Beteiligte
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 26. März 1997 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Bergmannsvollrente gemäß Art 2 § 6 Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) im Rahmen eines Neufeststellungsverfahrens.
Der am 4. Dezember 1941 geborene Kläger war nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) von September 1956 bis Ende August 1959 als Berglehrling und anschließend bis 11. November 1962 als Junghauer und Hauer unter Tage beschäftigt. Nach seinem Wehrdienst vom 12. November 1962 bis 29. April 1964 schlossen sich vom 5. Mai 1964 bis zum 18. Juli 1971 weitere Beschäftigungen unter Tage als Hauer, Zimmerling und Lokbegleiter an.
Nach einem am 20. Januar 1971 erlittenen Arbeitsunfall gab der Kläger zum 31. Januar 1972 die Tätigkeiten im Bergbau auf. In der Folgezeit war er beschäftigt:
- als Versandleiter bei einer Brauerei vom 1. Februar 1972 bis 26. November 1975,
- als Hausmeister bei einer Stadtverwaltung vom 27. November 1975 bis 31. Oktober 1977,
- als Sachbearbeiter im Bereich „Grundstücke und Sport” bei einem Textilwerk vom 1. November 1977 bis 25. August 1980,
- als Lagerarbeiter in einer Handelsgesellschaft vom 26. August 1980 bis 31. Januar 1981,
- als Leiter für allgemeine Bereiche in einem Verpackungsmittelwerk vom 3. Februar 1981 bis 31. Dezember 1981,
- als Sachbearbeiter im Bereich Beschaffung bei einem Textilwerk vom 1. Januar 1982 bis 31. Dezember 1987,
- als Mitarbeiter einer Stadtverwaltung vom 1. Januar 1988 bis 16. Juni 1989 und
- als selbständiger Tischler ab 13. Juli 1989.
Seinen Antrag auf Gewährung von Bergmannsvollrente lehnte die Landesversicherungsanstalt Sachsen durch Bescheid vom 21. November 1991 ab, da der Kläger die erforderliche bergbauliche Versicherungszeit nicht erfüllt habe. Den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 10. November 1992 erließ zuständigkeitshalber die Beklagte; er blieb unangefochten. Von der Beklagten bezog der Kläger aufgrund des Bescheides vom 15. November 1993 eine Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau und – nach den Angaben des Klägers – seit dem 1. Dezember 1997 Rente wegen Berufsunfähigkeit. Daneben erhielt er – wegen seiner Ansprüche gegen den früheren Arbeitgeber auf Ersatz der Folgen des Arbeitsunfalls – einen laufenden zivilrechtlichen Schadenersatz aus der Staatlichen Versicherung der DDR, der im Frühjahr 1996 eingestellt wurde.
Der Kläger beantragte daraufhin, die frühere Ablehnung seines Anspruchs auf Bergmannsvollrente gemäß § 44 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) zu überprüfen. Er blieb damit ohne Erfolg (Bescheid vom 15. Mai 1996, Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 1996; Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ Chemnitz vom 23. Oktober 1996, Urteil des Sächsischen LSG vom 26. März 1997). Das LSG hat ausgeführt, der Rechtsanspruch des Klägers auf Bergmannsvollrente sei nicht iS von § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X zu Unrecht abgelehnt worden. Mit seiner bergbaulichen Versicherungszeit vom 1. September 1956 bis 31. Januar 1972 erfülle der Kläger nicht die geforderte Wartezeit von 25 Jahren bergbaulicher Versicherung. Zwar sei zugunsten des Klägers davon auszugehen, daß er wegen einer Berufskrankheit (BK) nicht mehr in einem Bergbaubetrieb habe tätig sein können. Mit Rücksicht darauf sei seine Tätigkeit als Versandleiter vom 1. Februar 1972 bis zum 26. November 1975 noch auf die Wartezeit anrechenbar, weil er diese Tätigkeit iS des maßgeblichen § 40 der Rentenverordnung der DDR (RentenVO) vereinbarungsgemäß mit seinem ehemaligen Arbeitgeber aufgenommen habe. Anders verhalte es sich hingegen mit der ab 27. November 1975 aufgenommenen Tätigkeit als Hausmeister. Dieser Tätigkeitswechsel sei nicht spezielle Folge einer durch die Untertagearbeit hervorgerufenen BK, sondern Folge des Umstands, daß er wegen seines allgemeinen Gesundheitszustandes nicht mehr als Kfz-Schlosser habe tätig sein können. Im übrigen sei eine Anrechnung der folgenden Tätigkeit als Sachbearbeiter auf die Wartezeit auch deswegen ausgeschlossen, weil er die Tätigkeit als Hausmeister aus freien Stücken aufgegeben habe, ohne bis dahin die 25jährige Versicherungszeit erreicht zu haben. Art 2 RÜG finde auf den Kläger keine Anwendung, da sein geltend gemachter Anspruch nicht in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis 31. Dezember 1996 beginne.
