Entscheidungsstichwort (Thema)
Fachzeitschrift, personalvertretungsrechtliche – als Geschäftsbedarf einer Personalvertretung. Sparsamkeitsgrundsatz. Umlauf der Fachzeitschrift bei mehreren Personalräten
Leitsatz (amtlich)
Dem Personalrat kann gemäß § 44 Abs. 2 BPersVG eine personalvertretungsrechtliche Fachzeitschrift auch in der Weise zur Verfügung gestellt werden, daß zwischen Personalräten mehrerer kleinerer Dienststellen an einem Ort ein Umlaufverfahren organisiert wird, das eine zeitgerechte Information der beteiligten Personalräte über den Inhalt der Zeitschrift und einen späteren Zugriff auf die bereits umgelaufenen Hefte ohne wesentliche Probleme gewährleistet (im Anschluß an BVerwGE 79, 361).
Der Personalrat einer Dienststelle mit etwa 1 100 Beschäftigten braucht sich nicht auf ein solches Umlaufverfahren verweisen zu lassen.
Normenkette
BPersVG § 44 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Der Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. März 1987 wird geändert.
Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichts München – Fachkammer für Personalvertretungsangelegenheiten nach Bundesrecht – vom 8. Dezember 1986 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller ist der Personalrat beim Bahnhof München Hauptbahnhof. Diese Dienststelle hat etwa 1 100 Beschäftigte. Von den 13 Mitgliedern des Antragstellers sind drei für die Personalratstätigkeit freigestellt. Der Antragsteller ist mit einem Kommentar zum Bundespersonalvertretungsgesetz ausgestattet. Außerdem erhält er die Zeitschrift „Der Personalrat” im Umlaufverfahren. Bis Jahresende 1986 war der Antragsteller die neunte Anlaufstelle des Umlaufs, seither erhält er sie als fünfte Anlaufstelle nach den Personalräten des Bahnhofs München-Pasing, der Signalmeisterei München, der Güterabfertigung München Hauptbahnhof sowie der Fahrkartenausgabe und Gepäckabfertigung München Hauptbahnhof. Die Zeitschrift wird beim Antragsteller gesammelt.
Der Antragsteller hat im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren die Feststellung beantragt, daß ihm die Dienststelle die Zeitschrift „Der Personalrat” – ohne Umlaufverfahren bei anderen Dienststellen – zum ständigen Gebrauch zur Verfügung zu stellen hat. Das Verwaltungsgericht hat diesem Feststellungsantrag stattgegeben. Auf die Beschwerde des Beteiligten, des Dienststellenleiters des Bahnhofs München Hauptbahnhof, hat das Beschwerdegericht den erstinstanzlichen Beschluß aufgehoben und den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:
Zum Geschäftsbedarf, den nach § 44 Abs. 2 BPersVG die Dienststelle dem Personalrat für die laufende Geschäftsführung im erforderlichen Umfang zur Verfügung zu stellen habe, gehöre auch Fachliteratur. In jedem Falle seien die Texte der für die Arbeit der Personalvertretung bedeutsamen Rechtsvorschriften und ein Kommentar zum Bundespersonalvertretungsgesetz erforderlich. Im übrigen richte sich die Notwendigkeit der Ausstattung mit Fachliteratur nach dem quantitativen Anfall und den besonderen qualitativen Anforderungen der dem Personalrat obliegenden Aufgaben sowie auch nach der entsprechenden Ausstattung der die Personalentscheidungen treffenden Dienststellenleitung. Begrenzt werde der Bedarf von dem auch für den Personalrat als Teil der Dienststelle geltenden haushaltsrechtlichen Grundsatz der Sparsamkeit. Wie bei der allgemeinen Veranschlagung der für die Tätigkeit der Personalvertretung erforderlichen Kosten werde man sich auch bei der Bemessung des Einzelbedarfs für Fachliteratur an der Beschäftigtenzahl der Dienststelle orientieren können, sofern nicht die Struktur der Dienststelle besondere qualitative Anforderungen an die Arbeit der Personalvertretung stelle oder eine höhere Ausstattung der Dienststelle selbst eine entsprechende Ausstattung des Personalrats notwendig mache.
