Entscheidungsstichwort (Thema)
Einsichtnahme des Personalrats in Bruttogehalts- und –gagenlisten. Überwachung der Durchführung von Tarifverträgen durch den Personalrat. Lohngestaltung, Grenzen des Initiativrechts des Personalrats in Fragen der. an Bühnen. Kunstfreiheit des Intendanten und Einsichtnahme des Personalrats in Gagenlisten zur Tarifvertragsüberwachung
Leitsatz (amtlich)
Der Bühnenpersonalrat hat hinsichtlich fester monatlicher Gehälter der von ihm vertretenen Mitarbeiter ein Recht auf Einsichtnahme in die Bruttogehalts- und -gagenlisten, um seinen Auftrag erfüllen zu können, darüber zu wachen, daß die Tarifverträge durchgeführt werden.
Hingegen kann der Personalrat eine solche Einsichtnahme nicht zu dem Zweck beanspruchen, daß er ein Initiativrecht in Fragen der Gestaltung von Gehältern und Gagen vorbereiten wolle. In Angelegenheiten der Bühnenmitglieder und künstlerisch tätigen Bühnentechniker ist ein solches Initiativrecht ausgeschlossen.
Normenkette
GG Art. 5 Abs. 3; SächsPersVG § 73 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, § 80 Abs. 3 Nr. 4; BPersVG § 68 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, § 75 Abs. 3 Nr. 4; NV Solo § 3
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers werden die Beschlüsse des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts – Fachsenat für Personalvertretungssachen Land – vom 22. Oktober 1996 und des Verwaltungsgerichts Dresden vom 23. Mai 1995 geändert. Es wird festgestellt, daß dem Vorsitzenden des Antragstellers sowie einem anderen vom Antragsteller bestimmten Mitglied des Antragstellers zur Überwachung der Durchführung der Tarifverträge hinsichtlich der festen monatlichen Gehälter der von ihm vertretenen Mitarbeiter Einblick in die Bruttogehalts- und -gagenlisten zu gewähren ist, ohne daß dabei ein Vertreter des Beteiligten anwesend ist, der den Antragsteller überwacht oder mit seiner Überwachung beauftragt ist.
Im übrigen werden die Rechtsbeschwerde des Antragstellers und die Anschlußrechtsbeschwerde des Beteiligten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 8.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der antragstellende Personalrat begehrt von dem beteiligten Intendanten Einsichtnahme in die Bruttogehalts- und -gagenlisten für die von ihm vertretenen Mitarbeiter an der Bühne des Staatsschauspiels Dresden.
Der Antragsteller ist der besondere Personalrat für die künstlerisch tätigen Beschäftigten i.S.v. § 69 SächsPersVG. Er vertritt die Bühnenmitglieder und die nach Maßgabe des „Tarifvertrages für technische Angestellte mit künstlerischer oder überwiegend künstlerischer Tätigkeit an Bühnen vom 25. Mai 1961” (BTT) beschäftigten Angestellten des Staatsschauspiels. Gehälter und Bezüge der Bühnenmitglieder richten sich nach § 3 des „Normalvertrages zwischen dem Deutschen Bühnenverein und der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger vom 1. Mai 1924” (NV Solo). § 3 NV Solo lautet u.a.:
§ 3
1. Im Dienstvertrag ist ein festes monatliches Gehalt zu vereinbaren. Es beträgt mindestens 2.400 DM monatlich und ab dem 1. Januar 1994 2.500 DM monatlich.
Mit dem festen Gehalt sind die von dem Mitglied nach diesem Tarifvertrag zu erbringenden Dienstleistungen abgegolten, soweit sich aus den Absätzen 2 und 3 nichts anderes ergibt.
2. Neben dem festen Gehalt können mit dem Mitglied als besondere Vergütung Spielgelder oder Übersinghonorare vereinbart werden.
3. Für die Mitwirkung
- des Mitgliedes in weiteren an demselben Tage stattfindenden Aufführungen,
- des Mitgliedes in zwei gleichzeitig stattfindenden Aufführungen, wenn mit der Doppelbeschäftigung eine Erschwernis verbunden ist,
ist eine angemessene Vergütung zu vereinbaren.
Die Vergütung für die Mitwirkung in den in Unterabsatz 1 Buchst. a genannten Fällen ist im Dienstvertrag zu vereinbaren.
4.–6. …
Auf diese Regelungen wird in § 4 BTT teilweise Bezug genommen. Nach § 4 Abs. 1 BTT findet der Normalvertrag Solo mit Ausnahme des § 3 Abs. 2, 3 und 4 sowie der §§ 6, 9, 12, 18 und 20 auch für die nach diesem Tarifvertrag beschäftigten Angestellten sinngemäß Anwendung. § 3 Abs. 1 Satz 2 NV Solo wird durch § 4 Abs. 2 BTT lediglich um eine Maßgabe zur Berechnung des Mindestgehalts und der Überstundenvergütung für nichtvollbeschäftigte Angestellte ergänzt.
In den Jahren 1993 und 1994 hat der Antragsteller den Beteiligten wiederholt aufgefordert, ihm Einsicht in die Bruttogehalts- und -gagenlisten für die von ihm vertretenen Mitarbeiter zu gewähren, wobei die Einsichtnahme den beiden damit beauftragten Personalratsmitgliedern in Abwesenheit eines Beauftragten des Beteiligten zu ermöglichen sei. Dies hat der Beteiligte insgesamt abgelehnt.
Daraufhin hat der Antragsteller das Verwaltungsgericht angerufen und eine Feststellung zum geltend gemachten Recht auf Einsichtnahme begehrt. Hierzu hat er sich auf das Informationsrecht nach § 73 Abs. 2 SächsPersVG sowie darauf berufen, daß er zur Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben auf die Einsichtnahme angewiesen sei. So habe er nach § 73 Abs. 1 Nr. 2 SächsPersVG die Aufgabe, darüber zu wachen, daß die zugunsten der Beschäftigten geltenden Tarifverträge durchgeführt würden. Dazu gehörten nicht nur § 3 NV Solo und § 4 BTT sondern auch der Anpassungsrahmentarifvertrag (vom 3. Juni 1966) mit den jeweiligen Durchführungstarifverträgen, die Tarifverträge über vermögenswirksame Leistungen (vom 26. Januar 1971), über eine Zuwendung für Bühnenmitglieder (vom 23. Oktober 1973) bzw. für bühnentechnische Angestellte (vom 23. Oktober 1973), der Tarifvertrag über Urlaubsgeld für Bühnenmitglieder und technische Angestellte (vom 18. Juni 1991) und die Tarifverträge über ein Sterbegeld (vom 17. Mai 1976 und 18. Juni 1991). Wegen der tarifvertraglich nicht geregelten Bezüge stehe ihm auch die Mitbestimmung über Fragen der Lohngestaltung nach § 80 Abs. 3 Nr. 4 SächsPersVG zu.