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung materiellen Rechts. Da bei seinem Ausscheiden aus der Untertagetätigkeit zum 31. Januar 1972 die vom LSG herangezogene RentenVO noch nicht gegolten habe, dürften seinem Anspruch auf Bergmannsvollrente die dort aufgestellten Voraussetzungen, nämlich Einschaltung des Amts für Arbeit und Unfallvermerk im Sozialversicherungsausweis, nicht entgegengehalten werden. Seine Arbeitsplatzwechsel im zeitlichen Geltungsbereich der RentenVO erfüllten die gestellten Anforderungen. Die Arbeitsplatzwechsel seien zuständigkeitshalber ausschließlich mit der Staatlichen Versicherung der DDR zu regulieren gewesen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung des Urteils des Sächsischen LSG vom 26. März 1997 und des Urteils des SG Chemnitz vom 23. Oktober 1996 sowie des Bescheides der Beklagten vom 15. Mai 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 1996 die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. April 1996 die Bergmannsvollrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt unter näherer Darlegung,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Gerichts durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
II
Die Revision ist zulässig, weil sie in dem Urteil des LSG zugelassen worden ist (§ 160 Abs 1 SGG). Dies hat das LSG rechtsfehlerfrei in der Urteilsformel erklärt (§ 136 Abs 1 Nr 4 SGG). Soweit demgegenüber am Schluß der vom LSG angeführten Entscheidungsgründe zu lesen ist, Gründe für eine Zulassung der Revision lägen nicht vor, handelt es sich – falls kein Redaktionsversehen vorliegt – um eine Aussage, die die Urteilsformel nicht begründet, sondern in einem Gegensatz zu ihr steht. Sie ist deshalb ungeeignet, die Entscheidung des Gerichts zu verdeutlichen. Eine Rechtswirkung kommt ihr nicht zu. Es handelt sich um einen Formfehler, der jedenfalls in Fällen der vorliegenden Art rechtsunerheblich ist, weil er die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht berühren kann.
Die Revision ist unbegründet.
Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den ursprünglichen, bestandskräftig gewordenen Ablehnungsbescheid vom 21. November 1991 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 1996 zurückzunehmen. Dieser Bescheid erweist sich nicht als von Anfang an unrichtig iS des § 44 Abs 1 SGB X. Der Anspruch auf Bergmannsvollrente steht dem Kläger nicht zu, weil die Voraussetzungen des Art 2 § 6 RÜG nicht erfüllt sind.
