3.1 Die Vergütungsordnung als Instrument der Arbeitsbewertung
Nach § 22 Abs.1 BAT richtet sich die Eingruppierung der Angestellten nach den Tätigkeitsmerkmalen in der Vergütungsordnung (Anlagen 1a und 1b). In der Anlage 1b zum BAT ist die Eingruppierung der Angestellten im Pflegedienst geregelt. Alle anderen Angestellten werden nach den Tätigkeitsmerkmalen der Anlage 1a zum BAT eingruppiert.
Die Vergütungsordnung (Anlage 1a und Anlage 1b) ist die Grundlage der Arbeitsbewertung. In der Vergütungsordnung ist i.V.m. dem Vergütungstarifvertrag die Differenzierung der Arbeitsentgelte für die Angestellten des öffentlichen Dienstes in 18 (Bereich Bund/Länder) bzw. in 15 (Bereich VkA) Vergütungsgruppen festgelegt. Dabei kennzeichnen die niedrigen Ordnungszahlen (z.B. I) die Vergütungsgruppen mit hohem Arbeitsentgelt, die hohen Ordnungszahlen (z.B. Vergütungsgruppe X) die Vergütungsgruppen mit geringem Arbeitsentgelt. In der Anlage 1b verhält es sich umgekehrt. Dort kennzeichnen die Vergütungsgruppen mit niedrigen Ordnungszahlen (z.B. KR I) die Vergütungsgruppen mit niedrigem Arbeitsentgelt, die Vergütungsgruppen mit hohen Ordnungszahlen (z.B. KR VIII) die Vergütungsgruppen mit hohem Arbeitsentgelt.
3.2 Rechtscharakter der Vergütungsordnung
Nach § 4 Abs.1 Tarifvertragsgesetz (TVG) enthält die Vergütungsordnung Rechtsnormen und ist Gesetz im materiellen Sinn.
Hingegen haben Eingruppierungsrichtlinien der Arbeitgeberverbände weder eine tarifrechtliche, noch eine arbeitsrechtliche Bedeutung, da es sich hierbei lediglich um einseitige Empfehlungen einer Tarifvertragspartei an ihre Mitglieder handelt. Somit fehlt der Sonderrechtscharakter von Tarifnormen. Zwar können solche Richtlinien im Arbeitsvertrag vereinbart werden und somit rechtliche Bedeutung erlangen. Eine solche Vereinbarung ist jedoch nur unter folgenden Voraussetzungen zulässig:
3.3 Vollständigkeitsprinzip der Vergütungsordnung
Mit der Vergütungsordnung sollen alle im Geltungsbereich des BAT anfallenden Angestelltentätigkeiten einer Vergütungsordnung zugeordnet werden, um sie tarifrechtlich zu bewerten. Das Bundesarbeitsgericht spricht daher vom "universalen" Charakter der Vergütungsordnung. Der universale Charakter der Vergütungsordnung zeigt sich in erster Linie in den "allgemeinen" Tätigkeitsmerkmalen für den Verwaltungsdienst der Anlage 1a, denen eine Auffangfunktion zukommt. Fehlt nun für eine zu bewertendeTätigkeit in der Vergütungsordnung ein spezielles Tätigkeitsmerkmal, müssen Sie in der Regel die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst heranziehen. So hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 16.10.1985 festgestellt, dass beispielsweise für die Aufgaben
- Umweltschutz
- Überwachung des ruhenden Verkehrs
- Verfassungsschutz
- Lebensmittelkontrolle
- Naturschutz
- Sicherheitsmeister (Betriebsschutzbeauftragter)
die allgemeinen tariflichen Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst heranzuziehen sind.
Beachten Sie, dass dieser Rückgriff auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale nicht mehr in Betracht kommt in den Fällen, in denen die Tätigkeit des Angestellten auch im weitesten Sinn nicht mehr zum Verwaltungsdienst gehört, also keinen Bezug mehr zu einer Verwaltungstätigkeit aufweist. In derartigen Fällen besteht eine Regelungslücke. Es ist zu prüfen, ob es sich um eine unbewusste Tariflücke handelt oder ob die Tarifvertragsparteien bewusst für die Tätigkeit keine Regelung treffen wollten. Bei einer unbewussten Regelungslücke ist eine Lückenschließung im Wege der ergänzenden Auslegung möglich. Bei einer bewussten Regelungslücke hingegen scheidet diese aus. In diesen Fällen ist die Lücke durch Individualvereinbarung zu schließen.
Beachten Sie immer, dass die speziellen Tätigkeitsmerkmale den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung vorgehen. Im Bund/TdL sind dies die Fallgruppen 1 und 1a bis 1e des allgemeinen Teils, im Bereich der VkA die jeweiligen Fallgruppen 1 in der Neufassung durch TV vom 24.06.1975.
In der VergO B/L ist aufgeführt
- Ärzte IIa Fgr. 4
Angestellte mit wissenschaftlicher Hochschulbildung IIa, Fgr 1a
Ein Arzt wird in Vergütungsgruppe IIa, Fgr. 4 und nicht beim allgemeinen Tätigkeitsmerkmal IIa, Fgr 1a eingruppiert.
Beachten Sie: Die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale dürfen auch nicht "hilfsweise" herangezogen werden, wenn die speziellen Tätigkeitsmerkmale eine höhere Eingruppierung nicht mehr vorsehen. So gibt es z.B. spezielle Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im Bibliotheksdienst in VergO B/L in Teil I bis zur VergGr. IVa, Fgr. 6. Ab VergGr. III sind Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im Bibliotheksdienst nicht mehr vorgesehen. Es ist nun nicht möglich, eine Eingruppierung nach VerGr. III, Fgr. 1a vorzunehmen mit der Begründung, es handle sich um eine Angestellte "im sonstigen Innendienst", dessen Tätigkeit sich durch das Maß der damit verbundenenVerantwortung erheblich aus der VerGr. IVa, Fgr. 1a heraushebt.
Bewusste, unbewusste L...