Durch Beschluß vom 23. Mai 1995 hat das Verwaltungsgericht Dresden den Antrag abgelehnt.
Der Beschwerde des Antragstellers hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht durch Beschluß vom 22. Oktober 1996 teilweise stattgegeben. Es hat festgestellt, daß dem Vorsitzenden des Antragstellers sowie einem anderen vom Antragsteller benannten Mitglied des Antragstellers Einblick in die Bruttolohn-, -gehalts- und -gagenlisten für die Mitarbeiter zu gewähren ist, für die der Antragsteller zuständig ist, ohne daß dabei ein Vertreter des Beteiligten anwesend ist, der den Antragsteller überwacht oder mit seiner Überwachung beauftragt ist. Hiervon ausgenommen hat das Oberverwaltungsgericht die Gehaltsbestandteile, die nach § 3 Abs. 1 und 2 NV Solo einzelvertraglich vereinbart werden.
Zur Begründung hat das Beschwerdegericht ausgeführt: Der Beteiligte habe erklärt, er könne es verwaltungstechnisch ermöglichen, von der Einsichtnahme bestimmte Gehaltsbestandteile auszunehmen. Dem Grunde nach stehe dem Antragsteller gemäß § 73 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SächsPersVG auch das in Anspruch genommene Recht zu. Der dafür erforderliche Aufgabenbezug ergebe sich aus § 73 Abs. 1 Nr. 2 SächsPersVG. Danach habe der Personalrat unter anderem darüber zu wachen, daß die zugunsten der Beschäftigten geltenden Tarifverträge durchgeführt werden. Dieses Überwachungsrecht erstrecke sich darauf, daß nach § 3 Abs. 1 NV Solo (ggfs. i.V.m. § 4 BTT) ein festes monatliches Gehalt vereinbart sei und der monatliche Mindestbetrag von 2 500 DM geleistet werde, ferner darauf, daß in den Fällen der Doppelbeschäftigung nach § 3 Abs. 3 NV Solo eine besondere angemessene Vergütung und auch die in anderen einschlägigen Tarifverträgen verbindlich vorgesehenen Leistungen – wie Urlaubsgeld, vermögenswirksame Leistungen – bezahlt würden. Dem Anspruch stehe die Tendenzträgereigenschaft der Bühnenmitglieder nicht entgegen. Die Sonderregelung für Theater und Bühnen in § 69 SächsPersVG sehe im Gegensatz zu § 118 BetrVG vergleichbare Einschränkungen nicht vor. Auch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG stehe nicht entgegen. Das Überwachen der Einhaltung der Tarifverträge schränke die Freiheit der Kunst nicht ein. Nur die tarifrechtlichen Regelungen selbst seien mit derartigen Einschränkungen verbunden. Der Überwachung, daß sie später auch eingehalten würden, komme keine entscheidende Bedeutung im Sinne einer Beeinträchtigung der Kunstfreiheit zu. Das Überwachungsrecht bestehe nach Sinn und Zweck unabhängig von der Besorgnis einer Rechtsverletzung. Da es sich bei den Listen nicht um Personalakten im eigentlichen Sinne handele, bedürfe die Einsichtnahme auch nicht der Zustimmung der Beschäftigten. Eine Anwesenheit während des Vorgangs sei dem Beteiligten bzw. seinem Vertreter nicht untersagt, nur dürfe er dabei keine Kontrolle ausüben, die es ihm z.B. ermögliche, Ziel und Ergebnis der Einsichtnahme herauszufinden.
Hingegen erstrecke sich das Überwachungsrecht nicht auf diejenigen Gehaltsbestandteile, die als Spielgelder und Übersinghonorare nach § 3 Abs. 2 NV Solo individuell und ohne tarifliche Vorgaben vereinbart würden. Auch das Recht auf Mitbestimmung bei Fragen der Lohngestaltung nach § 80 Abs. 3 Nr. 4 SächsPersVG könne insoweit ein Einsichtsrecht nicht begründen. Das Mitbestimmungsrecht greife nur, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht bestehe. Eine solche Regelung enthalte aber § 3 Abs. 2 NV Solo, der die gesondert zu vereinbarenden Gehaltsbestandteile bewußt als für eine individuelle Aushandlung offen gestalte. Darin komme eine Einschränkung für jegliche kollektive Regelung zum Ausdruck, so daß insoweit auch die allgemeine Aufgabenstellung des Personalrats nicht greife, dafür zu sorgen, daß alle Angehörigen der Dienststelle nach Recht und Billigkeit behandelt werden.
Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde. Mit ihr rügt der Antragsteller eine unrichtige Anwendung des § 3 NV Solo sowie des Eingangssatzes in § 80 Abs. 3 SächsPersVG und beantragt,
die Beschlüsse des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts – Fachsenat für Personalvertretungssachen Land – vom 22. Oktober 1996 und des Verwaltungsgerichts Dresden vom 23. Mai 1995 zu ändern und festzustellen, daß dem Vorsitzenden des Antragstellers sowie einem anderen, vom Antragsteller bestimmten Mitglied des Antragstellers Einblick in die Bruttogehalts- und -gagenlisten für die Mitarbeiter zu gewähren ist, für die der Antragsteller zuständig ist, ohne daß dabei ein Vertreter des Beteiligten anwesend ist, der den Antragsteller überwacht oder mit seiner Überwachung beauftragt ist.
Zur Begründung macht er geltend: Das Beschwerdegericht habe übersehen, daß die Vereinbarung „fester Gehälter” und deren sinngemäße jährliche Anpassung gemäß § 2 Abs. 1 des Anpassungsrahmentarifvertrages und den jeweiligen Durchführungstarifverträgen nicht überwacht werden könne, wenn nicht auch die Ausgangsgrößen der festen Gehälter bekannt seien. Einen Bezug des beanspruchten Einblicksrechts zu den Aufgaben des Personalrats im Zusammenhang mit dem Mitbestimmungsrecht aus § 80 Abs. 3 Nr. 4 SächsPersVG habe das Beschwerdegericht ebenfalls unzutreffend verneint.
Der Beteiligte tritt der Rechtsbeschwerde entgegen und beantragt mit seiner Anschlußrechtsbeschwerde,
den Beschluß des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 22. Oktober 1996 zu ändern und die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Dresden vom 23. Mai 1995 in vollem Umfang zurückzuweisen.