1. Der Anspruch des Klägers richtet sich – entgegen der Rechtsansicht des LSG – nach den Vorschriften des am 1. Januar 1992 in Kraft getretenen Art 2 RÜG. Anspruch auf Rente nach diesem Gesetz haben Personen, die die in Art 2 RÜG geregelten Anspruchsvoraussetzungen erfüllen (§ 1 Abs 1 Nr 1 aaO), die am 18. Mai 1990 ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet hatten (§ 1 Abs 1 Nr 2 aaO) und deren Rente in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 1996 beginnt (§ 1 Abs 1 Nr 3 aaO), solange sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland haben (§ 1 Abs 1 Satz 1 letzter Teilsatz aaO). Diese, im übrigen hier vorliegenden, Anwendungsvoraussetzungen wären vollständig erfüllt, wenn auch die materiellen Voraussetzungen des Art 2 § 6 RÜG vorlägen. Beim Kläger könnte eine Bergmannsvollrente frühestens am 1. Januar 1994 beginnen, weil dieser Anspruch – unterstellt die hier streitige Wartezeit von 25 Jahren sei erfüllt – erst um die Anzahl der Monate später entstehen könnte, die ihm an einer 15jährigen Untertagetätigkeit fehlten (Art 2 § 6 Abs 2, § 44 RÜG iVm § 99 Abs 1 SGB VI). Denn nach dem vom LSG festgestellten Sachverhalt dauerte die Untertagetätigkeit nur 13 Jahre und 5 Monate, abgerundet nach Art 2 § 26 Abs 2 Nr 4 RÜG auf 13 Jahre (vgl dagegen die Bescheinigung der E. vom 12. September 1991 ≪Bl 27 VA≫, die nur 2 Jahre Untertagetätigkeit als Berglehrling ausweist, woraus sich eine Untertagetätigkeit von insgesamt 12 Jahren und 5 Monaten ergäbe).
2. Daraus folgt zugleich, daß die Vorschriften des früheren Rentenrechts der DDR nicht anspruchsbegründend sind. Dem steht das Überleitungsrecht nicht entgegen. Gemäß Anl II Kap VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr 6 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 (BGBl II 889 ≪EinigVtr≫) hat zwar ua die Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialpflichtversicherung – Rentenverordnung – vom 23. November 1979 (GBl DDR I Nr 43 S 401 RentenVO), zuletzt geändert durch Verordnung über die Änderung oder Aufhebung von Rechtsvorschriften vom 28. Juni 1990 (GBl DDR I Nr 38 S 509), bis zum 31. Dezember 1991 fortgegolten. Aber § 40 Abs 2 RentenVO ließ – ebenso wie die Nachfolgeregelung in Art 2 § 6 Abs 2 RÜG – in Fällen der vorliegenden Art den Anspruch auf Bergmannsvollrente um die an einer 15jährigen Untertagearbeit fehlende Anzahl der Jahre und Monate später entstehen. Daraus ergibt sich für den Kläger, daß sein Anspruch nicht schon unter der Geltung der RentenVO, sondern erst im zeitlichen Geltungsbereich des RÜG entstehen konnte. Da es für die Frage des zeitlich maßgeblichen Rechts – vorbehaltlich abweichender gesetzlicher Regelungen – jeweils auf den Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs ankommt, konnte das frühere DDR-Recht insoweit keine Anwendung finden.
3. Der Klageanspruch ist nicht begründet, weil die Wartezeit nicht erfüllt ist. Nach Art 2 § 6 Abs 1 RÜG haben Versicherte Anspruch auf Bergmannsvollrente, wenn sie
- das 50. Lebensjahr vollendet,
- die Wartezeit einer bergbaulichen Versicherung von 25 Jahren erfüllt und
- mindestens 15 Jahre Untertagetätigkeit ausgeübt haben.
Es fehlt an einer bergbaulichen Versicherung von 25 Jahren. Nach den bindenden Feststellungen des LSG war der Kläger seit September 1956 bis zum 18. Juli 1971 – von der Unterbrechung durch den Wehrdienst abgesehen – in einem bergbaulichen Betrieb beschäftigt. Da unmittelbar vor und nach der Wehrdienstzeit in den Jahren von November 1962 bis zum April 1964 eine bergbauliche Versicherung bestanden hat, ist der Wehrdienst den Zeiten der bergbaulichen Versicherung zuzuordnen (Art 2 § 22 Satz 1 Nr 1 RÜG). Auch damit erreichte der Kläger lediglich 14 Jahre und 11 Monate bergbauliche Versicherungszeit.
