Entscheidungsstichwort (Thema)
Bundesnachrichtendienst, Umsetzung von Mitgliedern des Personalrats einer Dienststelle des –. Mitwirkungsverfahren bei Umsetzung eines Mitglieds des Personalrats einer Dienststelle des Bundesnachrichtendienstes. Umsetzung, – eines Mitglieds des Personalrats einer Dienststelle des BND. Antragsbefugnis eines Personalratsmitgliedes bei Geltendmachung einer Verletzung des § 47 Abs. 2 Satz 3 BPersVG
Leitsatz (amtlich)
Die Umsetzung eines Mitglieds des Personalrats einer Dienststelle des Bundesnachrichtendienstes (BND) mit Dienstortwechsel zu einer anderen Außenstelle des BND bedarf bei fehlendem Einverständnis dieses Mitglieds auch dann der Mitwirkung des örtlichen Personalrats nach § 47 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 86 Nrn. 8 Satz 2, 9 Satz 2 BPersVG, wenn sie nur vorübergehend angeordnet wird und wenn Aufgaben der Dienststelle weggefallen sind, die Dienstkräfte aber weiterhin in der Dienststelle tätig sind.
Ein einzelnes Personalratsmitglied kann die Feststellung der Verletzung der Rechte des Personalrats bei seiner Umsetzung im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren beantragen.
Die Beteiligung des Personalrats durch den Dienststellenleiter bei personellen Maßnahmen über die gesetzliche Regelung hinaus führt zu keiner gerichtlich zu beachtenden Erweiterung der Rechte des Personalrats.
Normenkette
BPersVG § 47 Abs. 2, § 75 Abs. 1 Nrn. 3-4, §§ 86, 93 Abs. 1; BBG § 27
Tenor
Auf den Hilfsantrag des Antragstellers wird festgestellt, daß der Beteiligte zu 2 das Recht des Antragstellers, als Personalratsmitglied nicht gegen seinen Willen ohne Mitwirkung des Beteiligten zu 3 einer anderen Dienststelle zugewiesen zu werden, durch die Zuteilung des Antragstellers zur vorübergehenden Dienstleistung zur Dienststelle Mainz am 1. Oktober 1990 und durch die unbefristete Verlängerung dieser Zuteilung am 20. Dezember 1990 verletzt hat.
Im übrigen werden die Anträge des Antragstellers und der Beteiligten zu 4 und 5 abgelehnt.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller ist im Angestelltenverhältnis beim Bundesnachrichtendienst tätig. Er ist gewähltes Personalratsmitglied für die Dienststelle in Frankfurt. Diese Dienststelle sollte im Hinblick auf die politische Entwicklung des Jahres 1990 zum 31. Dezember 1991 endgültig geschlossen werden. Sie wurde bereits durch Organisationsverfügung des Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes (BND), des Beteiligten zu 2, vom 17. August 1990 formell aufgelöst. In den Räumlichkeiten der Dienststelle werden aber weiterhin von Mitarbeitern des BND Aufträge ausgeführt und sonstige Tätigkeiten wahrgenommen.
Der Antragsteller wurde gegen seinen Willen ohne Zustimmung des Personalrats der Dienststelle (Beteiligter zu 3), des Personalrats der Zentrale des BND (Beteiligter zu 4) und des nach § 93 Abs. 1 BPersVG gebildeten Ausschusses beim BND (Beteiligter zu 5) durch Verfügung vom 1. Oktober 1990 ab 15. Oktober 1990 der Dienststelle in Mainz zur vorübergehenden Dienstleistung für die Dauer von drei Monaten zugeteilt. Am 20. Dezember 1990 wurde diese Zuteilung „bis auf weiteres” verlängert. Bemühungen des Antragstellers sowie des Beteiligten zu 4, den Leiter der Dienststelle Frankfurt (Beteiligter zu 1) und den Präsidenten des BND zur „Rückabordnung” des Antragstellers zu bewegen, blieben erfolglos.