Ob die Grenze, von der an der Bezug einer Fachzeitschrift zum erforderlichen Geschäftsbedarf des Personalrats gehöre, bei der Dienststellengröße liege, von der an nach § 46 Abs. 4 BPersVG Mitglieder des Personalrats von ihrer dienstlichen Tätigkeit freizustellen seien, könne hier dahinstehen, da der Antragsteller ein Exemplar der von ihm gewünschten Fachzeitschrift im Umlauf erhalte und dieses Zeitschriftenexemplar sogar bei ihm dauernd abgelegt werde. Wenn der Dienststellenleiter einen Umlauf über die Grenzen der Dienststelle hinaus organisiere, könne er den Personalrat darauf verweisen, sofern diese Handhabung dessen berechtigten Ansprüchen im Einzelfall genüge. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall gegeben, auch wenn der Antragsteller die Fachzeitschrift erst als fünfte und letzte Anlaufstelle des Durchgangs erhalte. Ein Umlauf über nur fünf Dienststellen lasse die Ermittlung, wo sich ein umlaufendes Heft der Zeitschrift jeweils befinde, jedenfalls dann unschwer zu, wenn die Dienststellen – wie hier – räumlich nahe beieinander lägen. Der zeitliche Aufwand, der erforderlich sei, um im Bedarfsfall an die Zeitschrift heranzukommen, sei auch unter Berücksichtigung der im Beteiligungsverfahren geltenden Fristen zumutbar. Weder der Antragsteller noch einer der am Umlauf teilnehmenden anderen Personalräte brauche die Zeitschrift so häufig, daß sie zuviel mit Beschlag belegt sei und die anderen Turnusteilnehmer dadurch von einer notwendigen Benutzung ausgeschlossen seien. Es sei vielmehr möglich, bei der gebotenen Rücksichtnahme den Umlauf so zu beschleunigen und die Entnahme von Einzelheften oder Jahrgangsbänden aus der Ablage so zu gestalten, daß auch die anderen Teilnehmer die Zeitschrift so benutzen könnten, wie es notwendig sei.
Gegen diesen Beschluß hat der Antragsteller die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt, mit der er sinngemäß beantragt,
den Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. März 1987 aufzuheben und die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichts München – Fachkammer für Personalvertretungsangelegenheiten nach Bundesrecht – vom 8. Dezember 1986 zurückzuweisen.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Auslegung des § 44 Abs. 2 BPersVG durch das Beschwerdegericht und macht geltend, der Beteiligte müsse ihm unter Berücksichtigung der Größe der Dienststelle die Fachzeitschrift „Der Personalrat” zum ständigen Gebrauch zur Verfügung stellen. Die Benutzung der Zeitschrift im Umlaufverfahren mit den Personalräten von vier anderen Dienststellen werde seinem Informationsbedürfnis nicht gerecht.
Der Beteiligte beantragt,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluß.
Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich an dem Verfahren und bejaht grundsätzlich, daß der Bezug einer personalvertretungsrechtlichen Fachzeitschrift zum erforderlichen Geschäftsbedarf einer Personalvertretung gehört. Er hält es für geboten, die Anwendung der vom Bundesarbeitsgericht zum Bezug einer arbeitsrechtlichen Fachzeitschrift aufgrund des § 40 Abs. 2 BetrVG im Beschluß vom 21. April 1983 – 6 ABR 70/82 – (BAGE 42, 259) entwickelten Grundsätze auf das Personalvertretungsrecht im Grundsatz zu übertragen.
Entscheidungsgründe
II.
Die – zulässige – Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Beschwerdegericht hat den dem Feststellungsantrag des Antragstellers stattgebenden Beschluß des Verwaltungsgerichts zu Unrecht aufgehoben. Der Beteiligte ist verpflichtet, dem Antragsteller die Fachzeitschrift „Der Personalrat” ohne Umlaufverfahren zum ständigen Gebrauch zur Verfügung zu stellen.
Wie der Senat in seinem Beschluß vom 29. Juni 1988 – BVerwG 6 P 18.86 – (BVerwGE 79, 361 = Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 13 = PersV 1988, 394 = PersR 1988, 242 = DVBl. 1988, 1069) ausgeführt hat, gehört zu dem erforderlichen Geschäftsbedarf, den die Dienststelle gemäß § 44 Abs. 2 BPersVG dem Personalrat zur Verfügung zu stellen hat, grundsätzlich auch eine für seine Arbeit einschlägige Fachzeitschrift zum Personalvertretungsrecht. Hierfür ist weder die Größe der Dienststelle noch die Zahl der von der Personalvertretung zu vertretenden Beschäftigten entscheidend. Auch in Dienststellen mit weniger als 300 oder auch nur 200 Beschäftigten wird regelmäßig ein Bedürfnis des Personalrats bestehen, sich nicht nur anhand eines Kommentars zu dem für seine Arbeit maßgebenden Personalvertretungsgesetz, sondern sich daneben auch durch aktuelle Veröffentlichungen über die Entwicklung des Personalvertretungsrechts auf dem laufenden zu halten. Angesichts des mit dem Einsatz neuer Datenverarbeitungs- und -überwachungstechniken sowie sich ständig wandelnder Problemstellungen im personellen und sozialen Bereich verbundenen Auftretens immer neuer personalvertretungsrechtlicher Fragen auf den Gebieten des Beamten-, Arbeits- und Sozialrechts sowie der Auswirkungen moderner Technik auf den arbeitenden Menschen muß ein Personalrat, der seine Aufgabe sachgerecht wahrnehmen will, von diesen Entwicklungen und den erörterten Lösungsmöglichkeiten zeitgerecht Kenntnis nehmen können.
Hiernach hat der Antragsteller – was auch von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen wird – gemäß § 44 Abs. 2 BPersVG Anspruch auf Bezug einer Fachzeitschrift, wobei es ihm – da in der Dienststelle offenbar sonst keine Fachzeitschrift für das Personalvertretungsrecht zur Verfügung steht – überlassen bleiben muß, für welche der einschlägigen Fachzeitschriften er sich entscheidet. Die Zeitschrift „Der Personalrat”, die der Beteiligte dem Antragsteller bisher im Wege des Umlaufverfahrens zur Verfügung stellt, ist – insoweit ist dem Beschwerdegericht beizupflichten – geeignet, dem Personalrat die für die Wahrnehmung seiner gesetzlichen Aufgaben erforderlichen Informationen zu vermitteln. Als eine „Zeitschrift für das Personalrecht im öffentlichen Dienst” unterrichtet sie im wesentlichen durch Aufsätze und den Abdruck gerichtlicher Entscheidungen über aktuelle Entwicklungen im Personalvertretungsrecht, die für Personalvertretungen und Dienststellen von Interesse sein können. Daß diese Zeitschrift von einem gewerkschaftseigenen Verlag herausgegeben wird und – insbesondere in den Aufsätzen – die personalvertretungsrechtlich relevanten Interessen der Beschäftigten in der Dienststelle stark betont werden, steht dem nicht entgegen. Der Senat hat insoweit in dem oben angeführten Beschluß vom 29. Juni 1988 die Anerkennung einer Zeitschrift als eine zum Geschäftsbedarf einer Personalvertretung gehörende Fachzeitschrift lediglich davon abhängig gemacht, daß sich der Inhalt der Zeitschrift nicht auf die Wiedergabe der Auffassung eines Verbandes beschränken darf, sondern daß sie um eine sachlich möglichst vollständige Unterrichtung über die aktuelle Entwicklung bemüht ist und – im Hinblick auf das Gebot vertrauensvoller Zusammenarbeit zwischen Personalrat und Dienststellenleiter – unnötige Konflikte in der Dienststelle zu vermeiden hilft. Diesen Anforderungen genügt die Zeitschrift „Der Personalrat”.
Der Auffassung des Beschwerdegerichts, dem Informationsbedürfnis des Antragstellers werde dadurch hinreichend Rechnung getragen, daß ihm die Benutzung der Zeitschrift „Der Personalrat” in einem Umlaufverfahren mit den Personalräten von vier weiteren Dienststellen ermöglicht und die Zeitschrift bei ihm gesammelt wird, kann jedoch nicht beigepflichtet werden. Der laufende Bezug einer Fachzeitschrift kann allerdings nur dann zum Geschäftsbedarf eines Personalrats im Sinne des § 44 Abs. 2 BPersVG gehören, wenn unter Berücksichtigung des Gebots der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die dafür aufzuwendenden Mittel in einem angemessenen Verhältnis zu den Nutzungsmöglichkeiten stehen. Aus der Verpflichtung des Dienststellenleiters, dem Personalrat eine Fachzeitschrift zur Verfügung zu stellen, läßt sich somit nicht herleiten, daß für jeden Personalrat eine solche Fachzeitschrift zur alleinigen Benutzung zu beschaffen ist. Hieran hält der Senat gegenüber der im Schrifttum erhobenen Kritik (vgl. insbesondere Rohr in PersR 1988, 292) fest. Dem Personalrat kann demnach, wie ebenfalls bereits in dem Beschluß vom 29. Juni 1988 ausgeführt worden ist, eine Fachzeitschrift auch in der Weise zur Verfügung gestellt werden, daß zwischen Personalräten mehrerer kleinerer Dienststellen an einem Ort ein Umlaufverfahren organisiert wird, das eine zeitgerechte Information der beteiligten Personalräte über den Inhalt der Zeitschrift und einen späteren Zugriff auf die bereits umgelaufenen Hefte ohne wesentliche Probleme gewährleistet.
Wo im einzelnen die Grenze für die Zulässigkeit eines derartigen Umlaufs der Fachzeitschrift liegt, kann im vorliegenden Fall offenbleiben, da es sich jedenfalls bei dem Bahnhof München Hauptbahnhof, bei dem der Antragsteller als Personalrat gebildet ist, nicht um eine kleinere Dienststelle handelt. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Beschwerdegerichts sind in dieser Dienststelle 1 100 Beschäftigte tätig, und von den 13 Personalratsmitgliedern sind drei für die Personalratsarbeit freigestellt. Bei dieser Anzahl der durch den Antragsteller zu vertretenden Beschäftigten ist aufgrund der diesem gesetzlich übertragenen umfassenden Aufgabenstellung mit zahlreichen Beteiligungsangelegenheiten zu rechnen, die jeweils infolge der Arbeitsteilung innerhalb des Personalrats von verschiedenen Personalratsmitgliedern zur Beschlußfassung vorbereitet werden müssen. Dem Informationsbedürfnis des Antragstellers kann somit auch unter Berücksichtigung des Gebots der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dadurch genügt werden, daß die Fachzeitschrift den Personalratsmitgliedern zum ständigen Gebrauch zur Verfügung steht. Der Umlauf der Fachzeitschrift bei den Personalräten anderer Dienststellen hat zur Folge, daß im Bedarfsfalle möglicherweise mit erheblichem zeitlichen Aufwand festgestellt werden muß, in welcher Dienststelle und dort bei welchem Personalratsmitglied sich das benötigte Heft befindet, ein Aufwand, der zu den Nutzungsmöglichkeiten der Fachzeitschrift und zu ihren Bezugskosten (für die Zeitschrift „Der Personalrat” zur Zeit 98 DM im Jahr) in keinem angemessenen Verhältnis steht. Daß im vorliegenden Fall die anderen an dem Umlauf beteiligten Dienststellen ihren Sitz entweder ebenfalls im Hauptbahnhof München oder unmittelbar an S-Bahnstationen zwischen dem Hauptbahnhof München und München-Pasing haben, ist dabei ohne Bedeutung. Auch wenn die Personalräte dieser Dienststellen gehalten sind, die Hefte der Fachzeitschrift ohne Verzögerung weiterzuleiten, läßt sich nicht sicherstellen, daß sie dem Antragsteller innerhalb der in Beteiligungsverfahren geltenden kurzen Fristen jeweils zugänglich sind.
Nach alledem muß der Rechtsbeschwerde des Antragstellers entsprochen werden.
Unterschriften
Dr. Eckstein, Nettesheim, Ernst, Albers, Dr. Vogelgesang
Fundstellen