit ihren Ausführungen zur sozialen Schutzwürdigkeit von Künstlern, die es zusammen mit einer erwünschten Erleichterung der Verwaltungspraxis erfordere, Künstler im Engagement praktisch ohne wesentliche Ausnahmen stets als abhängig Tätige und nicht als Selbständige anzusehen, mag die Beklagte zwar ein von ihr bevorzugtes rechtspolitisches Anliegen begründen; mit der gesetzlichen Regelung steht dies jedoch nicht im Einklang. Deshalb können solche Erwägungen nicht Eingriffe in die Rechte Dritter rechtfertigen, solange diese nicht gegen die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften verstoßen.
Soweit die Beklagte dem LSG eine „fehlerhafte Einzelfallbetrachtung” vorwirft, hat sie offenbar nicht zur Kenntnis genommen, daß das LSG seine Entscheidung auf der Grundlage der vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung, die zitiert wird, getroffen hat. So hat das LSG auf die Rechtsprechung hingewiesen, wonach für Veranstaltungen in Theatern, Film, Rundfunk und Fernsehen tätige Schauspieler, Sänger und Musiker im allgemeinen als Arbeitnehmer tätig werden (vgl ua BSGE 37, 1 = SozR AFG § 23 Nr 1; BSG SozR 4100 § 4 Nr 2). Es hat in rechtlich fehlerfreier Weise begründet, weshalb auch eine weitgehend weisungsunabhängige Tätigkeit als Künstler noch eine (abhängige) Arbeitnehmerbeschäftigung darstellt, wenn sie in Form der Eingliederung in einen Betrieb erfolgt. Dasselbe gilt für weitere Merkmale, denen das LSG Hinweise für ein Arbeitsverhältnis beigemessen hat, wie eine Probenverpflichtung, die Entrichtung von Lohnsteuer und Sozialabgaben durch den Veranstalter, die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle.
Wertet das LSG allerdings das Auftreten von Musikern und Sängern in Konzertveranstaltungen dann als selbständige Tätigkeit, wenn der Veranstalter nur für den äußeren Ablauf zu sorgen hat, aber kein Weisungsrecht hinsichtlich des Programms, der Art seiner Ausführung sowie nach Ort und Zeit der Veranstaltung besitzt, dieses vielmehr der gemeinsamen Verabredung bedarf, so kann es sich nicht nur auf den Bundesgerichtshof (BGH) berufen (BGH NJW 1985, 2133), sondern ist den allgemein anerkannten Abgrenzungskriterien der selbständigen zur abhängigen Tätigkeit gefolgt (vgl dazu BAG vom 13. Januar 1983, AP Nr 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit; LAG Berlin vom 29. Dezember 1989, AP Nr 50 zu § 611 BGB Abhängigkeit; Schaub aaO, § 36 I und II).
Die Schlußfolgerung des LSG, daß die dem Kläger untersagte Tätigkeit nicht auf die Begründung von Arbeitsverhältnissen gerichtet war, diese vielmehr überwiegend von den Merkmalen der Vermittlung selbständiger Tätigkeiten geprägt und auch so geplant war, ist von den tatsächlichen Feststellungen des LSG gedeckt. Insoweit durfte das LSG angesichts des schon angeführten Inhalts des angefochtenen Bescheides von den Verträgen der Discothek Enterprise mit den Künstlern Herold/ Petry/Gruppe Bogart ausgehen. Das LSG hat festgestellt, daß Eingriffe und Weisungen des Veranstalters zu Art und Inhalt der künstlerischen Darbietung vertraglich ausdrücklich ausgeschlossen waren. Hiervon ist auch bei der tatsächlichen Ausführung der Verträge nicht abgewichen worden. Soweit Programmänderungen möglich erschienen, war Einvernehmlichkeit erforderlich. Die Vereinbarungen über Ort und Zeit der Veranstaltungen in den Verträgen sind lediglich aus sachlichen Gründen getroffen worden, um Inhalt und Umfang der vereinbarten künstlerischen Darbietung insoweit zu bestimmen. Die Vereinbarung eines zweimaligen Auftretens zu annähernd bestimmten Zeiten war im beiderseitigen Interesse erwünscht. Das LSG hat zu den Verträgen allgemein festgestellt, daß die darin enthaltenen Vereinbarungen dem Normalfall entsprechen und von den Vertragspartnern als selbstverständlich akzeptiert worden sind. Eine Abweichung hiervon bei der praktischen Durchführung hätte der Veranstalter durch einseitige Weisungen nicht verlangen können.