Die an der Wartezeit von 25 Jahren (Art 2 § 6 Abs 1 Nr 2, § 16 Abs 2 Nr 1 RÜG) fehlenden (121) Monate konnte der Kläger nicht durch anrechenbare Beschäftigungszeiten außerhalb des Bergbaus gemäß Art 2 § 17 Abs 3 Satz 1 Nr 4 Buchst b RÜG vollständig auffüllen. Auf die vorgenannte Wartezeit einer bergbaulichen Versicherung von 25 Jahren werden danach Zeiten einer versicherungspflichtigen Tätigkeit außerhalb der bergbaulichen Versicherung angerechnet, wenn mindestens zehn Jahre Untertagetätigkeiten ausgeübt wurden und
„aa) diese Tätigkeit im Zusammenhang mit Rationalisierungsmaßnahmen, infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit aufgegeben werden mußte und vereinbarungsgemäß eine versicherungspflichtige Tätigkeit außerhalb des Bergbaus aufgenommen wurde.”
Diese Vorschrift findet auf den Kläger Anwendung, weil sein Ausscheiden aus dem Bergbau auf dem am 20. Januar 1971 erlittenen Arbeitsunfall beruhte. Nach den unangegriffenen und für den Senat bindenden Feststellungen des LSG erfüllt zwar seine anschließend am 1. Februar 1972 bis zum 26. November 1975 bei einer Brauerei aufgenommene Beschäftigung als Versandleiter die Voraussetzungen dieser Vorschrift. Damit allein läßt sich jedoch die Wartezeit nicht auf 25 Jahre auffüllen. Die Folgetätigkeiten vom 27. November 1975 an, zunächst diejenige bei einer Stadtverwaltung und sodann die sich daran anschließenden Tätigkeiten, sind dagegen von der Anrechnung ausgeschlossen. Bei diesen Tätigkeiten handelt es sich jeweils nicht im Rechtssinne um eine versicherungspflichtige Tätigkeit, die infolge des Arbeitsunfalls vereinbarungsgemäß außerhalb des Bergbaus aufgenommen wurde.
Der Wortlaut des Art 2 § 17 Abs 3 Nr 4 Buchst b) aa RÜG ist nicht eindeutig. Er läßt einerseits die Deutung zu, zur Anrechnung von Zeiten einer versicherungspflichtigen Tätigkeit außerhalb des Bergbaus auf die Wartezeit einer bergbaulichen Versicherung von 25 Jahren reiche es aus, daß es zu einer – einmaligen – Vereinbarung über die Abkehr vom Bergbau und die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Tätigkeit außerhalb des Bergbaus gekommen ist. Andererseits ist auch die Auslegung möglich, daß jede einzelne dieser versicherungspflichtigen Tätigkeiten nur dann entsprechend anrechenbar ist, wenn über ihre Aufnahme eine entsprechende – erneute – Vereinbarung getroffen worden ist. Von der letztgenannten Deutung geht der Senat aus.
Erst die Entstehungsgeschichte sowie der Sinn und Zweck der obengenannten Vorschrift erschließen ihren Inhalt. In diesem Zusammenhang gewinnt das Recht der DDR Bedeutung. Entsprechend Art 30 Abs 5 EinigVtr hat Art 2 RÜG das bis dahin geltende Rentenrecht der DDR im wesentlichen übernommen. Dementsprechend stimmen bereits Art 2 § 6 RÜG und § 37 RentenVO überein. In gleicher Weise hat Art 2 § 17 Abs 3 Nr 4 Buchst b) aa RÜG die Regelung des § 40 Abs 1 Buchst a und b RentenVO übernommen. Danach wurde für Bergleute, die mindestens 10 Jahre unter Tage tätig waren und aus dieser Tätigkeit
- im Zusammenhang mit Rationalisierungsmaßnahmen ausscheiden und vereinbarungsgemäß eine versicherungspflichtige Tätigkeit in einem Betrieb außerhalb des Bergbaus aufnehmen oder
- infolge eines Arbeitsunfalls bzw einer Berufskrankheit ausscheiden und vereinbarungsgemäß eine versicherungspflichtige Tätigkeit in einem Betrieb außerhalb des Bergbaus aufnehmen …
diese Tätigkeit außerhalb des Bergbaus auf die geforderte Mindestzeit von 25 Jahren bergbaulicher Versicherung angerechnet.
