Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwirkung der Antragsbefugnis im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren. Überwachungseinrichtung, EDV-gestützte Parkerlaubnisverwaltung als mitbestimmungspflichtige –. Parkerlaubnisverwaltung, EDV-gestützte – als mitbestimmungspflichtige Überwachungseinrichtung. Fristversäumnis, Unbeachtlichkeit einer –, wenn der Dienststellenleiter den Personalrat von fristwahrender Zustimmungsverweigerung abgehalten hat
Leitsatz (amtlich)
1. Die Einführung einer EDV-gestützten Parkerlaubnisverwaltung, bei der auch Parkverstöße, Abmahnungen, Verwarnungen und Entscheidungen über den Entzug der Parkerlaubnis gespeichert werden, unterliegt der Mitbestimmung nach § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG, und zwar auch dann, wenn diese Daten von Hand eingegeben sowie Schreibaufträge über Abmahnungen und Entzug manuell erteilt und ausgeführt werden.
2. Zur Frage, in welcher Weise Regelungen getroffen werden können, mit denen Unklarheiten hinsichtlich des tatsächlichen Beginns einer Zustimmungsfrist beseitigt werden.
3. Hat der Leiter der Dienststelle in ständiger Praxis die Frist für Zustimmungsverweigerungen abweichend vom Gesetz berechnet und demgemäß Erklärungen auch dann als fristgemäß behandelt, wenn sie sonst verspätet gewesen wären, so hält er, solange er davon nicht ausdrücklich abrückt, dadurch den Personalrat von einer fristwahrenden Erklärung ab. Auf die Folgen einer nach dieser Praxis rechtzeitigen, in Wahrheit aber verspäteten Zustimmungsverweigerung kann er sich dann nicht berufen.
Normenkette
BPersVG § 69 Abs. 2 Sätze 3, 5, § 75 Abs. 3 Nr. 17
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten gegen den Beschluß des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs – Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen – vom 27. Februar 1991 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert wird für das Verfahren der Rechtsbeschwerde auf 6 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob die Einführung einer auf die elektronische Datenverarbeitung gestützten Parkerlaubnisverwaltung, bei der Parkverstöße, Abmahnungen, Verwarnungen und Entscheidungen über den Entzug der Parkerlaubnis gespeichert werden, der Mitbestimmung unterliegt. Gegebenenfalls stellt sich die weitere Frage, ob ein Versäumnis der Frist für die Äußerung des Personalrats im Einzelfall unbeachtlich sein kann.
Der beteiligte Dienststellenleiter beantragte bei dem Antragsteller, dem Personalrat beim Fernmeldetechnischen Zentralamt D., unter Hinweis auf § 75 Abs. 3 Nrn. 16, 17 und § 76 Abs. 2 Nrn. 5, 7 BPersVG die Zustimmung zur Einführung einer EDV-gestützten Parkerlaubnisverwaltung, die anstelle des bisherigen manuellen Aufzeichnungsverfahrens in Karteiform treten sollte. Der Antrag vom 27. November 1987 wurde am 1. Dezember 1987 abgesandt. In der Begründung wurde mitgeteilt, daß neben den bisher vermerkten Angaben (Name, Vorname, Dienstbezeichnung, private und dienstliche Anschrift, Nebenstelle, Entfernung zwischen Wohnort und Dienststelle, Kraftfahrzeug-Kennzeichen, Fahrzeughersteller, Grad einer etwaigen Schwerbehinderung, etwaige Abmahnungen) keine weiteren Daten gespeichert würden; ein Zugriff auf weitere Daten sei auch nicht möglich. Da das System die Möglichkeiten moderner Textverarbeitung bereitstelle, könnten bei Bedarf auch Abmahnungsschreiben sowie Verfügungen über den Entzug der Parkerlaubnis ausgedruckt werden. Der Arbeitsplatz solle mit einem Datensichtgerät (20 MB Festplatte) und einem Drukker ausgestattet werden. Eine Verhaltens- oder Leistungskontrolle der am Gerät eingesetzten Mitarbeiter sei ebensowenig möglich wie eine Überwachung der übrigen Amtsangehörigen.
Mit beim Beteiligten am 14. Dezember 1987 eingegangenen Schreiben verweigerte der Antragsteller die Zustimmung. Er führte aus: Die Anfertigung von Abmahnungsschreiben und Verfügungen über den Entzug der Parkerlaubnis durch das System stellten eine Verhaltenskontrolle im Sinne von § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG dar. Für den Fall der Einführung müsse der jeweils zu löschende Datenbestand im Wege einer Dienstvereinbarung festgelegt werden. Auch seien verschiedene Datenschutzbestimmungen nicht eingehalten worden, so daß die Zustimmung zur geplanten Maßnahme gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG abgelehnt werden müsse.
In einem Schreiben vom 8. Januar 1988 stellte sich der Beteiligte auf den Standpunkt, daß die beabsichtigte Maßnahme gemäß § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG als gebilligt gelte. Mit der Erstellung von Abmahnungsschreiben und Verfügungen über den Entzug der Parkerlaubnis würden lediglich die Möglichkeiten einer modernen Textverarbeitung genutzt. Eine Kontrolle der geparkten Fahrzeuge durch das Gerät sei nicht möglich; dies geschehe ausschließlich durch das Personal. Deshalb sei der Mitbestimmungstatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG nicht erfüllt. Auch auf die vom Antragsteller angeführten Zustimmungsverweigerungsgründe des § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG komme es bei der beabsichtigten Maßnahme nicht an.
Am 28. November 1988 hat der Antragsteller das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet. Ursprünglich hat er beantragt festzustellen, daß die Einführung einer Datenverarbeitungsanlage zur Parkerlaubnisverwaltung seiner Beteiligung bedurft hätte.
Der Antrag hatte keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat ihn als unbegründet abgelehnt. Es hat ausgeführt, der Antragsteller habe die Zustimmung nicht innerhalb der Frist von sieben Arbeitstagen (§ 69 Abs. 2 Satz 3 BPersVG a.F.) verweigert, so daß schon aus diesem Grunde die beabsichtigte Maßnahme gemäß § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG als gebilligt gelte. Die Frist sei am Donnerstag, dem 10. Dezember 1987, abgelaufen. Der Zugang des entsprechenden Schreibens sei aber erst am Montag, dem 14. Dezember 1987, erfolgt.
