Zusammenfassung
Der Landtag von Baden-Württemberg hat am 11.3.2015 das neue Bildungszeitgesetz Baden-Württemberg (BzG BW) beschlossen. Das Gesetz tritt mit Wirkung zum 1.7.2015 in Kraft (§ 12 BzG BW). Mit dem Gesetz soll die Weiterbildungsbereitschaft von Beschäftigten in Baden-Württemberg erhöht und gefördert werden. Erstmals haben auch die Beschäftigten in Baden-Württemberg einen Rechtsanspruch auf eine bezahlte Freistellung zur Teilnahme an Bildungsmaßnahmen.
Mit dem BzG BW haben nunmehr die Beschäftigten in 13 Bundesländern Anspruch auf Bildungsurlaub bzw. Bildungsfreistellung (näher zu den landesrechtlichen Regelungen in den anderen Bundesländern siehe Bildungsurlaub). Nur noch die Länder Bayern, Sachsen und Thüringen haben derzeit kein Bildungsurlaubs- bzw. Bildungsfreistellungsgesetz.
Die Auswirkungen des BzG BW werden nach einem Erfahrungszeitraum von 4 Jahren nach Inkrafttreten – somit nach dem 30.6.2019 – durch die Landesregierung überprüft (§ 11 BzG BW).
1 Anspruch auf Bildungszeit, Umfang der Freistellung
Nach § 1 Abs. 1 BzG BW haben die Beschäftigten in Baden-Württemberg einen Anspruch gegenüber ihrem Arbeitgeber auf Bildungszeit. Während der Bildungszeit muss der Arbeitgeber die Beschäftigten unter Fortzahlung der Bezüge freistellen. Die Bildungszeit kann für Maßnahmen der beruflichen oder der politischen Weiterbildung sowie für die Qualifizierung zur Wahrnehmung ehrenamtlicher Tätigkeiten beansprucht werden (§ 1 Abs. 2 BzG BW).
1.1 Anspruchsberechtigte
Anspruch auf Bildungszeit haben "Beschäftigte" i. S. d. § 2 Abs. 1 BzG BW. Dies sind:
- Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
- die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen gleichgestellten Personen sowie andere Personen, die wegen ihrer Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind. Arbeitnehmerähnliche Personen in diesem Sinne sind auch Menschen mit Behinderungen im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen,
- die zu ihrer Ausbildung Beschäftigten und die Studierenden der Dualen Hochschule Baden-Württemberg,
soweit deren Tätigkeitsschwerpunkt im Land Baden-Württemberg liegt.
Voraussetzung ist somit, dass die Tätigkeitsstätte des anspruchsstellenden Beschäftigten in Baden-Württemberg liegt.
Die Regelungen des BzG BW gelten nach § 2 Abs. 2 entsprechend für:
- Beamtinnen und Beamte i. S. v. § 1 des Landesbeamtengesetzes und
- Richterinnen und Richter des Landes Baden-Württemberg i. S. d. § 2 Abs. 1 des Landesrichter und -staatsanwaltsgesetzes.
1.2 Bildungsmaßnahmen
Die Bildungszeit kann für Maßnahmen der beruflichen oder der politischen Weiterbildung sowie für die Qualifizierung zur Wahrnehmung ehrenamtlicher Tätigkeiten beansprucht werden.
Berufliche Weiterbildung
Berufliche Weiterbildung dient der Erhaltung, Erneuerung, Verbesserung oder Erweiterung von berufsbezogenen Kenntnissen, Fertigkeiten, Entwicklungsmöglichkeiten oder Fähigkeiten (§ 1 Abs. 3 BzG BW).
Zum Bereich der "beruflichen Weiterbildung" gehören nach der Begründung des Gesetzentwurfs insbesondere auch "der Bereich der Gesundheitsprävention im betrieblichen oder dienstlichen Interesse, der dem Beschäftigten die theoretischen Kenntnisse der Optimierung der Gesundheit am Arbeitsplatz näherbringt". Die Förderung der "beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten" ist insbesondere dann gegeben, "wenn durch die Weiterbildung die Erlangung eines entsprechenden Schulabschlusses ermöglicht wird oder Sprachkenntnisse erworben werden, die einen beruflichen Bezug haben".
Politische Weiterbildung
Politische Weiterbildung dient der Information über politische Zusammenhänge und der Mitwirkungsmöglichkeit im politischen Leben (§ 1 Abs. 4 BzG BW).
Qualifizierung zur Wahrnehmung ehrenamtlicher Tätigkeiten
Die Qualifizierung zur Wahrnehmung ehrenamtlicher Tätigkeiten dient der Stärkung des ehrenamtlichen Engagements. Die Bereiche der ehrenamtlichen Tätigkeiten, für deren Qualifizierung ein Anspruch auf Bildungszeit besteht, werden durch Rechtsverordnung festgelegt (§ 1 Abs. 5 BzG BW).
1.3 Freistellungsanspruch bis zu 5 Arbeitstagen pro Kalenderjahr
Anspruch auf Bildungszeit besteht bis zu 5 Arbeitstagen innerhalb eines Kalenderjahres (§ 3 Abs. 1 BzG BW). Wird regelmäßig an weniger als 5 Tagen in der Woche gearbeitet, so verringert sich der Anspruch entsprechend.
Für Auszubildende und Studierende an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg beträgt der Anspruch 5 Arbeitstage für die gesamte Ausbildungs- oder Studienzeit, beschränkt auf den Bereich der politischen Weiterbildung und der Qualifizierungsmaßnahmen im ehrenamtlichen Bereich (§ 3 Abs. 2 BzG BW).
Beschäftigte an Schulen, die mit der Unterrichtung oder Betreuung von Schülerinnen oder Schülern betraut sind, können die Freistellung nur in den unterrichtsfreien Zeiten beanspruchen; Beschäftigte mit Lehraufgaben an Hochschulen können ihre Bildungszeit ausschließlich in der vorlesungsfreien Zeit in Anspruch nehmen (§ 3 Abs. 3 BzG BW). Bei Lehrkräften und Hochschullehrkräften muss die Bildungszeit zur Vermeidung von Unterrichtsausfall somit in der unterrichts- bzw. vorlesungsfreien Zeit genommen werden.