Unter welchen Voraussetzungen „vereinbarungsgemäß eine versicherungspflichtige Tätigkeit in einem Betrieb außerhalb des Bergbaus aufgenommen ist”, erläutert die gleichzeitig mit der RentenVO erlassene Erste Durchführungsbestimmung zur RentenVO vom 23. November 1979 (GBl DDR I Nr 43 S 413 ≪1. DB RentenVO≫). Nach § 47 Abs 1 der 1. DB RentenVO gilt als Betrieb außerhalb des Bergbaus, in welchem vereinbarungsgemäß eine versicherungspflichtige Tätigkeit aufgenommen wurde, derjenige Betrieb, in welchem dem Betroffenen vom Leiter des Bergbaubetriebes in Übereinstimmung mit dem Amt für Arbeit und Löhne des Bezirks bzw des Kreises ein neuer Platz nach bestimmten Gesichtspunkten nachgewiesen wurde. Danach bezieht sich die vereinbarungsgemäße Aufnahme einer versicherungspflichtigen Tätigkeit außerhalb des Bergbaus stets nur auf den einzelnen Arbeitsplatz und damit auf ein bestimmtes Beschäftigungsverhältnis. Da Art 2 § 17 Abs 3 Nr 4 Buchst b) aa RÜG den Begriff der vereinbarungsgemäßen Aufnahme einer versicherungspflichtigen Tätigkeit außerhalb des Bergbaus ohne einen abändernden Zusatz dem § 40 Abs 1 Buchst a und Buchst b RentenVO entnommen hat, ist die Auslegung der betreffenden Vorschrift des RÜG dahin gerechtfertigt, daß auch hier stets eine entsprechende Vereinbarung für das einzelne Beschäftigungsverhältnis vorausgesetzt wird. Daran fehlt es den Folgetätigkeiten des Klägers vom 27. November 1975 an.
Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob Ausnahmen davon, die das Rentenrecht der DDR vorsah, ohne daß sie vom RÜG ausdrücklich geregelt wurden, im allgemeinen auch unter der Herrschaft des RÜG Anwendung finden können. Denn sie treffen im vorliegenden Fall nicht zu. § 47 der 1. DB RentenVO unterscheidet insoweit zwischen dem Betrieb, in welchem vereinbarungsgemäß eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt wurde, und einer versicherungspflichtigen Tätigkeit im folgenden Betrieb. Nach Abs 3 aaO wird ausnahmsweise die versicherungspflichtige Tätigkeit im folgenden Betrieb ebenfalls auf die Mindestzeit von 25 Jahren bergbaulicher Versicherung angerechnet, wenn der Betroffene ua aus Gründen einer durch die Untertagearbeit hervorgerufenen Berufskrankheit aus dem Betrieb, in welchem vereinbarungsgemäß eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt wurde, ausgeschieden ist. Diese Voraussetzungen hat der Kläger jedenfalls nicht erfüllt. Insoweit hat das LSG festgestellt, daß der Kläger schon aus der Brauerei, bei der er vereinbarungsgemäß eine Tätigkeit als Versandleiter aufgenommen hatte, Ende November 1975 nicht aus Gründen einer durch die Untertagetätigkeit hervorgerufenen BK ausgeschieden ist, obwohl es zugunsten des Klägers davon ausgegangen ist, daß er wegen einer BK nicht mehr in einem Bergbaubetrieb tätig sein konnte. Denn bei der Brauerei sei er ausgeschieden, weil er nach einem ärztlichen Attest aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr als Kfz-Schlosser habe tätig sein können. Außerdem hat das LSG auch festgestellt, daß der Kläger aus seiner Beschäftigung bei der Stadtverwaltung Ende Oktober 1977 aus freien Stücken ausgeschieden ist, ohne bis dahin – selbst mit Anrechnung weiterer versicherungspflichtiger Tätigkeiten – die Wartezeit einer bergbaulichen Versicherung von 25 Jahren erfüllt