Er meint, das Beschwerdegericht habe den Einfluß der Kunstfreiheit nicht richtig gewürdigt. In das Grundrecht eines Intendanten aus Art. 5 Abs. 3 GG werde nicht erst dann eingegriffen, wenn ihm die Möglichkeit genommen werde, frei zu entscheiden, wie er Kunst verwirklichen wolle, oder er gehindert werde, seine Entscheidungen durchzuführen, sondern schon dann, wenn seine Entscheidungsfreiheit nicht nur unerheblich beeinträchtigt werde. Eine solche Beeinträchtigung sei die Einsichtnahme in die Gehalts- und Gagenlisten, weil sie als Vorstufe einer auf die Einführung von Verteilungs- und Entlohnungsgrundsätzen abzielenden Ausübung des Mitbestimmungsrechts begehrt werde. Mit der Einsichtnahme werde auch eine gewisse Öffentlichkeit in Gehaltsfragen hergestellt, die letztlich einen Entscheidungsdruck von außen besorgen lasse. Da außerdem die Listen mit Gehaltsangaben Bestandteil der Personalakten seien, müsse sich der Personalrat mit stichprobenartigen Kontrollen der Gehaltszahlungen an diejenigen begnügen, die einer Einsichtnahme zustimmten. Jedenfalls sei vor der Einsichtnahme die Darlegung eines besonderen Anlasses zu fordern. Entgegen der Rechtsbeschwerde beschränke sich das „feste monatliche Gehalt” im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 NV Solo auf den in Satz 2 festgesetzten Betrag von 2.500 DM monatlich.
Der Oberbundesanwalt beteiligt sich an dem Verfahren. Er hält den Beschluß des Beschwerdegerichts im Ergebnis und in seiner tragenden Begründung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist teilweise begründet. Dem Antragsteller steht das begehrte Einsichtsrecht zur Überwachung der Durchführung der Tarifverträge zu; es umfaßt uneingeschränkt die Zahlung der nach § 3 Abs. 1 NV Solo individuell vereinbarten festen monatlichen Gehälter der von ihm vertretenen Bühnenmitglieder und technischen Angestellten mit künstlerischer oder überwiegend künstlerischer Tätigkeit; soweit der Beschluß des Beschwerdegerichts hierzu Einschränkungen enthält, beruht er auf der unrichtigen Anwendung des § 73 Abs. 2 Satz 2 SächsPersVG. Hingegen besteht das Einsichtsrecht nicht zu Zwecken der Vorbereitung eines Initiativrechts im Zusammenhang mit Fragen der Lohngestaltung (§ 83 Abs. 1 i.V.m. § 80 Abs. 3 SächsPersVG), weil ein solches Initiativrecht nicht gegeben ist; da die Feststellung eines auch zu diesen Zwecken bestehenden Einsichtsrechts begehrt worden ist, war die Rechtsbeschwerde insoweit als unbegründet zurückzuweisen. Unbegründet ist auch die Anschlußrechtsbeschwerde des Beteiligten.
1. Nach § 73 Abs. 2 Satz 1 SächsPersVG hat der Dienststellenleiter die Personalvertretung zur Durchführung ihrer Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Ihr sind nach § 73 Abs. 2 Satz 2 SächsPersVG die hierfür erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Diese Regelungen entsprechen ihren Vorbildern in § 68 Abs. 2 Satz 1 und 2 BPersVG. Nach der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Senats sind die beiden genannten Sätze im Zusammenhang zu sehen. Sie vermitteln der Personalvertretung keinen von ihren Aufgaben losgelösten umfassenden Informationsanspruch. Vielmehr setzt dieser voraus, daß die Personalvertretung mindestens eine Aufgabe zu erfüllen hat, deren Erfüllung es erfordert, sie über einen bestimmten Sachverhalt zu unterrichten (Beschlüsse vom 21. Februar 1980 – BVerwG 6 P 77.78 – Buchholz 238.3A § 68 BPersVG Nr. 2, vom 21. September 1984 – BVerwG 6 P 24.83 – Buchholz a.a.O. § 68 BPersVG Nr. 5 und vom 27. Februar 1985 – BVerwG 6 P 9.84 – Buchholz a.a.O. § 67 BPersVG Nr. 5). Bedingt die Erfüllung verschiedener Aufgaben eine unterschiedliche Informationsbreite und dementsprechend einen umfänglich unterschiedlichen Umgang mit der Gesamtheit der aus den vorzulegenden Unterlagen ersichtlichen Informationen, so kann – und muß unter Umständen – auch eine auf die jeweilige Aufgabe bezogene Feststellung zum Recht auf Einsichtnahme begehrt werden. Das muß insbesondere dann möglich sein, wenn – wie hier – das Einsichtsrecht nur von zwei Mitgliedern des Personalrats auszuüben ist. Denn auch soweit die an der Einsichtnahme Beteiligten gegenüber den übrigen Personalratsmitgliedern gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 SächsPersVG von der Schweigepflicht entbunden sind, bezieht sich dies nur auf die zur konkreten Aufgabenerfüllung erforderlichen Informationen und nicht auch auf einen aus Anlaß der vollständigen Einsichtnahme gewonnenen Informationsüberschuß. Insoweit besteht gerade hier ein konkreter Klärungsbedarf: Der Antragsteller hat sein Einsichtsbegehren zu Recht nur für seinen Vorsitzenden und ein weiteres seiner Mitglieder geltend gemacht; folgerichtig hat er in den Tatsacheninstanzen auch die beiden von ihm in Betracht gezogenen Zwecke der Einsichtnahme (§ 73 Abs. 1 Nr. 2, § 80 Abs. 3 Nr. 4 SächsPersVG) in seine Anträge mit einbezogen und damit den Gegenstand seines Feststellungsbegehrens spezifiziert. Das wiederum war für den Streitgegenstand bestimmend. An ihm hat sich auch im Rechtsbeschwerdeverfahren nichts geändert, weil sowohl Rechtsbeschwerde als auch Anschlußrechtsbeschwerde erhoben worden sind, und zwar dies jeweils ohne Einschränkung. Das Feststellungsbegehren zum Einsichtsrecht war also in bezug auf beide Aufgaben zu prüfen.