Der Antragsteller hat daraufhin das vorliegende personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet, mit dem er geltend macht, die genannten Zuteilungen an die Dienststelle in Mainz verletzten seine Rechte aus § 47 Abs. 2 BPersVG, da sie nicht ohne Zustimmung der zuständigen Personalvertretung zulässig gewesen seien. Im übrigen habe der Präsident des BND mit Anordnung vom 19. Dezember 1982 den Mitwirkungsbereich der Personalvertretung erweitert und – entgegen der Regelung des § 86 Nr. 9 Satz 1 BPersVG – eine Mitwirkung der Personalvertretung auch bei Versetzungen, Abordnungen und Umsetzungen von Angestellten im Sinne des § 75 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 BPersVG vorgesehen. Deshalb sei ein Mitwirkungsverfahren gemäß § 86 Nr. 8 BPersVG nötig gewesen. Die dort im Falle von Einwendungen gegen eine vom Leiter des BND beabsichtigte Maßnahme vorgesehene Entscheidung des Chefs des Bundeskanzleramtes nach Verhandlung mit dem Personalrat der Zentrale sei nicht ergangen.
Die Beteiligten zu 4 und 5 haben sich im gleichen Sinne geäußert.
Der Antragsteller und die Beteiligten zu 4 und 5 beantragen,
festzustellen, daß der Beteiligte zu 1 – hilfsweise der Beteiligte zu 2 – das Recht des Antragstellers, als Personalratsmitglied nicht gegen seinen Willen ohne Zustimmung des Beteiligten zu 3 oder des Beteiligten zu 5 einer anderen Dienststelle zugewiesen zu werden, durch die Zuteilung zur vorübergehenden Dienstleistung zur Dienststelle Mainz am 1. Oktober 1990 und durch die unbefristete Verlängerung dieser Zuteilung am 20. Dezember 1990 verletzt hat.
Als Beteiligter zu 3 erklärt der Personalrat der Dienststelle Frankfurt, er habe auf die Antrage der personalbearbeitenden Dienststelle zu § 47 Abs. 2 BPersVG den einstimmigen Beschluß gefaßt, einer Versetzung oder Abordnung des Antragstellers nicht zuzustimmen.
Als Beteiligter zu 1 beantragt der Leiter der „Außenstelle Frankfurt (in Abwicklung)”, den Antrag abzuweisen. Er macht geltend, er habe die Zuteilung des Antragstellers zur vorübergehenden Dienstleistung bei einer anderen Dienststelle weder angeordnet noch veranlaßt. Ein Außenstellenleiter habe keinerlei rechtliche Einflußmöglichkeiten bei personellen Maßnahmen.
Der Beteiligte zu 2 beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Auch er macht geltend, der Leiter der Außenstelle Frankfurt habe die genannten Maßnahmen weder angeordnet noch veranlaßt. Das Personaleinsatzreferat der Zentrale des BND habe den Antragsteller deshalb der Außenstelle in Mainz zugeteilt, weil die Dienststelle in Frankfurt aufgelöst worden sei und der Antragsteller dort auch nicht mehr für den Zeitraum der Durchführung der Auflösung vergütungsgerecht und nach seiner fachlichen Qualifikation habe eingesetzt werden können. Die Dienststelle in Frankfurt habe ausschließlich Aufgaben der Post- und Fernmeldekontrolle wahrzunehmen gehabt. Im Zusammenhang mit der politischen Entwicklung hätten die Bundesregierung und das nach § 9 des Gesetzes zu Art. 10 GG zuständige Gremium des Bundestages am 20. Juni 1990 entschieden, auch die Postkontrolle bezüglich der noch kontrollierten Länder einzustellen. Damit sei auch der für die Dienststelle in Frankfurt seit der ersten Einstellung von Kontrollmaßnahmen Anfang 1990 noch verbliebene Restauftrag mit Ablauf des 20. Juni 1990 entfallen. Das Organisationsreferat habe dieser Entscheidung mit hausinterner Verfügung vom 17. August 1990 Rechnung getragen und den Beteiligten die Auflösung mitgeteilt. Der damalige Präsident habe zugestanden, die Abwicklung der Auflösung spätestens zum 31. Dezember 1991 zu beenden; er habe verfügt, daß die Bediensteten der Außenstellen vorübergehend bis zu ihrer Umsetzung, längstens aber bis 31. Dezember 1991, probeweise mit anderen Aufgaben anderer Dienststellen zu beschäftigen seien. Der Antragsteller sei ab 15. Oktober 1990 zur vorübergehenden Dienstleistung der Dienststelle Mainz zugeteilt worden, um seine Eignung für die dortige Tätigkeit beurteilen zu können. Da sich die nötigen Feststellungen nicht bis zum 31. Dezember 1990 hätten treffen lassen, sei eine Verlängerung der Zuteilung notwendig geworden. Bei einem Sprachtest am 23. Januar 1991 habe der Antragsteller keine Fertigkeiten im – für die Tätigkeit in Mainz unverzichtbaren – mündlichen Gebrauch der polnischen Sprache nachweisen können.
