Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten für die Teilnahme an einer Spezialschulung. fehlende Haushaltsmittel. Unaufschiebbarkeit des Schulungsbedarfs
Leitsatz (amtlich)
- Kosten für die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung, welche für die Personalratstätigkeit erforderliche Kenntnisse vermittelt, sind von der Dienststelle bei Fehlen von Haushaltsmitteln nur dann zu übernehmen, wenn der Schulungsbedarf unaufschiebbar ist (wie Beschluss vom heutigen Tage – BVerwG 6 P 9.02 –).
- Unaufschiebbar ist die Teilnahme des Personalratsmitgliedes an einer Spezialschulung, wenn es die dort vermittelten Kenntnisse benötigt, um einem akuten Handlungsbedarf auf Seiten des Personalrats zu genügen.
Normenkette
BPersVG §§ 44, 46; BHO § 3 Abs. 2, § 37
Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Beschluss vom 03.05.2002; Aktenzeichen 1 A 1528/00.PVB) |
VG Münster (Entscheidung vom 01.03.2000; Aktenzeichen 11 K 499/98.PVB) |
Tenor
Der Beschluss des Fachsenats für Bundespersonalvertretungssachen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 3. Mai 2002 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf einen Betrag bis zu 900 € festgesetzt.
Tatbestand
I.
Mit Beschlüssen vom 26. Juni und 16. Juli 1997 entsandte der Antragsteller zu 1 seinen Vorsitzenden, den Antragsteller zu 2, zu den Seminaren “Logistik in der Bundeswehr” sowie “Tarifliche und gesetzliche Rahmenbedingungen bei kontinuierlichem Personalabbau in der Bundeswehr”, welche von der Gewerkschaft ÖTV vom 8. bis 13. September 1997 in der Bildungsstätte Kochelsee bzw. vom 20. bis 22. August 1997 in Waldbreitbach durchgeführt wurden. Der Beteiligte stellte den Antragsteller zu 2 für die Seminarteilnahme frei, lehnte jedoch die Kostenübernahme unter Bezugnahme auf ein Schreiben des Heeresunterstützungskommandos vom 13. August 1997 ab, wonach die zugewiesenen Haushaltsmittel benötigt würden, um die vorrangige Sitzungs- und Reisetätigkeit der Personalvertretungen und Schwerbehindertenvertretungen im Kommandobereich aufrechterhalten zu können. Der Antragsteller zu 2 nahm gleichwohl an den genannten Seminaren teil. Dafür wurden ihm von der Gewerkschaft ÖTV Kosten von 1 087,75 DM bzw. 379,40 DM in Rechnung gestellt.
Das Verwaltungsgericht hat das auf Freistellung von den Seminarkosten gerichtete Begehren der Antragsteller abgelehnt. Auf deren Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht den Beteiligten verpflichtet, dem Antragsteller zu 2 die Seminarkosten zu erstatten, sowie zu Gunsten des Antragstellers zu 1 eine entsprechende Feststellung getroffen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Auch der Antrag des Antragstellers zu 1 sei zulässig. Namentlich sei die Personalvertretung befugt, durch Einleitung eines Beschlussverfahrens die Frage gerichtlich klären zu lassen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Dienststellenleitung zum Ersatz der Reisekosten für die Teilnahme eines auf der Grundlage eines Personalratsbeschlusses zur Spezialschulung vorgesehenen Personalratsmitgliedes verpflichtet sei. Die Begehren der Antragsteller seien begründet. Ihr Anspruch folge aus § 44 Abs. 1 BPersVG. Zwischen den Beteiligten seien Notwendigkeit und Angemessenheit der geltend gemachten Kosten nicht streitig. Insbesondere stehe nicht in Frage, dass die Spezialschulung des Antragstellers zu 2 objektiv im Interesse der Personalratstätigkeit gelegen und ein Schulungsbedürfnis für den Antragsteller zu 2 subjektiv bestanden habe. Ob bei derartiger Sachlage gleichwohl die Verpflichtung des Personalrats bestehe, sich kostenwirksamer Maßnahmen zum Zwecke der Erfüllung seiner Aufgaben zu enthalten, beantworte sich vor allem danach, ob vor Beginn des jeweiligen Haushaltsjahres rechtzeitig im Rahmen vertrauensvoller Zusammenarbeit zwischen Dienststellenleitung und Personalvertretung eine Anmeldung und Abklärung des voraussehbaren Bedarfs mit der Folge einer Beschaffung