Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Anwendung des Systems der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer, Selbständige sowie deren Familienangehörige. Rentenansprüche gegen mehrere Mitgliedsstaaten. Anwendung belgischer Rechtsvorschriften bei Rentenzahlung wegen Arbeitsunfall und Berufskrankheiten
Normenkette
EWGV 1408/71; EGV Art. 226
Beteiligte
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Königreich der Niederlande trägt seine eigenen Kosten.
Gründe
1.
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 22. September 1998 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 EG) Klage erhoben auf Feststellung, dass das Königreich Belgien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe f der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71) verstoßen hat, dass es persönliche Beiträge in Höhe von 13,07 % auf belgische Berufskrankheitsrenten erhebt, deren Empfänger nicht in Belgien wohnen und nicht mehr dem belgischen System der sozialen Sicherheit unterliegen.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrechtliche Vorschriften
2.
Die Verordnung 1408/71 bestimmt in Artikel 13 mit der Überschrift Allgemeine Regelung:
(1)
Vorbehaltlich des Artikels 14c unterliegen Personen für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften diese sind, bestimmt sich nach diesem Titel.
(2)
Soweit nicht die Artikel 14 bis 17 etwas anderes bestimmen, gilt folgendes:
a)
Eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats abhängig beschäftigt ist, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Staates, und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt oder ihr Arbeitgeber oder das Unternehmen, das sie beschäftigt, seinen Wohnsitz oder Betriebssitz im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats hat;
…
f)
eine Person, die den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats nicht weiterhin unterliegt, ohne dass die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats gemäß einer der Vorschriften in den vorhergehenden Buchstaben oder einer der Ausnahmen bzw. Sonderregelungen der Artikel 14 bis 17 auf sie anwendbar würden, unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet sie wohnt, nach Maßgabe allein dieser Rechtsvorschriften.
3.
Aus der dritten Begründungserwägung der Verordnung (EWG) Nr. 2195/91 des Rates vom 25. Juni 1991 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 und der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 über die Durchführung der Verordnung Nr. 1408/71(ABl. L 206, S. 2) geht hervor, dass Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe f in die letztgenannte Verordnung aufgrund des Urteils vom 12. Juni 1986 in der Rechtssache 302/84 (Ten Holder, Slg. 1986, 1821) eingefügt worden ist, in dem der Gerichtshof für Recht erkannt hat, dass Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1408/71 dahin gehend auszulegen ist, dass ein Arbeitnehmer, der seine im Gebiet eines Mitgliedstaats ausgeübte Tätigkeit beendet und danach nicht im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats gearbeitet hat, weiterhin den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats seiner letzten Beschäftigung unterliegt, unabhängig davon, wie viel Zeit seit der Beendigung der in Rede stehenden Tätigkeit und dem Ende des Arbeitsverhältnisses verstrichen ist.
4.
Die Artikel 14 bis 17a der Verordnung Nr. 1407/71 enthalten verschiedene Sonderregelungen und Ausnahmen von der allgemeinen Regelung in Artikel 13. Die Artikel 13 bis 17a der Verordnung Nr. 1408/71 bilden den Titel II dieser Verordnung mit der Überschrift Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften.
5.
Titel III der Verordnung Nr. 1408/71 enthält besondere Vorschriften für die einzelnen Leistungsarten, für die diese Verordnung nach Artikel 4 Absatz 1 gilt. Für Leistungen bei Krankheit und Mutterschaft, die Gegenstand des Kapitels 1 des Titels III der Verordnung sind, bestimmt Artikel 27 mit der Überschrift Rentenanspruch aufgrund der Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten, falls ein Anspruch auf Leistungen im Wohnland besteht:
Ein Rentner, der nach den Rechtsvorschriften von zwei oder mehr Mitgliedstaaten, darunter den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet er wohnt, zum Bezug von Renten berechtigt ist und – gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Artikel 18 und Anhang VI – nach den Rechtsvorschriften dieses letztgenannten Mitgliedstaats Anspruch auf Leistungen hat, sowie seine Familienangehörigen erhalten diese Leistungen vom Träger des Wohnortes und zu dessen Last...