Peter Schmeiduch, Jutta Schwerdle
Die Rente wegen Erwerbsminderung errechnet sich aus den bis zum Eintritt der jeweiligen Erwerbsminderung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten. Nach diesem Zeitpunkt zurückgelegte Zeiten oder danach gezahlte freiwillige Beiträge können für die entsprechende Rente grundsätzlich nicht mehr berücksichtigt werden (§ 75 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Die Rente wegen voller Erwerbsminderung wird mit dem Rentenartfaktor 1,0 (§ 67 Nr. 3 SGB VI), die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung mit dem Rentenartfaktor 0,5 (§ 67 Nr. 2 SGB VI) errechnet. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist daher nur halb so hoch wie die Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die unterschiedlichen Rentenartfaktoren entsprechen den unterschiedlichen Sicherungszielen der Renten, da die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung grundsätzlich noch die Ausübung einer Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit zulässt.
Der Gesetzgeber hat zum 1.1.2001 auch bei der Erwerbsminderungsrente Abschläge eingeführt. Dies soll vermeiden, dass ältere Versicherte, die vorzeitig in Rente gehen wollen und mit zunehmendem Alter eher ein eingeschränktes Leistungsvermögen attestiert bekommen, anstelle einer Altersrente mit Rentenabschlägen verstärkt Erwerbsminderungsrenten beantragen. Die Abschläge sollen solche Ausweichreaktionen vermeiden.
Daher werden Renten wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung durch einen Abschlag gemindert, wenn die Rente vor dem 63. Lebensjahr bezogen wird. Die Kürzung beträgt für jeden Monat, für den die Rente vor dem 63. Lebensjahr beansprucht wird, 0,3 %, pro Jahr 3,6 %. Der Höchstsatz der Rentenkürzung beträgt 10,8 %. Die Grenze von 63 Jahren für eine Erwerbsminderungsrente ohne Abschläge wird seit 2012 stufenweise bis 2024 auf 65 Jahre angehoben. Der ermittelte Abschlag bleibt stets erhalten. Auch bleibt der Abschlag bei einer nach der Erwerbsminderungsrente folgenden Alters– oder Hinterbliebenenrente bestehen.
Bei jüngeren erwerbsgeminderten Versicherten, bei denen eine Altersrente von vornherein nicht in Betracht kommt und eine Verhaltenssteuerung über Abschlagsregelungen nicht erforderlich ist, wirken sich die Abschläge nicht voll aus, da – neben den tatsächlich zurückgelegten Beitragszeiten – eine sog. Zurechnungszeit berücksichtigt wird. Die Zurechnungszeit (§§ 59, 264d SGB VI) gehört zu den beitragsfreien Zeiten und beginnt bei einer Rente wegen Erwerbsminderung mit dem Eintritt der hierfür maßgebenden Erwerbsminderung und endet mit Vollendung des 62. Lebensjahres. Die Zurechnungszeit wird mit einem Durchschnittswert der zurückgelegten Versicherungszeiten berechnet. Durch das RV-Leistungsverbesserungsgesetz vom 23.6.2014 ist an die Stelle des 60. Lebensjahres mit Wirkung vom 1.7.2014 schrittweise die Vollendung des 62. Lebensjahres getreten. Mit der Zurechnungszeit wird erreicht, dass die erwerbsgeminderten Personen so gestellt werden, als hätten sie mit ihrem bisherigen durchschnittlichen Einkommen weiter gearbeitet und Beiträge gezahlt. Durch die Zurechnungszeit wird dem Versicherten durch Aufstockung der tatsächlich zurückgelegten Beitragsjahre bis zum 62. Lebensjahr die verkürzte Versicherungsdauer aufgrund der früheren Leistungsminderung ausgeglichen.
Im Jahr 2018 wurde beschlossen, die Zurechnungszeit bei Rentenneuzugängen schrittweise ausgehend vom 62. Lebensjahr um weitere 3 Jahre zu verlängern. Diese Regelung wurde 2019 durch eine Verlängerung der Zurechnungszeit in einem Schritt auf 65 Jahre und 8 Monate ersetzt. Seit 2020 ist die Zurechnungszeit für Rentenneuzugänge an die jeweils aktuelle Regelaltersgrenze gekoppelt. Sie steigt bis 2027 in jedem Jahr um einen Monat, danach jährlich um 2 Monate. Dieser Prozess endet im Jahr 2031, wenn die reguläre Altersgrenze von 67 Jahren erreicht ist.
Diese Regelung zur schrittweisen verlängerten Zurechnungszeit gilt allerdings nur für Rentenneuzugänge. Diejenigen, die vor dem 1.1.2019 bereits eine Erwerbsminderungsrente bezogen hatten, wurden von dieser Verbesserung nicht erfasst. Für den Bestand an Erwerbsminderungsrenten wird daher ab 1.7.2024 ein pauschaler Zuschlag beim Bestand an Erwerbsminderungsrenten von Amts wegen von den gesetzlichen Rentenversicherungsträgern festgesetzt, der dann auch die Höhe der monatlichen Rente verbessern wird. Die Höhe des Zuschlags wird sich an der seit dem 1.1.2019 geltenden Zurechnungszeit bis zum Alter von 65 Jahren und 8 Monaten orientieren. Für in der Zeit von Januar 2001 bis Juni 2014 begonnene Renten beträgt der pauschale Zuschlag 7,5 %, für zwischen Juli 2014 bis Dezember 2018 begonnene Renten 4,5 %. Den Zuschlag erhalten auch laufende Altersrenten, bei denen unmittelbar zuvor bereits eine Erwerbsminderungsrente mit einem Rentenbeginn in der Zeit von 2001 bis 2018 gewährt wurde.
Aufgrund des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes vom 23.6.2014 werden bei Erwerbsminderungsrenten mit einem Rentenbeginn ab 1.7.2014 die letzten 4 Jahre bis zum Eintritt der maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht berücksichtigt, wenn sich dadurch ein höherer...