1.1 Reform der Ausbildung und gesetzliche Grundlagen
Mit dem Gesetz zur Reform der Hebammenausbildung und zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Hebammenreformgesetz – HebRefG) vom 22. November 2019 (BGBl. I S. 1759), welches – abgesehen von Ausnahmen hinsichtlich der Änderungen des SGB V und der Norm zur Ermächtigung zum Erlass einer Studien- und Prüfungsordnung (§ 71 HebG) – am 1.1.2020 in Kraft getreten ist, wurde die Hebammenausbildung reformiert und vollständig akademisiert. Angehende Hebammen durchlaufen nunmehr nicht mehr die klassische berufsschulische Hebammenausbildung an staatlich anerkannten Hebammenschulen, sondern werden in einem dualen Studium ausgebildet.
Zu den rechtlichen Grundlagen der Hebammenausbildung gehört neben dem in Artikel 1 des HebRefG geregelten Hebammengesetzes (HebG), welches das Hebammengesetz vom 4. Juni 1985 (BGBl. I S. 902) abgelöst hat, die dazugehörige Studien- und Prüfungsverordnung für Hebammen (HebStPrV) vom 8. Januar 2020 (BGBl. I S. 39). Die HebStPrV ist ebenfalls am 1.1.2020 in Kraft getreten.
Ziel der Reform der Hebammenausbildung ist es, "den Hebammenberuf zukunftsgerecht weiterzuentwickeln, attraktiver zu machen und die Qualität der Ausbildung zu verbessern sowie die Richtlinie 2005/36/EG umzusetzen".
Sowohl das HebG als auch die HebStPRV sind zuletzt durch das Gesetz zur Stärkung der hochschulischen Pflegeausbildung, zu Erleichterungen bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse in der Pflege und zur Änderung weiterer Vorschriften (Pflegestudiumstärkungsgesetz — PflStudStG) vom 12.12.2023 (BGBl. 2023 I Nr. 359) geändert worden, indem zur Umsetzung des Artikels 4f der Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36/EG die Möglichkeit einer partiellen Berufserlaubnis im Hebammenstudium geschaffen wurde (Art. 5 und Art 6 des PflStudStG).
1.2 Merkmale des dualen Hebammenstudiums
1.2.1 Allgemeines
Bei dem dualen Hebammenstudium handelt es sich um ein sog. praxisintegriertes duales Studium (siehe zu den Merkmalen eines solchen Studiums auch Beitrag "Ausbildungsintegrierter dualer Studiengang – TVSöD", dort: Ziffer 1.3.2). Im Unterschied zu einem ausbildungsintegrierten dualen Studium, in dem der Studierende neben seinem akademischen Studienabschluss auch einen Abschluss in einem Ausbildungsberuf erwirbt, schließt das Hebammenstudium "nur" mit der Verleihung des akademischen Grades (z. B. Bachelorabschluss in Hebammenwissenschaft) durch die Hochschule ab; eine mit Prüfung abgeschlossene Berufsausbildung wird nicht erlangt.
Das duale Studium nach dem HebG ist dadurch gekennzeichnet, dass die angehenden Hebammen im Rahmen von Regelstudiengängen ausgebildet werden. Dabei umfasst die akademische Hebammenausbildung die berufspraktische Ausbildung in einem Krankenhaus und im ambulanten Bereich, z. B. bei einer freiberuflichen Hebamme oder in einem "Geburtshaus"; die Praxis ist somit inhaltlich und zeitlich mit der theoretischen Ausbildung verknüpft. Zudem sichert die Vorgabe, dass zwischen dem Ausbildungsbetrieb und der studierenden Person ein Vertrag zur akademischen Hebammenausbildung zu schließen ist (§ 27 Abs. 1 HebG), dem Studierenden die damit verbundenen ausbildungsrechtlichen Rahmenbedingungen des Hebammengesetzes. Zu den Rahmenbedingungen gehört u. a. ein Anspruch auf angemessene monatliche Vergütung für die gesamte Dauer des Studiums, der die Attraktivität des dualen Hebammenstudiums erhöht und damit einen Beitrag zur Fachkräftegewinnung leistet.
Die Vermittlung der fachlichen und personalen Kompetenzen, die für die selbstständige und umfassende Hebammentätigkeit im stationären wie auch im ambulanten Bereich erforderlich sind, erfolgt auf wissenschaftlicher Grundlage und nach wissenschaftlicher Methodik (vgl. § 9 Abs. 3 HebG). Auf diese Weise soll das Hebammenstudium die Hebammen dazu befähigen, sich die neuesten Erkenntnisse in der Forschung der Hebammenwissenschaft erschließen zu können, um dadurch in der weiteren Folge eigene Fort- und Weiterbildungsbedarfe zu erkennen sowie Perspektiven für den Hebammenberuf zu gewinnen.
Eine Konkretisierung der von den Hebammen zu erwerbenden Handlungskompetenzen erfolgt in § 9 Abs. 4 HebG. Diese Vorschrift enthält einen umfassenden aber nicht abschließenden Katalog, der die charakteristischen Aufgaben des Hebammenberufs entsprechend den in Artikel 42 der EU-Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36/EG aufgeführten Tätigkeiten der Hebamme aufzählt.
1.2.2 Zugangsvoraussetzungen, § 10 HebG
Zugangsvoraussetzung ist grundsätzlich eine mindestens 12-jährige allgemeine Schulausbildung (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a HebG).
Bereits fachlich qualifizierte Personen ohne eine 12-jährige allgemeine Schulausbildung können das Hebammenstudium ebenfalls absolvieren, wenn sie eine Ausbildung in einem Pflegeberuf erfolgreich abgeschlossen haben. Als Zugangsvoraussetzung sind in § 10 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b HebG diesbezüglich folgende Berufsausbildungen enumerativ aufgeführt:
- Gesundheits- und Krankenpflegerin oder zum Gesundheits- ...