2. Dem Antragsteller steht ein Recht auf Einsichtnahme in die Bruttogehalts- und -gagenlisten im Hinblick auf die ihm nach § 73 Abs. 1 Nr. 2 SächsPersVG obliegende Aufgabe zu, darüber zu wachen, daß unter anderem die zugunsten der Beschäftigten geltenden Tarifverträge eingehalten werden, hier vor allem der Normalvertrag Solo, der Anpassungsrahmentarifvertrag und die zu seiner Durchführung abzuschließenden einzelnen Anpassungstarifverträge. Das Beschwerdegericht hat insoweit zutreffend gesehen, daß unter diese Überwachungsaufgabe insbesondere die Umsetzung der verbindlichen Regelungen und ausfüllungsbedürftigen Vorgaben fällt, die in § 3 NV Solo und anderen Tarifverträgen enthalten sind. Mit Recht geht es in bezug auf § 3 Abs. 1 NV Solo zunächst davon aus, insoweit sei die Einsichtnahme dem Personalrat „zu dem Zweck zu gewähren, darüber zu wachen, daß (überhaupt) ein festes monatliches Gehalt vereinbart ist” und „daß der monatliche Mindestbetrag (zur Zeit 2.500 DM) geleistet wird (§ 3 Abs. 1 NV Solo)”. Zutreffend ist auch seine Annahme, daß die individuell und ohne tarifliche Vorgaben frei vereinbarten Gehaltsbestandteile nicht als Vollzug oder sonstige Durchführung des Tarifvertrages zu verstehen sind und daher nicht unter das Überwachungsrecht fallen. Jedoch rechtfertigt dies keineswegs schon den Schluß, daß wegen dieser Einschränkung des Überwachungsrechts „die Höhe des monatlichen Gehalts” von dem Recht auf Einsichtnahme auszuschließen und deshalb nur das Mindestgehalt als im festen Gehalt enthalten bei der Einsichtnahme offenzulegen sei.
a) Auch der Einblick in die konkreten Zahlenwerte des festen monatlichen Gehalts erweist sich als für die Erfüllung der vom Beschwerdegericht zutreffend umschriebenen Überwachungsaufgabe noch als „erforderlich” im Sinne von § 73 Abs. 2 Satz 2 SächsPersVG. Denn ohne Kenntnis des zur Auszahlung gelangenden Betrages läßt sich nicht feststellen, daß ein festes monatliches – d.h. regelmäßig monatlich gleichbleibendes – Gehalt geleistet wird. Erst recht läßt sich nicht überwachen, daß dieses feste monatliche Gehalt im Rahmen der Durchführungstarifverträge zum Anpassungsrahmentarifvertrag vom 3. Juni 1966 (i.d.F. vom 18. Juni 1991) den Änderungen der Bezüge des Bundesangestelltentarifvertrags – BAT – folgend (§ 2 Abs. 1 des Anpassungsrahmentarifvertrages) sinngemäß angepaßt wird. Dies hat der Antragsteller zu Recht gerügt. Ohne Einblick in die konkret als festes Gehalt geleisteten monatlichen Zahlungen ist daher eine Überwachung der Durchführung der genannten Tarifverträge in dem als berechtigt anzuerkennenden Umfang nicht durchzuführen.
b) Soweit der Beteiligte demgegenüber geltend macht, als „festes Gehalt” im Sinne von § 3 Abs. 1 NV Solo sei nur das Mindestgehalt anzusehen, ist dem schon vom Wortlaut her nicht zu folgen. Dort wird nicht zwischen dem festen Mindestgehalt und etwaigen sonstigen frei zu vereinbarenden Gehaltsbestandteilen unterschieden. Es gibt nur ein einheitliches festes Gehalt, das zu vereinbaren ist und als solches mindestens den Betrag von derzeit 2.500 DM ausmachen muß (§ 3 Abs. 1 Sätze 1 und 2 NV Solo). Das folgt auch daraus, daß dieses feste Gehalt grundsätzlich eine umfassende Gegenleistung für alle vertraglich zu erbringenden Leistungen der unter den Tarifvertrag fallenden Personen darstellt. Denn nach § 3 Abs. 1, Unterabs. 2, 1. Halbsatz NV Solo sind mit dem festen Gehalt die von dem Mitglied nach diesem Tarifvertrag zu erbringenden Dienstleistungen, also alle regelmäßig anfallenden vertragsgemäßen Leistungen, abgegolten. Daneben können zwar auch noch Spielgelder und Übersinghonorare frei vereinbart werden. Dies sollen jedoch nach Sinn und Zweck der Regelung nicht die Gegenleistungen für die regelmäßigen vertragsgemäßen Leistungen sein. Denn es handelt sich um „besondere Vergütungen”, die für besondere Fälle zu vereinbaren sind. Wie in der Anhörung vor dem Senat einvernehmlich klargestellt worden ist, wird dies am Staatsschauspiel Dresden nicht anders gehandhabt. Einvernehmen bestand auch darüber, daß die Anpassungen in Durchführung des Anpassungsrahmentarifvertrages sich jeweils auf das gesamte nach § 3 Abs. 1 NV Solo zu vereinbarende monatliche Gehalt beziehen, gegebenenfalls auch auf die feste monatliche Theaterbetriebszulage (vgl. § 6 Abs. 1 Unterabs. 2 BTT). Daraus wiederum folgt aber, daß auch die Tarifvertragsparteien das nach § 3 Abs. 1 NV Solo zu vereinbarende monatliche Gehalt in seiner Gesamtheit zu den „festen Gehältern” im Sinne von § 2 Abs. 1 des Anpassungsrahmentarifvertrages zählen. Wäre der Begriff so zu verstehen, wie es dem Rechtsstandpunkt des Beteiligten zur Auslegung des § 3 Abs. 1 NV Solo entspricht, würden sich die Anpassungen jeweils nur auf den Mindestbetrag beziehen. Das aber wäre keine „sinngemäße” Anpassung der festen Gehälter an die Änderung der Bezüge nach dem BAT.
Wie die Änderung zum 1. Januar 1994 zeigt, unterliegt der Mindestbetrag außerdem, wenn er nicht mehr für sachgemäß gehalten wird, gesonderten Erhöhungen.
c) Auch die generellen Einwendungen, die der Beteiligte gegen jegliches Recht auf Einsichtnahme in die Bruttogehalts- und -gagenlisten durch die im Antrag bezeichneten Mitglieder des Antragstellers erhebt, greifen nicht durch. Seine Anschlußrechtsbeschwerde ist daher zurückzuweisen.
