Beteiligte
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 22. März 2001 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Streitig ist der Wert des Rechts auf Altersrente und in diesem Zusammenhang, ob eine Zeit der Arbeitslosigkeit vom 28. September bis 31. Dezember 1997 als Anrechnungszeit zu berücksichtigen ist.
Der im Dezember 1937 geborene Kläger war seit dem 1. Februar 1995 bis 31. Dezember 1997 arbeitslos gemeldet. Er bezog vom Arbeitsamt Arbeitslosengeld bis 27. September 1997. Für die Zeit danach, ab 28. September 1997, stellte er keinen Antrag auf Bewilligung von Arbeitslosenhilfe. Am 2. Januar 1996 hatte er eine Erklärung nach § 105c AFG unterschrieben, wonach er von der Möglichkeit Gebrauch mache, Arbeitslosengeld bzw Arbeitslosenhilfe unter der erleichterten Voraussetzung des § 105c AFG zu beziehen, da er am Erwerbsleben nicht mehr voll teilnehmen wolle; ihm sei bekannt, daß er die in diesem Zusammenhang stehenden rentenrechtlichen Angelegenheiten bei seinem Rentenversicherungsträger klären könne, ferner, daß er im Falle der Nichtgewährung von Arbeitslosengeld bzw Arbeitslosenhilfe diese Erklärung bis zum Ablauf des auf die Beendigung der letzten Beschäftigung oder des letzten Leistungsbezugs folgenden Kalendermonats schriftlich zurücknehmen könne und sodann ein Bewerberangebot bei seinem Arbeitsvermittler abgeben müsse, wenn er die Zeit der Arbeitslosigkeit als Ausfallzeit für seine Rentenversicherung geltend machen wolle.
Im August 1997 beantragte der Kläger zum 1. Januar 1998 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Mit Bescheid vom 7. Januar 1998 – und insoweit bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 1998 – bewilligte ihm die Beklagte antragsgemäß die Rente unter Zugrundelegung der Zeit vom 1. Februar 1995 bis 27. September 1997 als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit, die Zeit vom 28. September bis 31. Dezember 1997 berücksichtigte sie jedoch nicht als Anrechnungszeit, weil der Kläger im Hinblick auf seine Erklärung nach § 105c AFG der Arbeitsvermittlung nur noch eingeschränkt zur Verfügung gestanden habe.
Das SG hat mit Urteil vom 29. August 2000 die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, die Rente unter Berücksichtigung einer Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit im streitigen Zeitraum neu zu berechnen. Das LSG hat das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 22. März 2001). Es hat im wesentlichen ausgeführt: Der Kläger sei zwar im streitigen Zeitraum arbeitslos gewesen und habe nach Auslaufen des Arbeitslosengeldes Arbeitslosenhilfe nur deshalb nicht bezogen, weil er einen entsprechenden Antrag wegen zu berücksichtigenden Einkommens und Vermögens nicht gestellt habe. Dennoch sei die Zeit nicht als Anrechnungszeit zu berücksichtigen, da er nur eingeschränkt subjektiv verfügbar gewesen sei. Der Begriff Arbeitssuche iS von § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB VI sei nach rentenrechtlichen und nicht nach arbeitsförderungsrechtlichen Kriterien zu bestimmen. Eine nur eingeschränkte subjektive Verfügbarkeit nach § 105c AFG bzw § 428 SGB III sei für das Vorliegen des Anrechnungstatbestandes des § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB VI nicht ausreichend. Infolgedessen sei der Kläger, da er im Hinblick auf die abgegebene und nicht widerrufene Erklärung nach § 105c AFG der Arbeitsvermittlung nicht uneingeschränkt zur Verfügung gestanden habe, im streitigen Zeitraum nicht arbeitssuchend in diesem Sinne gewesen. Auf einen sog Herstellungsanspruch könne der Kläger sich nicht berufen. Denn mit diesem könnten allein rechtlich zulässige Folgen, nicht jedoch ein tatsächlicher Lebenssachverhalt fingiert werden. Dies gelte insbesondere für die Bereitschaft eines Arbeitslosen zu einer uneingeschränkten subjektiven Verfügbarkeit.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine fehlerhafte Anwendung von § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB VI. Er ist der Ansicht, es verstoße gegen Art 3 Abs 1 GG, wenn Versicherte, die eine Erklärung nach § 105c AFG abgegeben, jedoch infolge ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse keine Arbeitslosenhilfe bezogen hätten, die Voraussetzungen für den Erwerb von Anrechnungszeiten nicht erfüllten, während Versicherte, die ebenfalls die Erklärung abgegeben hätten, jedoch Leistungen von der Bundesanstalt für Arbeit erhalten hätten, von dem Erwerb dieser Zeiten nicht ausgeschlossen seien.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 22. März 2001 aufzuheben und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB VI setze vorrangig eine subjektive Verfügbarkeit im Sinne einer (umfassenden) Arbeitsbereitschaft des Versicherten voraus. Hieran fehle es, wenn der Versicherte eine Erklärung nach § 105c AFG (bzw § 428 SGB III) abgegeben habe.
