Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziale Sicherheit. Nationales System der Leistungen bei Arbeitslosigkeit, das eine Antikumulierungsvorschrift für bestimmte Einkünfte vorsieht. Arbeitslosengeld für ehemalige Zeitbedienstete der Europäischen Gemeinschaften. Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Nationales System der Arbeitslosenversicherung. Qualifizierung einer postuniversitären Beschäftigung. Beschäftigung als Praktikant-Stipendiat. Andere Qualifizierung in anderen Mitgliedstaaten des EWR. Diskriminierung

 

Beteiligte

Kristiansen

Nina Kristiansen

Rijksdienst voor Arbeidsvoorziening

 

Tenor

1. Nach Artikel 28a Absatz 1 Unterabsatz 2 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften ergänzt das Gemeinschaftssystem der Leistungen bei Arbeitslosigkeit die entsprechenden Systeme der Mitgliedstaaten. Dieser ergänzende Charakter ist zu beachten, wenn es um die Anwendung der Arbeitslosenversicherung eines Mitgliedstaats und insbesondere einer dort vorgesehenen Antikumulierungsvorschrift auf einen ehemaligen Bediensteten auf Zeit geht, der in dem betreffenden Mitgliedstaat wohnt und nach den Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat.

2. Es verstößt nicht gegen das in Artikel 7 Absatz 4 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft niedergelegte Diskriminierungsverbot, wenn jemand, der als Graduierter eine Tätigkeit wie diejenige im Ausgangsverfahren ausübt, in einem Mitgliedstaat als Praktikant-Stipendiat betrachtet wird, der kein Recht auf Anschluss an die nationale Arbeitslosenversicherung hat, während jemand in der gleichen Stellung in einem anderen Mitgliedstaat als Erwerbstätiger angesehen wird, der Ansprüche auf Leistungen aus der entsprechenden Arbeitslosenversicherung erwerben kann.

 

Tatbestand

In der Rechtssache C-92/02

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) von der Arbeidsrechtbank van het Arrondissement Tongeren (Belgien) in dem bei dieser anhängigen Rechtsstreit

Nina Kristiansen

gegen

Rijksdienst voor Arbeidsvoorziening

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung und der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257, S. 2)

erlässt

DER GERICHTSHOF

(Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters C. W. A. Timmermans in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter D. A. O. Edward und A. La Pergola (Berichterstatter),

Generalanwalt: S. Alber,

Kanzler: R. Grass,

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Martin als Bevollmächtigten,

aufgrund des Berichts des Berichterstatters,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. März 2003

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Die Arbeidsrechtbank van het Arrondissement Tongeren hat mit Urteil vom 11. März 2002, beim Gerichtshof eingegangen am 15. März 2002, gemäß Artikel 234 EG zwei Fragen nach der Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71) und der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257, S. 2) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Klägerin Nina Kristiansen und dem Rijksdienst voor Arbeidsvoorziening (Nationales Arbeitsamt, im Folgenden: RVA) wegen eines vom RVA abgewiesenen Antrags der Klägerin auf Arbeitslosengeld.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Artikel 67 – Zusammenrechnung der Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten – der Verordnung Nr. 1408/71 lautet:

„(1) Der zuständige Träger eines Mitgliedstaats, nach dessen Rechtsvorschriften der Erwerb, die Aufrechterhaltung oder das Wiederaufleben des Leistungsanspruchs von der Zurücklegung von Versicherungszeiten abhängig ist, berücksichtigt, soweit erforderlich, die Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten, die als Arbeitnehmer nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegt wurden, als handelte es sich um Versicherungszeiten, die nach den eigenen Rechtsv...

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