Hiergegen hat der Antragsteller Beschwerde erhoben und nunmehr beantragt,
unter Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses festzustellen, daß die Einführung einer Datenverarbeitungsanlage zur Parkerlaubnisverwaltung ohne Zustimmung des Antragstellers dessen Beteiligungsrecht verletzt hat.
Zur Begründung hat er sich auf die in einer Verfügung des zuständigen Bundesministers von 1976 enthaltene Regelung zum Fristenlauf in Mitbestimmungsverfahren berufen. Danach gelte der Antrag auf Erteilung der Zustimmung erst am maßgeblichen Sitzungstag als zugeleitet.
Der Beteiligte ist der Beschwerde unter anderem mit dem Hinweis darauf entgegengetreten, daß die zwingende Fristenregelung des § 69 Abs. 2 Satz 3 BPersVG auch durch Verwaltungsvorschrift oder innerdienstliche Weisung nicht abgeändert werden könne.
Die Beschwerde hatte Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat, nachdem der Beteiligte die Verfügung des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen vom 21. Oktober 1976 betreffend die „Durchführung des Bundespersonalvertretungsgesetzes” vorgelegt hatte, dem Beschwerdeantrag mit folgender Begründung stattgegeben: Ein Rechtsschutzinteresse für den Antrag sei gegeben, weil mit der Maßnahme ein Dauerzustand geschaffen worden sei, der rückgängig gemacht werden könne und müsse. Der Antrag sei auch begründet. Dem Antragsteller habe ein Mitbestimmungsrecht aus § 75 Abs. 3 Nr. 17 zugestanden. Das eingeleitete Verfahren habe auch nicht abgebrochen werden dürfen. Die vom Antragsteller geltend gemachten Zustimmungsverweigerungsgründe seien beachtlich. Sie wiesen einen Bezug zum Mitbestimmungstatbestand auf. Zwar sei die Frist des § 69 Abs. 2 Satz 3 BPersVG versäumt worden. Der Beteiligte könne sich darauf jedoch nicht berufen. Der Fristablauf könne im Einzelfall unbeachtlich sein, wenn er auf einem Verstoß gegen übergeordnete Gesichtspunkte, insbesondere gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit, beruhe. Von einem solchen Verstoß sei hier mit Blick auf die bis zuletzt praktizierte Verfügung des zuständigen Bundesministers vom 21. Oktober 1976 auszugehen. In ihr werde festgelegt, daß die Frist mit Rücksicht darauf, daß die Personalvertretung nur als Gremium entscheiden könne, grundsätzlich und unabhängig vom tatsächlichen Zugang erst von dem Tage an zu laufen beginne, der dem letzten Tag der nächsten Personalratssitzung folge. Darin liege eine einseitige Verlängerung der Äußerungsfrist. Solange eine solche Verwaltungsvorschrift bestehe und weitgehend – wie ursprünglich auch im vorliegenden Falle – beachtet werde, könne es, zumal angesichts der ungeklärten Rechtslage, im Interesse eines fairen gegenseitigen Verhaltens nicht hingenommen werden, daß diese Praxis einseitig und ohne Vorwarnung beendet werde.
Hiergegen hat der Beteiligte Rechtsbeschwerde erhoben. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Insbesondere sei ein Rechtsschutzinteresse des Antragstellers zu verneinen; die strittige Maßnahme habe nicht das Mitbestimmungsrecht nach § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG ausgelöst; jedenfalls lägen die Gründe für die Zustimmungsverweigerung des Antragstellers nicht innerhalb des Mitbestimmungstatbestandes. Schließlich erhebt er im Zusammenhang mit der konkreten Anwendung der Verfügung des Bundesministers Aufklärungsrügen.
Der Beteiligte beantragt,
den Beschluß des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs – Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen – vom 27. Februar 1991 aufzuheben und die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Darmstadt – Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen – vom 22. Mai 1990 zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluß und weist darauf hin, daß das Schreiben, mit dem der Beteiligte die Zustimmung des Antragstellers beantragt habe, nicht handschriftlich unterzeichnet worden sei.
In der Anhörung vor dem beschließenden Senat hat es sich als unstreitig erwiesen, daß jedenfalls am 9. Dezember 1987 eine Personalratssitzung stattfand. Ferner haben der Antragsteller und der Beteiligte übereinstimmend erklärt, daß nicht mehr festgestellt werden könne, ob dem gewöhnlichen Turnus entsprechend auch am 2. Dezember 1987 eine Sitzung stattgefunden habe; jedenfalls sei aber davon auszugehen, daß das Einleitungsschreiben, sofern es überhaupt formgültig sei, dem Personalrat am 1. Dezember 1987 nicht so rechtzeitig zugegangen sei, daß es in einer etwaigen Sitzung am 2. Dezember 1987 noch hätte behandelt werden können.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat dem zulässigen Antrag des Antragstellers zu Recht stattgegeben.
1. Der Verwaltungsgerichtshof hat ein Fortbestehen des Rechtsschutzbedürfnisses im Anschluß an die Rechtsprechung des Senats (Beschluß vom 15. Dezember 1978 – BVerwG 6 P 13.78 – Buchholz 238.3A § 76 BPersVG Nr. 1) zutreffend damit begründet, daß mit der vollzogenen Maßnahme ein Dauerzustand geschaffen worden sei, der rückgängig gemacht werden könne und müsse.
a) Das Mitbestimmungsrecht und die mit ihm begründeten Verfahrensrechte, namentlich die aus § 69 Abs. 1 BPersVG, werden nach dieser Rechtsprechung nicht ohne weiteres gegenstandslos, wenn der Dienststellenleiter die Rechte der Personalvertretung nicht beachtet hat. Dies gilt insbesondere dann, wenn es tatsächlich möglich ist, die Maßnahme rückgängig zu machen, und die Rechtsordnung dies auch zuläßt. Wird gegebenenfalls die Verletzung von Mitbestimmungsrechten gerichtlich festgestellt, so ist der Dienststellenleiter – soweit nicht die fehlende Zustimmung des Personalrats im Einigungsverfahren ersetzt wird – in diesen Fällen auch zur Rückgängigmachung verpflichtet. Das ergibt sich – unbeschadet der Frage nach einem damit korrespondierenden Rechtsanspruch des Personalrats, der in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bisher stets verneint worden ist – ohne weiteres aus Art. 20 Abs. 3 GG. Der Dienststellenleiter kann im Rahmen der Dienstaufsicht notfalls dazu gezwungen werden (vgl. zuletzt Beschluß vom 23. September 1992 – BVerwG 6 P 26.90 – Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 81).
b) Die mit der Rechtsbeschwerde geltend gemachten Zulässigkeitsbedenken greifen nicht durch. Insbesondere rechtfertigt der Umstand, daß der Antragsteller nahezu zehn Monate bis zur Einleitung des Beschlußverfahrens hat verstreichen lassen, auch unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung keine andere Würdigung.
