Dr. Sabrina Schmidt-Rudloff
Bei der Höhe des pfändbaren Einkommens ist zu differenzieren, ob die Entgeltumwandlung vor der Pfändung des Arbeitseinkommens vereinbart wird oder danach.
14.1 Entgeltumwandlungsvereinbarung vor Pfändungsbeschluss
Bei einer Entgeltumwandlungsvereinbarung vor Vorliegen eines Pfändungsbeschlusses soll nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Hinblick auf eine Entgeltumwandlungsvereinbarung, die vor der Pfändung des Arbeitseinkommens abgeschlossen wurde, nur das durch die Entgeltumwandlung reduzierte Entgelt pfändbare Einkommen i. S. v. § 850 Abs. 2 ZPO sein. Das Bundesarbeitsgericht stellt darauf ab, dass nach Abschluss der Entgeltumwandlungsvereinbarung dem Beschäftigten kein entsprechender Barentgeltanspruch mehr zusteht, der einer Pfändung unterliegen könnte. Eine Entgeltumwandlung führt aber dann nicht zu einer Herabsetzung des pfändbaren Einkommens, wenn sie wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig ist (§ 138 BGB). Eine Nichtigkeit ist z. B. dann zu bejahen, wenn die Entgeltumwandlung zu dem Zweck abgeschlossen wurde, sich einer Unterhaltsverpflichtung gegenüber seinem Ehegatten oder seinen minderjährigen oder sonstigen unterhaltsberechtigten Kindern zu entziehen. Sittenwidrigkeit ist auch dann zu bejahen, wenn ein Beschäftigter einen ungewöhnlich hohen Anteil seines Barentgelts umwandelt. Darüber hinaus liegt die Sittenwidrigkeit einer Entgeltumwandlung nahe, wenn die Umwandlung zu einem Zeitpunkt erfolgt ist, in dem der Gläubigerzugriff bereits absehbar war.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die spätere Versorgungsleistung aufgrund des Altersvorsorgevertrags wiederum vom Gläubiger gepfändet werden kann, soweit dessen Forderung noch nicht befriedigt wurde.
14.2 Entgeltumwandlungsvereinbarung nach Pfändungsbeschluss
Erfolgt eine Entgeltumwandlungsvereinbarung, nachdem bereits ein Pfändungsbeschluss für das Arbeitseinkommen besteht, ist bislang angenommen worden, dass der Gesichtspunkt der Sittenwidrigkeit eine gesteigerte Bedeutung hat. Es wurde dann regelmäßig unterstellt, dass nach erfolgter Pfändung des Arbeitseinkommens eine Entgeltumwandlung, mit der sich der Beschäftigte dem Gläubigerzugriff entziehen will, sittenwidrig und somit nichtig sei. Das hätte zur Folge, dass auch der für die Entgeltumwandlung vorgesehene Betrag pfändbares Einkommen i. S. d. § 850 Abs. 2 ZPO darstellt.
Im Jahr 2021 hat das Bundesarbeitsgericht allerdings eine andere Auffassung vertreten. Es hat für den Fall, dass die Arbeitsvertragsparteien vereinbaren, dass der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer eine Direktversicherung abschließt und ein Teil der künftigen Entgeltansprüche des Arbeitnehmers durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung verwendet werden, festgestellt, dass insoweit grundsätzlich kein pfändbares Einkommen i. S. v. § 850 Abs. 2 ZPO mehr vorliegt. Daran ändert der Umstand, dass die Entgeltumwandlungsvereinbarung erst nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses getroffen wurde, jedenfalls dann nichts, wenn der Arbeitnehmer mit der mit dem Arbeitgeber getroffenen Entgeltumwandlungsvereinbarung von seinem Recht aus § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG auf betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung Gebrauch gemacht hat und der in § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorgesehene Betrag nicht überschritten wurde. Bei einer an § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG orientierten normativen Betrachtung stellt die vom Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber getroffene Entgeltumwandlungsvereinbarung keine den Gläubiger benachteiligende Verfügung i. S. v. § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO dar. In einem solchen Fall scheidet zudem ein Rückgriff auf § 850h ZPO aus. Ob eine andere Bewertung dann geboten ist, wenn ein höherer Betrag als der in § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorgesehene umgewandelt wird, musste und hat das Bundesarbeitsgericht nicht entscheiden.