Bereits bei der Anbahnung des Arbeitsverhältnisses treffen den Arbeitgeber besondere Sorgfaltspflichten gegenüber den potentiellen Bewerbern. Besonders zu beachten ist
- die geschlechtsneutrale Ausschreibung der zu besetzenden Stelle (§ 611b BGB)
- das geschlechtsbezogene Benachteiligungsverbot nach § 611a BGB.
Die Stellenausschreibung ist geschlechtsneutral zu formulieren, es sei denn, dass das Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung ist. Dies ist nur in Ausnahmefällen anzunehmen, wie z.B. bei einer männlichen Schauspielrolle, Aufsicht über weibliche Strafgefangene, medizinisch-technische Assistentin für eine Frauenarztpraxis, Frauenreferentin einer politischen Partei. Eine Geschlechtsdiskriminierung abgelehnt hat das LAG Köln auch im Fall eines Verkäufers, der sich vergeblich auf die ausgeschriebene Stelle einer Verkäuferin für Damenoberbekleidung beworben hatte.
Eine Benachteiligung wegen des Geschlechts wurde hingegen bejaht in folgenden Beispielsfällen:
- die Stelle eines Maschinenschlossers wird für einen "Facharbeiter" ausgeschrieben. Neben 40 weiteren Interessenten bewirbt sich auch eine Frau. Sie wird gar nicht erst für ein Vorstellungsgespräch eingeladen. Zwei Bewerber, die eine längere Berufserfahrung hatten als die weibliche Bewerberin, werden eingestellt. Diese erführt auf Rückfrage, dass die Stelle für eine Frau nicht geeignet sei. Hier hat die Bewerberin Anspruch auf angemessene Entschädigung gemäß § 611a BGB. Der Arbeitgeber hat nach der Rechtsprechung keine Chance mehr, sich nachträglich darauf zu berufen, dass die beiden männlichen Bewerber wegen ihrer längeren Berufserfahrung, also weil sie höherqualifiziert waren, eingestellt worden seien.
- Ausschreibung der Stelle eines Tierheimbewachers als "zuverlässiger Mitarbeiter". Dies kostete den Arbeitgeber eine Entschädigung in Höhe eines Monatslohns von 832 DM.
- Stellenanzeige der Firma Orania im "Hamburger Abendblatt", in der eine versierte Assistentin der Vertriebsleitung gesucht wurde, die „mit den Chaoten eines vertriebsorientierten Unternehmens zurechtkommen könne Kaffeekochen müsse, wenig Lob erhielte und einen Computer bedienen können müsse ” Die Bewerbung des Klägers wurde nicht beachtet, was die Firma Orania eine Entschädigung von dreieinhalb Monatsgehältern kostete.
Die letzgenannte Entscheidung des EuGH führte zu einer Verschärfung des Diskriminierungsverbotes in § 611a BGB. Das Gesetz unterscheidet nun zwischen Bewerberinnen und Bewerbern, bei denen die geschlechtsbezogene Benachteiligung kausal war für die Nichteinstellung (§ 611a Abs. 2 BGB) und solchen, die auch bei diskriminierungsfreier Entscheidung nicht eingestellt worden wären (§ 611a Abs. 3 BGB). War die Benachteiligung kausal, wurde also die bestqualifizierte Person diskriminiert, steht ihr ein in der Höhe unbegrenzter Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld zu (§ 611a Abs. 2 BGB). Der Schaden ist individuell auf der Grundlage der fiktiven Kündigungsfrist zu ermitteln, d.h. maßgebend ist das, was die entsprechende Person bis zum Ablauf der Kündigungsfrist verdient hätte. Anderweitig in dieser Zeit erzielte Einkünfte sind schadensmindernd anzurechnen. Ein Anspruch auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses besteht nicht.
Bei den übrigen diskriminierten Bewerbern liegt mangels Kausalität der geschlechtsbezogenen Benachteiligung ein materieller Schaden nicht vor. Dennoch haben sie einen Anspruch auf angemessene Entschädigung in Höhe von höchstens drei Monatsverdiensten. Damit soll eine "abschreckende Wirkung" auf den Arbeitgeber im Vorfeld und eine strafende Wirkung im Nachgang zu einer Geschlechtsdiskriminierung erzeugt werden. Anknüpfungspunkt für die Höhe der Entschädigung ist der Monatsverdienst. Dies sind die Geld- und Sachbezüge, die dem Bewerber bei regelmäßiger Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis hätte begründet werdensollen, zugestanden hätten.
Keinen Anspruch auf Entschädigung haben unqualifzierte Bewerberinnen und Bewerber, die objektiv von vorneherein für die Stelle nicht in Betracht gekommen wären und Personen, die sich nur beworben haben, um die Entschädigung zu beanspruchen.
Eine Gemeinde des Landes Nordrhein-Westfalen schreibt die Stelle einer Gleichstellungsbeauftragten aus. Der zur Zeit seiner Bewerbung im ersten juristischen Staatsexamen stehende A bewarb sich um die Stelle einer "Frauenbeauftragten" bei der Gemeinde. Seiner Bewerbung fügte er keinen Lebenslauf oder andere Unterlagen bei. Die Gemeinde teilte A mit, seine Bewerbung könne keine Berücksichtigung finden, weil Gleichstellungsbeauftragte nur Frauen sein könnten. Die Klage auf angemessene Entschädigung hat das BAG zurückgewiesen. Zwar kämen für die Position einer Gleichstellungsbeauftragten durchaus auch Männer in Betracht. Insbesondere ergebe sich nicht aus § 5 Abs. 3 der Gemeindeordnung des Landes Nordrhein-Westfalen, dass zwingend eine Frau zur Gleichstellungsbeauftragten zu bestellen sei. Denn nach § 12 der Gemeindeordnung betreffen Funktionsbeze...