LAG Düsseldorf, Urteil v. 29.11.2017, 12 Sa 936/16
Bei einer Assistentin mit Sekretariatsaufgaben in einer internationalen Rechtsanwaltskanzlei muss im Arbeitszeugnis nicht ausdrücklich eine selbstständige Arbeitsweise bescheinigt werden; denn dies ist in derartigen Kanzleien nicht üblich und stellt daher keinen allgemeinen Zeugnisbrauch dar.
Sachverhalt
Die Klägerin war als Assistentin bei der Beklagten, einer internationalen Anwaltssozietät, beschäftigt. Sie war dort mit Sekretariatsaufgaben für einen Partner betraut und unterstützte diesen und das dazugehörige Team in allen organisatorischen und administrativen Aufgaben. Das der Klägerin erteilte Arbeitszeugnis beinhaltete die Formulierung, dass sie "stets sehr sorgfältig und zügig gearbeitet" habe sowie dass "ihr Verhalten gegenüber den Rechtsanwälten, Kollegen und Mandanten zu jeder Zeit einwandfrei" gewesen sei. Hiermit gab sie sich jedoch nicht zufrieden, sondern verlangte zum einen, dass ihre Arbeitsweise um das Wort "selbstständig" ergänzt werde; sie begründete dies damit, dass diesbezüglich ein allgemeiner Zeugnisbrauch in ihrer Branche bestehe. Des Weiteren sollte die Beurteilung ihres Verhaltens dahingehend ergänzt werden, dass es auch gegenüber den Vorgesetzten jederzeit einwandfrei gewesen sei.
Die Entscheidung
Die Klage hatte teilweise Erfolg.
Das LAG wies die Klage in Bezug auf die Ergänzung des Worts "selbstständig" ab, im Übrigen wurde ihr stattgegeben.
Zunächst konnte die Klägerin eine Ergänzung der Beurteilung ihres Verhaltens verlangen, da im Zeugnis die Beurteilung des Verhaltens der Klägerin gegenüber dem ihr vorgesetzten Partner fehlte. Auch wenn dieser selbst Rechtsanwalt war, könnte ansonsten, so das LAG, aufgrund des Umstandes, dass die Eigenschaft des vorgesetzten Partners an anderer Stelle im Zeugnis besonders herausgestellt worden war, beim Zeugnisleser der Eindruck entstehen, dass die Verhaltensbeurteilung gegenüber dem Partner fehle und somit negativ sei.
Was die ablehnende Entscheidung bzgl. der Ergänzung des Zeugnisses um den Begriff der Selbstständigkeit der Arbeitsweise betraf, begründete das Gericht dies damit, dass es hierfür erforderlich gewesen wäre, dass die ausdrückliche Bescheinigung dieses Merkmals in dem bestimmten Berufskreis der Klägerin üblich sei. Denn wenn ein Merkmal im besonderen Maße gefragt und daher der allgemeine Brauch bestehe, dieses im Zeugnis zu erwähnen, kann die Nichterwähnung ein erkennbarer und negativer Hinweis sein, sog. beredtes Schweigen. Allerdings bestehe, so das Ergebnis einer Umfrage mittels einiger Anwaltskammern zu dem behaupteten Zeugnisbrauch bei Rechtsanwaltskanzleien mit internationaler Ausrichtung, dieser Brauch hier nicht.