In seinen Rechten als Personalratsmitglied sei der Antragsteller deshalb nicht verletzt worden, weil er bei Anordnung der vorläufigen Dienstleistung nicht mehr Personalratsmitglied gewesen sei. Bei Auflösung einer Dienststelle sei auch deren Personalrat aufgelöst. Eine Auflösung liege auch dann vor, wenn die Dienststelle zunächst als „Abwicklungsstelle” bestehenbleibe. Der Abwicklungszeitraum sei lediglich aus sozialen Gründen zugestanden worden; die Dienststelle an sich sei aufgabenmäßig „stillgelegt”. Zwar hätten sich noch keine räumlichen Änderungen ergeben, die Außenstelle erledige jedoch keine eigenen Aufgaben mehr. Das Personal werde laufend „ausgedünnt”. Der gemäß § 86 Nr. 10 Buchst. a und b BPersVG im BND für Einzelmaßnahmen personeller Art zuständige Ausschuß – der Beteiligte zu 5 – habe bei der nur vorübergehenden Umsetzung mit Dienstortwechsel kein Mitbestimmungsrecht i.S. des § 75 BPersVG. Gemäß einer zwischen dem Chef des Bundeskanzleramtes als oberster Dienstbehörde und der Leitung des BND getroffenen Vereinbarung sei zwar dem Personalrat u.a. für die in § 75 BPersVG genannten Personalmaßnahmen über den Wortlaut des Gesetzes hinaus eine Beteiligung in Form der „Mitwirkung” zugestanden worden. Mit einer Zuteilung zur vorübergehenden Dienstleistung sei jedoch keiner der in § 75 genannten Beteiligungstatbestände erfüllt. Solange für die Dienststelle in Frankfurt noch ein Restauftrag bestanden habe, sei der örtliche Personalrat hinsichtlich der Anschlußverwendung der Personalratsmitglieder gemäß § 47 Abs. 2 BPersVG beteiligt worden. Erst nach der Auflösung der Dienststelle sei der auch sonst für Personalangelegenheiten zuständige VS-Ausschuß nach seiner Meinung gefragt worden. Der Ausschuß habe dieser vorläufigen Dienstleistung bis zum 31. Dezember 1990 zugestimmt, mit Schreiben vom 6. Dezember 1990 jedoch gegen eine Verlängerung über eine Dauer von mehr als drei Monaten votiert. Selbst wenn der Antragsteller noch Personalratsmitglied wäre, könne er den Schutz des § 47 BPersVG nicht für sich beanspruchen, denn gegen Umsetzungen mit Dienstortwechsel schütze das BPersVG nur dann, wenn sie auf Dauer angelegt seien, was bei einer Zuteilung zur vorübergehenden Dienstleistung nicht der Fall sei.
Auf der Grundlage des § 86 Nrn. 9 und 10 BPersVG seien alle Einzelpersonalentscheidungen sowohl dem Leiter einer Außenstelle als auch dem örtlichen Personalrat entzogen. Ausgenommen hiervon bleibe allein die Beteiligung der örtlichen Personalvertretung bei einer Maßnahme i.S. des § 47 Abs. 2 BPersVG. Die Personalabteilung des BND habe sich im Zusammenhang mit den vorgesehenen Anschlußverwendungen des Antragstellers und der anderen Personalratsmitglieder der Dienststelle Frankfurt – solange der dortige Personalrat bestanden habe – im gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligungsverfahren an den örtlichen Personalrat gewandt. Nach Auflösung der Außenstelle und in extensiver Auslegung der „vereinbarten” Beteiligungsrechte sei der VS-Ausschuß aus Anlaß der vorübergehenden Dienstleistung des Antragstellers bei der Dienststelle in Mainz beteiligt worden.
