Nach den geltenden Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast im Arbeitsgerichtsprozess muss der Arbeitnehmer auf der ersten Stufe vortragen, an welchen Tagen er von wann bis wann gearbeitet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber auf der zweiten Stufe erwidern und vortragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und an welchen Tagen der Arbeitnehmer von wann bis wann diesen Weisungen (nicht) nachgekommen ist. Der Arbeitgeber muss positive Kenntnis von den gleisteten Überstunden gehabt haben und diese nicht untersagt haben, damit von einer Duldung ausgegangen werden kann.
Nach wie vor gilt, dass der Mitarbeiter bei der Geltendmachung der Überstundenvergütung die arbeitgeberseitige Veranlassung und Zurechnung von Überstunden darlegen und beweisen muss. Diese Voraussetzung muss auch vor dem Hintergrund der sogen. "Stechuhr-Entscheidung" des EuGH (14.5.2019) zur Zeiterfassung nach wie vor vorliegen. Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 4.5.2022, 5 AZR 359/21 entschieden (anderslautende Vorentscheidung das vielbeachtete erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts Emden vom 20.2.2020 und vom 24.9.2020), dass die nach EU-Recht vorgegebene Pflicht für Arbeitgeber zur Messung der täglichen Arbeitszeit keine Auswirkung auf die Grundsätze über die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Überstundenvergütungsprozess habe. Der EuGH habe mit seinem Urteil vom 14.5.2019 bezweckt, den durch die EU-Grundrechtecharta und die Arbeitszeitrichtlinie geforderten Gesundheitsschutz der Beschäftigten tatsächlich einer Kontrolle durch Behörden und Gerichte zuzuführen. Diese Bestimmungen beschränkten sich jedoch darauf, Aspekte der Arbeitszeitgestaltung zu regeln. Die Frage der Vergütung ist hiervon zu trennen, da die Richtlinien die Vergütungsfragen nicht regeln. Die durch EU-Recht vorgegebene Pflicht für Arbeitgeber zur Messung der täglichen Arbeitszeit habe somit keine Auswirkung auf die Grundsätze über die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Überstundenvergütungsprozess.
Freiwillig geleistete Arbeitsstunden scheiden daher als Überstunden aus. Der Arbeitgeber hat allerdings beim Anordnen von Überstunden die in den Arbeitsschutzgesetzen vorgeschriebenen Höchstarbeitszeiten zu beachten.
Wird die Arbeitszeit des Arbeitnehmers (elektronisch) erfasst und zeichnet der Arbeitgeber die entsprechenden Arbeitszeitnachweise ab, kann der Arbeitnehmer im Überstundenprozess der ihm obliegenden Darlegungslast für die Leistung von Überstunden schon dadurch genügen, dass er diese abgezeichneten Arbeitsstunden und den sich ergebenden Saldo vorträgt. Darauf muss der Arbeitgeber im Rahmen der abgestuften Darlegungslast substantiiert erwidern, aus welchen Gründen und in welchem Umfang die abgezeichneten Arbeitsstunden nicht geleistet wurden oder der behauptete Saldo sich durch konkret darzulegenden Freizeitausgleich vermindert hat. Anderenfalls gelten die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Arbeitsstunden als zugestanden.
2.13.8.1.1 Ausgleich bis zum Ende der folgenden Kalenderwoche
Die Festlegung auf das Ende der folgenden Kalenderwoche bedeutet, dass der Ausgleich sich nach dem Kalender bestimmt. Wird also die zusätzliche Arbeitszeit an einem Donnerstag geleistet, muss diese bis zum Sonntag der darauffolgenden Woche im Wege der Arbeitszeitverkürzung ausgeglichen sein, damit keine Überstunden entstehen.
Die zusätzliche Arbeitszeit von einer Stunde wird an einem Donnerstag geleistet. Bis zum Sonntag der darauf folgenden Woche muss eine entsprechende Arbeitszeitverkürzung an einem anderen Tag erfolgen, um die Entstehung einer Überstunde zu vermeiden. Wird die zusätzliche Arbeitszeit an einem Sonntag geleistet, steht ebenfalls ein Zeitraum bis zum Sonntag der darauf folgenden Kalenderwoche zur Verfügung, um die Zuschlagspflichtigkeit dieser Stunde nach § 14 Abs. 2 a DRK-TV zu vermeiden. Im Ergebnis umfasst der Ausgleichszeitraum dann also lediglich sieben Kalendertage, da die Kalenderwoche von 00.00 Uhr am Montag bis 24:00 Uhr am Sonntag dauert.