Die Übergangsregelung des § 72 A II regelt die Anrechnung von vor dem 3.10.1990 im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten auf die Dienstzeit, soweit diese nicht bereits als Beschäftigungszeit gemäß § 20 Abs. 1 BAT zur Dienstzeit gehören. erfasst werden die Fälle, die nur deshalb nicht als Beschäftigungszeit angerechnet werden, weil der Arbeitnehmer den Arbeitgeber gewechselt hat.
Wie für die Beschäftigungszeiten müssen auch bei der Dienstzeit die allgemeinen Voraussetzungen für die Anrechnung wie folgt vorliegen:
- Vollendung des 18. Lebensjahrs (§ 20 Abs. 2 BAT)
beruflich verbrachte Tätigkeit (§ 20 Abs. 2 BAT).
Nicht gefordert werden kann das Bestehen eines Beamten-, Angestellten- oder Arbeiterverhältnisses, da es derartige Rechtsverhältnisse in der DDR nicht gab. Abzustellen ist auf das Bestehen eines Arbeitsrechtsverhältnisses. Nicht anzurechnen sind Ausbildungsverhältnisse.
- kein Ausschluss wegen schädlichem Ausscheiden (§ 20 Abs. 3 BAT)
- kein Ausschluss wegen Systemnähe (§ 72 A II 4 BAT).
Anzurechnen sind die Zeiten nur, wenn die Aufgaben von einem Arbeitgeber übernommen wurden, der unter den BAT-O fällt. Dies sind Bund, Länder und Gemeinden. Wurde die Aufgabe von einem anderen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes übernommen, so ist eine Anrechnung der Zeit nicht möglich.
Allerdings ist bei der Anrechnung als Dienstzeit nicht allein das Bestehen eines Arbeitsrechtsverhältnisses maßgebend, sondern entscheidend ist die in einem Arbeitsrechtsverhältnis erbrachte Tätigkeit. Natürlich sind Unterbrechungen durch Urlaub, Krankheit, Beschäftigungsverbote oder Nichtbeschäftigung während der gesetzlichen Schutzfristen unschädlich. Bezüglich der Freistellung nach dem Wochenurlaub gemäß § 246 AGB – soweit diese Zeit nicht bereits als Beschäftigungszeit anzurechnen ist – ist so zu verfahren, als hätten § 8a Mutterschutzgesetz bzw. das Erziehungsgeldgesetz bereits in der ehemaligen DDR gegolten. Danach sind solcheZeiten als Dienstzeit zu berücksichtigen, die auch bei Anwendung des Mutterschutzgesetzes bzw. des Bundeserziehungsgeldgesetzes in der zum Zeitpunkt der Geburt maßgebenden Fassung als Dienstzeit berücksichtigt worden wären. Darüber hinausgehende Freistellungszeiträume sind nicht zu berücksichtigen.
Im übrigen führen Zeiten des Ruhens des Arbeitsrechtsverhältnisses oder einer Beurlaubung ohne Fortzahlung der Vergütung grundsätzlich zu einer Nichtanrechnung als Dienstzeit. Hierzu hat jedoch die Senatsverwaltung des Inneren Berlin klargestellt, dass die Sonderurlaube als Dienstzeit anzurechnen sind, die unter Fortzahlung der vollen Bezüge oder eines Teils der Bezüge bewilligt wurden. Ferner auch die Sonderurlaube, die ohne Fortzahlung der Bezüge in einem Kalenderjahr bis zu 1 Monat betragen haben.
Einen Sonderfall bilden Zeiten bei der Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Reichspost. Diese Zeiten können immer als Dienstzeit angerechnet werden, ohne dass es darauf ankommt, welche Aufgaben konkret wahrgenommen wurden und ob diese Aufgaben auch von den angeführten Arbeitgebern übernommen wurden.
Als Beschäftigungszeit angerechnet werden auch die Zeiten des Grundwehrdienstes bei der NVA (einschließlich der Baueinheiten) sowie Zeiten bei der kasernierten Volkspolizei (Tarnbezeichnung für die im Aufbau befindlichen Streitkräfte der DDR von 1952 bis 1956) sowie der Transportpolizei (Dienstzweig der Deutschen Volkspolizei, der zuständig war für die Sicherheit und Ordnung auf den Anlagen der Deutschen Reichsbahn).
Angerechnet werden nicht nur Zeiten ab dem 1.1.1991 (In-Kraft-Treten des BAT-O), sondern darüber hinaus auch die Zeiten zwischen dem 3.10.1990 und 31.12.1990.
Ausschluss wegen Systemnähe
Diesbezüglich wird auf die Darlegungen zur Beschäftigungszeit verwiesen (Beschäftigungszeit - Zeiten in der ehemaligen DDR).
Ausschluss wegen schädlichem Ausscheiden (§ 20 Abs. 3 BAT)
Abweichend zur Regelung bei der Beschäftigungszeit wird nicht auf ein Ausscheiden des Angestellten auf eigenen Wunsch abgestellt, sondern darauf, ob der Angestellte sein Arbeitsrechtsverhältnis gekündigt oder vorzeitig aufgelöst hat. Selbst wenn der Angestellte sein Arbeitsrechtsverhältnis gekündigt oder vorzeitig aufgelöst hat, entfallen die zuvor zurückgelegten anrechenbaren Zeiten nicht, wenn er im Anschluss an das bisherige Arbeitsverhältnis zu einer anderen Dienststelle desselben Arbeitgebers oder zu einem anderen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes i.S.d. Abs. 2 übergetreten ist.
Trotz schädlichem Ausscheiden ist die frühere Dienstzeit anzurechnen, wenn u.a. die Nichtanrechnung als Dienstzeit aus sonstigen Gründen eine unbillige Härte darstellen würde. Insofern wird zunächst auf die Darlegungen in Beschäftigungszeit verwiesen. Bei der Abwägung im Einzelfall sind die von den Tarifvertragsparteien bezweckten Ziele maßgebend zu berücksichtigen. Sinn des § 20 BAT ist im wesentlichen die Honorierung der Treue des Angestellten zum öffentlichen Dienst. Verletzt also ein Angestellter durch sein Ausscheiden die Treue zum öffentlichen Dienst, so muss dies in der ...