Auf Rückfrage hat der BND mitgeteilt, der VS-Ausschuß habe sich unter Berufung auf § 86 Nr. 8 Satz 3 BPersVG innerhalb des für die Mitwirkung vorgesehenen Verfahrens (§ 72 Abs. 4 BPersVG) an den Chef des Bundeskanzleramtes gewandt, um dessen Entscheidung wegen eines Streites über ein Beteiligungsrecht des Ausschusses gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG anläßlich der Ablehnung des Antrags des Ausschusses herbeizuführen, die Zuteilung des späteren Antragstellers zu einer Außenstelle des BND zu beenden. Der Chef des Bundeskanzleramtes habe keine Verhandlung mit dem Personalrat der Zentrale durchgeführt, sondern auf das vom Antragsteller beim Bundesverwaltungsgericht anhängig gemachte Verfahren verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Hauptantrag muß schon deshalb erfolglos bleiben, weil die Personalmaßnahme nicht von dem Beteiligten zu 1 – dem Leiter der Außenstelle Frankfurt –, sondern von dem für solche Maßnahmen zuständigen Personaleinsatzreferat der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes verfügt worden ist.
Der Hilfsantrag des Antragstellers hat insoweit Erfolg, als mit ihm eine Verletzung seiner personalvertretungsrechtlichen Stellung wegen Nichtbeachtung der Mitwirkungs rechte des örtlichen Personalrats, des Beteiligten zu 3, nach § 47 Abs. 2 i.V.m. § 86 Nr. 8 Satz 3 BPersVG durch den Beteiligten zu 2 geltend gemacht wird. Im übrigen bleiben sein Antrag und das Begehren der Beteiligten zu 4 und 5 ohne Erfolg; ein Mitbestimmungsrecht der Personalvertretungen nach § 75 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 BPersVG bestand gemäß § 86 Nr. 9 Satz 1 BPersVG nicht. Dazu ist im einzelnen zu bemerken:
1. Der Antragsteller war befugt, sich mit seinem Begehren auf Feststellung, er sei als Personalratsmitglied durch die Zuteilung an die Dienststelle Mainz in seinen Rechten verletzt worden, in einem personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren nach § 83 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG an das dafür nach § 86 Nr. 14 BPersVG im ersten und letzten Rechtszug zuständige Bundesverwaltungsgericht zu wenden. Zwar besteht für einen Angestellten die Möglichkeit, sich im Falle eines Streits um die Versetzung oder Abordnung oder die ihr nach § 47 Abs. 2 Satz 2 BPersVG gleichstehende Umsetzung mit Wechsel des Dienstorts ohne die nach § 47 Abs. 2 Satz 3 BPersVG erforderliche Zustimmung des Personalrats im Klagewege an das Arbeitsgericht zu wenden (vgl. Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 47 Rdnrn. 70 bis 74).
Während aber Streitigkeiten über die Verletzung von Mitbestimmungsrechten in Personalangelegenheiten nach den §§ 75, 76 BPersVG bei nicht dem Personalrat angehörigen Beschäftigten im Beschlußverfahren nur zwischen der zuständigen Personalvertretung und dem Dienststellenleiter ausgetragen werden können, wird einem Personalratsmitglied dadurch, daß bei ihm die in § 47 Abs. 2 BPersVG genannten Personalmaßnahmen an die – nicht zu ersetzende – Zustimmung des Personalrats gebunden sind, eine besondere, mit der Mitbestimmung bei der Versetzung eines Beschäftigten nicht vergleichbare Rechtsposition eingeräumt, die durch die Entscheidung über die Zustimmungsbedürftigkeit unmittelbar berührt wird. Der Senat hat insbesondere in seinem Beschluß vom 29. April 1981 – BVerwG 6 P 37.79 – Buchholz 238.3 A § 47 BPersVG Nr. 3 dazu ausgeführt, der Gesetzgeber habe mit der Vorschrift des § 47 Abs. 2 BPersVG ihren die Mitglieder von Personalvertretungen schützenden Charakter in den Vordergrund gestellt. Diesen Schutz habe er gegenüber dem früheren Recht dahin erweitert, daß er unter den Begriff der Versetzung auch solche Umsetzungen einbezogen habe, die mit einem Wechsel des Dienstortes verbunden seien. Dadurch habe der Gesetzgeber jede nur mögliche Erschwerung der Ausübung des Personalratsamtes ausschließen wollen. Diese Schutzfunktion des § 47 Abs. 2 BPersVG hat der Senat auch in seinem weiteren Beschluß vom 29. April 1981 – BVerwG 6 P 34.79 – Buchholz a.a.O. Nr. 4 betont. Er hat aus ihr die Beteiligung des von einer Umsetzung betroffenen Mitglieds des Personalrats an einem vom Personalrat wegen Nichtbeachtung des in § 47 Abs. 2 Satz 3 BPersVG normierten Zustimmungserfordernisses eingeleiteten Beschlußverfahren hergeleitet; weiter hat er ausgeführt, daß unter den Begriff der „Umsetzung” im Sinne des § 47 Abs. 2 BPersVG auch eine vorübergehende Umsetzung eines Personalratsmitgliedes innerhalb der Dienststelle mit Dienstortwechsel falle, weil das Personalratsmitglied nicht nur vor solchen Maßnahmen geschützt werden solle, die vom Beteiligungskatalog der §§ 75, 76 BPersVG erfaßt seien, sondern auch vor solchen, die die Mitglieder des Personalrats nur vorübergehend an der Ausübung ihres Amtes hindern oder diese Ausübung erschweren könnten.