zu haben. Diese Feststellungen, die der Kläger nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen hat, sind für den Senat bindend (§ 163 SGG). Sie schließen die Voraussetzungen des § 47 Abs 3 der 1. DB RentenVO aus. Daraus folgt, daß mit dem LSG nur die Tätigkeit des Klägers als Versandleiter bei einer Brauerei als eine versicherungspflichtige Tätigkeit außerhalb des Bergbaus gewertet werden kann, die vereinbarungsgmäß aufgenommen wurde (Art 2 § 17 Abs 3 Nr 4 Buchst b) aa RÜG). Nur diese Zeiten einer versicherungspflichtigen Tätigkeit können auf die Wartezeiten einer bergbaulichen Versicherung von 25 Jahren angerechnet werden. Dagegen gibt es auch unter Berücksichtigung des früheren DDR-Rechts in § 40 Abs 1 Buchst b RentenVO und § 47 Abs 1 und Abs 3 der 1. DB RentenVO keinen Grund, der es rechtfertigte, die versicherungspflichtigen Tätigkeiten des Klägers vom 27. November 1975 ab auf die Wartezeiten einer bergbaulichen Versicherung von 25 Jahren anzurechnen. Denn jedenfalls sie sind nicht mehr iS des Art 2 § 17 Abs 3 Nr 4 Buchst b) aa RÜG vereinbarungsgemäß außerhalb des Bergbaus aufgenommen worden.
Für eine erweiternde Auslegung dieser Vorschrift iS des Klägers fehlt erst recht jeder Anhaltspunkt.
Gegen dieses Ergebnis sprechen schließlich auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Zwar mag eine Regelung wie die des § 40 Abs 1 RentenVO iVm § 47 Abs 1 der 1. DB RentenVO, die versicherungsrechtliche Nachteile vorsieht, wenn Arbeitsplatzwechsel nicht mit früheren Arbeitgebern und staatlichen Stellen abgesprochen sind, unter Geltung des Grundgesetzes (GG) den Grundrechten aus Art 3 Abs 1 GG (allgemeiner Gleichheitssatz) und Art 12 Abs 1 GG (Berufsfreiheit) widersprechen. Die Arbeitsplatzwechsel der hier maßgebenden Jahre ab 1978 fanden jedoch in der DDR statt und damit nicht unter der Herrschaft des Grundgesetzes. Der Gesetzgeber war auch nicht verpflichtet, dieses gleichsam rückwirkend für die DDR in Kraft zu setzen. Der Einigungsvertragsgesetzgeber fand die Rentenansprüche und -anwartschaften in der Form vor, die sie durch die Gesetzgebung der DDR erhalten hatten; diese unterlag nicht den Anforderungen des Grundgesetzes und kann daher nicht an ihnen gemessen werden (Bundesverfassungsgericht ≪BVerfG≫, Urteil vom 28. April 1999 - 1 BvL 32/95 ua -, EuGRZ 1999, 245, 255). Es kann deshalb nicht beanstandet werden, wenn der bundesdeutsche Gesetzgeber – durch Art 30 Abs 5 EinigVtr und Art 2 RÜG – die Rentenanwartschaften der DDR für eine Übergangszeit fortbestehen ließ, ohne jedoch in diesem Zusammenhang bestimmte zu DDR-Zeiten nicht bestehende Rentenanwartschaften neu einzurichten. Hieran ändert nichts, daß auch der Gesetzgeber bei der Ratifikation des EinigVtr und bei Erlaß des Art 2 RÜG an das Grundgesetz gebunden war (BVerfG aaO). Es ist jedenfalls nicht ersichtlich, daß diese insoweit übernommene rentenrechtliche Regelung der DDR elementaren rechtsstaatlichen Grundsätzen widerspricht (vgl Art 19 Satz 2 EinigVtr) oder mit den tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaats schlechthin unvereinbar ist (vgl § 1 Abs 2 Verwaltungsrechtliches Rehabilitierungsgesetz idF vom 1. Juli 1997 - BGBl I 1621).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen
AuA 2000, 94 |
SGb 1999, 623 |
SozSi 2000, 105 |