Die Vorschrift regelt erstmals im DRK-TV die berufliche Bildung (Fort- und Weiterbildung) für alle Mitarbeiter. Qualifizierung wird als Teil der Personalentwicklung verstanden, um die im Betrieb beschäftigten Mitarbeiter in die Lage zu versetzen, die ihnen obliegenden Aufgaben optimal wahrzunehmen. Dies spielt auch bei der Besetzung von Arbeitsplätzen eine Rolle, ob eigene oder externe Mitarbeiter bevorzugt eingestellt werden oder eigene Ausbildungswege einzurichten sind. Dies wäre dann von besonderer Bedeutung, wenn nicht genügend geeignete Bewerber auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung stünden.
Die Vorschrift stellt klar, dass ein Mitarbeiter keinen individuellen Anspruch auf Teilnahme an einer Qualifizierung hat, es besteht lediglich ein Anspruch auf ein Personalgespräch nach Absatz 3. Indes kann das Angebot durch freiwillige Betriebsvereinbarungen näher ausgestaltet werden (§ 77 BetrVG). Die Betriebsparteien können demnach Teilnahmevoraussetzungen, Inhalt und Abschluss einer Bildungsmaßnahme regeln. Wie bei allen anderen Betriebsvereinbarungen sind die Gesetze und Tarifverträge zu beachten.
Besondere Beteiligungsrechte nach BetrVG:
- § 92 a BetrVG: Vorschläge des BR zur Beschäftigungssicherung u. a. Qualifizierung der Arbeitnehmer, Beratungs- und Begründungspflicht des Arbeitgebers
- § 96 BetrVG: Förderung der Berufsbildung
- § 97 BetrVG: Einrichtungen und Maßnahmen der Berufsbildung
2.11.1 Qualifizierungsarten
Die Qualifizierungsmaßnahmen orientieren sich am jeweiligen Anlass.
Fort- und Weiterbildung ist eine arbeitsplatzunabhängige generelle Hebung des Qualifikationsniveaus.
Umschulung dient einer Qualifizierung für eine andere Tätigkeit. Sie dient der Arbeitsplatzsicherung und soll bei Einsparungs- oder Rationalisierungsmaßnahmen die Weiterbeschäftigung in anderer Verwendung ermöglichen.
Wiedereinstiegsqualifizierung dient der Einarbeitung nach längerer Abwesenheit (Bsp.: Elternzeit, längere Erkrankung). Hier können verschiedene Maßnahmen ergriffen werden, die sich nach der Dauer der Abwesenheit oder nach dem für die Arbeitsaufnahme vorgesehenen Arbeitsplatz richten (neue Aufgaben).
Die Mitarbeiterin A war während ihres bestehenden Arbeitsverhältnisses insgesamt 7 Jahre in Elternzeit. Als sie nach dieser Zeit an ihren Arbeitsplatz zurückkehrt, kann sie nicht mehr auf ihre alten Kenntnisse zurückgreifen. Zum einen hat sie diese bereits nicht mehr richtig präsent, zum anderen haben sich die Anforderungen an ihrem Arbeitsplatz geändert. Um Frau A überhaupt noch sinnvoll einsetzen zu können, muss Frau A ihre Kenntnisse aktualisieren und vertiefen. Der Arbeitgeber bietet ihr daher einen Qualifizierungsplan an, der die Hospitation bei einem anderen Arbeitnehmer vorsieht sowie eine Teilnahme an einem Seminar.
Nach dem Besuch dieser beiden Maßnahmen wird Mitarbeiterin A noch konkret an ihrem Arbeitsplatz eingearbeitet, um sie mithilfe der angebotenen Maßnahmen in die Lage zu versetzen, den geänderten Anforderungen gerecht werden zu können.
Die Inhalte der Qualifizierungsmaßnahmen können sich sowohl auf Fachwissen als auch auf soziale Fähigkeiten (Motivationsfähigkeit, Teamfähigkeit, Führungskompetenz) erstrecken.
Die Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen sollte dokumentiert werden (Teilnahmebestätigung) und ist in die Personalakte aufzunehmen. Ein Exemplar der Teilnahmebestätigung/des Zertifikates ist dem/der Mitarbeiter/in auszuhändigen.
2.11.2 Personalgespräch (§ 11 Abs. 3 DRK-TV)
In einem Gespräch mit dem Mitarbeiter sind Zielvereinbarungen zu treffen, für die eine Leistungsbewertung erforderlich ist. Hierbei ist zu erörtern, ob Defizite hinsichtlich der für die erfolgreiche Wahrnehmung der Aufgaben notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten bestehen und wie diese ggf. durch geeignete individuelle Maßnahmen behoben werden können.
Auf dieses Gespräch hat der Mitarbeiter einen Rechtsanspruch und dieses ist mindestens einmal jährlich zu führen.
Der Betriebsrat hat das Recht nach § 82 Abs. 2 Satz 2 BetrVG an Personalgesprächen teilzunehmen.
2.11.3 Kostenübernahme (§ 11 Abs. 4 DRK-TV)
Die Kosten der vom Arbeitgeber veranlassten Qualifizierungsmaßnahmen werden auch vom Arbeitgeber getragen. Die Kostenübernahmepflicht umfasst die Seminarkosten, Dienstreisekosten incl. Übernachtungskosten und Arbeitszeit. Maßgebend ist die tägliche Arbeitszeit, die bei anderen Ausfallzeiten (z. B. Urlaub, Krankheit) zugrunde gelegt werden.
In einem Betrieb mit flexibler Arbeitszeitregelung werden bei Urlaub und Krankheit für jeden Arbeitstag 7,48 Stunden zugrunde gelegt. Der Mitarbeiter nimmt an einem mehrtägigen Seminar teil, das täglich volle 7 Stunden vorsieht. Für die Berechnung der Arbeitszeit werden 7,48 Stunden berücksichtigt.
Dies gilt auch für die Tage der An- und Abreise, wenn der Mitarbeiter an einem auswärtigen Ort das Seminar besucht.
Ein Seminar beginnt montags um 16:00 bis 18:00 Uhr. Die Anreise erfolgt ab 11:30 Uhr. Von 8:00 bis 11:30 arbeitet der Mitarbeiter an seinem Arbeitsplatz. Die tatsächliche Arbeitsleistung einschließlich der Seminarstunden umfasst 5 ½ Stunden. Berücksichtigt werden jedoch 7...