3.1 Verdienstausfallentschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz
Ist der Beschäftigte in Kontakt mit einer coronainfizierten Person gekommen, zeigt selbst aber keine Krankheitssymptome, und muss dieser aufgrund behördlicher Anweisung für 14 Tage in häuslicher Quarantäne verbleiben – dies ist z. B. im Landkreis Heinsberg zu Beginn der Coronavirus-Krise bei über 1.000 Personen der Fall gewesen – kann der Beschäftigte seine geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringen, es sei denn, es besteht die Möglichkeit zum Home-Office (näher hierzu Ziffer 3.2 Home-Office als Alternative). Damit wird der Beschäftigte einerseits nach § 275 BGB wegen Unmöglichkeit der Leistungserbringung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Es besteht auch keine Verpflichtung, die Arbeitsleistung zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen. Andererseits verliert der Beschäftigte seinen Anspruch auf Entgelt (§ 326 Abs. 1 BGB). Es greift der Grundsatz "Ohne Arbeit kein Lohn". Von diesem Grundsatz gibt es aber eine Reihe von Ausnahmen. Eine dieser Ausnahmen enthält § 56 Infektionsschutzgesetz. Nach § 56 Abs. 1 und Abs. 5 Infektionsschutzgesetz hat der Beschäftigte gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Verdienstausfallentschädigung für die Dauer von bis zu 6 Wochen.
Auf Antrag wird die erbrachte Verdienstausfallentschädigung dem Arbeitgeber von der zuständigen Behörde erstattet. Die Antragsfrist betrug bisher 3 Monate. Die Frist für den Erstattungsantrag in § 56 Abs. 11 Satz 1 IfSG wurde mit dem Zweiten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 19.5.2020 auf 12 Monate nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit verlängert. Der Arbeitgeber kann einen Vorschuss verlangen. Zuständig zur Erstattung ist das jeweilige Bundesland, die zuständige Behörde ist meist das Gesundheitsamt.
Einige Bundesländer – insbesondere Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt – zahlen bei Quarantäne und auch in Fällen der Betriebsschließung (näher hierzu unten Ziffer 4) die tarifliche Vergütung nach Maßgabe des § 29 Abs. 6 TV-H bzw. TV-L weiter und stellen die Entgeltabrechnung nicht aufwendig um auf die Verdienstausfallentschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz. Dies insbesondere aus Verwaltungsvereinfachungsgründen und weil das Land ohnehin keine Erstattung nach dem Infektionsschutzgesetz verlangen kann, Zahlungspflichtiger und Erstattungsberechtigter wären identisch. Damit vermeiden die Länder auch die für die Beschäftigten unten geschilderten nachteiligen Auswirkungen einer längeren Verdienstausfallentschädigung nach Infektionsschutzgesetz auf Stufenlaufzeit, Jahressonderzahlung und zusätzliche betriebliche Altersversorgung (VBL).
Mit Ablauf der 6. Woche endet die Zahlungspflicht des Arbeitgebers. Vom Beginn der 7. Woche an wird eine Bezahlung in Höhe des Krankengeldes nach § 47 Abs. 1 SGB V gewährt, soweit der Verdienstausfall die für die gesetzliche Krankenversicherungspflicht maßgebende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt.
Dauert die Quarantäne länger als einen Kalendermonat, so führt dies zu einem Anhalten des Aufstiegs in die nächst höhere Entgeltstufe. Der Stufenaufstieg knüpft an die "ununterbrochene Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe" an (§ 16 Abs. 3 TVöD/TV-L/TV-H). Während der Quarantäne fehlte es – ausgenommen bei Arbeit im Home-Office – an einer entsprechenden Tätigkeit. Der Tarifvertrag stellt zwar bestimmte Fehlzeiten, z. B. Beschäftigungsverbote nach dem Mutterschutzgesetz, den Zeiten einer Tätigkeit gleich. Die Aufzählung der gleichgestellten Zeiten in § 17 Abs. 3 TVöD/TV-L/TV-H ist abschließend. Sie erfasst die Zeit des Bezugs von Verdienstausfallentschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz nicht.
Eine Quarantäne von mehr als einem Kalendermonat – ohne Home-Office – führt auch zu einer Verminderung der Jahressonderzahlung. Die Verdienstausfallentschädigung nach Infektionsschutzgesetz stellt keine "Fortzahlung des Entgelts nach § 21" des Tarifvertrags dar, so dass die Verminderungsregelung in § 20 Abs. 4 TVöD/TV-L/TV-H greift.
Des Weiteren können sich für die Beschäftigten Nachteile bei der zusätzlichen betrieblichen Altersvorsorge ergeben.
3.2 Home-Office als Alternative
Der Arbeitgeber bestimmt den Arbeitsort. Enthält der Arbeitsvertrag bzw. eine Betriebs-/Dienstvereinbarung keine ausdrückliche Regelung zum Home-Office, hat der Beschäftigte keinen Rechtsanspruch auf Home-Office. Lässt sich der Arbeitgeber nicht darauf ein, dass der Beschäftigte von zu Hause aus arbeitet, ist Home-Office nicht zulässig.
In der Regel hat im Fall einer Quarantäne bzw. einer Betriebseinschränkung z. B. wegen der Kontaktsperre auch der Arbeitgeber ein Interesse daran, dass der Beschäftigte von der Möglichkeit des Home-Office Gebrauch macht. Allerdings kann der Arbeitgeber in diesem Fall nicht kraft Direktionsrechts Arbeit im Home-Office anordnen, es sei denn, der Arbeitgeber hat sich eine solche Anordnung im Arbeitsvertrag bzw. einer Betriebs-/Dienstvereinbarung vorbehalten.
Ist der Beschäftigte nicht auf Anordnung der Behörde in Quarantäne, möchte dieser aber aus Fu...