10.1.1 Überblick über die Änderungen
Neben verschiedenen sozialrechtlichen Regelungen wurde mit dem Sozialschutz-Paket auch das Arbeitszeitrecht geändert. Der in § 14 ArbZG neu eingefügte Absatz 4 sieht eine unbefristete Ermächtigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vor, durch Rechtsverordnung in außergewöhnlichen Notfällen mit bundesweiten Auswirkungen, insbesondere bei Epidemien von nationaler Tragweite bundeseinheitliche Ausnahmen von den Arbeitszeitvorschriften zu ermöglichen, und zwar auch außerhalb von Tarifverträgen. Voraussetzung ist, dass die Tätigkeiten erforderlich sind für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, für das Gesundheitswesen, die Pflege, Daseinsvorsorge oder Versorgung mit existenziellen Gütern.
§ 14 Abs. 4 ArbZG im Wortlaut:
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit ohne Zustimmung des Bundesrates in außergewöhnlichen Notfällen mit bundesweiten Auswirkungen, insbesondere in epidemischen Lagen von nationaler Tragweite nach § 5 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes, für Tätigkeiten der Arbeitnehmer für einen befristeten Zeitraum Ausnahmen zulassen, die über die in diesem Gesetz und in den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen sowie in Tarifverträgen vorgesehenen Ausnahmen hinausgehen. Diese Tätigkeiten müssen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, des Gesundheitswesens und der pflegerischen Versorgung, der Daseinsvorsorge oder zur Versorgung der Bevölkerung mit existenziellen Gütern notwendig sein. In der Rechtsverordnung sind die notwendigen Bedingungen zum Schutz der in Satz 1 genannten Arbeitnehmer zu bestimmen.
In Umsetzung dieser Ermächtigung wurden durch die Verordnung zu Abweichungen vom Arbeitszeitgesetz infolge der COVID-19-Epidemie (COVID-19-Arbeitszeitverordnung – COVID-19-ArbZV) vom 7.4.2020 mit Wirkung ab dem 10.4.2020 Ausnahmeregelungen von der Höchstarbeitszeit, der Ruhezeit sowie der Sonn- und Feiertagsbeschäftigung erlassen. Die Nutzung der Ausnahmeregelungen ist nur zulässig, soweit dies nicht durch vorausschauende organisatorische Maßnahmen einschließlich notwendiger Arbeitszeitdisposition, durch Einstellungen oder sonstige personalwirtschaftliche Maßnahmen vermieden werden kann. Die Veränderungen der Arbeitszeiten muss wegen der COVID-19-Epidemie zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, des Gesundheitswesens und der pflegerischen Versorgung, der Daseinsvorsorge oder zur Versorgung der Bevölkerung mit existenziellen Gütern notwendig sein. § 1 Abs. 2 der VO enthält eine abschließende Aufzählung der Tätigkeiten, für deren Ausführungen die neuen Ausnahmevorschriften genutzt werden können.
Von den Ausnahmeregelungen kann nach § 4 der COVID-19-ArbZV befristet bis zum 30.6.2020 Gebrauch gemacht werden. Die VO tritt am 31.7.2020 außer Kraft.
10.1.2 Tätigkeiten, für die Ausnahmen vom ArbZG zulässig sind
§ 1 Abs. 2 der COVID-19-ArbZV enthält eine abschließende Aufzählung der Tätigkeiten, für deren Ausführungen von den Ausnahmeregelungen Gebrauch gemacht werden kann.
Hierzu gehören insbesondere Tätigkeiten
- beim Herstellen, Verpacken einschließlich Abfüllen, Kommissionieren, Liefern an Unternehmer, Be- und Entladen und Einräumen von Waren des täglichen Bedarfs, Arzneimitteln, Medizinprodukten und weiteren apothekenüblichen Waren sowie Hilfsmitteln, usw.
- bei der medizinischen Behandlung sowie bei der Pflege, Betreuung und Versorgung von Personen einschließlich Assistenz- und Hilfstätigkeiten,
- bei Not- und Rettungsdiensten, der Feuerwehr sowie beim Zivilschutz,
- zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der Funktionsfähigkeit von Gerichten und Behörden,
- in den Energie- und Wasserversorgungsbetrieben sowie in Abfall- und Abwasserentsorgungsbetrieben,
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- zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit von Datennetzen und Rechnersystemen,
- in Apotheken und Sanitätshäusern im Rahmen der zugelassenen Ladenöffnungszeiten und bei erforderlichen Vor- und Nacharbeiten sowie bei Abhol- und Lieferdiensten von Apotheken und Sanitätshäusern.
Die Änderung der Arbeitszeit bei den genannten Tätigkeiten muss wegen der COVID-19-Epidemie zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, des Gesundheitswesens und der pflegerischen Versorgung, der Daseinsvorsorge oder zur Versorgung der Bevölkerung mit existenziellen Gütern notwendig sein.
10.1.3 Verlängerung der werktäglichen Arbeitszeit auf bis zu 12 Stunden
Nach § 1 Abs. 1 S. 1 COVID-19-ArbZV darf die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer in den in § 1 Abs. 2 genannten Tätigkeiten abweichend von § 3 und § 6 Abs. 2 des ArbZG auf bis zu 12 Stunden verlängert werden. Dies gilt nur, soweit die Änderungen der Arbeitszeit nicht durch vorausschauende organisatorische Maßnahmen einschließlich notwendiger Arbeitszeitdisposition, durch Einstellungen oder sonstige personalwirtschaftliche Maßnahmen vermieden werden kann (§ 1 Abs. 1 Satz 2 COVID-19-ArbZV).
Die Verlängerung der täglichen Arbeitszeit über zehn Stunden hi...