ausreichender Mittel durch die Dienststellenleitung und einer Möglichkeit zur laufenden Kontrolle vorhandener Mittel durch die Personalvertretung stattfinde. Im vorliegenden Fall sei die Sachlage dadurch geprägt, dass selbst die Dienststelle nicht über das Recht verfüge, die bereitgestellten Mittel zu einem selbst bestimmten Zweck zu verwenden, und dass weder eine rechtzeitige Abklärung von Bedarfslagen noch eine entsprechende Bedarfsanmeldung vorgesehen sei. Dem Antragsteller zu 1 sei lediglich bekannt gewesen, dass nach Auffassung des Heeresunterstützungskommandos für Spezialschulungen Mittel nicht mehr zur Verfügung gestanden hätten; er habe allerdings wegen der bekannten Übung der Nachsteuerung von Haushaltsmitteln zugrunde legen dürfen, dass weitere Mittel bereitgestellt würden. Insbesondere habe der Antragsteller zu 1 annehmen dürfen, dass die Möglichkeit offen gestanden habe, in Bezug auf notwendige Spezialschulungen bereits eingegangene Verpflichtungen aus Nachbewilligungen abzudecken. Ein Zuwarten auf das Haushaltsjahr 1998 habe der Antragsteller zu 1 nicht in Erwägung ziehen müssen, weil eine Verbesserung der haushaltsrechtlichen Situation nicht zu erwarten gewesen sei. Sei die kostenträchtige Maßnahme der Personalvertretung notwendig, so habe die mittelverwaltende Stelle im Zeitpunkt der Nachbewilligung von Haushaltsmitteln Sorge zu tragen, dass daraus bereits entstandene Verpflichtungen vorab gedeckt würden. Die Befugnis des Bundesministeriums der Verteidigung, auch personalvertretungsrechtlich verbindliche Vorgaben für die Mittelverwendung bei nachgeordneten Dienststellen zu machen, setze die Beteiligung auch der örtlichen Personalvertretung bei der Ermittlung und Festlegung ihres Bedarfs an Haushaltsmitteln voraus. Die einseitige Zweckbestimmung “von oben” stehe nicht im Einklang mit der selbständigen Rechtsstellung der Personalvertretungen.
Der Beteiligte trägt zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde vor: Wenn keine Haushaltsmittel mehr vorhanden seien, müssten Kostenübernahmen für die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung, auch wenn sie erforderlich sei, abgelehnt werden. Sei im Haushalt keine Deckung für bestimmte Maßnahmen vorhanden, so dürfe der Antragsteller zu 1 solche Maßnahmen nicht beschließen. Personalvertretungen hätten, wie alle anderen Einrichtungen der staatlichen Verwaltungen, ihren voraussehbaren finanziellen Bedarf rechtzeitig vor Aufstellung des Haushaltsplanes bei der Dienststelle geltend zu machen, um diese in den Stand zu setzen, entsprechende Haushaltsanforderungen zu stellen. Die Personalvertretung habe entweder den Verbrauch der für ihre Zwecke zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel von Beginn des Haushaltsjahres an selbst zu kontrollieren und ihre Tätigkeit auf den jeweiligen Mittelbestand einzurichten oder sich vor kostenwirksamen Entscheidungen beim Dienststellenleiter darüber zu unterrichten, ob die erforderlichen Haushaltsmittel bereitstünden. Versäume sie beides, dann gebiete es das partnerschaftliche Zusammenwirken zwischen Personalvertretung und Dienststelle, dass der Dienststellenleiter die Personalvertretung seinerseits benachrichtige, wenn die für ihre Tätigkeit zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel erschöpft seien oder wenn dies bevorstehe. Genauso sei es im vorliegenden Fall geschehen. Die Berücksichtigung der Bedarfslage beim Antragsteller zu 1 erfolge dadurch, dass seine Ausgaben aus den Vorjahren der Mittelveranschlagung zugrunde gelegt würden und eine Feinabstimmung über den Bezirkspersonalrat stattfinde. Es sei Sache des Antragstellers zu 1, rechtzeitig eine möglicherweise geänderte Bedarfslage anzumelden. Die im Oktober 1997 nachträglich bereitgestellten Mittel seien für die Aufrechterhaltung der Sitzungstätigkeit der Personalvertretungen erforderlich gewesen und hätten damit für Schulungen nicht zur Verfügung gestanden.