aa) Die Kunstfreiheit des Intendanten steht einem Recht des Personalrats auf Einsichtnahme in die Bruttogehalts- und –gagenlisten nicht grundsätzlich entgegen. Der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG wird durch sie nicht berührt. Weder die unmittelbare Verwirklichung der künstlerischen Konzeption für die Bühne noch die dafür vorentscheidenden personellen Maßnahmen bis hin zur Festsetzung der finanziellen Spielräume für die Vereinbarung der Leistungsentgelte werden durch die Ausübung des Informationsrechts beeinträchtigt. Ebensowenig wie die tarifvertragliche Anpassung der Festgehälter um einen bestimmten Vomhundertsatz von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG erfaßte Rechte des Intendanten tangiert, kann dies für das Überwachungsrecht des Personalrats angenommen werden, welches der Realisierung eben jener Anpassung dient. Nichts anderes kann für den Informationsanspruch gelten, der für die Wahrnehmung der dem Personalrat gesetzlich zugewiesenen Überwachungsaufgabe unumgänglich ist. Hingegen ist rechtlich nicht vorgegeben, daß Einstellungs- und Bleibeverhandlungen aus einem solchen Anlaß hinausgezögert werden müssen. Auch kann nicht die Rede davon sein, daß schon durch die Inanspruchnahme der Informationsrechte die Entscheidungsfreiheit des Intendanten einer nennenswerten Beeinflussung oder gar Behinderung unterworfen wird. Das ist nicht einmal der Fall, wenn es im Anschluß an eine Einsichtnahme – etwa während eines Quartalsgesprächs oder sonst im Rahmen vertrauensvoller Zusammenarbeit – zu Nachfragen und weiteren Erörterungen zwischen Personalrat und Intendanten über die Gehaltsstrukturen kommen sollte. Der Intendant würde selbst durch eine solche Erörterung als mittelbare Folge einer Einsichtnahme nicht gehindert, die Entscheidungen zu treffen und auch durchzusetzen, die er für richtig hält. Denn die Kompetenz zur künstlerischen Beurteilung liegt eindeutig beim Intendanten; auch dem besonderen Personalrat, der von den Bühnenmitgliedern und künstlerisch oder überwiegend künstlerisch tätigen Technikern gebildet wird, steht eine solche Beurteilungskompetenz nicht zu (Beschluß vom 18. März 1981 – BVerwG 6 P 27.79 – BVerwGE 62, 55, 63 f.). Der Intendant kann sich darauf bei Meinungsunterschieden berufen. Schließlich kann es auch schon durch unrichtige Mutmaßungen zu Mißliebigkeiten oder gar zu Störungen des Betriebsfriedens kommen, denen mit einer Offenlegung der Tatsachen in dem durch die Tarifüberwachungsaufgabe gebotenen Umfang begegnet werden kann.
bb) Nicht zu folgen ist dem Beteiligten auch in seiner Auffassung, daß hier die Tendenzschutzregelung des § 118 BetrVG entsprechend anzuwenden wäre. Mit Recht hat der Oberbundesanwalt darauf hingewiesen, daß das Sächsische Personalvertretungsgesetz eigenständige Regelungen zum Tendenzschutz enthält, die eine solche Analogie ausschließen. Eben zu diesem Zwecke ist der besondere Personalrat im Sinne von § 69 Abs. 1 SächsPersVG vorgesehen, der in den öffentlichen Theatern und Orchestern die künstlerisch tätigen Beschäftigten zu vertreten hat; ihm ist in § 69 Abs. 2 SächsPersVG sogar eine Beteiligung in der Form eines Mitwirkungsrechts an der Spielplangestaltung eingeräumt. Von einer Regelungslücke kann daher auch hier keine Rede sein (vgl. zum BremPersVG: Beschluß des Senats vom 18. März 1981 – BVerwG 6 P 27.79 – a.a.O. S. 57 f.), zumal das Rahmenrecht des Bundes in § 104 BPersVG für diesen Bereich ausdrücklich Sonderregelungen zuläßt, wenn es auch nicht dazu verpflichtet (Beschluß vom 26. Oktober 1977 – BVerwG 7 P 6.76 – Buchholz 238.32 § 43 BlnPersVG Nr. 3). Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der Tendenzschutz des § 118 BetrVG sonst gegebene Beteiligungsrechte zwar zu einem Anhörungs- und Informationsrecht schrumpfen läßt, diesen geringeren Rechten aber nicht entgegensteht (Beschlüsse vom 8. Mai 1990 – 1 ABR 33/89 – und vom 27. Juli 1993 – 1 ABR 8/93 – AP Nr. 46 und Nr. 51 zu § 118 BetrVG 1972), insbesondere daher auch ein Einblicksrecht des Betriebsrats in die Bruttolohn- und Gehaltslisten nicht verwehrt (Beschluß vom 22. Mai 1979 – 1 ABR 45/77 – AP Nr. 12 zu § 118 BetrVG 1972), und zwar auch nicht etwa bei Presseunternehmen (Beschluß vom 30. Juni 1981 – 1 ABR 26/79 – AP Nr. 15 zu § 80 BetrVG 1972), und daß diese Rechtsprechung vom Bundesverfassungsgericht auch unter dem Blickwinkel des Schutzes des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht beanstandet worden ist (Beschluß vom 20. August 1982 – 1 BvR 1294/81 – ArbuR 1983, 155).
cc) Das Recht auf Einsichtnahme wird weiterhin nicht durch § 73 Abs. 2 Satz 3 SächsPersVG oder durch Bestimmungen des Datenschutzes eingeschränkt. Bei den hier in Rede stehenden Listen wie sonst bei Bruttolohn- und Gehaltslisten oder Listen mit freiwillig gezahlten Leistungszulagen handelt es sich nach der Rspr. des Senats nicht um Bestandteile der Personalakten, sondern lediglich um Listen, die „hinsichtlich ihrer Vertraulichkeit und des Maßstabs, der an ihre Zugänglichkeit für die Personalvertretung anzulegen ist, derartigen Personalakten im wesentlichen gleichzuachten” sind. Diese Vergleichbarkeit geht nach der Rechtsprechung des Senats allerdings nicht so weit, daß sie die Einsichtnahme, deren Rechtsgrundlagen im Personalvertretungsrecht eine vorrangige bereichsspezifische Regelung im Sinne des Datenschutzrechts darstellen, an die Zustimmung der betroffenen Beschäftigten bindet. Lediglich sind diese Listen nicht auszuhändigen, dürfen von ihnen auch Kopien oder komplette Abschriften nicht angefertigt werden; die Zahl der für den Personalrat Einsicht nehmenden Personen ist außerdem zu begrenzen; einzelne Notizen dürfen allerdings bei der Einsichtnahme in der Dienststelle gemacht werden (vgl. zu allem: Beschlüsse vom 27. Februar 1985 – BVerwG 6 P 9.84 – a.a.O. und vom 22. Dezember 1993 – BVerwG 6 P 15.92 – Buchholz 250 § 68 BPersVG Nr. 14 S. 20 f.; vgl. zum BetrVG auch die Beschlüsse des BAG vom 3. Dezember 1981 – 6 ABR 8/80 – und vom 17. März 1983 – 6 ABR 33/80 – AP Nr. 17 und Nr. 18 zu § 80 BetrVG 1972). Bei der Einsichtnahme dürfen zwar andere Personen, die am Ort der Einsichtnahme ihrer Beschäftigung nachgehen, anwesend sein, jedoch keine Personen, die den Personalrat überwachen oder mit seiner Überwachung beauftragt sind (vgl. auch den Beschluß des BAG vom 16. August 1995 – 7 ABR 63/94 – AP Nr. 53 zu § 80 BetrVG 1972 = NZA 1996, 30).
Im übrigen unterliegt der Personalrat der Verschwiegenheitspflicht nach § 10 Abs. 1 Satz 1 SächsPersVG, wobei ein Verstoß gegen diese Pflicht zu schwerwiegenden personalvertretungsrechtlichen und arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen kann. Darüber hinaus sind auch seine Mitglieder, die in seinem Auftrage Einsicht in die Bruttogehalts- und -gagenlisten genommen haben, gegenüber den übrigen Personalratsmitgliedern gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 SächsPersVG nicht vollends von der Schweigepflicht entbunden. Tatsachen, von denen sie bei Gelegenheit der Einsichtnahme Kenntnis erlangt haben, die sich jedoch für die Erfüllung der dem Personalrat obliegenden Aufgaben als belanglos erweisen, haben sie für sich zu behalten. Die dadurch begrenzte Eingrenzung des Kreises der Informationsträger dürfte für die Beachtung der Schweigepflicht durchaus förderlich sein.
dd) Zur Einsichtnahme ist entgegen der Auffassung des Beteiligten nicht die Darlegung eines besonderen Anlasses erforderlich. Etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht daraus, daß es an einer dem § 80 Abs. 2 Satz 2, 1. Halbsatz BetrVG entsprechenden Regelung fehlt, wonach dem Betriebsrat auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen sind. Dies hat der Senat bereits in seinem Beschluß vom 27. Februar 1985 – BVerwG 6 P 9.84 – a.a.O. entschieden (vgl. auch Beschluß vom 22. Dezember 1993 – BVerwG 6 P 15.92 – a.a.O.). Wie schon dargelegt, sind die Informationsrechte des Personalrats im Zusammenhang mit den Aufgaben zu sehen, zu deren Erfüllung die Unterrichtung oder die Vorlage von Unterlagen erfolgen soll. Die materielle Grundlage des Rechts auf Einsichtnahme in die strittigen Listen ergibt sich hier daher aus dem Zusammenhang der Regelungen, die § 68 Abs. 1 Nr. 2 und § 67 Abs. 1 Satz 1 BPersVG entsprechen, hier also aus § 73 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 72 Abs. 1 Satz 1 SächsPersVG. Aus diesem normativen Zusammenhang im Verein mit dem in § 73 Abs. 2 Satz 2 SächsPersVG vorgegebenen Maßstab der Erforderlichkeit sind Voraussetzungen, Umfang und Grenzen des Rechts auf Einsichtnahme ausgabenbezogen wie folgt zu entwickeln:
Zwar obliegt es der Personalvertretung nicht, die Aufgabenerfüllung und den inneren Betrieb der Dienststelle allgemein und unabhängig von den ihr zugewiesenen Aufgaben zu überwachen (Beschluß vom 27. November 1991 – BVerwG 6 P 24.90 – Buchholz 251.7 § 75 NWPersVG Nr. 1). Ihre Aufgaben erschöpfen sich aber auch nicht darin, den ihr zugestandenen rechtlichen oder tatsächlichen Einfluß in sachlich abgrenzbaren Zusammenhängen oder gar nur in Einzelfällen zur Geltung zu bringen. Sie hat als Kollektivorgan der Beschäftigten auch – und zwar vorrangig – Sorge dafür zu tragen, daß die gemeinsamen rechtlichen und sozialen Belange aller Beschäftigten sowie der Gruppen und letztlich auch der einzelnen Beschäftigten untereinander nach Recht und Billigkeit gewahrt werden. Dies gilt nicht nur im Rahmen förmlicher Beteiligungsverfahren, sondern insbesondere auch im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Leiter der Dienststelle (§ 2 SächsPersVG). über Einzelinformationen hinaus benötigt die Personalvertretung daher den Überblick über alle diese Belange berührenden Fakten und Vorhaben, um Rechtsverstößen und Unbilligkeiten nach Möglichkeit bereits im Vorfeld entgegenwirken zu können (Beschluß vom 27. Februar 1985 – BVerwG 6 P 9.84 – a.a.O.).
Daher darf insbesondere die Vorlage der Bruttogehalts- und –gagenlisten, da sie die Personalvertretung in den Stand versetzen soll, ein Überwachungsrecht wahrzunehmen, nicht davon abhängig gemacht werden, daß zuvor die Besorgnis einer Rechtsverletzung dargelegt wird. Die Ausübung derartiger Überwachungsrechte erfordert, insbesondere auch als Grundlage einer in § 73 Abs. 2 Satz 1 SächsPersVG vorgesehenen gemeinsamen Erörterung mit dem Dienststellenleiter, einen breiten, über Konfliktfälle hinausgehenden Kenntnisstand, zumal sie jedenfalls im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit auf die Vermeidung von Konflikten und damit auf die Erhaltung des Friedens in der Dienststelle abzielt (vgl. auch Beschlüsse vom 27. Februar 1985 – BVerwG 6 P 9.84 – und vom 22. Dezember 1993 – BVerwG 6 P 15.92 – a.a.O.).
Ebensowenig ist die Darlegung eines anderen Anlasses erforderlich. Zum einen ergibt sich ein solcher Anlaß offenkundig als Folge der praktisch jährlich stattfindenden tariflichen Anpassungen. Wird eine Einsichtnahme nicht in kürzeren Abständen gefordert, versteht sich wenigstens dieser Anlaß von selbst. Zum anderen geht es hier um einen Sachzusammenhang, der sich normalerweise dem Blickfeld des Personalrats und der Beschäftigten entzieht. Dies gilt vor allem deshalb, weil es in diesem Bereich auch schon um vorbeugende Überwachung der Vergütung der Beschäftigten geht. Eine Information durch die Dienststelle ist hier der einzige Weg, um die Personalvertretung überhaupt in den Stand zu versetzen, ihre Aufgabe wahrzunehmen. Die Aufgabe muß aber wahrgenommen werden können. Dies gilt insbesondere deshalb, weil hier erhebliche Freiräume bei der Festlegung der Vergütung bestehen, dem individuellen Rechtsschutz hier engere Grenzen gesetzt sind und selbst der kollektiv-rechtliche Schutz der Beschäftigten im wesentlichen auf die Erörterung im Rahmen vertrauensvoller Zusammenarbeit beschränkt ist. Dies alles rechtfertigt es, hier von besonderen Darlegungsanforderungen abzusehen (vgl. auch dazu die Beschlüsse vom 27. Februar 1985 – BVerwG 6 P 9.84 – und vom 22. Dezember 1993 – BVerwG 6 P 15.92 – a.a.O.; ferner den Beschluß vom 29. August 1990 – BVerwG 6 P 30.87 – Buchholz 251.8 § 68 RhPPersVG Nr. 3).
