1 Überblick
Am 29.3.2023 hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend einen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Freistellungsanspruchs für den Partner oder die Partnerin nach der Entbindung und zur Änderung anderer Gesetze im Bereich der familienbezogenen Leistungen (Familienstartzeit-Gesetz) vorgelegt. Geplant ist, dass dieser Referentenentwurf im November 2023 im Kabinett beraten wird. Ein Regierungsentwurf liegt bisher nicht vor. Mit einem Inkrafttreten ist frühestens im ersten Halbjahr 2024 zu rechnen.
Der Zweck des Gesetzes ist ein doppelter: Zum einen geht es um den Gesundheitsschutz der Frau in den ersten zwei Wochen nach der Entbindung, zudem soll die gemeinsame Sorge der Eltern für das Kind in den ersten zwei Wochen nach der Entbindung gefördert werden. So sagte die Bundes-familienministerin Lisa Paus (Zeit online v. 25.4.2023): "Wir wissen aus vielen Umfragen, dass die meisten Paare, wenn sie Kinder bekommen, den Wunsch haben, das Familienleben partnerschaftlich zu organisieren. Aber die Realität ist dann oft eine andere, viele fallen in alte Muster zurück. Deswegen ist diese erste Phase mit einem Kind ganz wichtig, um die eigene Rolle in dieser neuen Situation zu finden. Der Anspruch auf zwei Wochen Freistellung durch die Familienstartzeit soll es ermöglichen, dass sich Frauen nach der Geburt regenerieren können. Damit stärken wir den Gesundheitsschutz der Frau. Eine Freistellung analog zum Mutterschutz stellt das sicher. Es gibt in dieser Zeit den vollen Lohnausgleich."
2 Der wesentliche Inhalt des Gesetzes im Überblick
- Kernstück ist die Einführung eines (bezahlten) Freistellungsanspruchs des Partners bzw. der Partnerin in den ersten zehn Arbeitstagen nach einer Geburt, § 25a MuSchG-E.
- Anspruchsberechtigt ist vorrangig "der im Haushalt lebende andere Elternteil".
- Alleinerziehende erhalten die Möglichkeit, eine Person zu benennen, die sie als Partnerin oder Partner anstelle des anderen Elternteils nach der Entbindung unterstützen kann, sich in einem familiär-vertrauten Umfeld von den Anstrengungen der Geburt zu regenerieren.
- Die Zeit der Partnerfreistellung wird wie die Zeit der Mutterschutzfrist auf den Anspruch auf Elternzeit angerechnet, § 15 BEEG.
- Es gibt Regelungen zur Unterbrechung einer bestehenden Elternzeit des Partners, um die Partnerfreistellung in Anspruch zu nehmen.
- Für die Zeit der Freistellung erhält der Partner bzw. die Partnerin von seinem bzw. ihrem Arbeitgeber Partnerschaftslohn in Höhe des durchschnittlichen Arbeitsentgelts der letzten drei Kalendermonate. Der Partnerschaftslohn wird auf das Elterngeld angerechnet, wenn ein Anspruch auf Elterngeld bestünde, § 3 BEEG.
- Die Kosten der Freistellung werden dem Arbeitgeber aus dem arbeitgeberfinanzierten U2-Umlageverfahren erstattet.
- Ergänzende Regelungen im BEEG und eine Neufassung der arbeitsrechtlichen Vorschriften im BEEG dienen überwiegend zur Klarstellung.
3 Anspruch auf Partnerfreistellung und Partnerschaftslohn
Der Anspruch auf bezahlte Partnerfreistellung ergibt sich aus § 25a MuSchG-E.
Zitat
(1) Der Partner oder die Partnerin kann von seinem oder ihrem Arbeitgeber tageweise in den ersten zehn Arbeitstagen ab dem Entbindungstag oder ab dem darauffolgenden Arbeitstag eine Freistellung von der Arbeitsleistung verlangen.
(2) Für die Dauer der Freistellung erhält der Partner oder die Partnerin von seinem oder ihrem Arbeitgeber Partnerschaftslohn. Als Partnerschaftslohn wird das durchschnittliche kalendertägliche Arbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor der Entbindung gezahlt.
4 Wer ist "Partner"
Der Anspruch auf Partnerfreistellung setzt zunächst voraus, dass auch der Partner oder die Partnerin in den persönlichen Geltungsbereich des Mutterschutzgesetzes nach § 1 Abs. 5 S. 2 i.V.m. § 1 Abs. 2 und 3 MuSchG-E fällt. Partner können demnach alle Menschen sein, die in einem Beschäftigungsverhältnis nach § 7 Abs. 1 SGB IV stehen. Darüber hinaus sind auch die im Katalog nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 bis 8 MuSchG genannten Personen erfasst, z.B. arbeitnehmerähnliche Selbstständige.
Der Begriff des anspruchsberechtigten Partners ist darüber hinaus in § 2 Abs. 6 Nr. 1 bis 3 MuSchG-E gesetzlich bestimmt.
Er ist dadurch gekennzeichnet, dass vorrangig die Person, die mit der Mutter verheiratet ist oder eine Partnerschaft geschlossen hat und mit ihr in einem Haushalt lebt, Partner sind, und nur nachrangig für den Fall, dass es eine solche Person nicht gibt, weil die Mutter alleinerziehend ist, diese beliebig einen Partner oder eine Partnerin bestimmen kann.
Partner oder Partnerin im Sinne dieses Gesetzes ist nach Nr. 1 vorrangig der andere Elternteil, der mit der Frau, die entbunden hat, in einem Haushalt lebt. Darunter fällt vor allem der leibliche Vater des Kindes. Die Vaterschaft richtet sich nach den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches. Vater im Sinne von § 1592 BGB ist der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder der die Vaterschaft anerkannt hat (was in diesem frühen Stadium allerdings noch nicht möglich ist). Weitere Voraussetzung ist, dass er mit der Mutter zusammen in einem Haushalt...