Der Beteiligte beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses den Antrag beider Antragsteller abzulehnen.
Die Antragsteller beantragen,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigen den angefochtenen Beschluss ebenso wie der Vertreter des Bundesinteresses.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde des Beteiligten führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG und § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der angefochtene Beschluss beruht auf der unrichtigen Anwendung des Bundespersonalvertretungsrechts (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 ArbGG).
1. Die Anträge sind zulässig. Insbesondere ist die Antragsbefugnis beider Antragsteller zu bejahen.
a) Hinsichtlich des Antragstellers zu 2 ergibt sich dies bereits aus bisheriger ständiger Senatsrechtsprechung. Danach ist in Fällen der vorliegenden Art, in welchen es um die Erstattung von Schulungskosten geht, das einzelne Personalratsmitglied anspruchsberechtigt (vgl. Beschluss vom 27. April 1979 – BVerwG 6 P 45.78 – BVerwGE 58, 54, 56; Beschluss vom 27. April 1979 – BVerwG 6 P 62.78 – PersV 1981, 243; Beschluss vom 9. Oktober 1991 – BVerwG 6 P 1.90 – BVerwGE 89, 93, 100, 109).
b) Die Antragsbefugnis des Antragstellers zu 1 ist ebenfalls gegeben. Der Personalrat kann Fragen der Erstattungspflicht, die sich im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit stellen, einer gerichtlichen Klärung zuführen.
aa) Hierfür spricht schon der Wortlaut der Regelung in § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG, welche hinsichtlich aller Kosten einschlägig ist, die durch die Tätigkeit “des Personalrates” entstehen. Der systematische Zusammenhang mit Satz 2 der Vorschrift besagt nichts Abweichendes. Die dort geregelten Reisekosten unterfallen ebenfalls der Grundregel in Satz 1. Dass § 44 Abs. 1 Satz 2 BPersVG hinsichtlich der Reisekosten einen Erstattungsanspruch des einzelnen Personalratsmitgliedes normiert, beruht darauf, dass die Reisekosten vom Personalratsmitglied persönlich verauslagt werden, wie dies auch sonst bei Dienstreisen der Fall ist. Insofern enthält § 44 Abs. 1 Satz 2 BPersVG eine ergänzende Regelung, welche die Geltung der generellen Regelung in § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG und damit die Betroffenheit des Personalrats als Ganzen nicht beseitigt.
bb) Sinn und Zweck der Reisekostenregelung bestätigen dies. Die Reisen, um die es in § 44 Abs. 1 Satz 2 BPersVG geht, werden von den Mitgliedern des Personalrats nicht im persönlichen Interesse unternommen, sondern dienen der Erfüllung der Aufgaben des Personalrats. Dies gilt auch für die Reisekosten, die im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung im Sinne von § 46 Abs. 6 BPersVG entstehen. Eine solche Schulung liegt nicht allein im Interesse des Personalratsmitgliedes, sondern vor allem im Interesse der Beschäftigten und der Dienststelle an einer ordnungsgemäßen Wahrnehmung personalvertretungsrechtlicher Aufgaben (vgl. Beschluss vom 27. April 1979 – BVerwG 6 P 45.78 – a.a.O. S. 58; Beschluss vom 7. Dezember 1994 – BVerwG 6 P 36.93 – BVerwGE 97, 166, 170). Der Zusammenhang zwischen Teilnahme und Kosten liegt auch mit Blick auf die Rechtsstellung und die Interessenlage des Personalrats auf der Hand. Nur wenn die Kostenfrage geklärt ist, kann der Personalrat sicher gehen, dass das von ihm entsandte Mitglied an der Schulungsveranstaltung teilnimmt und damit die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Personalratsarbeit schafft.
cc) Dass der Personalrat Fragen der Erstattungspflicht einer gerichtlichen Klärung zuführen und sein Begehren insoweit auch darauf gerichtet sein kann, die im konkreten, das Verfahren auslösenden Fall angefallenen Reisekosten dem Personalratsmitglied zu ersetzen, war auch in der bisherigen Senatsrechtsprechung unter dem Gesichtspunkt der organschaftlichen Prozessstandschaft anerkannt (vgl. Beschluss vom 27. April 1979 – BVerwG 6 P 62.78 – a.a.O.; Beschluss vom 9. Oktober 1991 – BVerwG 6 P 1.90 – a.a.O. S. 110; Beschluss vom 9. März 1992 – BVerwG 6 P 11.90 – BVerwGE 90, 76, 79). Machte jedoch – wie im vorliegenden Fall – das Personalratsmitglied selbst den Erstattungsanspruch geltend, wurde das Rechtsschutzbedürfnis für einen auf Klärung der Erstattungsfähigkeit der Aufwendungen gerichteten Antrag des ohnehin nach § 83 Abs. 1 Satz 1 ArbGG am Erstattungsverfahren beteiligten Personalrats verneint (vgl. Beschluss vom 27. April 1979 – BVerwG 6 P 17.78 – PersV 1981, 161). Daran wird nicht festgehalten. Wie ausgeführt, betrifft die Kostentragungspflicht der Dienststelle vor allem und in erster Linie die Rechtsstellung des Personalrats, die durch den Erstattungsanspruch des Personalratsmitgliedes nicht verdrängt wird.
Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Dieses gesteht dem Betriebsrat auch dann die Antragsbefugnis zu, wenn die Betriebsratsmitglieder, die an der Schulung teilgenommen haben und gegenüber dem Veranstalter vertragliche Verpflichtungen eingegangen sind, selbst als Antragsteller am Verfahren beteiligt sind (vgl. Beschluss vom 28. Juni 1995 – 7 ABR 55/99 – BAGE 80, 236, 238; Beschluss vom 20. Dezember 1995 – 7 ABR 14/95 – AP Nr. 113 zu § 37 BetrVG 1972).
2. Ob die Anträge begründet sind, vermag der Senat anhand der bisher vom Oberverwaltungsgericht getroffenen Feststellungen nicht zu entscheiden.
a) Rechtsgrundlagen für das streitige Erstattungsbegehren sind § 44 Abs. 1 und § 46 Abs. 6 BPersVG. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG trägt die Dienststelle die durch die Tätigkeit des Personalrats entstehenden Kosten. Gemäß § 46 Abs. 6 BPersVG sind die Mitglieder des Personalrats für die Teilnahme an Schulungsveranstaltungen vom Dienst freizustellen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Tätigkeit im Personalrat erforderlich sind. § 46 Abs. 6 BPersVG legt die Entscheidung, ob ein Personalratsmitglied und ggf. welches zu einer bestimmten Schulungs- oder Bildungsveranstaltung zu entsenden ist, in die Hand des Personalrats. Insofern unterscheidet sich die Regelung von derjenigen in § 46 Abs. 7 BPersVG, welche dem einzelnen Personalratsmitglied einen Anspruch auf Freistellung zur Teilnahme an einer Schulungs- und Bildungsveranstaltung einräumt. Der auf der Grundlage von § 46 Abs. 6 BPersVG gefasste Entsendungsbeschluss des Personalrats ist die Tätigkeit im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG, die die Kosten der Teilnahme verursacht (vgl. Beschluss vom 27. April 1979 – BVerwG 6 P 45.78 – a.a.O. S. 57 ff.; Beschluss vom 22. Juli 1982 – BVerwG 6 P 42.79 – Buchholz 238.3 A § 46 BPersVG Nr. 12 S. 2; Beschluss vom 18. August 1986 – BVerwG 6 P 18.84 – Buchholz a.a.O. Nr. 19 S. 20 f.). Von den durch den Entsendungsbeschluss ausgelösten Kosten werden die Fahrtkosten in gleicher Weise erfasst wie die von dem Veranstalter erhobenen Schulungskosten.
Dasselbe gilt mit Blick auf die Regelung in § 44 Abs. 1 Satz 2 BPersVG, welche hinsichtlich der den Personalratsmitgliedern notwendig entstandenen Reisekosten das Bundesreisekostengesetz für anwendbar erklärt. Dieses erfasst die Fahrtkosten (§§ 5, 6 BRKG) ebenso wie die Kosten für Verpflegung und Unterkunft (§ 9, 10 BRKG) und die Seminarkosten, welche als Nebenkosten im Sinne von § 14 BRKG abzurechnen sind (vgl. zur entsprechenden Rechtslage in Baden-Württemberg: Beschluss vom 7. Dezember 1994 a.a.O. S. 174 f.).
b) Die sich aus § 44 Abs. 1 und § 46 Abs. 6 BPersVG ergebenden materiellen Voraussetzungen für den streitigen Erstattungsanspruch liegen hier vor. Der Antragsteller zu 1 hatte jeweils durch Beschluss den Antragsteller zu 2 zu den fraglichen Schulungsveranstaltungen entsandt. Als Spezialschulungen vermittelten diese ihm Kenntnisse, die für seine Tätigkeit als Personalratsvorsitzender erforderlich waren. Die abgerechneten Kosten entsprechen der Höhe nach den gesetzlichen Anforderungen. Dass die vorbezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, wie das Oberverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die im erstinstanzlichen Anhörungstermin abgegebenen Erklärungen festgestellt und sich im Anhörungstermin vor dem Senat bestätigt hat.
c) Ob der Beteiligte dem Erstattungsbegehren der Antragsteller unter Hinweis auf fehlende Haushaltsmittel entgegentreten kann, ist von weiteren Tatsachenfeststellungen abhängig, die das Oberverwaltungsgericht nach Zurückverweisung noch zu treffen haben wird.
aa) Der “Haushaltseinwand” der Dienststelle ist nicht wegen § 3 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) von vornherein unerheblich.
Nach dieser Bestimmung werden durch den Haushaltsplan Ansprüche oder Verbindlichkeiten weder begründet noch aufgehoben. Der Haushaltsplan ist Binnenrecht der Verwaltung und kann deshalb im Außenverhältnis Rechtspositionen Dritter nicht verändern (vgl. BSG, Urteil vom 25. Oktober 1990 – 7 RAr 14/90 – BSGE 67, 279, 282 f.; v. Köckritz/Ermisch/Dittrich/Lamm, Bundeshaushaltsordnung, § 3 Rn. 3). Die Wirkung des § 3 Abs. 2 BHO zeigt sich vor allem bei Geldleistungsgesetzen wie Kindergeld-, Wohngeld- oder Arbeitsförderungsgesetz. Der Bürger hat Anspruch auf Zahlung, auch wenn der Ansatz im Haushaltsplan zu gering veranschlagt worden ist (vgl. v. Köckritz a.a.O. Rn. 3.2.1). Der Grundsatz des § 3 Abs. 2 BHO erfasst auch die Rechtsansprüche, die sich für Angehörige des öffentlichen Dienstes aus ihrem Dienstverhältnis ergeben. So darf die Verwaltung die tarifgerechte Bezahlung eines Angestellten nicht unter Hinweis auf den Stellenplan verweigern. Ebenso wenig darf sie die gesetzlich vorgeschriebene Ernennung eines Beamten auf Probe zum Beamten auf Lebenszeit unter Hinweis auf das Fehlen einer besetzbaren Stelle versagen (vgl. v. Köckritz u.a. a.a.O. Rn. 3.2.2).
§ 3 Abs. 2 BHO gilt jedoch nicht für die Verpflichtung der Dienststelle aus § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG, die durch die Personalratstätigkeit entstehenden Kosten zu tragen. Diese Regelung ist Ausdruck der Tatsache, dass die Personalvertretung weder rechtlich verselbständigt noch organisatorisch aus der Dienststelle ausgegliedert ist, bei der sie gebildet wird; sie ist lediglich innerhalb der Dienststelle organisatorisch verselbständigt und dienststellenintern mit eigenen Aufgaben und Befugnissen ausgestattet. Demzufolge bildet sie hinsichtlich der Haushalts- und Wirtschaftsführung einen Teil der Dienststelle mit der Folge, dass ihre kostenwirksamen Entscheidungen und Betätigungen im Prinzip denselben haushaltsmäßigen Bindungen unterliegen, welchen die Dienststelle insgesamt unterworfen ist (vgl. Beschluss vom 24. November 1986 – BVerwG 6 P 3.85 – Buchholz 238.33 § 41 BrPersVG Nr. 3 S. 5). Die Kostentragungspflicht der Dienststelle korrespondiert demnach nicht mit einer entsprechenden Außenrechtsposition der Personalvertretung. Insofern unterscheidet sie sich von den oben beschriebenen Rechtspositionen von Bürgern und auch von Beschäftigten des öffentlichen Dienstes.
bb) Die Feststellung, dass die Haushaltsmittel erschöpft sind und deswegen die Kosten für die Teilnahme von Personalratsmitgliedern an Schulungsveranstaltungen nicht übernommen werden können, ist, wovon die Vorinstanzen zutreffend ausgegangen sind, auf der Ebene der Dienststelle, bei der der Personalrat gebildet ist, und auf der Grundlage der für sie geltenden haushaltsrechtlichen Bestimmungen zutreffen. Die Personalratstätigkeit ist dienststellenbezogen. Der Blickwinkel der Dienststelle ist daher auch für die Kostenregelung in § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG maßgeblich. Eine nachgeordnete Dienststelle verfügt nur über diejenigen Haushaltsmittel, welche ihr vom Ministerium bzw. von einer anderen vorgesetzten Dienststelle (“mittelbewirtschaftende Stelle”) zugewiesen worden sind. Diese Mittel stecken den Rahmen ab, innerhalb dessen sich die Ausgaben für die Personalvertretung bewegen können. Ob auf der globalen Ebene des vom Gesetzgeber festgestellten Haushaltsplans die für die Personalvertretungen im Geschäftsbereich insgesamt bereitgestellten Mittel vollständig abgerufen wurden, ob diese Mittel durch Einsparungen bei anderen Ausgabetiteln hätten verstärkt werden können und ob die Bewilligung überplanmäßiger Ausgaben in Betracht kam, ist in diesem Zusammenhang nicht zu prüfen. Dass sich Rechtsfehler auf der Ebene des Ministeriums im Bereich gerade jener Dienststelle ausgewirkt haben, in welcher um die Schulungskosten für die Personalratsmitglieder gestritten wird, lässt sich im Allgemeinen nicht feststellen. Abweichendes mag gelten, soweit der Haushaltsplan für einzelne Dienststellen spezielle Festlegungen enthält.
cc) Sind die in der Dienststelle für Zwecke der Tätigkeit der Personalvertretungen verfügbaren Haushaltsmittel erschöpft, so hat der Personalrat sich grundsätzlich weiterer kostenwirksamer Beschlüsse zu enthalten (vgl. Beschluss vom 24. November 1986 a.a.O. S. 8).
(1) Von diesem Grundsatz werden freilich solche Tätigkeitsbereiche nicht erfasst, für welche das Personalvertretungsrecht strikte Festlegungen trifft, welche die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Personalvertretungen sicherstellen und keinen zeitlichen Aufschub dulden. So muss beispielsweise eine regelmäßige Personalratswahl nach den zeitlichen Vorgaben in § 20 Abs. 1 Satz 1, § 23 Abs. 1 Satz 1, § 27 Abs. 1 BPersVG stattfinden; dies darf in keinem Fall an der Kostenfrage scheitern (vgl. § 24 Abs. 2 Satz 1 BPersVG). Hat etwa das Oberverwaltungsgericht in seiner die zweite Instanz abschließenden Entscheidung wegen grundsätzlicher Bedeutung die Rechtsbeschwerde des Personalrats zugelassen, so muss dieser wegen des Laufs der Rechtsmittelfrist und des zu beachtenden Anwaltszwangs einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragen dürfen (vgl. § 94 Abs. 1 ArbGG); den Personalrat in einem solchen Fall wegen fehlender Kostendeckung zum Verzicht auf das Rechtsmittel zu zwingen, wäre mit der Entscheidung des Gesetzgebers nicht in Einklang zu bringen, dem Personalrat ein Recht auf gerichtliche Durchsetzung seiner Beteiligungsrechte einzuräumen.
(2) Anders verhält es sich mit dem hier in Rede stehenden Schulungsveranstaltungen gemäß § 46 Abs. 6 BPersVG. Dass deren Besuch für eine ordnungsgemäße Personalratsarbeit unentbehrlich ist, hindert den Personalrat nicht in jedem Fall, den haushaltsrechtlichen Belangen der Dienststelle in zeitlicher Hinsicht entgegenzukommen. Kann die ins Auge gefasste Teilnahme eines Personalratsmitgliedes an einer bestimmten Schulungsveranstaltung zurückgestellt werden, weil der Besuch einer vergleichbaren Schulungsveranstaltung in einem späteren Zeitpunkt ihren Zweck ebenfalls noch erfüllt, so muss der Personalrat diesen Weg mangels gegenwärtig vorhandener Haushaltsmittel einschlagen. Den Haushaltseinwand des Dienststellenleiters darf er nur übergehen, wenn die Schulungsteilnahme zu einem späteren Zeitpunkt ihren Zweck nicht mehr erfüllen kann und der gesetzliche Anspruch aus § 44 Abs. 1 und § 46 Abs. 6 BPersVG unterzugehen droht. Die Bindung der Personalvertretungen an das Haushaltsrecht geht nicht so weit, dass sie wegen aktuell fehlender Haushaltsmittel in der Dienststelle auf die Entsendung ihrer Mitglieder zu Schulungsveranstaltungen ganz verzichten müssen, obwohl die Teilnahme für eine ordnungsgemäße Personalratstätigkeit in der Sache unentbehrlich und unaufschiebbar ist.
dd) Wie dargelegt, sind die Kosten für in der Sache notwendige und unaufschiebbare Tätigkeiten der Personalvertretung auch dann von der Dienststelle zu übernehmen, wenn im Zeitpunkt der Kostenverursachung dafür Haushaltsmittel nicht zur Verfügung stehen. Für die insoweit gebotene Harmonisierung von Personalvertretungsrecht und Haushaltsrecht hält Letzteres das notwendige Instrumentarium bereit. So konnten nach Maßgabe von § 5 Abs. 7 Satz 1 des Haushaltsgesetzes 1997 vom 20. Dezember 1996 (BGBl I S. 2033) die Ausgaben für die Tätigkeit der Personalvertretungen durch Einsparungen bei anderen Ausgabetiteln verstärkt werden. Ferner sieht § 37 Abs. 1 BHO die Bewilligung überplanmäßiger Ausgaben im Fall eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedarfs vor; dies kann in Betracht kommen, soweit der Finanzbedarf der Personalvertretungen vor Beginn des Haushaltsjahres generell unterschätzt wurde und spezielle Ausgaben nicht bis zum nächsten Haushaltsjahr zurückgestellt werden können. Dass das Haushaltsrecht einen dahin gehenden flexiblen Haushaltsvollzug nicht im Wege steht, bestätigt das Schreiben des Ministeriums der Verteidigung vom 10. Oktober 1997, durch welches zwar die nachbewilligten Haushaltsmittel für Zwecke der Sitzungstätigkeit vorbehalten, aber “in anderen unabweisbaren Fällen” Kostenübernahmen in Aussicht gestellt wurden.
ee) Dem sichtbar gewordenen Spannungsverhältnis zwischen Personalvertretungsrecht und Haushaltsrecht kann dadurch begegnet werden, dass alle Dienststellen rechtzeitig vor Beginn des nächsten Haushaltsjahres den Bedarf ihrer Personalvertretungen ermitteln. Diese sind im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach § 2 Abs. 1 BPersVG zur Mitwirkung verpflichtet. Insbesondere sind sie gehalten, auf Anfragen des Dienststellenleiters nach dem voraussichtlichen Schulungsbedarf im nächsten Haushaltsjahr nach bestem Wissen Auskunft zu erteilen. Erweist sich die Bedarfsanmeldung durch den Personalrat später als unvollständig, so wird unter Umständen zu prüfen sein, ob und inwieweit die Personalvertretung den nicht gemeldeten Schulungsbedarf gleichwohl für erforderlich und unaufschiebbar halten durfte (vgl. zum Maßstab bei der Erforderlichkeitsprüfung: Beschluss vom 9. Oktober 1991 a.a.O. S. 105).
ff) Ob die Spezialschulungen zu den Themen “Logistik in der Bundeswehr” sowie “Tarifliche und gesetzliche Rahmenbedingungen bei kontinuierlichem Personalabbau in der Bundeswehr”, an welchen der Antragsteller zu 2 in der Zeit vom 20. bis 22. August und 8. bis 13. September 1997 teilgenommen hat, unaufschiebbar waren, lässt sich anhand der Feststellungen im angefochtenen Beschluss nicht beantworten.
Die Teilnahme an einer Spezialschulung benötigt das Personalratsmitglied, um den besonderen Aufgaben, die ihm innerhalb der Personalvertretung zukommen, gerecht werden zu können (vgl. Beschluss vom 27. April 1979 – BVerwG 6 P 45.78 – a.a.O. S. 65; Beschluss vom 7. Dezember 1994 a.a.O. S. 172).
Unaufschiebbar ist die Teilnahme des Personalratsmitgliedes, wenn es die ihm in der Schulung vermittelten Kenntnisse benötigt, um einem akuten Handlungsbedarf auf Seiten des Personalrats zu genügen. Das erstinstanzliche Vorbringen der Antragsteller enthält Hinweise darauf, dass eine derartige Situation in demjenigen Zeitraum vorlag, in welchem die Tagungen stattfanden (drohende Schließung von Nebenstellen, Initiative zur Einführung von Leistungslohn). Die Übereinstimmung der Beteiligten in der erstinstanzlichen Anhörung bezog sich ausdrücklich nur auf den Gesichtspunkt der Erforderlichkeit. Das reicht aber – wie dargelegt – für die Kostentragungspflicht der Dienststelle nicht aus, wenn die Haushaltsmittel wie hier bereits erschöpft waren. Das Oberverwaltungsgericht wird daher ergänzende Feststellungen dazu treffen müssen, ob der Besuch der fraglichen Schulungsveranstaltungen durch den Antragsteller zu 2 unaufschiebbar war.
gg) Auf den Gesichtspunkt der Unaufschiebbarkeit kann in Fällen, in denen der Schulungsbedarf einerseits erforderlich, seine Kosten aber andererseits durch verfügbare Haushaltsmittel der Dienststelle nicht gedeckt sind, auch im Hinblick auf die weiteren Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts nicht verzichtet werden.
(1) Die Überlegung, dass ein Zuwarten auf das Haushaltsjahr 1998 mangels Verbesserung der haushaltsrechtlichen Situation nicht in Betracht zu ziehen gewesen sei, läuft in Zeiten, in welchen eine angespannte Haushaltslage in den Gebietskörperschaften ein Dauerzustand ist, letztlich auf die Beseitigung des Haushaltseinwandes der Dienststelle gegenüber den Kostenanforderungen der Personalratstätigkeit hinaus. Legt man jedoch – wie in der bisherigen Senatsrechtsprechung und auch im vorliegenden Beschluss – zugrunde, dass der Personalrat die Haushaltsbindung der Dienststelle teilt, so bedeutet dies zugleich, dass er in die Haushaltsdisziplin der Dienststelle eingebunden ist. Er muss sich daher in einer Situation, in welcher die verfügbaren Haushaltsmittel fast oder vollständig aufgebraucht sind, darüber Gewissheit verschaffen, welche Schulungen unaufschiebbar sind und welche notfalls in das nächste Haushaltsjahr verschoben werden können. Dass im nächsten Haushaltsjahr überhaupt keine Mittel für Personalratsschulungen bereitgestellt werden, kann dagegen nicht ohne weiteres angenommen werden.
(2) Nachdem der Beteiligte unter Bezugnahme auf das Schreiben des Heeresunterstützungskommandos vom 13. August 1997 die Kostenübernahme abgelehnt hatte, durften die Antragsteller nicht darauf vertrauen, dass die Kosten für die fraglichen Schulungen aus nachbewilligten Mitteln gedeckt werden könnten. Das Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 10. Oktober 1997, in welchem trotz der Begrenzung der nachbewilligten Mittel auf die Sitzungstätigkeit eine abweichende Regelung “in anderen unabweisbaren Fällen” ins Auge gefasst wurde, bringt zutreffend zum Ausdruck, dass die Kostenübernahme nur für unaufschiebbare Schulungen in Betracht kam. Ist die Tatsache der Unabweisbarkeit aber Voraussetzung für die Kostenübernahme, so können mögliche und wünschenswerte Feinabstimmungen zwischen den Dienststellen der verschiedenen Hierarchieebenen und den dort gebildeten Personalvertretungen diese Voraussetzung nicht ersetzen; den in diese Richtung weisenden Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts ist nicht zu folgen.
3. Der Gegenstandswert ist auf einen Betrag bis zu 900 € festzusetzen (§ 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO). Es entspricht billigem Ermessen, die Höhe des streitigen Erstattungsbetrages für Seminar- und Fahrtkosten zugrunde zu legen. Dass der Personalrat das Betreiben des vorliegenden Beschlussverfahrens mit der Klärung grundlegender Fragen verbindet, rechtfertigt – entsprechend den von § 13 Abs. 2 GKG erfassten Fällen – entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht die Erhöhung des Gegenstandswertes.
Unterschriften
Bardenhewer, Hahn, Gerhardt, Büge, Vormeier
Fundstellen
Haufe-Index 933091 |
ZBR 2003, 289 |
ZTR 2003, 415 |
PersV 2003, 351 |
RiA 2004, 193 |