Für die prozessuale Geltendmachung von Beteiligungsrechten ist allerdings weder unmittelbar noch entsprechend auf die – hier gewahrte – Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO abzustellen (vgl. Beschluß des Senats vom 15. Februar 1988 – BVerwG 6 P 29.85 – Buchholz 251.5 § 61 HePersVG Nr. 5). Bei der Überprüfung, ob das Antragsrecht verwirkt ist, darf nicht schematisch auf einen bestimmten Zeitablauf abgestellt werden, sondern es ist von den näheren Umständen des Einzelfalles auszugehen. Die Verwirkung als Hauptanwendungsfall des Verbots des widersprüchlichen Verhaltens bedeutet, daß ein Recht nicht mehr ausgeübt werden darf, wenn seit der Möglichkeit seiner Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen darf, daß das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand), und er sich infolgedessen in seinen Maßnahmen so eingerichtet hat, daß ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl. zu allem BVerwGE 44, 339 ≪343 f.≫).
Ein derartiger Fall lag hier nicht vor. Das Verhalten des Antragstellers war nicht ursächlich für irgendwelche darauf aufbauenden Entschließungen des Beteiligten. Nach seinem eigenen Vorbringen im Rechtsbeschwerdeverfahren ist das strittige Gerät vielmehr alsbald nach dem Abbruch des Verfahrens angeschafft, installiert und in Gebrauch genommen worden. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht absehbar, wann und wie der Antragsteller auf den Abbruch des Verfahrens reagieren würde. Also ist der Vollzug der beabsichtigten Maßnahme unabhängig vom Verhalten des Antragstellers ins Werk gesetzt worden. Es fehlt auch an Anhaltspunkten dafür, daß die Rückübertragung der innerhalb von 10 Monaten neu angefallenen Daten auf Karteikarten mit einem unzumutbaren Verwaltungsaufwand verbunden wäre.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat zutreffend entschieden, daß dem Antragsteller hinsichtlich der in Rede stehenden Maßnahme ein Recht auf Mitbestimmung bei der Einführung und Anwendung technischer Überwachungseinrichtungen gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG zugestanden hat, weil die elektronische Einrichtung außer allgemeinen Daten auch Parkverstöße, Abmahnungen, Verwarnungen und Entscheidungen über den Entzug der Erlaubnis speichert. Diese Daten geben in bestimmter Beziehung Aufschluß über das individuelle Verhalten der Beschäftigten. Bei objektiv-finaler Betrachtung (vgl. dazu Beschluß vom 23. September 1992 – BVerwG 6 P 26.90 – a.a.O.) ist die Einrichtung aufgrund ihrer technischen Natur und der objektiv gegebenen Einsatzbedingungen geeignet und damit auch dazu „bestimmt”, diese Daten jederzeit lückenlos und auf technisch einfache Weise zu Kontrollzwecken abrufen und auswerten zu können. Auf eine andersartige subjektive Zweckbestimmung kommt es nicht an.
a) Der Umstand, daß die Eingabe der Daten von Hand erfolgt, rechtfertigt keine andere rechtliche Würdigung. Dies hat der Senat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bereits entschieden (Beschluß vom 16. Dezember 1987 – BVerwG 6 P 32.84 – Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 53). Im Rahmen des § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG kommt es für die Mitbestimmungspflichtigkeit einer Maßnahme nicht darauf an, ob leistungs- und verhaltensbezogene Daten unmittelbar auf technischem Wege, also durch die Einrichtung selbst, erhoben werden, oder ob sie dem System zum Zwecke der Speicherung und Verarbeitung eingegeben werden müssen (mittelbare Datenerfassung). Der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt etwa auch die Einführung eines elektronischen Informationssystems unter Verwendung schematisierter und individualisierbarer Erhebungsbogen. Das gilt jedenfalls dann, wenn manuelle Datenerhebung und anschließende Datenverarbeitung durch die EDV-Anlage zielgerichtet aufeinander abgestimmt sind. Der Begriff der „Überwachung” umfaßt sowohl das Erfassen von Informationen als auch die Auswertung bereits vorliegender Informationen im Hinblick auf die Beurteilung des Verhaltens oder der Leistung der Beschäftigten. Nur dieses Verständnis entspricht dem Schutzzweck der Vorschrift. Das Persönlichkeitsrecht wird durch die Auswertung der Verhaltens- oder leistungsbezogenen Daten stärker gefährdet als durch die bloße Datenerhebung. Aus diesen Gründen ist es nach der Rechtsprechung für die Anwendung der Mitbestimmungsregelung nicht erheblich, ob die Beschäftigten allein durch die technische Einrichtung überwacht werden oder ob sie in Erfüllung ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtungen an der Überwachung etwa durch regelmäßig zu erstellende Tätigkeitsberichte aktiv mitwirken (Beschluß vom 16. Dezember 1987 – BVerwG 6 P 32.84 – a.a.O.).
b) Mit Recht hat das Beschwerdegericht auch angenommen, daß sich eine andere Würdigung selbst dann nicht rechtfertigt, wenn Abmahnungen und Entziehungsverfügungen – wie vom Beteiligten im gerichtlichen Verfahren behauptet – nicht durch die Einrichtung selbst erstellt werden, sondern dies aufgrund eines manuellen Schreibauftrages durch die zentrale Schreibstelle geschieht. Die Frage, ob die Anlage technisch auch dafür geeignet ist, kann hier offenbleiben. Für die Annahme einer Überwachungseinrichtung genügt die jederzeit mögliche Speicherung und Auswertung durch die elektronische Einrichtung. Auf die Art der späteren Schreibaufträge und deren Ausführung kommt es nicht an. Derlei Umsetzungsakte entfalten keine ausschlaggebende Bedeutung, wenn sie – dem automatisierten Vollzug einer programmierten Auswertung vergleichbar – eine nennenswerte Einschränkung der Überwachung nicht gewährleisten können. Nach einer vorhergehenden elektronischen Speicherung und/oder Auswertung ist es in dieser späten Bearbeitungsphase regelmäßig nicht mehr möglich, den Schutz der Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten noch wirksam zur Geltung zu bringen (vgl. auch BAGE 46, 367 ≪384 f.≫).