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet.
Zutreffend hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und Abs 4 SGG) gegen die angefochtene Rentenwertfestsetzung abgewiesen. Denn die Beklagte hat den Wert des Rechts auf Altersrente zutreffend ohne die von dem Kläger begehrte Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit vom 28. September bis 31. Dezember 1997 festgesetzt. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, wonach die Voraussetzungen für eine Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug dann nicht erfüllt sind, wenn der Versicherte sich dem Arbeitsmarkt im Hinblick auf die von ihm abgegebene Erklärung nach § 105c AFG (bzw § 428 Abs 1 SGB III) nur noch eingeschränkt zur Verfügung stellt (vgl Urteil des Senats in BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 6 und Urteil vom 12. Juni 2001 – B 4 RA 26/00 R – zur Veröffentlichung vorgesehen).
Nach § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB VI liegt eine Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit unter bestimmten weiteren Voraussetzungen ua dann vor, wenn ein Versicherter bei einem deutschen Arbeitsamt als „Arbeitssuchender” gemeldet war und eine öffentlich-rechtliche Leistung bezogen oder nur wegen des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens nicht bezogen hat. Der Kläger war in dem streitigen Zeitraum vom 28. September bis 31. Dezember 1997, nicht als „Arbeitssuchender” im Sinne dieser Vorschrift beim Arbeitsamt gemeldet.
Nach den mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des LSG war der Kläger zwar vom 1. Februar 1995 bis zum 31. Dezember 1997 arbeitslos (gemeldet), hatte bis zum 27. September 1997 Arbeitslosengeld bezogen und erhielt im Anschluß daran für den streitigen Zeitraum keine Arbeitslosenhilfe, weil er insoweit wegen seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse keinen Antrag gestellt hatte. Nach den weiteren Feststellungen hatte der Kläger jedoch nach Vollendung des 58. Lebensjahres eine Erklärung nach § 105c AFG abgegeben, wonach er am Erwerbsleben nicht mehr voll teilnehmen wolle; er hatte diese Erklärung bis zum 27. September bzw in der Zeit vom 28. September bis 31. Dezember 1997 auch nicht widerrufen. Er hat sich auch nicht innerhalb von jeweils drei Monaten beim Arbeitsamt um Vermittlung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bemüht (sog Meldeerfordernis). Infolgedessen war er im Hinblick darauf, daß er nicht alle Möglichkeiten nutzen wollte, um seine Arbeitslosigkeit zu beenden, nicht Arbeitssuchender im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung.
Der Senat hat bereits entschieden, daß das Rentenversicherungsrecht – jedenfalls seit dem Inkrafttreten des SGB VI zum 1. Januar 1992 – ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal, der Versicherte müsse (auch) „arbeitslos” im Sinne des Arbeitsförderungsrechts sein, nicht mehr enthält (vgl BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 6 S 30 ff sowie Urteil des Senats vom 12. Juni 2001, aaO). Rentenversicherungsrechtlich entscheidend war nach dem AVG und ist nach dem SGB VI, ob er in dem jeweiligen Zeitraum trotz Erwerbsfähigkeit und aktiver Arbeitsplatzsuche keine rentenversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit oder Beschäftigung ausüben kann. Dabei liegt eine aktive Arbeitsplatzsuche nur vor, soweit der Versicherte wirklich und ohne Vorbehalte nach rentenversicherungspflichtiger Arbeit sucht, solange er sich also bemüht, unter Nutzung der Möglichkeiten auch der Arbeitsvermittlung der Bundesanstalt für Arbeit (Arbeitslosmeldung) eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit – wieder – zu erlangen. Infolgedessen ist nur derjenige beim Arbeitsamt als „Arbeitssuchender” gemeldet, der aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen des Arbeitsmarktes trotz Erwerbsfähigkeit und trotz aktiver Arbeitsplatzsuche im Mindestmaß des Meldeerfordernisses keine rentenversicherungsbeitragspflichtige Erwerbstätigkeit oder Beschäftigung ausüben kann. Im Wege des sozialen Ausgleichs, dh des solidarischen Einstehens der Rentenversicherten untereinander, soll ihm zur Abmilderung der aus unfreiwillig pflichtbeitragslos gebliebenen Zeiten drohenden rentenversicherungsrechtlichen Nachteile eine Anrechnungszeit gewährt werden, die nicht nur für die Höhe einer späteren Rente, sondern auch für die Erfüllung versicherungsrechtlicher Voraussetzungen Bedeutung erlangen kann. Das solidarische Einstehen der anderen Rentenversicherten darf jedoch nur in Anspruch genommen werden, wenn der erwerbsfähige Versicherte sich aktiv und uneingeschränkt um eine rentenversicherte Beschäftigung und Erwerbstätigkeit bemüht (so BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 6 S 31 f). Er muß sich also auch um solche rentenversicherungspflichtige (Teilzeit-)Arbeitsplätze bemühen, um die er nach Arbeitsförderungsrecht wegen Kurzzeitigkeit der Beschäftigung nicht nachsuchen müßte.
Das SGB VI enthält weder in § 58 Abs 1 Nr 3 aaO noch in sonstigen Bestimmungen, welche die Anrechnungszeiten betreffen, ein Privileg zugunsten der Versicherten, die das 58. Lebensjahr vollendet und die in § 105c AFG für das Arbeitsförderungsrecht zugelassene Erklärung abgegeben haben. Wie der Senat bereits geklärt hat, läßt sich aus dieser arbeitsförderungsrechtlichen Vorschrift keine Rechtsfolge für das Rentenversicherungsrecht herleiten (BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 6 S 32 und S 34; Urteil des Senats vom 12. Juni 2001, aaO). Insbesondere ergibt sich aus ihr kein Hinweis darauf, daß damit zugleich auch geringere Anforderungen an die Arbeitsplatzsuche des Rentenversicherten iS von § 58 SGB VI gestellt werden dürfen. Denn § 105c AFG bzw der inhaltsgleiche § 428 Abs 1 SGB III beruhen auf spezifischen Wertungen des Arbeitsförderungsrechts, die für das Recht der Altersrentenversicherung, in dem ein Recht auf Regelaltersrente kraft Gesetzes frühestens mit Vollendung des 65. Lebensjahres entsteht, von vornherein nicht übertragbar sind. Die Privilegierung durch § 105c AFG tritt nämlich nur deshalb ein, weil den Arbeitnehmern nach Vollendung des 58. Lebensjahres „im allgemeinen kein Arbeitsplatz mehr vermittelt werden kann, der ihrer bisherigen Tätigkeit annähernd gleich ist und ein erneuter Aufstieg im Betrieb kaum noch möglich ist” (BR-Drucks 445/85 S 21). Diese Erwägungen berühren eine Thematik, die das SGB VI durch die Gewährung von Gestaltungsrechten zur vorzeitigen Herbeiführung des Versicherungsfalls und damit der Entstehung von Rechten auf Altersrenten in anderer Weise systemspezifisch gelöst hat.
Entgegen der Auffassung des Klägers werden Versicherte, die eine Erklärung nach § 105c AFG abgegeben haben, mit und ohne Leistungsbezug rentenversicherungsrechtlich gleich behandelt. Wie das BSG bereits entschieden hat (vgl BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 5 S 19), entfällt grundsätzlich der Tatbestand einer Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit nicht nur dann, wenn ein Arbeitsloser außerhalb des Leistungsbezugs der Arbeitsvermittlung nicht mehr voll zur Verfügung steht, sondern auch dann, wenn er – ohne dem Meldeerfordernis des § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB VI zu genügen – zu dem nach § 105c AFG begünstigten Personenkreis gehört. § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB VI verlangt rentenversicherungsrechtlich von allen Betroffenen eine aktive Arbeitsplatzsuche unter Nutzung der Möglichkeiten der Arbeitsvermittlung der Bundesanstalt für Arbeit.
Der Kläger kann sein Begehren auch nicht auf den sog sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Er hat kein Recht, von der Beklagten zu verlangen, so gestellt zu werden, als habe er den Tatbestand von § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB VI im streitigen Zeitraum erfüllt. Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für einen derartigen Anspruch liegen insoweit nicht vor, weil bereits nicht erkennbar ist, daß die beklagte Seekasse irgendeine ihr gegenüber dem Kläger obliegende Pflicht verletzt hat. Darüber hinaus hat die Bundesanstalt für Arbeit in dem vom Kläger unterschriebenen Formblatt ausdrücklich auf den Beratungsanspruch gegen den Träger der Rentenversicherung und auf mögliche rentenrechtliche Nachteile im Zusammenhang mit der Erklärung nach § 105c AFG hingewiesen (vgl zum Herstellungsanspruch: BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 2 S 5 f).
Die Revision des Klägers hat mithin keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen