BAG, Beschluss v. 11.11.2020, 10 AZR 185/20 (A)
Leitsätze (amtlich)
Tarifvertragliche Bestimmungen, die eine zusätzliche Vergütung davon abhängig machen, dass dieselbe Zahl von Arbeitsstunden überschritten wird, ohne zwischen Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten zu unterscheiden, werfen Fragen nach der Auslegung von Unionsrecht auf. Der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts ersucht den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV um Vorabentscheidung über 2 Fragen. Sie betreffen das Verständnis der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG.
Sachverhalt
Der Kläger ist bei der Beklagten, ein Luftfahrtunternehmen, als Flugzeugführer und Erster Offizier in Teilzeit zu 90 % beschäftigt. Aufgrund dessen erhält er eine um 10 % ermäßigte Grundvergütung. Nach den auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträgen erhält ein Arbeitnehmer eine über die Grundvergütung hinausgehende Mehrflugdienststundenvergütung, wenn er eine bestimmte Zahl von Flugdienststunden im Monat geleistet und damit die Grenzen für die erhöhte Vergütung überschritten ("ausgelöst") hat, wobei die sog. Auslösegrenzen einheitlich für voll- sowie teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer gilt.
Der Kläger klagt nun auf Bezahlung einer höheren als die bereits geleistete Vergütung für die erbrachten Mehrflugdienststunden mit der Begründung, dass die tariflichen Bestimmungen unwirksam seien; denn sie behandelten Teilzeitbeschäftigte schlechter als Arbeitnehmer in Vollzeit, ohne dass ein sachlicher Grund dafür bestehe. Die Auslösegrenzen seien deshalb entsprechend seinem Teilzeitanteil abzusenken. Dagegen brachte die Beklagte vor, die Tarifnormen seien wirksam, da die Vergütung für Mehrflugdienststunden dazu diene, eine besondere Arbeitsbelastung auszugleichen, welche erst dann bestehe, wenn die tariflichen Auslösegrenzen überschritten seien.
Die Entscheidung
Das BAG hat dem EuGH nun Fragen nach der Auslegung der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG vorgelegt. Zum einen möchte es wissen, ob für die Prüfung, ob Teilzeitbeschäftigte gegenüber Vollzeitbeschäftigten schlechter behandelt werden, weil eine zusätzliche Vergütung davon abhängt, dass eine einheitlich geltende Zahl von Arbeitsstunden überschritten wird, auf die Gesamtvergütung und nicht auf den Entgeltbestandteil der zusätzlichen Vergütung abzustellen sei. Zum anderen stellte es die Frage, ob eine mögliche schlechtere Behandlung von Teilzeitbeschäftigten gerechtfertigt werde, wenn mit der zusätzlichen Vergütung der Zweck verfolgt wird, eine besondere Arbeitsbelastung auszugleichen.