Ebensowenig kann von Bedeutung sein, ob sich gegenüber dem früheren Zustand einer Datenspeicherung vermittels handschriftlich geführter Kartei an der Überwachung Grundlegendes geändert hat. Überwachungsmaßnahmen, die der Dienststellenleiter sonst ohne Mitbestimmung des Personalrats selbst durchführen bzw. ausführen lassen darf, können allein deshalb der Mitbestimmung des Personalrats unterfallen, weil sie nunmehr unter Verwendung einer dazu bestimmten technischen Einrichtung erfolgen sollen. Nicht die Tatsache der Überwachung als solche, nicht deren Umfang oder Inhalt, sondern allein der Übergang zu einer Überwachung vermittels technischer Einrichtungen ist das entscheidende Kriterium, das die Mitbestimmung nach § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG auslöst.
3. Ebenfalls zutreffend hat das Beschwerdegericht ausgeführt, daß der Beteiligte das Mitbestimmungsverfahren nicht wegen Mängel der Begründung der Zustimmungsverweigerung abbrechen durfte.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats ist in Mitbestimmungsangelegenheiten, auch wenn eine Beschränkung auf gesetzlich festgelegte Verweigerungsgründe nicht besteht, eine Zustimmungsverweigerung dann unbeachtlich, wenn die dafür gegebene Begründung offensichtlich außerhalb irgendeines Mitbestimmungstatbestandes liegt. Dagegen ist es der Dienststelle verwehrt, die angegebene Begründung einer Schlüssigkeitsprüfung zu unterziehen und die einzelnen Gründe auf ihre Richtigkeit zu untersuchen sowie davon die Fortführung des Verfahrens abhängig zu machen; sie ist nicht berechtigt, hierüber außerhalb des in §§ 69 Abs. 2 bis 4, 71 BPersVG geregelten Verfahrens letztverbindlich zu entscheiden und damit ihre Auffassung dem personalvertretungsrechtlichen Partner aufzuzwingen (Beschlüsse vom 4. April 1985 – BVerwG 6 P 37.82 – Buchholz 238.3A § 75 BPersVG Nr. 39, vom 18. April 1986 – BVerwG 6 P 31.84 – Buchholz 238.3A § 69 BPersVG Nr. 8 und vom 10. August 1987 – BVerwG 6 P 22.84 – Buchholz 251.0 § 69 BaWüPersVG Nr. 1).
b) Soweit der Antragsteller daran angeknüpft hat, das System selbst drucke Abmahnungsschreiben und Entziehungsverfügungen aus, könne jedenfalls dazu benutzt werden, mag dies in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend sein. Ein zur Unbeachtlichkeit der Zustimmungsverweigerung führender Begründungsmangel läge darin jedoch nicht. Darauf, ob dies wirklich unzutreffend ist, kommt es nämlich nicht an. Eine dahin gehende Überprüfung durch den Beteiligten liefe auf eine nicht statthafte Prüfung der Richtigkeit des Vorbringens des Personalrats hinaus. Für die Beachtlichkeit der Zustimmungsverweigerung muß es ausreichen, daß die tatsächliche Annahme des Antragstellers nicht völlig aus der Luft gegriffen ist oder neben der Sache liegt. Letzteres ist hier angesichts der keineswegs eindeutigen Darstellung im Zustimmungsantrag des Beteiligten nicht der Fall. Auch läßt sich dem Gegenstand nach ein Bezug zum Mitbestimmungstatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG nicht in Abrede stellen. Das Vorbringen des Antragstellers ist bei dem gebotenen großzügigen Maßstab, der an die Würdigung einer Zustimmungsverweigerung anzulegen ist, ohne weiteres dahin auszulegen, daß zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten ein voll automatisiertes Verfahren für Abmahnung und Entzug der Erlaubnis abgewendet werden sollte.
c) Die Verbindung (oder Begründung) der Zustimmungsverweigerung mit der Forderung, über bestimmte Gesichtspunkte der beabsichtigten Maßnahme eine Dienstvereinbarung zu treffen, macht die Verweigerung ebenfalls nicht unbeachtlich. Dienstvereinbarungen haben den Zweck, die Beteiligung der Personalvertretung in einer Vielzahl von Einzelfällen mit gleichem sachlichen Gegenstand zu erübrigen. Der Abschluß einer derartigen Dienstvereinbarung stellt sich mithin als „vorweggenommene” Mitbestimmung dar (Beschluß vom 1. November 1983 – BVerwG 6 P 28.82 – Buchholz 238.35 § 60 HePersVG Nr. 5 (LS) = ZBR 1984, 151 ≪152 a.E.≫). Für alle gegenwärtig oder künftig davon abgedeckten Fälle ist das Mitbestimmungsrecht damit abgegolten (Beschlüsse vom 8. Juli 1983 – BVerwG 6 P 1.81 – Buchholz 238.3A § 75 BPersVG Nr. 25 und vom 26. März 1986 – BVerwG 6 P 38.82 – Buchholz a.a.O. Nr. 45). In einer derartigen Vorwegnahme erschöpfen sich jedoch die Möglichkeiten des Abschlusses einer Dienstvereinbarung nicht.
Nach § 75 Abs. 3 Satzeingang BPersVG hat über die in diesem Absatz genannten Angelegenheiten der Personalrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, gegebenenfalls durch Abschluß von Dienstvereinbarungen mitzubestimmen. Schon der Gesetzeswortlaut läßt damit erkennen, daß es sich bei der Dienstvereinbarung um eine gleichwertig neben der Zustimmung und der Zustimmungsverweigerung stehende Handlungsform, mithin um eine Modalität der Ausübung der Mitbestimmung, handelt. Dem Dienststellenleiter und dem Personalrat ist auf diese Weise aufgegeben, in dem jeweiligen Sachzusammenhang zu erwägen, ob der Abschluß einer Dienstvereinbarung zweckmäßiger ist als die Aneinanderreihung von Einzelregelungen und die jeweilige Beteiligung des Personalrats an ihnen (Beschluß vom 1. November 1983 – BVerwG 6 P 28.82 – a.a.O.). Der einzelne Mitbestimmungsfall kann also beiderseits Anlaß geben, sich um eine übergreifende und den anlaßgebenden Einzelfall mit einschließende Dienstvereinbarung zu bemühen. Dann aber bestehen keine Bedenken, die Anregung einer Dienstvereinbarung beiderseits in ein laufendes, eine Einzelmaßnahme betreffendes Mitbestimmungsverfahren einzubeziehen.
Die in diesem Rahmen geforderte Dienstvereinbarung darf freilich gegenständlich nicht außerhalb eines der in §§ 75 Abs. 3, 76 Abs. 2 BPersVG genannten Mitbestimmungstatbestände liegen. Auch insoweit ergeben sich hier jedoch keine Bedenken. Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts sollte Gegenstand dieser Dienstvereinbarung „der jeweils zu löschende Datenbestand” sein. Durch Zusagen des Beteiligten betreffend den Umfang der zu speichernden Daten war diese Forderung auch nicht etwa von vornherein gegenstandslos. Im übrigen kann nach der Rechtsprechung des Senats eine solche Regelung über die Begrenzung bestehender Überwachungsmöglichkeiten gegenüber der Personalvertretung (dauerhafte) Verbindlichkeit nur erlangen, wenn sie Inhalt einer Dienstvereinbarung ist; eine entsprechende einseitige Versicherung des Dienststellenleiters genügt dazu nicht (Beschluß vom 16. Dezember 1987 – BVerwG 6 P 32.84 – a.a.O.). Eine Zusage, von Überwachungsmöglichkeiten keinen Gebrauch zu machen, läßt das Mitbestimmungsrecht daher nicht entfallen.
4. Das Mitbestimmungsverfahren war schließlich nicht etwa deshalb beendet, weil infolge einer Fristversäumnis des Antragstellers die gesetzliche Zustimmungsfiktion eingetreten wäre. Auch insoweit ist dem Verwaltungsgerichtshof jedenfalls im Ergebnis zuzustimmen.
a) Die Entscheidung des Beschwerdegerichts beruht im wesentlichen auf folgenden Überlegungen: Die in § 69 Abs. 2 Satz 3 BPersVG bezeichnete Frist sei zwar versäumt worden. Der Beteiligte könne sich darauf jedoch nicht berufen. Auch wenn es sich nach herrschender Auffassung um eine Ausschlußfrist handele, die nicht verlängerbar sei, könne der Fristablauf im Einzelfall unbeachtlich sein, wenn er auf einem Verstoß gegen übergeordnete Gesichtspunkte beruhe, etwa gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Davon sei hier mit Blick auf die bis zuletzt praktizierte ministerielle Verfügung vom 21. Oktober 1976 auszugehen. Darin werde mit der Festlegung des Fristbeginns auf den Tag, der dem letzten Tag der nächsten Personalratssitzung folge, letztlich eine einseitige Verlängerung der Äußerungsfrist geregelt. Solange eine Verwaltungsvorschrift dieses Inhalts bestehe und – wie ursprünglich auch im vorliegenden Falle – weitgehend beachtet werde, könne es, zumal angesichts der ungeklärten Rechtslage, im Interesse eines fairen gegenseitigen Verhaltens nicht hingenommen werden, daß diese Praxis einseitig und ohne Vorwarnung beendet werde.
b) Maßgeblich für die rechtliche Würdigung ist das Bundespersonalvertretungsgesetz vom 15. März 1974 (BGBl. I S. 693), in der bei Ingangsetzen der Frist durch Gesetz vom 24. Juli 1986 (BGBl. I S. 1110) letztmals geänderten Fassung. Nach § 69 Abs. 2 Satz 3 BPersVG dieser Gesetzesfassung war der Beschluß des Personalrats über die beantragte Zustimmung dem Leiter der Dienststelle innerhalb von sieben Arbeitstagen mitzuteilen. Nach der unverändert gebliebenen Fassung des § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG gilt die Maßnahme als gebilligt, wenn nicht der Personalrat innerhalb der genannten Frist die Zustimmung unter Angabe der Gründe schriftlich verweigert. Auf etwa veränderte Gesichtspunkte, die später zur Verlängerung der Frist auf 10 Arbeitstage geführt haben (Änderungsgesetz vom 10. Juli 1989, BGBl. I S. 1380), kommt es hier nicht an.
aa) Der angegriffene Beschluß geht mit der von ihm als herrschend bezeichneten Auffassung davon aus, daß es sich bei der Frist des § 69 Abs. 2 Satz 3 BPersVG um eine Ausschlußfrist handele, die nicht verlängerbar sei. Diese Rechtsfrage ist allerdings in der personalvertretungsrechtlichen Rechtsprechung und Literatur sehr umstritten (für eine mögliche Verlängerung: Bacher PersR 1988, 68; de lege lata dagegen, de lege ferenda dafür: Widmaier PersV 1988, 106; dagegen: VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 12. April 1983 – 15 S 744/82 – ZBR 1984, 216; BAG – 4. Senat –, Urteil vom 22. Mai 1985 – 4 AZR 42/83 – NZA 1986, 187; für eine mögliche Verlängerung der vergleichbaren Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hat sich der 1. Senat des BAG ausgesprochen: vgl. BAGE 42, 386; 50, 55 – unter Aufgabe von BAGE 23, 196).
Der Senat hat die Frage nach der Verlängerbarkeit der Frist in seinen Beschlüssen vom 3. Juli 1986 – BVerwG 6 P 27.83 – Buchholz 238.31 § 82 BaWüPersVG Nr. 2 und vom 8. November 1989 – BVerwG 6 P 7.87 – PersR 1990, 102 (insoweit in BVerwGE 84, 58 nicht abgedruckt) ausdrücklich offengelassen, zuletzt aber eine gewisse zeitliche Dispositionsbefugnis und die insoweit bestehende Verantwortlichkeit des Dienststellenleiters hervorgehoben. Auch der vorliegende Fall nötigt nicht zur abschließenden Entscheidung der komplexen Frage nach der Verlängerbarkeit der Erklärungsfrist des § 69 Abs. 2 Satz 3 BPersVG. Jedenfalls aber hält es der Senat für angezeigt, die gesetzliche Regelung nicht so eng auszulegen, daß Unklarheiten über den Fristlauf, die aus verschiedenen Gründen auftreten mögen (vgl. etwa BVerwGE 84, 58; BAGE 50, 55), nicht durch einvernehmliche Klarstellung bereinigt werden können.
bb) Die Frage nach der Verlängerbarkeit kann für die Entscheidung im vorliegenden Verfahren schon deshalb offenbleiben, weil hier nicht die Zulässigkeit einer vereinbarten Frist Verlängerung in Rede steht. Vielmehr geht es um den Inhalt und die Folgen einer ständigen Anwendung der Anweisungen zur Frist berechnung, die in der Verfügung des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen vom 21. Oktober 1976 betreffend die Durchführung des Bundespersonalvertretungsgesetzes enthalten sind. Dabei handelt es sich zunächst um eine einseitige Regelung. Sodann zielt sie auch inhaltlich nicht darauf ab, die der Fristregelung zugrunde liegende gesetzgeberische Entscheidung zweckwidrig zu korrigieren. Vielmehr befaßt sich die Verfügung speziell mit der Frage, wie der Fristbeginn festzustellen ist. Allein zu Zwecken der Klarstellung wird festgelegt, daß es bei der Fristberechnung für die Festlegung des Beginns der Frist nicht auf den tatsächlichen Zugang der Vorgänge bei der Geschäftsführung, sondern auf die Kenntnisnahme durch die Personalvertretung als Gremium ankommen soll. Darüber hinaus enthält sie klarstellende Aussagen zur Fristberechnung für den Fall, daß ein Zustimmungsantrag zur „Unzeit” eingehen sollte, so daß ein wünschenswerter Sitzungsturnus nicht eingehalten werden könnte. Das Gesetz regelt derartige Einzelheiten nicht ausdrücklich; es verbietet jedenfalls nicht, daß mögliche – und nicht bloß vorgeschobene – Unklarheiten bezüglich des Fristlaufs vorbeugend ausgeräumt und die sonst zwangsläufig zu erwartenden Reibungsverluste vermieden werden. Solche Regelungen dürfen auch Pauschalierungen und Vereinfachungen enthalten, soweit damit nach Lage der Dinge die nötige Klarheit geschaffen oder erreicht wird, daß die laufenden Geschäfte in Mitwirkungsangelegenheiten möglichst reibungslos und praktikabel erledigt werden können. Die gesetzgeberischen Zielsetzungen werden nicht unterlaufen, wenn Regelungen getroffen werden, die unnötigen Aufwand ersparen, der etwa entstehen kann, wenn erst ermittelt werden müßte, ob die Einleitung des Verfahrens zu einem bestimmten Zeitpunkt mit Rücksicht auf den Geschäftsanfall beim Personalrat oder den Sitzungsturnus des Gremiums im Sinne des § 2 BPersVG tunlich ist, oder aber sonst dokumentiert werden müßte, wann genau der Antrag „dem Personalrat” zugegangen ist.
Die Grenzen, die dabei wegen der Zielsetzungen der gesetzlichen Festlegung auf eine Erklärungsfrist zu beachten sind, werden nicht überschritten, wenn – wie hier – als maßgeblich für den Zugang darauf abgestellt wird, ab welchem vorhersehbaren Zeitpunkt der Personalrat als Gremium mit der Sache befaßt sein wird. Dies steht noch in Einklang mit dem Anliegen des Gesetzgebers, den Personalrat zu einer beschleunigten Entscheidung innerhalb des festgelegten Zeitraums anzuhalten. Zwar darf nicht offenbleiben, wann mit einer Befassung durch den Personalrat zu rechnen ist; dies darf insbesondere nicht einer zu einem unvorhersehbaren Zeitpunkt stattfindenden Sitzung überlassen bleiben. Wenn und soweit aber – wie hier offensichtlich üblich – in kurzen Abständen regelmäßig Personalratssitzungen stattfinden, ist eine Umgehung der gesetzlichen Frist durch eine derartige Regelung nicht zu besorgen.
cc) Unter Zugrundelegung dieses rechtlichen Maßstabs ist eine Verfahrensweise gemäß der ministeriellen Verfügung vom 21. Oktober 1976 zulässig; danach ist ein Fristversäumnis vorliegend nicht gegeben. Aufgrund der vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen und der übereinstimmenden Erklärungen, die von den Verfahrensbeteiligten in der Anhörung vor dem Senat abgegeben worden sind, steht fest, daß am 9. Dezember 1987 eine Personalratssitzung stattgefunden hat. Unklar ist geblieben, ob dies auch eine Woche vorher der Fall war. Selbst wenn aber am 2. Dezember 1987 eine solche Sitzung stattgefunden hätte, könnte aufgrund der auch insoweit übereinstimmenden Erklärungen nicht davon ausgegangen werden, daß das Einleitungsschreiben dem Antragsteller tags zuvor so rechtzeitig zugegangen ist, daß es in einer etwaigen Sitzung an diesem Sitzungstag noch hätte behandelt werden können. Bei dieser Sachlage war nach Nr. 3 a Abs. 2 Satz 2 (zu §§ 68 Abs. 2, 69 und 72) der ministeriellen Verfügung vom 21. Oktober 1976 für den Fristbeginn die nächstfolgende Personalratssitzung – also die am 9. Dezember 1987 – maßgebend. Daher ist die Zustimmungsverweigerung beim Beteiligten am 14. Dezember 1987 innerhalb von 7 Arbeitstagen und somit rechtzeitig eingegangen.
c) Selbst wenn aber anzunehmen wäre, daß die Frist versäumt ist, müßte dem Verwaltungsgerichtshof darin zugestimmt werden, daß der Ablauf der Erklärungsfrist unbeachtlich ist, wenn seine Herbeiführung im Einzelfall gegen den das Personalvertretungsrecht beherrschenden Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit verstößt. Ist es nämlich bei Einleitung des Verfahrens in der Dienststelle ständige Praxis, den Fristlauf abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen zu berechnen, so darf sich der Personalrat darauf einrichten. Er darf darauf vertrauen, daß der Leiter der Dienststelle weiterhin nach dieser Praxis handelt und daß diese Praxis auch rechtmäßig ist. Hat dieser etwa Zustimmungsverweigerungen unter bestimmten Voraussetzungen auch dann als fristgemäß behandelt, wenn sie tatsächlich verspätet waren, so hält er dadurch den Personalrat von einer fristwahrenden Erklärung ab. Auf die Folgen einer nach dieser Praxis rechtzeitigen, in Wahrheit aber verspäteten Zustimmungsverweigerung kann er sich dann nach Treu und Glauben sowie nach dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit nicht berufen. Dies ist in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für den Bereich des Betriebsverfassungsrechts anerkannt und entspricht auch den bisherigen Ansätzen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Personalvertretungsrecht.
Für das Betriebsverfassungsrecht hat das Bundesarbeitsgericht verschiedentlich entschieden, daß es nach dem Grundsatz von Treu und Glauben und insbesondere mit Rücksicht auf sein besonderes Gewicht im Betriebsverfassungsrecht Fälle gebe, in denen der Arbeitgeber aus der Versäumung von Ausschlußfristen, und zwar auch materieller Ausschlußfristen, keine Rechte für sich herleiten könne (SAGE 14, 140 ≪145 f.≫; 23, 196 ≪203 f.≫; Beschluß vom 20. Juni 1978 – 1 ABR 65/75 – AP Nr. 8 zu § 99 BetrVG 1972; vgl. auch die Hinweise auf diese herrschende Auffassung in der arbeitsrechtlichen Literatur in BAGE 42, 386 ≪391 f.≫). Wenn es auf den Arbeitgeber, seine Erklärungen und sein Verhalten zurückzuführen sei, daß der Betriebsrat die Frist nicht eingehalten, sondern seinen Einspruch und dessen Begründung erst nach Ablauf der Wochenfrist bei dem Arbeitgeber schriftlich eingereicht habe, so sei es dem Arbeitgeber nach Treu und Glauben verwehrt, aus der Fristversäumung das Recht herzuleiten, nunmehr ohne Rücksicht auf das Beteiligungsrecht des Betriebsrats die beabsichtigte Maßnahme durchzuführen. Dafür genüge es z.B., wenn der Arbeitgeber, sei es auch stillschweigend, einer Bitte des Betriebsrats um Fristverlängerung entspreche. Selbst wenn dies auf einem Rechtsirrtum über die mögliche Verlängerbarkeit der Frist beruht habe, sei das gegebenenfalls unerheblich. Wesentlich sei allein, wie der Betriebsrat die Erklärung habe auffassen dürfen (BAGE 23, 196 ≪203 f.≫).
Diese Auffassung ist dem Grundsatz nach auch für das Personalvertretungsrecht zutreffend. Die Unterschiede zwischen Personalvertretungsrecht und Betriebsverfassungsrecht rechtfertigen hier keine grundsätzlich andere Würdigung. Besondere öffentlich-rechtliche Gesichtspunkte stehen einer Beachtung der Grundsätze der unzulässigen Rechtsausübung als Ausprägung von Treu und Glauben nicht entgegen. Sie gelten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts selbst beim Ablauf materiellrechtlicher Ausschlußfristen für Ansprüche öffentlich-rechtlicher Natur (vgl. Urteil vom 12. Oktober 1967 – BVerwG 2 C 15.67 – ZBR 1968, 119). Auch im Personalvertretungsrecht kann nichts anderes gelten. Der Grundsatz von Treu und Glauben hat in § 2 Abs. 1 BPersVG mit der Verpflichtung von Dienststelle und Personalvertretung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit seinen besonderen Ausdruck gefunden. Er verdient daher auch hier entsprechende Beachtung. Auf seiner Grundlage hat der Senat überdies in ähnlichem Zusammenhang schon entschieden, daß die Berufung des Dienststellenleiters auf die Unwirksamkeit einer Zustimmungsverweigerung dann rechtsmißbräuchlich sei, wenn er einen dabei unterlaufenen Verstoß gegen zwingende Formvorschriften vor Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist erkannt und dem Personalrat gegenüber gleichwohl verschwiegen habe; darüber hinaus sei es möglicherweise als rechtsmißbräuchlich zu werten, wenn er vor Ablauf der Erklärungsfrist bewußt zu erkennen gebe, er werde dem Formfehler keine Bedeutung beimessen und die Zustimmungsverweigerung als wirksam behandeln (Beschlüsse vom 14. Juli 1986 – BVerwG 6 P 12.84 – Buchholz 238.36 § 40 NdsPersVG Nr. 2 und vom 21. April 1992 – BVerwG 6 P 8.90 – ZBR 1992, 280 = ZfPR 1992, 141, 144 f. mit zust. Anm. von Ilbertz).
Daraus ergäbe sich für diesen Fall: Auch wenn die Anweisungen zur Fristenberechnung in der ministeriellen Verfügung vom 21. Oktober 1976 der Rechtslage nicht oder nicht voll entsprächen, könnte sich der Beteiligte nach allem nicht auf die Rechtsfolgen eines Fristablaufs berufen. Denn diese Verfügung ist in der Dienststelle – wie sogleich darzulegen ist – jedenfalls bis zum Antrag des Beteiligten auf Zustimmung zu der in Rede stehenden Maßnahme als für den Fristenlauf maßgeblich beachtet worden. Die darauf gegründete Praxis müßte für eine etwaige Verspätung auch als ursächlich angesehen werden. Davon ist nach den vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen und dem Ergebnis der Anhörung im Rechtsbeschwerdeverfahren auszugehen. Die vom Antragsteller in der Anhörung aufgeworfene weitere Frage, ob der Lauf der gesetzlichen Frist durch den Zustimmungsantrag überhaupt ausgelöst worden sei, weil es – wie er meint – an der Unterschrift gefehlt habe, kann daher auf sich beruhen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in rechtlich unbedenklicher Weise festgestellt, daß die Verfügung des Bundesministers „bis heute praktiziert” und „weitgehend beachtet” werde, „wie ursprünglich auch bei dem vorliegenden Sachverhalt”. Diese Feststellungen mögen zwar hinsichtlich der seit dem 9. Februar 1989 „bis heute” bestehenden Praxis unzutreffend sein. Das ist hier aber nicht erheblich. Denn auf eine erst nach den hier in Rede stehenden Vorgängen eingetretene Änderung der Praxis kann es nicht ankommen. Im übrigen aber lassen die Tatsachenfeststellungen einen Rechtsfehler nicht erkennen. Die vom Beteiligten insoweit erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch:
Wenn der Beteiligte insoweit ausreichende Tatsachenfeststellungen vermißt und eine Verletzung des rechtlichen Gehörs sowie einen Verstoß gegen § 286 ZPO wegen Überschreitung der Grenzen der freien Beweiswürdigung rügt, bedarf dies der Auslegung. In Wahrheit will er damit eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht rügen (§ 83 Abs. 1 Satz 1 ArbGG), möglicherweise auch einen Verstoß gegen die gerichtliche Hinweispflicht (§ 139 ZPO).
aa) Die Rüge einer Verletzung der Aufklärungspflicht ist nicht begründet. Auch im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren, dessen Vorschriften im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren zur Anwendung kommen, gilt der Untersuchungsgrundsatz. Das Gericht erforscht den Sachverhalt im Rahmen der gestellten Anträge von Amts wegen (§ 83 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Das gilt auch für die Beschwerdeinstanz (§ 90 Abs. 2 ArbGG). Auch nach dem Untersuchungsgrundsatz ist indessen das Gericht nicht verpflichtet, jeder theoretisch denkbaren Sachverhaltsvariante nachzugehen. Erforderlich ist vielmehr, daß anhand des Akteninhalts und des Gangs der mündlichen Verhandlung Anhaltspunkte dafür bestehen, daß der Sachverhalt in einer bestimmten Richtung noch aufklärungsbedürftig ist (vgl. Grunsky, ArbGG, 6. Aufl., § 83 Rdnr. 6).
Der Verwaltungsgerichtshof durfte hier davon ausgehen, daß die seinerzeit insoweit weder aufgehobene noch geänderte ministerielle Verfügung vom 21. Oktober 1976 in der Dienststelle weiter angewandt wurde. Es besteht eine tatsächliche Vermutung, daß eine ministerielle Weisung auch befolgt wird. Der Verwaltungsgerichtshof beruft sich für die Annahme, daß die Verfügung weitgehend beachtet worden sei, auch zu Recht darauf, daß dies „ursprünglich auch bei dem vorliegenden Sachverhalt” so gehandhabt worden sei. Diese Hilfstatsache durfte er seiner Entscheidung unbedenklich zugrunde legen. Denn der Beteiligte hat sich weder bei Abbruch des Mitbestimmungsverfahrens noch während des ersten Rechtszuges im Beschlußverfahren darauf berufen, daß die Zustimmungsverweigerung des Antragstellers nicht fristgerecht eingereicht worden sei. Daraus durfte der Verwaltungsgerichtshof mangels anderweitiger Anhaltspunkte schließen, daß die Verfügung mit ihren Ausführungen zum Fristlauf ursprünglich auch im vorliegenden Falle beachtet worden sei.
Der Gang des Beschlußverfahrens hat keinerlei Anhaltspunkte für gegenteilige Annahmen gegeben. Auf die Frage der Fristwahrung ist zwar schon das Verwaltungsgericht in seiner erstinstanzlichen Entscheidung eingegangen. Erst mit der Beschwerde wurde jedoch die ministerielle Verfügung vom 21. Oktober 1976 vom Antragsteller in das Verfahren eingeführt, und zwar ausschließlich im Zusammenhang mit dieser Frage. Der Verwaltungsgerichtshof hat dies zum Anlaß genommen, die Verfügung als „Dienstanweisung des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen vom 21. Oktober 1976 über die Handhabung der Fristenregelung in § 69 Abs. 2 Satz 3 BPersVG” vom Beteiligten anzufordern (GA Bl. 81 R). Dem anwaltlich vertretenen Beteiligten konnte der Sinnzusammenhang dieser Anforderung also gleich aus mehreren Gründen nicht entgangen sein. Wenn er daraufhin die Verfügung einschließlich aller darin eingetragenen Änderungen vorgelegt hat, ohne sich zur Anwendung derselben bei der Behandlung von Fristfragen zu äußern, konnte der Verwaltungsgerichtshof daraus nur schließen, daß sie in der Dienststelle weisungsgemäß beachtet wurde. Weitere Nachfragen mußten sich ihm nicht mehr aufdrängen.
bb) Eine Verletzung der Hinweispflicht (§ 139 ZPO) läßt sich ebenfalls nicht feststellen. Die Vorschrift des § 139 ZPO will im Interesse einer gerechten und sachgemäßen Entscheidung Vorsorge treffen, daß nicht ein bloßes Versehen oder Übersehen, eine falsche rechtliche Beurteilung des Sachverhalts oder ein in sich unklares Vorbringen den Verfahrensbeteiligten zum Nachteil gereicht. Eine unterbliebene Ausübung des Fragerechts gibt einen Rechtsbeschwerdegrund nur dann ab, wenn das Beschwerdegericht hätte erkennen müssen, daß die Verfahrensbeteiligten Beweismittel oder etwaige noch notwendige nähere Behauptungen hätten beibringen können und wollen. Unter anderem ist das dann der Fall, wenn das Nichtvorbringen offenbar auf einem Versehen oder darauf beruht, daß ein Verfahrensbeteiligter die Rechtslage erkennbar falsch beurteilt hat (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. August 1956 – 2 AZR 405/55 – AP Nr. 1 zu § 139 ZPO). Derartige Voraussetzungen lagen hier nicht vor, sind von der Rechtsbeschwerde auch nicht behauptet worden.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 10 Abs. 1 BRAGO in Verbindung mit § 8 Abs. 2 BRAGO.
Unterschriften
Niehues, Nettesheim, Seibert, Albers, Vogelgesang
Fundstellen
Haufe-Index 1214291 |
BVerwGE, 276 |
DVBl. 1993, 965 |