An dieser Rechtsprechung (vgl. auch Beschluß vom 19. Februar 1987 – BVerwG 6 P 11.85 –, Buchholz 250 § 47 BPersVG Nr. 6) hält der Senat fest und bekräftigt hiermit seine Rechtsauffassung, daß ein Personalratsmitglied die Verletzung seiner personalvertretungsrechtlichen Rechtsposition durch Nichtbeachtung des Zustimmungsbedürfnisses nach § 47 Abs. 2 Satz 3 BPersVG auch in einem von ihm selbst als Antragsteiler eingeleiteten personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren geltend machen kann. Ferner gibt dieser Fall zu der Klarstellung Anlaß, daß im Gegensatz zum Anwendungsbereich der Mitbestimmung in Personalangelegenheiten nach § 75 Abs. 1 Nrn. 3 und 4, § 76 Abs. 1 Nrn. 4 und 5 BPersVG (vgl. dazu Beschlüsse vom 3. Juli 1990 – BVerwG 6 P 10.87 – Buchholz 250 § 76 BPersVG Nr. 10 = PersV 1990, 540 sowie vom 10. Oktober 1991 – BVerwG 6 P 23.90 –)auch eine zeitlich befristete Zuweisung eines Angestellten oder Beamten an eine andere Dienststelle im Sinne des § 6 BPersVG innerhalb des Zuständigkeitsbereiches einer Dienststelle im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 BBG bei Wechsel des Dienstortes als zustimmungsbedürftige Umsetzung i.S. des § 47 Abs. 2 BPersVG anzusehen ist.
2. Die von dem Beteiligten zu 2 mit Wirkung vom 15. Oktober 1990 angeordnete und am 20. Dezember 1990 unbefristet verlängerte Zuteilung des Antragstellers zur „vorübergehenden Dienstleistung” bei der Dienststelle Mainz kann nur als eine solche Umsetzung gewertet werden. Gemäß § 86 Nr. 1 BPersVG gelten Teile und Stellen des Bundesnachrichtendienstes, die nicht zur Zentrale gehören, zwar als Dienststellen im Sinne des § 6 Abs. 1 und sind deshalb unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 BPersVG personalratspflichtig. Angesichts der vom Antragsteller und den übrigen Beteiligten nicht bezweifelten alleinigen Entscheidungsbefugnis des Präsidenten des BND in Personalangelegenheiten kann der BND aber nur als eine einheitliche Dienststelle im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 BBG angesehen werden. Dies steht im Einklang mit § 1 des Gesetzes über den Bundesnachrichtendienst (Art. 4 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes vom 20. Dezember 1990, BGBl. I, 2954, 2979). Danach ist der BND „eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Chefs des Bundeskanzleramtes”. Innerhalb dieser Behörde kommen daher nicht Versetzungen oder Abordnungen, sondern nur Umsetzungen mit und ohne Dienstortwechsel in Betracht. Als Umsetzungen im Sinne des § 47 Abs. 2 BPersVG müssen aber auch die vom Beteiligten zu 2 als „Zuteilungen zur vorübergehenden Dienstleistung” mit Wechsel des Dienstortes und der Dienststelle im Sinne des § 86 Nr. 1 BPersVG angesehen werden, da nur so der besonderen personalvertretungsrechtlichen Schutzfunktion des § 47 Abs. 2 BPersVG Rechnung getragen werden kann.
Die Mitwirkung des für die Dienststelle Frankfurt zuständigen örtlichen Personalrats wäre zwar entbehrlich gewesen, wenn der Antragsteller mit seiner Umsetzung nach Mainz einverstanden gewesen wäre (vgl. dazu Beschluß vom 18. Oktober 1977 – BVerwG 7 P 14.75 – Buchholz 238.3 A § 47 BPersVG Nr. 1). Unstreitig hat der Antragsteller aber weder zu der am 1. Oktober 1990 verfügten befristeten noch zu der am 20. Dezember 1990 „bis auf weiteres” angeordneten Zuteilung zur Dienstleistung in Mainz sein Einverständnis erklärt.
3. Im Gegensatz zu der Auffassung des Antragstellers bedurfte es jedoch der – nicht in einem Einigungsverfahren ersetzbaren – „Zustimmung” zu der Umsetzung von Frankfurt nach Mainz deshalb nicht, weil nach § 86 Nr. 9 Satz 2 BPersVG im Bereich des Bundesnachrichtendienstes „an die Stelle der Mitbestimmung und der Zustimmung die Mitwirkung des Personalrates” tritt. Diese Regelung ist nicht nur auf die wenigen verbleibenden Beteiligungsrechte des Personalrats bezogen, die im dritten Abschnitt des Bundespersonalvertretungsgesetzes nicht durch § 86 Nr. 9 Satz 1 BPersVG ausgeschlossen sind. Sie muß nach dem Wortlaut des Gesetzes vielmehr auch auf das Zustimmungserfordernis nach § 47 Abs. 2 Satz 3 BPersVG angewandt werden. An die Stelle des Erfordernisses der Zustimmung des Personalrats zur Umsetzung eines seiner Mitglieder tritt deshalb dann, wenn er Einwendungen gegen die vom Leiter des Bundesnachrichtendienstes beabsichtigte Maßnahme erhebt, das Mitwirkungsverfahren nach § 86 Nr. 8 Satz 3 BPersVG.
4. Die Mitwirkung des Personalrats war entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2 nicht etwa deshalb entbehrlich, weil er mit Verfügung vom 17. August 1990 die Auflösung der Dienststelle Frankfurt und die endgültige Schließung dieser Dienststelle zum 31. Dezember 1991 angeordnet hatte. Eine solche Auflösung bedurfte zwar gemäß § 86 Nr. 9 Satz 1 BPersVG nicht der für andere Fälle in § 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG vorgesehenen Mitwirkung des Personalrats. Sie ist aber nach dem gesamten Vorbringen aller Verfahrensbeteiligten noch nicht in einer für den vorliegenden Fall rechtserheblichen Weise durchgeführt worden, sondern soll erst bis zum 31. Dezember 1991 abgeschlossen werden. Insbesondere aus den Schriftsätzen des Beteiligten zu 2 vom 1. und 27. März 1991 ergibt sich, daß aufgrund der von ihm im Zusammenhang mit dem Ende der Postkontrolle getroffenen Verfügung vom 17. August 1990 in den Räumen der Dienststelle Frankfurt von den Mitarbeitern weiterhin Arbeiten geleistet worden sind, auch wenn das bisherige Aufgabengebiet entfallen ist und den Bediensteten „aus rein fürsorgerischen und personalwirtschaftlichen Gründen” die probeweise Erledigung von anderen, fachfremden Aufgaben und Übersetzungstätigkeiten übertragen worden ist, „damit sie in der Übergangsphase sinnvoll, wenngleich ohne jeden Bezug zum bisherigen Auftrag der Dienststelle weiter beschäftigt werden konnten” (Schriftsatz vom 27. März 1991, S. 3). Diese Darstellung des Beteiligten zu 2, die mit dem übrigen Akteninhalt übereinstimmt, steht der Annahme einer vollständigen Auflösung der Dienststelle und damit auch des Wegfalls des örtlichen Personalrats und seiner Mitwirkungsrechte sowie des Endes der Rechtsstellung seiner Mitglieder schon zum Zeitpunkt der vom Antragsteller beanstandeten Umsetzungsverfügungen entgegen. Nur mit der endgültigen Auflösung einer Dienststelle ist auch die Auflösung des Personalrats verbunden; dies ergibt sich nach dem Beschluß vom 8. Juli 1966 – BVerwG 7 P 2.66 – ZBR 1967, 284 – LS – daraus, daß die Mitgliedschaft im Personalrat durch das Ausscheiden aus der Dienststelle erlischt (vgl. dazu jetzt § 29 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG). Von einer solchen endgültigen Auflösung der Dienststelle Frankfurt konnte hier aber trotz Wegfalls der bisher von der Dienststelle wahrgenommenen Postkontrolle angesichts der weiteren Erledigung anderer Aufgaben und Tätigkeiten über die Auflösungsverfügung vom 17. August 1990 hinaus bis zur deren vorgesehener Beendigung Ende 1991 nicht gesprochen werden. Mit Recht hat der Beteiligte zu 2 deshalb auch in seinem Schriftsatz vom 27. März 1991 ausgeführt, dem Antragsteller sei zuzustimmen, soweit er auf ein Fortbestehen der Beteiligungsrechte des Personalrats nach der Auflösung der Dienststelle hingewiesen habe; diese Rechte seien in jedem Falle beachtet worden. Deshalb hätte aber auch das nach der Darstellung des Beteiligten zu 2 in dem genannten Schriftsatz vom 27. März 1991 (S. 2) einzige Beteiligungsrecht der örtlichen Personalvertretung bei Einzelpersonalentscheidungen, nämlich die Mitwirkung bei Maßnahmen i.S. des § 47 Abs. 2 BPersVG, beachtet werden müssen. Alle Verfahrensbeteiligten sind sich aber darüber einig, daß dieser Personalrat und auch die Beteiligten zu 4 und 5 ihre Zustimmung zu den Umsetzungsverfügungen des Beteiligten zu 2 nicht erteilt, sondern Einwendungen erhoben haben und daß das in § 86 Nr. 8 Satz 3 BPersVG für solche Fälle vorgesehene Verfahren zur Herbeiführung einer Entscheidung des Chefs des Bundeskanzleramtes nicht abgeschlossen worden ist. Soweit der Beteiligte zu 2 in seinem Schriftsatz vom 1. März 1991 (S. 9) geltend gemacht hat, nach Auflösung der Dienststelle sei der auch sonst für Personalangelegenheiten zuständige VS-Ausschuß, der Beteiligte zu 5, nach seiner Meinung gefragt worden und habe der Anordnung der vorläufigen Dienstleistung bis zum 31. Dezember 1990 zugestimmt, kann dafür nichts aus den von den Verfahrensbeteiligten vorgelegten Unterlagen entnommen werden. Nach dem Schriftsatz des Personalrats der Zentrale, des Beteiligten zu 4, vom 12. Februar 1991 hat der VS-Ausschuß der Umsetzung mit Dienstortwechsel nicht zugestimmt. Der Personalrat der Zentrale ist erst im Dezember 1990 anläßlich der unbefristeten Umsetzung des Antragstellers beteiligt worden und hat Einwendungen erhoben. Der örtliche Personalrat hat jedenfalls nicht zugestimmt, sondern ebenfalls Einwendungen erhoben, so daß es gemäß § 86 Nr. 8 Satz 3 BPersVG der Durchführung des Mitwirkungsverfahrens bis zu einer Entscheidung des Chefs des Bundeskanzleramtes bedurft hätte. Da eine solche Entscheidung von dem Beteiligten zu 2 nicht herbeigeführt worden ist, ist der Antragsteller durch die gleichwohl erlassenen Umsetzungsverfügungen in seinen personalvertretungsrechtlichen Rechten verletzt worden.
5. Dagegen machen der Antragsteller und die Beteiligten zu 4 und 5 zu Unrecht geltend, der Beteiligte zu 2 habe auch ein Mitwirkungsrecht der zuständigen Personalvertretung nach § 75 Abs. 1 Nr. 3 oder 4 BPersVG verletzt. Das Recht des Personalrats zur Mitbestimmung bei Versetzungen, Umsetzungen und Abordnungen von Angestellten ist durch § 86 Nr. 9 Satz 1 BPersVG für den Bundesnachrichtendienst ausgeschlossen. Diese gesetzliche Regelung konnte nicht dadurch geändert werden, daß aufgrund der Anordnung des Präsidenten des BND vom 19. Dezember 1982 in diesen Fällen eine Beteiligung des Personalrats in Form der Mitwirkung anstelle der Mitbestimmung (und der Zustimmung) eingeführt worden ist. Die Beteiligungsrechte der Personalvertretungen sind gesetzlich abschließend geregelt. Beteiligt ein Dienststellenleiter – etwa aufgrund einer Dienstvereinbarung – Personalvertretungen über den gesetzlichen Rahmen hinaus, so wird dadurch kein formelles Verfahren ausgelöst und die Personalvertretungen haben keinen Anspruch auf eine solche Beteiligung, da der Dienststellenleiter sich nicht seiner Entscheidungskompetenz durch ein „Einigungsverfahren” begeben darf. Bei einer derartigen gesetzlich nicht vorgesehenen Beteiligung kann es sich nur um Informationen oder Konsultationen handeln (so auch Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, Vorbemerkungen zu §§ 75 bis 81 Rdnr. 2). Eine außergesetzliche Erweiterung der Beteiligungsrechte ist ebensowenig möglich wie ihre Einschränkung. Es kann auch keine über das Gesetz hinausgehende Selbstbindung der Verwaltung geben, die in beteiligungsfreien Angelegenheiten zu einem irgendwie gearteten förmlichen Beteiligungsverfahren führen könnte. Auch entsprechende Dienstvereinbarungen wären unzulässig, weil sie durch das BPersVG ausdrücklich vorgesehen sein müssen (§ 73 Abs. 1 BPersVG). Dementsprechend kann auch nicht etwa durch Tarifvertrag das Personalvertretungsrecht abweichend vom Bundespersonalvertretungsgesetz geregelt werden (vgl. § 3 BPersVG). Die Anordnung vom 19. Dezember 1902, mit der „im Einvernehmen mit dem Chef des Bundeskanzleramtes” und anscheinend aufgrund einer Empfehlung des Innenausschusses des Bundestages (vgl. dazu Altvater u.a., BPersVG, 3. Auflage, § 86 Rn 3) entgegen der Regelung des § 86 Nr. 9 BPersVG eine Beteiligung der Personalvertretungen des BND „nach den Verfahrensvorschriften des § 72 BPersVG” eingeführt oder im Anschluß an eine frühere Regelung aufrechterhalten worden ist, konnte daher keine für das vorliegende Verfahren beachtlichen Rechte des an sich für Personalangelegenheiten des BND zuständigen VS-Ausschusses und des Personalrats der Zentrale begründen. Die Beteiligten zu 4 und 5 konnten deshalb mit ihren Anträgen, mit denen sie eine Verletzung eines solchen gesetzlich nicht vorgesehenen Mitwirkungsrechts geltend machen, keinen Erfolg haben. Der Antragsteller selbst hätte eine Verletzung eines solchen Mitwirkungsrechts im vorliegenden Beschlußverfahren ebensowenig geltend machen können wie ein nicht dem Personalrat angehörender Bediensteter.
Nach alledem hätte der Beteiligte zu 2 angesichts des fehlenden Einverständnisses des Antragstellers und der Einwendungen des örtlichen Personalrats der noch nicht endgültig aufgelösten Dienststelle Frankfurt gegen die Umsetzung des Antragstellers gemäß § 86 Nr. 8 Satz 3 BPersVG die Entscheidung des Chefs des Bundeskanzleramts über die Umsetzung des Antragstellers herbeiführen müssen. Eine solche Entscheidung ist – entgegen der anscheinend im Schreiben des Chefs des Bundeskanzleramtes vom 7. März 1991 vertretenen Auffassung – nicht dadurch entbehrlich geworden, daß der Antragsteller das vorliegende Beschlußverfahren eingeleitet hat.
Unterschriften
Dr. Niehues, Nettesheim, Ernst, Dr. Seibert, Dr. Vogelgesang
Fundstellen
Haufe-Index 1214311 |
ZBR 1992, 251 |