3. Das Recht auf Einsichtnahme in die Bruttogehalts- und –gagenlisten läßt sich hingegen nicht unter Berufung auf das Recht zur Mitbestimmung in Fragen der Lohngestaltung aus § 80 Abs. 3 Nr. 4 SächsPersVG rechtfertigen. Insoweit war daher die Rechtsbeschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.
a) Die Mitbestimmung in Fragen der Lohngestaltung setzt eine kollektive (generelle) Regelung als Anknüpfungstatbestand der Beteiligung voraus (vgl. Beschlüsse vom 26. Juli 1979 – BVerwG 6 P 44.78 – Buchholz 238.3A § 75 BPersVG Nr. 11 und vom 27. Februar 1985 – BVerwG 6 P 9.84 – a.a.O.; vgl. zum BetrVG ferner: BAGE 50, 313, 318; 69, 134, 161; 71, 327, 333). Solange ein Intendant lediglich einzelvertragliche Regelungen von Fall zu Fall trifft, kann sie also nicht zum Zuge kommen. Nur soweit er allgemeingültige Entgeltmaßstäbe, wie etwa das Erreichen eines festgelegten Lebensalters, den Vereinbarungen allgemein zugrunde legen oder gar generelle Strukturformen des Entgelts einführen will, kann daher die Mitbestimmung greifen (vgl. auch Löwisch/Kaiser, Tendenzschutz in öffentlich-rechtlich geführten Bühnenunternehmen, 1. Aufl. 1996, S. 73 m.w.N. in Fn. 95) – in welchem Umfange und mit welchen Grenzen auch immer (vgl. dazu BAG, Urteil vom 31. Januar 1984 – 1 AZR 174/81 – AP Nr. 15 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung, Beschluß vom 13. Februar 1990 – 1 ABR 13/89 – AP Nr. 45 zu § 118 BetrVG 1972). Eine derartige Maßnahme als Anlaß zu einer Mitbestimmung des Antragstellers steht hier nicht in Rede. Über den Umfang der Informationspflicht des Beteiligten aus Anlaß einer derart mitbestimmungspflichtigen Maßnahme besteht auch kein Streit. Die vom Beschwerdegericht angesprochene Frage nach der Tarifsperre stellt sich hier daher gar nicht erst. Ob sie bei einer entsprechenden Maßnahme des Intendanten greift, kann daher offenbleiben, dürfte aber zumindest zweifelhaft sein.
b) Soweit sich hingegen der Antragsteller auf die aktive Ausübung seines Mitbestimmungsrechts, also auf ein mögliches Initiativrecht in Fragen der Lohngestaltung zur Rechtfertigung seines Einsichtsbegehrens, berufen will (§ 83 Abs. 1 i.V.m. § 80 Abs. 3 Nr. 4 SächsPersVG), steht dem der Tarifvorbehalt in § 80 Abs. 3 SächsPersVG entgegen. Insoweit ist dem Beschwerdegericht zuzustimmen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur vergleichbaren Regelung in § 75 Abs. 3 BPersVG und in vergleichbaren landesrechtlichen Regelungen besteht eine die Mitbestimmung des Personalrats ausschließende tarifvertragliche Regelung dann, wenn im Tarifvertrag ein Sachverhalt unmittelbar geregelt ist, es also zum Vollzug keines Ausführungsaktes bedarf. Eine solche Regelung besitzt Ausschließlichkeitscharakter, weil sie für einen bestimmten Sachverhalt vollständig, umfassend und erschöpfend ist. Wenn jedoch aufgrund einer tariflichen Regelung die Ausgestaltung der Einzelfallmaßnahme dem Dienststellenleiter überlassen ist, unterliegt dessen Entscheidung – auch bei rein normvollziehenden Maßnahmen ohne Ermessensspielraum – der Richtigkeitskontrolle des Personalrats im Wege der Mitbestimmung (Beschlüsse vom 13. Februar 1976 – BVerwG 7 P 4.75 – BVerwGE 50, 186 ≪189 f.≫, vom 27. Juli 1979 – BVerwG 6 P 92.78 – Buchholz 238.3A § 75 BPersVG Nr. 13, vom 23. Januar 1986 – BVerwG 6 P 8.83 – Buchholz 238.35 § 61 HePersVG Nr. 3, vom 27. November 1991 – BVerwG 6 P 7.90 – PersR 1992, 147, vom 19. Mai 1992 – BVerwG 6 P 5.90 – PersR a.a.O., S. 361 und vom 17. Juni 1992 – BVerwG 6 P 17.91 – PersR a.a.O., S. 451, 453 f.). Im übrigen gilt aber auch in diesen Fällen der Grundsatz, daß ein Mitbestimmungs- oder Initiativrecht immer nur insoweit besteht, als auch der Leiter der Dienststelle selbst noch etwas bestimmen kann (vgl. zum Betriebsverfassungsrecht BAGE 50, 85, 90; 58, 297, 302).
Die Sperrwirkung des Tarifvorbehalts greift allerdings nur ein, „soweit” eine tarifliche Regelung besteht. Die Tarifsperre kann also auch bei Teilregelungen greifen: Soweit eine abschließende Teilregelung vorliegt, die Anwendungs- und Auslegungsspielräume nicht beläßt, greift dann die Sperre ebenfalls, aber eben auch nur insoweit. Das Bestehen einer solchen Sperre läßt sich also nicht damit ausschließen, daß der Tarifvertrag neben abschließenden Regelungen in anderen, sachlich davon zu trennenden Teilen einen Vorbehalt zugunsten einer ergänzenden Regelung durch Dienstvereinbarung oder freie Vereinbarung im Einzelfall enthält.
Für die Auslegung des § 3 NV Solo bedeutet dies folgendes: Zwar belassen § 3 Abs. 1 und 2 NV Solo bewußt Raum für individualvertragliche Vereinbarungen, welche die tarifliche Regelung über das feste Mindestgehalt in § 3 Abs. 1 NV Solo ergänzen. Das schließt aber eine abschließende Teilregelung in bezug auf andere als künstlerische Maßstäbe noch nicht aus. Entscheidend ist daher, daß die Gesamtregelung in § 3 NV Solo im Lichte der durch Art. 5 Abs. 3 GG schrankenlos – mit Ausnahme verfassungsimmanenter Schranken – gewährleisteten Kunstfreiheit auszulegen ist. Insbesondere auch öffentliche Bühnen, wie sie hier in Rede stehen, genießen sowohl den Schutz der Kunstfreiheit der einzeln künstlerisch Tätigen, also des Intendanten, der Bühnenmitglieder und der übrigen künstlerisch tätigen Beschäftigten, als auch den überindividuellen (objektiven) Schutz der Freiheit der Kunst in ihrer Eigenständigkeit und Eigengesetzlichkeit (vgl. Beschlüsse vom 18. März 1981 – BVerwG 6 P 27.79 – a.a.O. und vom 7. Dezember 1994 – BVerwG 6 P 29.92 – BVerwGE 97, 159, 163). Dieser Grundrechtsschutz kann mit seinen Gewährleistungen unter Umständen sogar der tarifvertraglichen Gestaltungsfreiheit Grenzen setzen (Beschluß vom 18. März 1981 – BVerwG 6 P 26.79 – Buchholz 238.37 § 72 NWPersVG Nr. 5). Im Zweifel ist daher anzunehmen, daß der NV Solo auf diese Freiheit soweit als nötig Rücksicht nehmen will.
Daraus wiederum folgt für die Auslegung: Mit den Gehaltsregelungen des § 3 NV Solo haben die Tarifvertragsparteien eine Grenzziehung zwischen Sozialstaatsauftrag und Gewährleistung der Kunstfreiheit in der Weise vorgenommen, daß sie sich auf ein festes Mindestgehalt der Bühnenmitglieder geeinigt und die weitere Vergütung der freien individuellen Vereinbarung überlassen haben. Letzteres gibt dem Intendanten, dem herkömmlicherweise die künstlerische, wirtschaftliche und administrative Leitung des Theaters obliegt, den Freiraum, beim Abschluß von Arbeitsverträgen spezifische künstlerische Intentionen zu verfolgen: Welche Schauspieler, Sänger usw. der Intendant engagiert und welche Engagements er verlängert oder beendet, bestimmt sich in erster Linie nach seinem künstlerischen Konzept (vgl. auch BAG, Urteil vom 15. März 1989 – 7 AZR 316/88 – AP Nr. 35 zu § 611 BGB Bühnenengagementsvertrag; Löwisch/Kaiser a.a.O. S. 36, 38 f.); darüber allein zu befinden, kann er in Anspruch nehmen, und er genießt insoweit dann auch den Schutz der Kunstfreiheit (Beschluß vom 18. März 1981 – BVerwG 6 P 27.79 – a.a.O. S. 59 f.; Löwisch/Kaiser a.a.O. S. 39). Die das künstlerische Personal betreffenden personellen Entscheidungen aber sind ihrerseits in erheblichem Maße abhängig vom Entgelt, das nach dem zur Verfügung stehenden Budget ausgehandelt werden kann. Der Intendant wird es in der Regel von der Bedeutung des zu gewinnenden oder zu haltenden Bühnenmitgliedes für das spezifische künstlerische Konzept der Bühne abhängig machen wollen. Um ihm dies zu ermöglichen, beschränkt sich § 3 Abs. 1 NV Solo auf die Gewährleistung eines Mindestbetrages für die festen Gehälter. Ansonsten soll dem Intendanten die Möglichkeit einer Verfügung über den Personalanteil am Budget nach künstlerischen Maßstäben vorbehalten bleiben. Zu weitergehenden sozialen Zwecken soll das Budget gegen seinen Willen nicht gebunden werden können. Soweit aber die auszuhandelnden Entgelte ausschließlich künstlerischen Maßstäben folgen, indem etwa die künstlerischen Erfahrungen der Bühnenmitglieder berücksichtigt oder ihre Funktionen im künstlerischen Konzept des Intendanten honoriert werden, scheidet nicht nur ein Initiativrecht, sondern eine jede Form der Mitbestimmung des Personalrats nach § 80 Abs. 3 Nr. 4 SächsPersVG insgesamt aus (vgl. auch Löwisch/Kaiser a.a.O. S. 73). Denn dem Personalrat ist mit Rücksicht auf die dem Intendanten zustehende Kunstfreiheit eine Prüfung und Würdigung der künstlerischen Befähigung der Bühnenmitglieder usw. verwehrt, und zwar dies auch, soweit er als besonderer Personalrat nach § 69 SächsPersVG ausschließlich mit sachverständigen Mitgliedern besetzt ist (Beschluß vom 18. März 1981 – BVerwG 6 P 27.79 – a.a.O. S. 63 f.).
Wenn also der Intendant bei den Gehaltsvereinbarungen ausschließlich auf künstlerische Maßstäbe abstellt, schließen die Ziele des § 3 Abs. 1 NV Solo ein Initiativrecht nach § 83 Abs. 1 SächsPersVG aus, mit dem der Personalrat allgemeingültige Entgeltregelungen einführen wollte, gleich an welchen Maßstäben sie ausgerichtet sind. Eine gegen den Willen des Intendanten erzwingbare kollektive Regelung dieser Art, die von den Tarifvertragsparteien selbst – abgesehen vom Mindesbetrag des festen Gehalts – mit Rücksicht auf die Kunstfreiheit des Intendanten nicht getroffen worden ist, will der Tarifvertrag auch auf Dienststellenebene ausschließen. Dies soll nach dem Grundgedanken des Tarif vertrages der freiwilligen Vereinbarung überlassen bleiben. Insoweit enthält § 3 Abs. 1 NV Solo eine zwingende und abschließende Regelung. Aus dem Mitbestimmungsrecht des § 80 Abs. 3 Nr. 4 SächsPersVG kann sich daher außerhalb eines vom Beteiligten eingeleiteten Mitbestimmungsverfahrens zu von ihm selbst beabsichtigten allgemeingültigen Regelungen in Fragen der Lohngestaltung kein konkreter Bezug zu einem allgemeinen und anlaßunabhängigen Einsichtsrecht ergeben.
c) Ein Recht auf Einsichtnahme ergibt sich derzeit nicht aus § 72 Abs. 1 Satz 1 SächsPersVG. Aus der Befugnis des Personalrats, für die Einhaltung des Grundsatzes von Recht und Billigkeit bzw. der dort besonders bezeichneten Diskriminierungsverbote zu sorgen, ergeben sich zur Zeit keine Gründe, die neben der Überwachung der Durchführung der Tarifverträge eine eigenständige Einsichtnahme erfordern könnten. Der Personalrat ist insoweit darauf verwiesen, etwaigen Anhaltspunkten in dieser Richtung dann nachzugehen, wenn sie sich aus Anlaß der anderweitig gerechtfertigten Einsichtnahme konkret ergeben sollten.
4. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 10 Abs. 1 BRAGO i.V.m. § 8 Abs. 2 BRAGO.
Unterschriften
Niehues, Albers, Eckertz-Höfer, Schmutzler, Büge
Fundstellen
Haufe-Index 1215837 |
ZBR 1998, 433 |
ZTR 1999, 88 |
PersR 1998, 460 |
RDV 1999, 25 |
ZfPR 1999, 10 |
www.judicialis.de 1998 |