Peter Schmeiduch, Jutta Schwerdle
Die Feststellung der Erwerbsfähigkeit (Leistungsfall) umfasst die Beurteilung des zeitlichen (quantitativen) Umfangs, in dem die letzte berufliche Tätigkeit ausgeübt werden kann, und die Bestimmung des qualitativen und zeitlichen (quantitativen) Leistungsvermögens unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes.
Der allgemeine Arbeitsmarkt umfasst jede nur denkbare Tätigkeit, die es auf dem Arbeitsmarkt gibt. Ohne rechtliche Bedeutung ist die subjektive Zumutbarkeit einer Tätigkeit unter dem Gesichtspunkt der Ausbildung oder des Status der bisherigen beruflichen Tätigkeit.
Vor einer Entscheidung über den Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung prüft der gesetzliche Rentenversicherungsträger, ob entsprechend dem Grundsatz "Reha vor Rente" nach § 8 SGB IX i. V. m. §§ 9 ff. SGB VI die Erwerbsminderung durch Leistungen zur Teilhabe vermindert oder behoben werden kann.
Für Versicherte, die vor dem 2.1.1961 geboren sind, bleibt die Berufsunfähigkeit als möglicher Leistungsfall erhalten. Es besteht weiterhin Berufsschutz. Es kann daher nicht auf jede andere Tätigkeit verwiesen werden; gegebenenfalls besteht Anspruch auf eine halbe Erwerbsminderungsrente, wenn im bisherigen oder zumutbaren anderen Beruf nicht mehr als 6 Stunden täglich gearbeitet werden kann.
Volle Erwerbsminderungsrente:
Voraussetzung hierfür ist, dass das Restleistungsvermögen des Versicherten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter 3 Stunden gesunken ist.
Teilweise (halbe) Erwerbsminderungsrente:
Voraussetzung hierfür ist, dass beim Versicherten noch ein Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von 3 bis unter 6 Stunden besteht.
Keine Erwerbsminderungsrente:
Bei einem Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von 6 Stunden und mehr wird keine Erwerbsminderungsrente gezahlt.
Ermittlung des qualitativen (gesundheitlichen) Leistungsvermögens
Bei der Einschränkung des Leistungsvermögens sind für den gesetzlichen Rentenversicherungsträger allein gesundheitliche Gründe (Krankheit oder Behinderung) maßgebend. Andere leistungsmindernde Ursachen, wie z. B. hohes Alter, sind dagegen unerheblich. Der gesetzliche Rentenversicherungsträger stellt ein positives/negatives (qualitatives) Leistungsbild, bezogen auf die körperliche, geistige und psychische Belastbarkeit, auf und stellt die zumutbare tägliche Arbeitszeit für eine 5-Tage-Woche fest. Dabei werden zusätzliche Einschränkungen (z. B. abweichende Ruhepausen, betriebsunübliche Pausen, Wegebeschränkungen) in die Prüfung einer Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mit einbezogen. Die üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes werden definiert nach der bestehenden Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse unter Berücksichtigung von Arbeitsentgelt, Dauer, Lage und Verteilung der Arbeitszeit, wie sie sich aus gesetzlichen Regelungen, Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen ergibt. Der allgemeine Arbeitsmarkt umfasst sämtliche denkbaren Tätigkeiten, die mit den vorhandenen Kenntnissen und Fähigkeiten ausgeübt werden können.
Auswirkungen zeitlicher (quantitativer) Leistungseinschränkungen
Der gesetzliche Rentenversicherungsträger teilt die Arbeitsverhältnisse folgendermaßen ein:
(Arbeitsverhältnis mit der tariflichen bzw. branchenüblichen wöchentlichen Arbeitszeit)
(Beschäftigungsverhältnis mit weniger als der vollen tariflichen bzw. branchenüblichen, aber grundsätzlich mindestens 15-stündigen Arbeitszeit)
Mindestens 6-stündige Leistungsfähigkeit
Der gesetzliche Rentenversicherungsträger setzt eine 6-stündige Erwerbsfähigkeit nicht mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen im Sinne der o. g. Definition der Vollzeittätigkeit gleich. Bei einem mindestens 6-stündigen Leistungsvermögen sind Versicherte nicht erwerbsgemindert. Die Differenz zwischen 6 Stunden und voller tariflicher bzw. branchenüblicher Arbeitszeit geht zulasten des Versicherten. Es besteht kein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.
Mindestens 3- bis 6-stündige Leistungsfähigkeit
Bei diesem gesundheitlich bedingten Leistungsvermögen unterstellt der gesetzliche Rentenversicherungsträger, dass der Versicherte nur noch zur Teilzeitarbeit fähig ist. Es besteht daher ein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Ob der Versicherte mit seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung die verbleibende Fähigkeit für Teilzeittätigkeiten tatsächlich in eine Erwerbstätigkeit umsetzen kann, ist von der konkreten Arbeitsmarktsituation abhängig.
Liegt neben der teilweisen Erwerbsminderung zudem Arbeitslosigkeit vor, und ist der in Betracht zu ziehende Teilzeitarbeitsmarkt als verschlossen anzusehen, hat dies zur Folge, dass die teilweise Erwerbsminderung zu einem Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung durchschlägt (arbeitsmarktbedingte Erwerbsminderungsrente). Damit trägt die gesetzliche Rentenversicherung weiter das Arbeitsmarktrisiko für diese Personengruppe. Der Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente wird damit ni...