Von Bedeutung sind schließlich folgende weitere Feststellungen des LSG: Die Künstler Herold und Petry besaßen vertraglich zugestandene Rechte, bei Beteiligung mehrerer Künstler die Reihenfolge ihres Auftritts bestimmen zu können. Sie unterlagen keiner Probenverpflichtung. Soweit im Vertrag Petry von Proben die Rede ist, hat es sich um den sogenannten „Soundcheck” gehandelt, der aus technischen Gründen erforderlich ist. Die Künstler hatten die Steuern selbst zu tragen, dh, sie erhielten das vereinbarte Entgelt ohne Abzüge. Vereinbart war eine Entlassung aus dem Vertrag bei einer Verpflichtung des Künstlers zum Auftritt in Film, Funk oder Fernsehen; allerdings hatte sich der Künstler zur Vereinbarung eines Ersatztermins verpflichtet. Bei Unmöglichkeit des Auftritts wegen Erkrankung entfiel grundsätzlich der Entgeltanspruch. Für bestimmte Vertragsstörungen war die Zahlung einer Konventionalstrafe durch den Künstler vereinbart. Bühne, Beleuchtung und Mikrophonanlage hatte der Veranstalter zur Verfügung zu stellen. Grundsätzlich war ein festes Honorar vereinbart, das sich im Fall Herold bei einer bestimmten Gästezahl (800) um einen weiteren Festbetrag erhöhen sollte. Das LSG hat festgestellt, daß für eine Abweichung von diesen Vereinbarungen bei Durchführung der Verträge nichts ersichtlich sei. Der vom Kläger entworfene Künstlerkatalog enthält schließlich, so das LSG, ausnahmslos Künstler, die in einem besonderen Show-Teil auftreten, nicht aber zum Zweck der Tanzbegleitung musizieren; sie stellen sich durchweg als Solisten dar und werden unter im wesentlichen gleichen Bedingungen tätig, wie die Künstler Herold/ Petry/Gruppe Bogart nach den Verträgen mit der Discothek Enterprise. Nichts anderes gilt, so das LSG, soweit der Katalog neben Musikern und Sängern auch einen Hypnotiseur, einen Bauchredner, einen Moderator und einen auch als Discjockey tätig werdenden Sänger aufführt.
Von diesen Feststellungen hat der Senat auszugehen; denn die Beklagte hat sie nicht wirksam angegriffen (§ 163 SGG). Sie meint zwar, das LSG hätte neben den Künstlern Herold/Petry/ Gruppe Bogart auch die übrigen im Katalog enthaltenen Künstler über die Art ihrer Engagements befragen müssen. Sofern die Beklagte damit eine Verletzung der dem LSG obliegenden Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts (§ 103 SGG) hat rügen wollen, kann sie nicht durchdringen; denn sie hat nicht aufgezeigt, weshalb sich das LSG von seinem Rechtsstandpunkt aus hätte gedrängt fühlen müssen, weitere Ermittlungen anzustellen. Zudem hat die Beklagte nicht schlüssig aufgezeigt, welche für eine andere Entscheidung des LSG relevanten Beweisergebnisse zu erwarten gewesen wären.
Mit dem Revisionsvorbringen, das LSG sei von einer zu engen Definition des Arbeitnehmerbegriffs ausgegangen, wendet sich die Beklagte gegen die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, nicht gegen die ihr zugrundeliegenden Tatsachenfeststellungen. Dasselbe gilt für den Vortrag, die soziale Situation der Künstler, ihre Schutzbedürftigkeit, sei hier besonders zu berücksichtigen. Die Ausführungen der Beklagten betreffen auch im übrigen lediglich die materiell-rechtliche Auffassung des LSG. Sie begründet damit, weshalb sie eine andere Sachentscheidung für richtig hält, durchaus entsprechend ihrer mit der Revision erhobenen Rüge der Verletzung von §§ 4 und 13 AFG durch das LSG.
Damit kann die Beklagte jedoch keinen Erfolg haben. Daß für den Bereich des § 13 Abs 1 AFG nicht von einem besonderen Arbeitnehmerbegriff auszugehen ist, wenn es sich um Engagements von Künstlern handelt, wurde schon ausgeführt. Ob im Einzelfall eine Arbeitsvermittlung von Künstlern vorliegt, richtet sich nach keinen anderen rechtlichen Gesichtspunkten, als bei Personen mit einem sonstigen Beruf. Die rechtspolitischen Ausführungen der Beklagten hierzu sind nicht geeignet, die vorgegebene Gesetzeslage zu ändern.
Aufgrund der verbindlichen Feststellungen folgt der Senat dem LSG in der rechtlichen Beurteilung, daß der Kläger weder Arbeitsvermittlung betrieben noch geplant hat. Maßstab dafür sind, wie schon ausgeführt wurde, die Engagementsverträge der Discothek Enterprise zu den Künstlern Herold/Petry/ Gruppe Bogart. Die durch sie begründeten Rechtsbeziehungen zwischen Veranstalter und Künstlern sind keine Arbeitsverhältnisse, weil ihnen die dafür wesentlichen Merkmale nahezu vollständig fehlen. So besitzt der Veranstalter weder ein vertraglich noch sonstwie gesichertes Recht, den Künstlern bei der Durchführung ihrer Auftritte wie ein Arbeitgeber Weisungen zu erteilen, noch sind diese in arbeitnehmertypischer Weise in seinen Betrieb eingegliedert worden. Die Ausführung der vereinbarten Darbietungen erfolgte im wesentlichen eigenbestimmt. Soweit es um Festlegungen hinsichtlich Ort und Zeit der Veranstaltungen sowie technische Einzelheiten der Durchführung ging, beruhten diese nicht auf einem Weisungsrecht des Veranstalters, sondern auf vertraglichen Verabredungen, wie sie auch bei Dienst- oder Werkverträgen anzutreffen sind. Der Senat vermag deshalb die Rechtsauffassung des LSG nicht zu beanstanden, daß die streitigen Engagementsverträge nach Plan (Vereinbarung) und Durchführung selbständige Tätigkeiten zum Gegenstand hatten und nicht die Begründung von Arbeitsverhältnissen. Die Mitwirkung des Klägers hieran ist folglich keine Arbeitsvermittlung iS des § 13 Abs 1 AFG.
Dasselbe gilt für die entsprechende Tätigkeit hinsichtlich der übrigen im Katalog aufgeführten Künstler, weil insoweit nach den Feststellungen des LSG nichts anderes geplant war. Das LSG hat deshalb zu Recht entschieden, daß der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist; denn die Beklagte darf nur eine Arbeitsvermittlung iS von § 13 Abs 1 AFG untersagen. Ihre Revision muß deshalb zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen