Beteiligte
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 26. August 1998 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger ist Angestellter der beklagten Bundesknappschaft bei der Verwaltungsstelle in C. und in der knappschaftlichen Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung pflichtversichert. Er begehrt, hinsichtlich der von ihm zu tragenden Beitragsanteile zur sozialen Pflegeversicherung so gestellt zu werden, als hätte der Freistaat Sachsen wie die übrigen Bundesländer einen gesetzlichen, auf einen Werktag fallenden Feiertag abgeschafft. Die Beklagte führt den Gesamtsozialversicherungsbeitrag an ihre Einzugsstelle ab und behält die gesetzlichen Arbeitnehmeranteile vom Gehalt ein. Hinsichtlich der Pflegeversicherung trug der Kläger während der Dauer der 1. Stufe (1. Januar 1995 bis 30. Juni 1996) den vollen damaligen Beitragssatz in Höhe von 1 vH. Seit der Einführung der 2. Stufe am 1. Juli 1996 beträgt der Beitragssatz 1,7 vH. Davon belastet die Beklagte den Kläger mit 1,35 vH und übernimmt selbst 0,35 vH.
Mit Schreiben vom 26. Juli 1995 wandte sich der Kläger an die Beklagte in ihren Funktionen als Einzugsstelle sowie als Arbeitgeber und forderte sie auf, das Einzugsverfahren so zu betreiben, daß Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Beitrag zur Pflegeversicherung je zur Hälfte entrichten. Im Antwortschreiben vom 14. März 1996 sah die Beklagte unter Hinweis auf die Regelungen in § 58 Sozialgesetzbuch Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung – (SGB XI) keine Veranlassung, als Einzugsstelle einzuschreiten oder als Arbeitgeber geringere Abzüge vom Arbeitsentgelt vorzunehmen.
Der Kläger hat mit der beim Sozialgericht Chemnitz (SG) eingereichten Klage zunächst die Anträge gestellt, festzustellen, die Beklagte sei für den Einzug des Pflegeversicherungsbeitrags zuständig, und sie zu verurteilen, „zum Einzug der Pflegeversicherungsbeiträge einen rechtsmittelfähigen Bescheid zu erteilen”. Die Beklagte hat „als zuständige Einzugsstelle” beantragt, die Klage abzuweisen. Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat der Kläger auf gerichtliche Anregung hin erklärt, die Klage richte sich gegen den Arbeitgeber. Nach Beiladung der Beklagten „in ihrer Eigenschaft als Krankenkasse und Pflegekasse” hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 28. August 1997 abgewiesen: Die Berechtigung zum Beitragsabzug vom Arbeitsentgelt ergebe sich aus § 28g Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) und sei hinsichtlich des vom Kläger zu tragenden Beitragsanteiles durch § 58 SGB XI gedeckt. Von der Verfassungswidrigkeit der Bestimmung sei das Gericht im Gegensatz zu dem vom Kläger vorgelegten „Rechtsgutachten zur Verfassungsmäßigkeit des § 58 Abs 2, 3 und 4 SGB XI” (erstattet für die Hans-Böckler-Stiftung, Düsseldorf, von Prof. Dr. Bodo Pieroth, Münster, unter Mitarbeit von Dr. Rainer Störmer, Münster ≪Gutachten≫) nicht überzeugt. Das Sächsische Landessozialgericht (LSG) hat sich der Rechtsauffassung des SG angeschlossen und mit Urteil vom 26. August 1998 die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG zurückgewiesen.
Mit der Revision trägt der Kläger vor, das Urteil des LSG beruhe zwar auf einer korrekten Anwendung des § 58 Abs 2 und 3 SGB XI alter wie neuer Fassung. Diese Regelungen seien aber verfassungswidrig, denn damit habe der Bundesgesetzgeber in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder, gesetzliche landesweite Feiertage festzusetzen, eingegriffen (Art 20 Abs 3, Art 70 Abs 1 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland ≪GG≫). Jedenfalls sei aber nach der Handlungstendenz in verfassungswidriger Weise Druck auf die Bundesländer ausgeübt worden. Auch dies sei ein Verstoß gegen die Kompetenzordnung des GG. Umgekehrt verletze der Bundesgesetzgeber seine Verpflichtung zur vollständigen Regelung des Beitragsrechts in der sozialen Pflegeversicherung, wenn er es im Ergebnis den Bundesländern überlasse, auf ihrem Hoheitsgebiet die Höhe der von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu tragenden Beitragsanteile zu bestimmen. Hinsichtlich der Beitragslast in der sozialen Pflegeversicherung bestehe eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung (Art 3 Abs 1 GG) sächsischer Arbeitnehmer im Vergleich zu Arbeitnehmern in den übrigen Bundesländern, die nach Maßgabe des § 58 Abs 2 SGB XI einen gesetzlichen Feiertag abgeschafft hätten. Mit dem „Vorteil” infolge des verbliebenen gesetzlichen Feiertags (mit Entgeltfortzahlung) sei die erhöhte Beitragslast nicht aufgewogen. Zum einen sei jeder Vergleich auf die jeweiligen Kompetenzbereiche von Bund und Ländern zu beschränken – insoweit gewährten bundesgesetzliche Regelungen keinerlei Vorteil –, zum anderen seien Geld und Freizeit nicht vergleichbar. Eine Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung sei nicht erkennbar. Die vom Bundesgesetzgeber vorgenommene personenbezogene Differenzierung sei nicht nur am Willkürverbot zu messen, sondern bedürfe einer besonderen Begründung. Das gesetzgeberische Ziel, die Wirtschaft von den anteiligen Beiträgen zur Pflegeversicherung zu entlasten, hätte durch andere gesetzgeberische Maßnahmen im Rahmen der Bundeskompetenz erreicht werden können. Die in § 58 Abs 3 SGB XI getroffene Regelung sei weder verhältnismäßig noch erforderlich. Zudem werde die Verfassungswidrigkeit der tatsächlichen Benachteiligung der sächsischen Arbeitnehmer nicht durch die gleichzeitige Begünstigung der sächsischen Arbeitgeber aufgehoben.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil des Landessozialgerichts und den angefochtenen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts aufzuheben und festzustellen, daß die Einbehaltung von Beiträgen zur sozialen Pflegeversicherung des Klägers rechtswidrig ist, soweit diese Einbehaltung durch die Beklagte 50 vH des jeweiligen vollen Beitrags übersteigt.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Zur Begründung beruft sie sich auf die Ausführungen des Berufungsgerichts.
Der Senat hat mit Beschluß vom 16. Juni 1999 den Beiladungsbeschluß des SG Chemnitz vom 24. Juli 1997 aufgehoben.
II
Die Revision ist unbegründet.
Obwohl Feststellungsklagen der vorliegenden Art gegen den Arbeitgeber grundsätzlich unzulässig sind (1a), ist die Klage hier ausnahmsweise zulässig (1b). Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Beklagte hat den vom Kläger zu tragenden Anteil der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung in richtiger Höhe vom Arbeitsentgelt abgezogen (2a). Von der Verfassungswidrigkeit der betreffenden Regelungen des SGB XI über die Aufteilung der Beitragslast ist der Senat nicht überzeugt (2b).
(1) Einer Feststellungsklage des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, die darauf gerichtet ist, daß der Arbeitnehmer von dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§ 28d SGB IV) einen geringeren Teil zu tragen hat (§ 58 SGB XI), als ihm der Arbeitgeber vom Arbeitsentgelt abzieht (§ 28g SGB IV), fehlt das Feststellungsinteresse (§ 55 Abs 1 Teilsatz 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) und das Rechtsschutzbedürfnis. Vorzuschalten ist das Einzugsstellenverfahren (§§ 28h ff SGB IV), das eine Feststellungsklage mit dem gleichen Begehren überflüssig macht.
(1a) Über die gesetzliche Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung – einschließlich der auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer entfallenden Beitragsanteile – entscheidet nach § 28h Abs 2 Satz 1 SGB IV allein die Einzugsstelle im sogenannten Einzugsstellenverfahren. Dieses kann auch durch einen Antrag des Arbeitnehmers oder Arbeitgebers eingeleitet werden. Feststellungsklagen gegen den Arbeitgeber im Rahmen des sogenannten Beitragsabzugsverfahrens nach § 28g SGB IV sind dagegen nur hinsichtlich der Abzugsansprüche des Arbeitgebers sowie der Art und Weise dieses Verfahrens selbst zulässig (zB bei Verjährung oder wenn umstritten ist, ob die Einschränkungen nach § 28g Sätze 2 bis 4 SGB IV oder Einreden greifen). Nur hinsichtlich des Beitragsabzugsverfahrens sind die vom LSG herangezogenen Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 7. Juni 1979 (BSGE 48, 195 = SozR 2200 § 394 Nr 1) und 25. Oktober 1990 (BSGE 67, 290 = SozR 3-2400 § 25 Nr 2) ergangen. Dagegen hat das BSG in ständiger Rechtsprechung (vgl die Urteile vom 11. September 1995, 12. September 1995 und 26. September 1996, SozR 3-2400 § 28h Nrn 4 bis 7; vom 24. November 1998, BSGE 83, 126, 127 = SozR 3-2400 § 28h Nr 8) dem Vorrang des Einzugsstellenverfahrens besonderes Gewicht beigemessen. Wenn – wie hier – lediglich über die gesetzliche Aufteilung der Beitragslast zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu entscheiden ist, gilt im Anschluß an diese Rechtsprechung nichts anderes: Wegen der Einheitlichkeit des allein von der Einzugsstelle zu beurteilenden Sozialversicherungsverhältnisses ist auch die Aufteilung der aus diesem Rechtsverhältnis erwachsenden Beitragslast Teil der Entscheidung der Einzugsstelle „… über die Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung …” nach § 28h Abs 2 Satz 1 SGB IV. Hierzu zählen gesetzessystematisch (vgl die §§ 220 bis 258 SGB V, §§ 157 bis 177 SGB VI, §§ 54 bis 60 SGB XI) alle Entscheidungen über die Beitragspflicht und -freiheit, die beitragspflichtigen Einnahmen, den Beitragssatz, die Beitragsbemessungsgrenze, schließlich aber auch darüber, wer die Beiträge zu tragen, dh wie sich die Beitragslast in den verschiedenen Versicherungssystemen verteilt (vgl §§ 249 bis 251 SGB V, §§ 168 bis 172 SGB VI und §§ 58, 59 SGB XI), und wer die Beiträge zu zahlen hat. Das öffentlich-rechtliche Sozialversicherungsverhältnis schließt es aus, daß Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die gesetzliche Aufteilung der Beitragslast oder über die gesetzliche Beitragspflicht verfügen (abgesehen von einer Nettolohnvereinbarung, über die hier nicht gestritten wird). Die Einzugsstelle darf dementsprechend ihrer Entscheidung auch nur die sich aus dem Sozialversicherungsverhältnis ergebenden gesetzlichen Rechtsfolgen zugrunde legen. Im vorliegenden Rechtsstreit fehlt es an einem für die Zulässigkeit des Klagebegehrens grundsätzlich erforderlichen Einzugsstellenverfahren mit rechtsbehelfsfähigem Bescheid und an einem Vorverfahren (§ 78 Abs 1 SGG).
(1b) Die vorliegende Fallkonstellation berechtigt jedoch, die Feststellungsklage im Beitragsabzugsverfahren ausnahmsweise noch als zulässig anzusehen. In künftigen Verfahren ist aber der Vorrang des Einzugsstellenverfahrens auch bei einem Streit über die Aufteilung der Beitragslast zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu beachten. Der Senat hat sich dabei nicht zuletzt zur Wahrung der Grundsätze eines fairen Verfahrens von folgenden Gründen leiten lassen: Die Beklagte hatte sich geweigert, einen formellen Bescheid zu erteilen. Nachdem der Kläger zunächst eine Untätigkeitsklage gegen die Beklagte in ihrer Funktion als Einzugsstelle erhoben hatte, stellte er auf Anregung des SG die Klage auf die begehrte Feststellung um. Dies hat auch das LSG nicht beanstandet. Die vom Senat vertretene Auslegung des § 28h Abs 2 Satz 1 SGB IV kommt für die Beteiligten daher überraschend und ist im Hinblick auf die Beitragslastenverteilung ein weiterer Schritt zum nunmehr von drei Senaten des BSG vertretenen Vorrang des Einzugsstellenverfahrens. Damit mußte der Kläger nicht rechnen. Denn jedenfalls der Tendenz nach ist damit auch eine Abkehr von der Entscheidung des 12. Senats des BSG vom 27. Januar 1977 (BSGE 43, 148, 149 f = SozR 2200 § 1385 Nr 3) verbunden, die für die Frage, ob ein privatrechtlicher Träger der Entwicklungshilfe die öffentlich-rechtliche Verpflichtung hat, die zur Angestelltenversicherung entrichteten Beiträge allein zu tragen, eine entsprechende Feststellungsklage zugelassen hatte. Zudem hat der 4. Senat des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 10. November 1993 (AP Nr 4 EinigVtr Anlage I Kap VIII) – allerdings im Rahmen der in diesem Verfahren wohl im Vordergrund stehenden Auslegung des Rahmenkollektivvertrages für die Zivilbeschäftigten der Nationalen Volksarmee der DDR, der eine Befreiung der Treuezulage von der Steuerpflicht sowie Beitragspflicht zur Sozialversicherung nach DDR-Recht vorsah – auf eine Klage gegen den Arbeitgeber ohne Zulässigkeitsbedenken entschieden, daß die Treuezulage ua beitragspflichtiges Entgelt sei und deshalb die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung zu Recht nach § 28g Sätze 1 und 2 SGB IV einbehalten worden seien.
(2a) Der Betrag, den die Beklagte jeweils vom Arbeitsentgelt des Klägers abgezogen hat (§ 28g SGB IV), entspricht ihrem gesetzlichen Anspruch auf den vom Kläger zu tragenden Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags zur Pflegeversicherung (§ 28d Satz 2 iVm Satz 1 SGB IV) in der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe.
Für die Zeit vom 1. Januar 1995 bis 30. Juni 1996 bestimmte § 58 Abs 1 SGB XI (idF des Art 1 des Pflege-Versicherungsgesetzes ≪PflegeVG≫ vom 26. Mai 1994 ≪BGBl I 1014≫), daß die nach § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB XI versicherungspflichtigen Beschäftigten (dh diejenigen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind) und ihre Arbeitgeber die nach dem Arbeitsentgelt bemessenen Beiträge jeweils zur Hälfte tragen. Der unverändert fortgeltende § 58 Abs 2 SGB XI schreibt dazu vor: „Zum Ausgleich der mit den Arbeitgeberbeiträgen verbundenen Belastungen der Wirtschaft werden die Länder einen gesetzlichen landesweiten Feiertag, der stets auf einen Werktag fällt, aufheben”. Dem hat der Freistaat Sachsen als einziges Bundesland nicht entsprochen. Beschäftigten in einem Bundesland, das keinen Feiertag aufgehoben hatte, legte § 58 Abs 3 SGB XI idF des PflegeVG die Beitragslast von 1 vH der beitragspflichtigen Einnahmen „in voller Höhe” auf. Für die Zeit ab 1. Juli 1996 erhöhte sich der Beitragssatz zur Pflegeversicherung auf 1,7 % (§ 55 Abs 1 Satz 1 SGB XI). Nach § 58 Abs 3 Satz 1 SGB XI idF durch Art 2 Nr 1 des „Gesetzes zur Inkraftsetzung der 2. Stufe der Pflegeversicherung” vom 31. Mai 1996 (BGBl I 718) tragen Beschäftigte im Freistaat Sachsen als einem Land, „in dem die am 31. Dezember 1993 bestehende Anzahl der gesetzlichen bundesweiten Feiertage nicht um einen Feiertag, der stets auf einen Werktag fiel, vermindert worden ist”, den Beitrag zur Pflegeversicherung in Höhe von 1 vH „allein”. Für den Rest von 0,7 vH gilt weiterhin die Grundregel des § 58 Abs 1 Satz 1 SGB XI, dh Arbeitgeber und Arbeitnehmer tragen je 0,35 vH der beitragspflichtigen Einnahmen. Damit wurden die sächsischen Arbeitnehmer bis zum 30. Juni 1996 mit den Beiträgen zur sozialen Pflegeversicherung in voller Höhe (1 vH) belastet, ab 1. Juli 1996 tragen sie Beiträge in Höhe von 1,35 vH und auf ihre Arbeitgeber entfallen 0,35 vH der beitragspflichtigen Einnahmen. Im übrigen Bundesgebiet wurden die dort beschäftigten Arbeitnehmer und ihre Arbeitgeber bis zum 30. Juni 1996 mit einem Beitragsanteil von je 0,5 vH und ab 1. Juli 1996 mit einem von je 0,85 vH belastet.
Daß die Beklagte in Anwendung dieser Regelungen Beiträge in gesetzmäßiger Höhe vom Arbeitsentgelt des Klägers abgezogen hat (zusammen mit den sonstigen vom Arbeitnehmer zu tragenden Beitragsanteilen), ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Kläger stützt sein Begehren allein auf die Meinung, die von der Beklagten angewandten Normen über die Höhe des von ihm zu tragenden Beitragsanteils seien verfassungswidrig und damit nicht zu beachten.
(2b) Der Senat ist nicht davon überzeugt, daß die Regelungen des § 58 SGB XI alter wie neuer Fassung gegen höherrangiges Recht verstoßen; das gilt insbesondere für die Aufteilung der Beitragslast auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer abhängig davon, ob die Bundesländer dem „Wunsch” des Bundesgesetzgebers gemäß § 58 Abs 2 SGB XI entsprochen haben, einen Feiertag aufzuheben. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nach Art 100 Abs 1 GG kommt deshalb nicht in Betracht.
aa) Der Bund hatte gemäß Art 72 Abs 2 GG das Gesetzgebungsrecht, die soziale Pflegeversicherung als neues Sozialversicherungssystem einzuführen, weil sie zum Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung gehört. Nach Art 74 Abs 1 Nr 12 GG erstreckt sich die konkurrierende Gesetzgebung ua auf „die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung”. Gedeckt ist damit auch die Erweiterung der Sozialversicherung um eine „fünfte Säule”, die soziale Pflegeversicherung (§ 1 Abs 1 SGB XI), die in ihren wesentlichen Strukturelementen der überlieferten Sozialversicherung entspricht. Tatsächlich übernimmt das neu geschaffene System weitgehend die Struktur der gesetzlichen Krankenversicherung (Errichtung von Pflegekassen als selbstverwaltende Körperschaften des öffentlichen Rechts unter dem Dach der Krankenkassen; Versicherungspflicht derjenigen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, also eines Großteils der Bevölkerung; Umschreibung der Versicherungsfälle und der Leistungen; Verwaltungsverfahren nach dem SGB X; Finanzierung im Umlageverfahren durch im Prinzip von Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur Hälfte aufzubringende Beiträge mit Elementen des Solidarausgleichs ≪Beiträge abhängig vom Einkommen bei gleichen Ansprüchen, Familienversicherung≫; öffentlich-rechtliche Regelung der Beziehungen der Pflegekassen zu den Leistungserbringern) und entspricht deshalb dem Bild, das durch die „klassische” Sozialversicherung gezeichnet ist (BVerfGE 75, 108, 146f ≪Leitsatz 1a≫; zu der Kompetenzabgrenzung in Grenzbereichen mwN BSGE 81, 276, 282 = SozR 3-2600 § 158 Nr 1). Das Beitragsaufkommen in diesem Bereich dient ausschließlich zur Abdeckung klar definierter versicherter Risiken; „versicherungsfremde Leistungen” werden innerhalb des neuen Systems nicht erbracht (dazu BSGE 81, 276, 279), wohl aber lösen die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung in erheblichem Umfange die bisher aus dem allgemeinen Steueraufkommen finanzierten Leistungen der Sozialhilfe ab (derzeit wenigstens zehn Milliarden Mark jährlich ≪Sozialbericht 1997, BT-Drucks 13/10142 Nr 174 S 76f≫, das entspricht mehr als einem Drittel des Beitragsaufkommens). Verfassungsrechtliche Bedenken wegen dieses Umstandes bestehen aber nicht. Das Beitragsaufkommen der sozialen Pflegeversicherung wird zweckgebunden zur Abdeckung der versicherten Risiken innerhalb eines geschlossenen und selbstverwalteten Finanzsystems verwendet. Es handelt es sich deshalb nicht um „verkappte Steuern”, die der allgemeinen Mittelbeschaffung des Staates dienen, und es besteht deshalb auch nicht die Gefahr, daß die detaillierten Regelungen des GG zur Besteuerungskompetenz und zur bundesstaatlichen Finanzverfassung ausgehöhlt werden (dazu BVerfGE 14, 312, 318f; 75, 108, 147f). Der dauerhafte Entlastungseffekt der öffentlichen Haushalte durch die Einführung des neuen Systems, auch mit Blick auf den Altersaufbau der Bevölkerung, stand nicht im Vordergrund der Ziele, die sich der Gesetzgeber gesetzt hatte (vgl §§ 2, 3, 5, 6, 8 SGB XI). Es ging ihm um neue, effektive und zukunftssichere Versorgungsstrukturen (Amtliche Begründung zum Entwurf eines Pflegeversicherungsgesetzes, BT-Drucks 12/5262, S 3 Nr 4) sowie um die Schaffung oder Bewahrung von Freiheitsräumen, indem einer bestehenden oder drohenden Sozialhilfebedürftigkeit der Pflegebedürftigen wirksam begegnet werden sollte (Amtliche Begründung zum Entwurf eines Pflegeversicherungsgesetzes aaO S 2 Nr 3). Ein Teil der Einsparungen war zudem für die Verbesserung der pflegerischen Infrastruktur vorgesehen (vgl § 9 SGB XI, Art 52 PflegeVG). Massenhafte Hilfsbedürftigkeit, die zunächst durch Einsatz privater Mittel oder durch steuerfinanzierte Leistungen der Sozialhilfe aufgefangen wurde, war stets die Ausgangslage bei Einführung der vier bisher bestehenden Sozialversicherungssysteme. Daß bei der Überführung steuerfinanzierter Wohlfahrtsleistungen in ein umlagefinanziertes Solidarsystem Entlastungseffekte der öffentlichen Hand auftreten, ist deshalb die Regel (vgl BT-Drucks 12/5262, F ≪Tabellen und Graphiken≫, S 182, 184, 185; Krasney, Rechtsgutachten zu Fragen der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer Pflegeversicherung im Rahmen der Sozialversicherung, erstattet für den BMA und veröffentlicht als Forschungsbericht Nr 215, S 28-30 und S 49-51).
Zu den überkommenen Regelungsbereichen der Sozialversicherung gehört die Ausgestaltung des Beitragsrechts. Ein Kennzeichen der Organisation der Sozialversicherung ist es, daß die Beiträge durch „die Beteiligten” aufgebracht werden (BVerfGE 75, 108, 146). Dazu zählen zunächst die Versicherten selbst. Ihre Belastung mit einem Teil ihres Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens (§§ 14, 15 SGB IV) ist grundsätzlich verfassungsrechtlich unbedenklich (Krasney, aaO S 50). Zu Recht weist Krasney (aaO S 52) darauf hin, daß es der Sozialversicherung von Anbeginn an eigen ist, die erforderlichen finanziellen Mittel nicht nur durch Beiträge der Versicherten aufzubringen, sondern regelmäßig auch andere mit Beiträgen heranzuziehen. Das betrifft herkömmlicherweise die Arbeitgeber. Ihre Heranziehung zugunsten der versicherten Arbeitnehmer ist als Auswirkung des Fürsorgeprinzips anzusehen, von dem das moderne Arbeitsverhältnis geprägt ist (BVerfGE 11, 105, 113).
Allerdings hat der Gesetzgeber im Bereich der Sozialversicherung ein weites Gestaltungsermessen bei der Verteilung der Beitragslast. Es ist verfassungsrechtlich nicht geboten, in jedem Falle andere Personen als die Arbeitnehmer zu Beiträgen heranzuziehen, auch nicht die Arbeitgeber. Das gilt vornehmlich dann, wenn der Gesetzgeber einen sachlichen Grund berücksichtigt, der es nach seiner Einschätzung nicht rechtfertigt, die Arbeitgeber mit zusätzlichen Sozialversicherungsbeiträgen zu belasten. Hierbei darf der Gesetzgeber die bereits aufgrund des Fürsorgeprinzips bestehenden Belastungen des Arbeitgebers (hier: die Entgeltfortzahlungen aus gesetzlichen Feiertagen) berücksichtigen, um einer Überforderung des Arbeitgebers vorzubeugen.
Zutreffend weist das LSG in diesem Zusammenhang darauf hin, daß die Abkehr vom auch im SGB XI verankerten Grundsatz der Aufteilung der Beitragslast zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur Hälfte (BSG vom 20. Dezember 1957, BSGE 6, 213, 227) unter den in § 58 Abs 3 Satz 1 SGB XI normierten Voraussetzungen weder die Zuordnung der sozialen Pflegeversicherung zur Sozialversicherung in Frage stellt noch gegen das Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) verstößt. Das Sozialstaatsprinzip gewährt als solches keinen Anspruch auf eine bestimmte soziale Regelung. Vielmehr hat der Gesetzgeber im Rahmen des Sozialstaatsprinzips einen weiten Gestaltungsspielraum, wie und unter welchen Bedingungen er Sozialleistungen gewähren und ausgestalten will (s Herzog in Maunz-Dürig, GG, Art 20 VIII RdNr 28; BSG vom 25. Juni 1998, BSGE 82, 198, 208 mwN = SozR 3-4100 § 242 Nr 1). Bei der Einführung der sozialen Pflegeversicherung konnte sich der Gesetzgeber von der hier nicht zu überprüfenden wirtschaftspolitischen Zielvorstellung leiten lassen, die Kosten im Endeffekt, sei es indirekt – durch Kompensation der vom Arbeitgeber zu tragenden Beitragsanteile –, sei es direkt – für den Fall, daß die vorgesehene Kompensation nicht greift –, allein den Arbeitnehmern aufzuerlegen.
bb) Soweit in § 58 Abs 2 SGB XI normiert ist, daß die Länder zum Ausgleich der mit den Arbeitgeberbeiträgen verbundenen Belastungen der Wirtschaft einen gesetzlichen landesweiten Feiertag, der stets auf einen Werktag fällt, „aufheben werden”, wird damit nicht in die nach Art 30, Art 70 Abs 1 GG bestehende ausschließliche Kompetenz der Länder eingegriffen, gesetzliche landesweite Feiertage einzuführen oder aufzuheben.
Das Recht, Feiertage festzusetzen, steht in der Regel allein den Ländern zu, weil es weder in den Katalogen der Art 73 bis 75 GG noch an anderweitiger Stelle des GG dem Bund zugewiesen ist. Ausnahmen bestehen allerdings für Nationalfeiertage, vgl zB Art 2 Abs 2 des Einigungsvertrages. Tatsächlich haben alle Bundesländer Feiertagsgesetze erlassen. Traditionell (vgl Art 139 Weimarer Reichsverfassung) handelt es sich bei der Wahrung der Sonn- und Feiertagsruhe um eine abgrenzbare Gesetzgebungsmaterie. Die Bundeskompetenz ergibt sich auch nicht kraft Sachzusammenhangs mit dem Beitrags- oder Finanzierungsrecht der sozialen Pflegeversicherung oder aus Art 74 Abs 1 Nr 11 GG („Recht der Wirtschaft”), nur weil die erklärte Absicht bestand, die Wirtschaft von der neuen Beitragslast freizustellen. Da nahezu alle Bundesgesetze wirtschaftliche Auswirkungen haben, könnten andernfalls, worauf das Gutachten aufmerksam macht, sämtliche Länderkompetenzen unter dem Vorwand, die Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaft zu fördern, ausgehöhlt werden.
Indes liegt schon objektiv ein „Eingriff” in die Gesetzgebungskompetenz der Länder hinsichtlich der Feiertagsgesetzgebung nicht vor. Die Formulierung in § 58 Abs 2 SGB XI „werden aufheben” ist auf ein zukünftiges Handeln der Landesgesetzgeber ausgerichtet und hat keinen Gesetzesbefehl zum Inhalt. Es wird gerade im Hinblick auf das Gesetzgebungsrecht der Länder lediglich ein Wunsch an die Landesgesetzgeber herangetragen, entsprechende Regelungen zu erlassen; damit wurde nur das wiederholt, was der Hintergrund der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Art 77 Abs 2 GG gewesen ist, als er zum zweiten Mal angerufen wurde (BT-Drucks 12/7323 S 4 zu Art 1 Nr 19): Die „Kompensationslösung” durch die Streichung eines landesweiten Feiertages war in diesem Ausschuß nur durch unverbindliche Absichtserklärungen einiger Mitglieder von Länderregierungen abgesichert, die ohnehin der Entscheidung ihrer zuständigen Landesparlamente nicht vorgreifen konnten. Allen Ausschußmitgliedern war gleichermaßen bewußt, daß eine Verpflichtung durch Bundesgesetz nicht ausgesprochen werden konnte und es, falls nicht die Gesetzgebungsorgane aller Länder mitzögen, zu unterschiedlichen Beitragsbelastungen der Arbeitnehmer kommen würde (Redebeiträge des Berichterstatters des Bundesrates im Vermittlungsausschuß, Staatsminister Dr. Thomas Goppel, des Ministerpräsidenten Hans Eichel und des Ministers Franz Müntefering in der 668. Sitzung des Bundesrates am 29. April 1994, StenProt S 130, 132 und 135). Nichts anderes brachte der Abgeordnete Rudolf Dreßler, Entsandter der SPD-Fraktion des Bundestages im Vermittlungsausschuß, aus Anlaß der abschließenden Abstimmung im Deutschen Bundestag in der 223. Sitzung am 22. April 1994 zum Ausdruck: „Es gilt nunmehr die Aufforderung an die Bundesländer, ihr Versprechen, den Ausgleich bis zum Jahresende durch Abschaffung eines Feiertages zu erbringen, einzulösen” (StenProt 12/223, 19280). Zutreffend hebt das LSG hervor, daß das Zusammenspiel der in § 58 Abs 1 und Abs 3 SGB XI getroffenen Regelungen ein eigenständiges Handeln der Länder geradezu voraussetzt; daß nämlich die Landesgesetzgeber von ihrer Kompetenz, einen Feiertag abzuschaffen, in eigener Verantwortung Gebrauch machen oder nicht. Die Gesamtregelung selbst ist also vom Respekt vor der Landeskompetenz und der unbeeinträchtigten Entscheidungsfreiheit der Länderparlamente getragen. Zudem kam der Vorschlag des Vermittlungsausschusses, einschließlich der notwendigen Regelung einer „Hilfskompensation”, nicht überraschend. Neben der Einschränkung der Lohnfortzahlung bei Krankheit oder der Entgeltfortzahlung an Feiertagen (Karenztage, abgesenkte Entgelte) und der Verminderung der Urlaubstage oder deren Vergütung – beide Ansätze scheiterten am Widerstand der Opposition, die eine Mehrheit im Bundesrat besaß – war die Verminderung der Zahl der gesetzlichen Feiertage als Kompensationslösung von Anfang an in der politischen Diskussion, und man war sich bewußt, daß es dazu der Zustimmung der Länderparlamente bedarf (Bundesminister Dr. Norbert Blüm in der 660. Sitzung des Bundesrates am 24. September 1993: „Ich kann wirklich nicht mit dem Kollektenkorb durch Deutschland reisen und warten, bis auch das 16. Land zugestimmt hat. Ich fürchte, das werde ich selbst nicht erleben und die Pflegebedürftigen auch nicht”, StenProt S 388).
Mit der Gesamtregelung des § 58 Abs 1 bis 3 SGB XI alter wie neuer Fassung wurde aber auch nicht in verfassungswidriger Weise „politischer Druck” auf die Landesgesetzgeber ausgeübt und damit auf Umwegen in die Gesetzgebungskompetenz der Länder eingegriffen, wie im Gutachten (aaO S 22 ff) unter Berufung auf Daleki (DB 1994, 2234) vertreten. Angeblich hätten Länder, „die aus der Reihe tanzen” und keinen gesetzlichen Feiertag abschaffen, mit Protesten ihrer Bürger zu rechnen, wenn sie (in der ersten Stufe) mit den vollen Beiträgen zur Pflegeversicherung belastet würden. Zwar setzte § 58 Abs 1 bis 3 SGB XI die Landesgesetzgeber unter Zugzwang, jedenfalls in dem Sinne, daß sie sich bis zum Inkrafttreten des PflegeVG entscheiden müssen, ob sie tätig werden oder nicht. Tatsächlich mußten sie jedoch in beiden Fällen mit Protesten – aus allen Lagern, nicht nur der Arbeitnehmer, sondern auch der Arbeitgeber, der Pflegebedürftigen, der Kommunen und der Religionsgemeinschaften – rechnen und sich ihnen in der politischen Auseinandersetzung stellen. Eine derartige mittelbare Einflußnahme der Bundesgesetzgebung auf die des Landes gehört zu den zwangsläufigen Folgen der Gesetzgebungskompetenzen in der Bundesrepublik Deutschland mit ihrem bundesstaatlichen Aufbau (Art 20 Abs 1 GG). Diese Einflußnahme ist zB allen Bundesgesetzen mit direkten und indirekten Auswirkungen auf die Landes- und Kommunalhaushalte, die in der Regel gesetzlich geregelt sind, immanent. Auch hier muß der Landesgesetzgeber oder die Kommunalvertretung reagieren.
Der durch § 58 Abs 1 bis 3 SGB XI herbeigeführte Zugzwang ist nicht mit dem Sachverhalt vergleichbar, über den das BVerfG im Urteil vom 30. Juli 1958 (BVerfGE 8, 104) entschieden hat. Zwei Stadtstaaten hatten durch Landesgesetz eine Volksbefragung über Atomwaffen angeordnet, um die Verfassungsorgane des Bundes zu bewegen, eine Entscheidung im Bereich des Verteidigungswesens zu ändern. Der Wille dieser Länder war darauf gerichtet, politischen Druck zu erzeugen und diesen durch Volksbefragung in einem vom GG nicht gedeckten basisdemokratischen Sinne zu bündeln. Eine derartige Einflußnahme ist verfassungswidrig, weil sie nicht nur den Grundsätzen der repräsentativen Demokratie im Bund widerspricht, sondern auch das vom GG vorgegebene Kompetenzgefüge zwischen Bund und Ländern untergräbt. § 58 Abs 2 SGB XI verfolgt im Gegensatz dazu das Ziel, die Länder ganz im Sinne des für Bund und Länder gleichermaßen geltenden Grundsatzes des bundesfreundlichen Verhaltens ergebnisoffen anzuhalten, das Ihrige zur Lösung der Kompensationsproblematik, an der in der politischen Auseinandersetzung die Einführung der Pflegeversicherung zu scheitern drohte, beizutragen. Denn alle anderen allein in der Bundeskompetenz liegenden Varianten der ursprünglichen Gesetzentwürfe (die oben genannten und auch die zuletzt noch diskutierte der Verlegung des Nationalfeiertages auf einen Sonntag) hätten in den Gesetzgebungsorganen des Bundes keine Mehrheit gefunden.
Ein derartiges Zusammenwirken von Bund und Ländern (und auch von Regierung und Opposition) stört nicht das Kompetenzgefüge des GG; im Gegenteil, es ist systemimmanent, da die Länder über die Mitglieder der Landesregierungen mit ihren Stimmen im Bundesrat sowie die von diesem in den Ausschuß nach Art 77 Abs 2 GG entsandten Mitglieder am Gesetzgebungsverfahren des Bundes mitwirken. Die Länder selbst, der Freistaat Sachsen eingeschlossen, hatten im zweiten Vermittlungsverfahren mit Blick auf die dauerhafte finanzielle Entlastung der Sozialhilfe durch die Einführung der Pflegeversicherung ein großes Interesse daran, nach Auswegen auch unter Mitwirkung der Landesgesetzgeber zu suchen, damit das Gesetz nicht an der fehlenden Kompensation scheitert. Im übrigen enthält das SGB XI an anderer Stelle eine ähnliche Konstruktion – ebenfalls als Ergebnis des zweiten Vermittlungsverfahrens und einer „Zusage” von Landesvertretern, entsprechende Gesetze zu erlassen. Nachdem die ursprüngliche Absicht, die Investitionskosten der Pflegeeinrichtungen durch die Pflegekassen „aus einer Hand” zu finanzieren, im Bundesrat keine Mehrheit fand, weil die Länder ihre Planungshoheit behalten wollten, entschloß sich der Gesetzgeber, in § 9 Satz 2 und 3 SGB XI an die Länder zu appellieren, die Investitionskosten der Pflegeeinrichtungen durch Landesgesetz finanziell zu fördern. Auch hier konnte die Verpflichtung der Länder mangels Bundeskompetenz nicht im SGB XI vorgeschrieben werden. Aber indirekt (über § 82 Abs 2 und 3 SGB XI) wird „Druck” auf die Länder für den Fall ausgeübt, daß ein Land die Investitionen nicht oder nur unzureichend fördert. Die Pflegeeinrichtung ist dann berechtigt, die Investitionskosten den Pflegebedürftigen in Rechnung zu stellen. Falls der Landesgesetzgeber nicht in diesem Sinne tätig wird, muß er mit einem entsprechenden Protestpotential seiner Bürger rechnen (bei Investitionen von wenigstens DM 150.000 pro Pflegebett beträgt ≪mit Zins und Abschreibung≫ diese Belastung monatlich wenigstens DM 1.000; das Ziel, die Pflegebedürftigen aus der Sozialhilfe zu lösen, ist dann in der Regel nicht mehr erreicht).
Bei einem derartigen, dem bundesstaatlichen Staatsaufbau entsprechenden Ineinandergreifen von Bundes- und Landeskompetenz ist es verfassungsrechtlich zulässig, durch Bundesgesetz einerseits an den Landesgesetzgeber den Wunsch heranzutragen, bestimmte Regelungen zu erlassen und andererseits im Gesetz selbst (soweit von der Bundeskompetenz gedeckt) die Folgen für die Landesbürger zu normieren, falls das Land diesem Wunsch nicht nachkommt. Dies gilt jedenfalls unter den hier vorliegenden Voraussetzungen. Es handelte sich um ein der Zustimmung des Bundesrates bedürftiges Gesetzesvorhaben mit besonderer Bedeutung für das Gemeinwohl, das keinen weiteren Aufschub duldete. Dieses Gesetz engt den finanziellen Spielraum der Länder nicht ein, sondern erweitert ihn. Verwirklicht werden konnte das Gesetzesvorhaben nur auf der Basis des im Vermittlungsausschuß gefundenen Kompromisses von Bund, Ländern, Regierung und Opposition (Redebeitrag von Bundesminister Dr. Norbert Blüm in der abschließenden 668. Sitzung des Bundesrates am 29. April 1994, StenProt S 136). Schließlich hatte der Bundesrat dem in dieser Fassung zugestimmt (im Falle des PflegeVG einstimmig, StenProt über die 668. Sitzung des Bundesrates am 29. April 1994, S 137).
cc) Die Regelung der „Hilfskompensation” in § 58 Abs 3 SGB XI verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG. Er verbietet, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich zu behandeln und ist verletzt, „wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten” (BVerfGE 55, 72, 88; 85, 238, 244f). Vergleichsgruppen sind hier die versicherungspflichtig Beschäftigten im Freistaat Sachsen auf der einen und im übrigen Bundesgebiet auf der anderen Seite. Dem Gutachten ist zuzustimmen, daß die tatsächlich ungleiche Belastung mit Beiträgen durch das SGB XI dem Bundesgesetzgeber zuzurechnen ist, auch wenn im Tatbestand an eine (erfolgte oder unterlassene) Landesgesetzgebung angeknüpft wird. Denn die Rechtsfolge in Gestalt unterschiedlicher Beitragsanteile wird für die „Normadressaten” (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) allein durch das Bundesgesetz bestimmt.
Bei der zusätzlichen Belastung der versicherungspflichtig Beschäftigten im Freistaat Sachsen liegt eine Verletzung des Grundsatzes der „Belastungsgleichheit” bereits deshalb nicht vor, weil diese Beschäftigten – entgegen der im Gutachten vertretenen Meinung – kompensierende Vorteile genießen, die nur ihnen zukommen und woran der Bundesgesetzgeber (mittelbar) im Tatbestand des § 58 Abs 3 SGB XI anknüpfen konnte (BVerfGE 15, 328, 333; 23, 327, 343; 28, 324, 358f). Die Vor- und Nachteile gleichen sich im Ergebnis aus. Daß diese Vergünstigung auf der einen Seite durch eine Unterlassung des Freistaats Sachsen herbeigeführt wurde, ist unerheblich. Denn wenn die durch Landeshandeln herbeigeführte Ungleichbehandlung bei der Beitragsbelastung dem Bundesgesetzgeber zugerechnet wird, dann muß dies gleichermaßen auch für die durch Landeshandeln herbeigeführten (bzw erhaltenen) Vergünstigungen gelten. Auch das gegen den Ausgleich ins Feld geführte Argument, daß hier unzulässigerweise unterschiedliche Gesetzgebungsmaterien (Feiertagsgesetzgebung der Länder, Entgeltfortzahlungsgesetz des Bundes) bzw verschiedene Ordnungssysteme dem erforderlichen Ausgleich dienen sollen, ist nicht überzeugend. Da im Rahmen der unterschiedlichen Beitragsbelastung die Verknüpfung selbst, wie dargelegt, jedenfalls bei der „Kompromißlösung” des PflegeVG verfassungsrechtlich zulässig war, konnten auch beim Belastungsausgleich die unterschiedlichen Materien berücksichtigt werden. Einheitliche Beurteilungsebene ist hier das Arbeitsverhältnis mit seiner Fürsorgepflicht auf seiten des Arbeitgebers. So wie diese einerseits durch die Regelung der Entgeltfortzahlung an Feiertagen in Anspruch genommen ist, stellt es sich als sachgerecht dar, sie nicht andererseits durch zusätzliche Beitragsbelastung bei der Pflegeversicherung zu strapazieren. Gegenstand der verfassungsrechtlichen Kontrolle ist der Gesamtkomplex, das Zusammenspiel der einzelnen Normen, das „Normengeflecht” (BVerfGE 82, 60, 84; 89, 329, 337), auch bei der (hier zulässigen) Verknüpfung von Bundes- und Landesrecht.
Im einzelnen läßt sich das typische Zusammenspiel von § 58 Abs 1 und 3 SGB XI mit der Feiertagsregelung der Länder und dem Entgeltfortzahlungsgesetz wie folgt veranschaulichen. Zum Vergleich dient der bisherige Besitzstand der versicherten Beschäftigten durch die Ausgestaltung ihres Arbeitsverhältnisses nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz mit bezahlten Feiertagen vor und nach Einführung der sozialen Pflegeversicherung. Nachdem sich der Freistaat Sachsen geweigert hatte, bis zum Stichtag einen landesweiten, auf einen Werktag fallenden Feiertag abzuschaffen, ergab sich für die betroffenen Gruppen – einschließlich der Arbeitgeber – folgende Situation: Ausgehend vom bisherigen – unterschiedlichen – Besitzstand an gesetzlichen Feiertagen in den einzelnen Bundesländern verlieren die Arbeitnehmer im übrigen Bundesgebiet einen gesetzlichen Feiertag mit Entgeltfortzahlung und müssen stattdessen – ebenfalls bezahlt – an diesem Tag arbeiten. Dafür bleibt ihnen der Abzug von einem halben Prozent der Lohnsumme erspart. Die Arbeitnehmer im Freistaat Sachsen behalten dagegen einen gesetzlichen Feiertag mit Entgeltfortzahlung und haben dafür ein halbes Prozent der Lohnsumme mehr abzuführen als die Arbeitnehmer im übrigen Bundesgebiet. Verglichen und verrechnet werden also in beiden Gruppen die Faktoren „Verfügbarkeit über Zeit” sowie „Geld”. Beide Gruppen haben sowohl materielle Vor- und Nachteile (Verlust oder Gewinn von jeweils einem halben Prozent der Lohnsumme) als auch immaterielle (Verlust oder Gewinn an Freizeit/Feiertagsruhe). So gesehen sind die genannten Faktoren keinesfalls unvergleichbar (inkommensurabel).
Die Regelung erschöpft sich aber nicht nur in ihren Auswirkungen auf die versicherten Beschäftigten, sondern erhält ihren Sinn auch durch die Gestaltung der Arbeitgeberpflichten. Für den Arbeitgeber im Freistaat Sachsen bleibt es auch nach Einführung der sozialen Pflegeversicherung (abgesehen von den 0,35% des beitragspflichtigen Entgelts nach Einführung der zweiten Stufe, die aber anderweitig „kompensiert” werden) bei dem bisherigen Umfang der für die Beschäftigten zu tragenden Sozialversicherungsbeitragslast. Die Lösung hat den Vorteil, daß nun klar erkennbar ist, wer die Beiträge zur neuen Pflegeversicherung der versicherten Beschäftigten zu zahlen hat. Die Lohnkosten bleiben unverändert. Der nichtsächsische Arbeitgeber dagegen wird zusätzlich (abgesehen von den 0,35% für die zweite Stufe) mit 0,5% der Lohnsumme belastet. Dafür hat er die unsichere Chance (nicht mehr und nur bei personeller Ideal- oder Unterbesetzung, voller Auslastung der Produktionskapazitäten und entsprechendem Absatz), durch die zugewonnene Arbeitszeit entsprechende Produktivitäts- und Gewinnsteigerungen zu erzielen und damit die zusätzliche Belastung auszugleichen. Gelingt dies nicht, entsteht ein Personalüberhang, der im Ergebnis zu Entlassungen von Arbeitnehmern führen kann. Für den Landesgesetzgeber stellte sich damit auch die Frage, ob und aus welchen Gründen es gerechtfertigt ist, seine Arbeitgeber mit den Arbeitgebern des übrigen Bundesgebietes gleich oder ungleich zu behandeln. Festzuhalten bleibt, daß jedenfalls nicht pauschal von einer „Begünstigung” der sächsischen Arbeitgeber durch eine entsprechende „Belastung” der sächsischen Arbeitnehmer ausgegangen werden kann.
Ob nun der Freistaat Sachsen seine damalige Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage in Rechnung stellte und zum Ergebnis kam, daß sich die Kompensation für seine Arbeitgeber kaum als vorteilhaft erweisen wird und eher die Arbeitslosigkeit steigt, braucht nicht weiter abgeklärt zu werden. Es kann auch sein, daß nur die von Ministerpräsident Prof. Dr. Kurt Biedenkopf bereits im Redebeitrag in der 660. Sitzung des Bundesrates vom 24. September 1993 (StenProt S 384) herausgestellte „Ehrlichkeit der Beitragsbelastung” wenigstens den Bürgern des Freistaates vor Augen geführt werden sollte. Schließlich können auch religiöse und kulturelle Gesichtspunkte bei der politischen Entscheidung des Freistaats Sachsen eine Rolle gespielt haben. Entscheidend ist allein, daß der Freistaat Sachsen sowohl hinsichtlich der Auswirkungen auf versicherte Beschäftigte in Sachsen als auch auf die beteiligten Arbeitgeber durchaus gewichtige und sachgerechte Gründe hatte, der Bitte des Bundesgesetzgebers nach § 58 Abs 2 SGB XI nicht zu entsprechen, wie es umgekehrt für den Bundesgesetzgeber in beiderlei Hinsicht vernünftig und sachgerecht war, die „Hilfskompensation” des § 58 Abs 3 SGB XI zu normieren.
Selbst wenn aber kein ausreichender Vorteilsausgleich anzuerkennen wäre und, wie das LSG meint, eine Ungleichbehandlung der sächsischen Arbeitnehmer objektiv vorläge, wäre die zusätzliche Beitragsbelastung mit 0,5 vH des versicherungspflichtigen Entgelts im Vergleich zu den übrigen Arbeitnehmern des Bundesgebietes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Je nach Regelungsgegenstand ergeben sich für den Gesetzgeber aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (BVerfGE 88, 87, 96f). Die Ungleichbehandlung von Personengruppen unterliegt allerdings einer strengen Bindung (BVerfGE 55, 72, 88). Bei der Gesamtregelung des § 58 Abs 1 bis 3 SGB XI wird indessen nicht an personengebundene Merkmale der einzelnen Gruppen angeknüpft, sondern an die Tatsache der Erwerbstätigkeit in einem bestimmten Bundesland. Dennoch ist auch hier verfassungsrechtlich ein enger Maßstab anzulegen, da die (zwangsweise, öffentlich-rechtliche) Beitragsbelastung selbst bei geringen Beitragssatzunterschieden – wie zB bei unterschiedlich hohen Krankenkassenbeiträgen – Auswirkungen auf die allgemeine Handlungsfreiheit (Art 2 Abs 1 GG) hat und einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung bedarf (BVerfGE 89, 365, 375f mwN, ständige Rspr). Insoweit ordnet das Gutachten den Sachverhalt richtig ein.
Aber für die in § 58 Abs 3 SGB XI vorgenommene Differenzierung der beiden Arbeitnehmergruppen bestehen „Gründe von solcher Art und solchem Gewicht”, daß sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können. Ungleichbehandlung und Rechtfertigung hierfür stehen „in einem angemessenen Verhältnis” (BVerfGE 82, 126, 146; 88, 87, 97 jeweils mwN).
Zunächst ist herauszustellen, daß die monatliche Mehrbelastung des Klägers mit DM 26,25, wie vom LSG festgestellt, relativ gering ist. Selbst wenn der oben dargestellte Ausgleichsmechanismus unberücksichtigt bleibt, bewegt sich die Mehrbelastung in einer Größenordnung, die geringer ist als zB die Mehrbelastung, die durch unterschiedliche Beitragssätze der sächsischen gesetzlichen Krankenkassen bewirkt wird.
Dem stehen aber erhebliche Gesichtspunkte des Gemeinwohls gegenüber, welche die „Ungleichbehandlung”, so sie überhaupt vorliegt, verfassungsrechtlich als gerechtfertigt erscheinen lassen. Die gesetzliche Regelung war „geeignet”, denn das gesetzgeberische Ziel – die Freistellung der Arbeitgeber von der Beitragslast – wurde im Freistaat Sachsen (jedenfalls für die erste Stufe) erreicht. Die Regelung war aber auch „erforderlich”, denn anders als mit dem im zweiten Vermittlungsverfahren gefundenen „Kompensationsmodell” war bei der damaligen Zusammensetzung des Bundestages und den Stimmenverhältnissen im Bundesrat in absehbarer Zeit die Einführung der sozialen Pflegeversicherung, die von überragender Bedeutung für das Gemeinwohl war und ist, nicht zu erreichen. Das LSG hat insoweit auf die langjährige Entstehungsgeschichte des Gesetzes hingewiesen. Selbstverständlich hätten in der Gesetzgebungskompetenz des Bundes die im Gutachten (und auch im Gesetzgebungsverfahren) diskutierten Alternativen bestanden (Steuerentlastung für die Arbeitgeber, voller Beitrag für die Arbeitnehmer, Abschaffung eines in der Bundesgesetzgebung liegenden Feiertages etc), doch waren diese politisch nicht durchsetzbar; dies folgte nicht zuletzt aus der Haltung der damaligen Oppositionsparteien im Bundestag und der von den Oppositionsparteien geführten Länderregierungen, welche die Stimmenmehrheit im Bundesrat besaßen. Es gab auf politischer Ebene nur zwei Entscheidungsvarianten – die des Zuwartens und die der „Kompromißlösung” durch das beschriebene und zur Überzeugung des Senats nicht verfassungswidrige Zusammenwirken von Regierung und Opposition, Bund und Ländern, Bundes- und Landesgesetzgeber.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen