4.1 Leistungsabhängiger Stufenaufstieg (§ 17 Abs. 2 TVöD)
Ein wesentliches Ziel der Tarifreform des öffentlichen Dienstes bestand in der Abkehr vom Senioritätsprinzip. Im TVöD knüpft folglich keine Regelung mehr an das Lebensalter der Beschäftigten an. Auch ein Automatismus von Entgelterhöhungen durch Älterwerden bzw. Tätigkeitszeiten allein entspräche nicht der Abkehr vom Senioritätsprinzip.
In § 17 Abs. 2 TVöD ist daher vorgesehen, dass für das Erreichen der Entwicklungsstufen 4 bis 6 neben der Berufserfahrung grundsätzlich auch die Leistung der Beschäftigten ausschlaggebend ist. Abweichend von den in § 16 TVöD geregelten Stufenlaufzeiten kann die erforderliche Zeit für den regulären Aufstieg in die Stufen 4 bis 6 verkürzt oder verlängert werden.
Die Beurteilung der Leistung der Beschäftigten hat durch die Führungskräfte zu erfolgen. Die Einschätzung der Beschäftigten ist Inhalt der Führungsaufgabe; wird diese nicht wahrgenommen, kann die Führungskraft abgemahnt werden. Diese Aufgabe haben die Führungskräfte unabhängig davon, ob ein Leistungsentgelt vereinbart ist oder nicht. Unter Umständen müssen die Führungskräfte hierfür noch entsprechend geschult werden, vor allem, wenn die Führungsaufgaben bisher unterbewertet wurden.
Um Mitarbeiter beurteilen zu können, sieht der Tarifvertrag u. a. die Führung von Mitarbeitergesprächen vor (§ 5 TVöD). Die Beschäftigten haben Anspruch auf ein jährliches Mitarbeitergespräch (§ 5 TVöD). Die Führungskräfte, welche mindestens einmal im Jahr die Mitarbeitergespräche zur Leistungseinschätzung führen (siehe § 18 TVöD), können die Leistungseinschätzung auch hinsichtlich der Bewertung der Frage, ob die Stufenlaufzeit zu verkürzen oder zu verlängern ist, zugrunde legen.
In der Praxis bereitet die Definition, welche Leistung einer durchschnittlichen Leistung entspricht, die meisten Schwierigkeiten. Die Frage, was einer Normalleistung entspricht, lässt sich nur schwer beantworten. Als Orientierung dienen hier die arbeitsvertraglich vereinbarte Entgeltgruppe und die Stellenbeschreibung. Damit hat die jeweilige Führungskraft eine erste Bewertungsgrundlage. Die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsaufgabe wird festgestellt. Sind bestimmte Arbeitsaufgaben mehreren Beschäftigten übertragen, so kann durch einen Vergleich der Arbeitsweise der Beschäftigten eine weitere Bewertungsgrundlage geschaffen werden. Es empfiehlt sich auch, die Leistungsbewertung zu dokumentieren, insbesondere sollten konkrete Beispiele für eine über dem Durchschnitt bzw. unter dem Durchschnitt liegende Leistung im Laufe des Beurteilungszeitraums dokumentiert werden. Damit wird auch sichergestellt, dass die Leistungsbewertung nicht pauschal aus der Rückschau heraus erfolgt, sondern durch konkrete, bereits im Beurteilungszeitraum festgehaltene Zwischenbewertungen. Die jeweilige Führungskraft wird damit auch in die Lage versetzt, dem Beschäftigten die Leistungseinschätzung zu begründen.
Die Bewertungsmethoden zur Beurteilung des leistungsabhängigen Stufenaufstiegs und der leistungsorientieren Bezahlung sind identisch. Zum Verhältnis dieser beiden Führungsinstrumente siehe Ziff. 4.1.6.
4.1.1 Stufenlaufzeitverkürzung
Um die für den Stufenaufstieg in den Entwicklungsstufen erforderliche Zeit verkürzen zu können, müssen die Leistungen des Beschäftigten erheblich über dem Durchschnitt liegen. Sofern die Leistungen konkret messbar sind, kann bei einem Abweichen um mehr als 10 % vom Durchschnitt davon ausgegangen werden, dass erheblich überdurchschnittliche Leistungen vorliegen. In diesem Fall kann die Stufenlaufzeit (vgl. § 16 TVöD) abgekürzt werden.
Der Beschäftigte ist seit dem 1.10.2020 der Stufe 3 zugeordnet. Der Beschäftigte erbringt Leistungen, welche erheblich über dem Durchschnitt liegen. Der Arbeitgeber nimmt daraufhin eine Verkürzung der Stufenlaufzeit in Stufe 3 auf 1 Jahr (statt 3 Jahre) vor. Der Beschäftigte erhält somit schon ab dem 1.10.2021 die Stufe 4. Zum 1.10.2025 wird entsprechend der Stufenlaufzeit in Stufe 4 (4 Jahre) die Stufe 5 erreicht.
Anmerkung: Wäre keine Verkürzung der Stufenlaufzeit erfolgt, würde der Beschäftigte erst zum 1.10.2023 die Stufe 4 und erst zum 1.10.2027 die Stufe 5 erreichen.
§ 17 TVöD enthält keine Vorgaben oder Einschränkungen zur Stufenverkürzung. Theoretisch könnte damit bei erheblich überdurchschnittlicher Leistung eine Stufe sogar übersprungen (Stufenlaufzeit Null) werden. Allerdings nur theoretisch, denn das komplette Überspringen einer Stufe dürfte angesichts der Stufenlaufzeiten, die regulär mindestens 3 Jahre betragen, kaum mit dem Wort "Verkürzung" in Einklang zu bringen sein. Überdies sind in diesem Zusammenhang auch die finanziellen Vorteile, die mit dem beschleunigten Stufenaufstieg verbunden sind und die sich dauerhaft auswirken sowie die weitere Personalentwicklungsperspektive (siehe Satz 2 der PE zu § 17 Abs. 2 TVöD) zu beachten. Insoweit wird empfohlen, die Stufenlaufzeit grundsätzlich nicht um mehr als die Hälfte der regulären Laufzeit zu verkürzen. Für eine erneute Stufenlaufzeitverkürzung nach Erreichen der nächsthöheren Entwicklungsstu...