Frank Müller, Jutta Schwerdle
Zusammenfassung
Diese Anleitung gibt Ihnen eine Hilfestellung betreffend die verschiedenen Arten dualer Studiengänge. Teilnehmer dualer Studiengänge gelten nicht als ordentliche Studierende (Werkstudenten), sondern sind während des gesamten Studiums – sowohl in der Praxis- als auch der Studienphase – in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig.
TVAöD, BBiG; § 1 LStDV, § 1 Abs. 1 Nr. 3 EStG, § 3 Nr. 11, 44 EStG, §§ 5 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4a Satz 2 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III, § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 8 c SGB VII, § 1 Abs. 1 Nr. 15 SvEV
1 Duale Studiengänge, Abgrenzung vornehmen
Um den Anforderungen der Wirtschaft an einen qualifizierten Berufsnachwuchs gerecht zu werden, sind an Hochschulen Studiengänge eingerichtet worden, die der praktischen Ausbildung in Betrieben einen größeren Umfang einräumen. Duale Studiengänge werden in der Regel von Hochschulen in Kooperation mit Betrieben (Kooperationsbetrieb) angeboten.
Arbeitsrechtlich und sozialversicherungsrechtlich sind insbesondere folgende Abgrenzungsfragen von Bedeutung:
Handelt es sich um einen "Werkstudenten"?
Beschäftigen Sie einen ordentlich Studierenden, der in der Einrichtung/dem Betrieb zum Zwecke des Erwerbs von Arbeitsentgelt – und nicht zum Zwecke der Ausbildung – beschäftigt wird, liegt ein Arbeitsverhältnis vor. Sozialversicherungsrechtlich ist das sog. "Werkstudentenprivileg" anzuwenden.
Handelt es sich um einen Teilnehmer eines dualen Studiengangs (näher hierzu unten Praxisintegrierte duale Studiengänge,Ausbildungsintegrierte duale Studiengänge und Berufsintegrierte und berufsbegleitende duale Studiengänge), ist zu entscheiden, ob zwischen dem Studierenden und der Einrichtung/dem Betrieb ein Ausbildungsverhältnis bzw. ein Arbeitsverhältnis vorliegt oder ob die Einrichtung/der Betrieb im Auftrag der Hochschule tätig wird.
Liegt ein Ausbildungsverhältnis vor, ist weiter zu entscheiden, ob das Ausbildungsverhältnis den Bestimmungen des TVAöD/TVA-L unterliegt.
Die Sozialversicherung unterscheidet hinsichtlich der dualen Studiengänge zwischen verschiedenen Typen:
Das Werkstudentenprivileg ist bezüglich sämtlicher Formen der dualen Studiengänge generell nicht anwendbar.
Lohnsteuerrechtliche Behandlung
Die gezahlte Vergütung gehört zu den lohnsteuerpflichtigen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Die Lohnsteuer ist entsprechend auf Basis der Lohnsteuerabzugsmerkmale (Steuerklasse, Freibeträge etc.) zu ermitteln.
Sozialversicherungsrechtliche Behandlung
Seit dem 1.1.2012 sind Teilnehmer aller Arten dualer Studiengänge vom Grundsatze her einheitlich durchgehend in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung als "zur Berufsausbildung Beschäftigte" versicherungspflichtig. Beachten Sie jedoch die Besonderheiten bei den berufsintegrierten und berufsbegleitenden dualen Studiengängen (Berufsintegrierte und berufsbegleitende duale Studiengänge).
Es gelten die allgemeinen Vorschriften der Verordnung über die Erfassung und Übermittlung von Daten für die Träger der Sozialversicherung (Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung DEÜV). Die Datenerfassungs- und Übermittlungspflicht gilt auch, wenn der Studierende keine Vergütung erhält, da Renten- und Arbeitslosenversicherungspflicht auch ohne Zahlung einer Vergütung bestehen (Bemessungsgrundlage fiktives Entgelt: 1 % der Bezugsgröße).
Keine Anwendung der Vorschriften zur Geringfügigkeit und Gleitzone
Die Vorschriften zur Versicherungsfreiheit bei geringfügiger Beschäftigung (Minijob und kurzfristige Beschäftigung) sowie die Regelungen zur Gleitzone finden auf Teilnehmer dualer Studiengänge keine Anwendung.
2 Praxisintegrierte duale Studiengänge
2.1 Praxisintegrierte duale Studiengänge an (Fach-)Hochschulen
Ein praxisintegrierter dualer Studiengang liegt vor, wenn der Studierende ein Hochschulstudium mit einem umfassenden Praxisanteil absolviert. Angeboten wird diese Form des Studiums insbesondere von den Fachhochschulen (FH), aber auch von den Berufsakademien (BA). Diese dualen Studiengänge sind in hohem Maße mit der betrieblichen Praxis verbunden. Hierbei dient die Einrichtung/der Betrieb – neben der Hochschule – als weiterer "Lernort". Durch die enge lehrplanmäßige und organisatorische Verzahnung dieser "Lernorte" wird ein Teil der für den Studienabschluss erforderlichen Kompetenzen im Betrieb erworben und bewertet. Der Kooperationsbetrieb wird somit zum ausgelagerten "Lernort" der Hochschule.
Kennzeichnend für die Verzahnung sind beispielsweise Rahmenausbildungspläne der kooperierenden Betr...