Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersuchen um Vorabentscheidung: Hoge Raad – Niederlande. Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen. Besondere Zuständigkeiten. Gerichtsstand des Erfüllungsorts der vertraglichen Verpflichtung. Arbeitsvertrag. Ort, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet. Begriff. Verrichtung der Arbeit in mehreren Vertragsstaaten
Leitsatz (amtlich)
Artikel 5 Nummer 1 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen in der Fassung des Übereinkommens vom 26. Mai 1989 über den Beitritt des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik ist dahin auszulegen, daß bei einem Arbeitsvertrag, zu dessen Erfüllung der Arbeitnehmer seine Tätigkeit in mehr als einem Vertragsstaat verrichtet, der Ort, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, im Sinne dieser Bestimmung der Ort ist, den der Arbeitnehmer zum tatsächlichen Mittelpunkt seiner Berufstätigkeit gemacht hat. Für die konkrete Bestimmung dieses Ortes ist der Umstand zu berücksichtigen, daß der Arbeitnehmer den grössten Teil seiner Arbeitszeit in einem Vertragsstaat zubringt, in dem er ein Büro hat, von dem aus er seine Tätigkeit für seinen Arbeitgeber organisiert und wohin er nach jeder im Zusammenhang mit seiner Arbeit stehenden Auslandsreise zurückkehrt.
Normenkette
Brüsseler Übereinkommen vom 27. September 1968 Art. 5 Nr. 1 i.d.F. des Beitrittsübereinkommens von 1989
Beteiligte
Tenor
Artikel 5 Nummer 1 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen in der Fassung des Übereinkommens vom 26. Mai 1989 über den Beitritt des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik ist dahin auszulegen, daß bei einem Arbeitsvertrag, zu dessen Erfüllung der Arbeitnehmer seine Tätigkeit in mehr als einem Vertragsstaat verrichtet, der Ort, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, im Sinne dieser Bestimmung der Ort ist, den der Arbeitnehmer zum tatsächlichen Mittelpunkt seiner Berufstätigkeit gemacht hat. Für die konkrete Bestimmung dieses Ortes ist der Umstand zu berücksichtigen, daß der Arbeitnehmer den grössten Teil seiner Arbeitszeit in einem Vertragsstaat zubringt, in dem er ein Büro hat, von dem aus er seine Tätigkeit für seinen Arbeitgeber organisiert und wohin er nach jeder im Zusammenhang mit seiner Arbeit stehenden Auslandsreise zurückkehrt.
Gründe
1 Der Hoge Raad der Nederlanden hat mit Urteil vom 1. Dezember 1995, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Dezember 1995, gemäß dem Protokoll vom 3. Juni 1971 betreffend die Auslegung des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen durch den Gerichtshof drei Fragen nach der Auslegung von Artikel 5 Nummer 1 dieses Übereinkommens (ABl. 1972, L 299, S. 32) in der Fassung der Übereinkommen vom 9. Oktober 1978 über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland (ABl. L 304, S. 1 und – geänderter Text – S. 77), vom 25. Oktober 1982 über den Beitritt der Republik Griechenland (ABl. L 388, S. 1) und vom 26. Mai 1989 über den Beitritt des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik (ABl. L 285, S. 1) zu diesem Übereinkommen (im folgenden: Übereinkommen) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen dem niederländischen Staatsangehörigen Petrus Wilhelmus Rutten (im folgenden: Kläger), der in Hengelo (Niederlande) wohnt, und der Croß Medical Ltd (im folgenden: Beklagte), einer Gesellschaft englischen Rechts mit Sitz in London; zu diesem Rechtsstreit kam es nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber.
3 Nach den Akten des Ausgangsverfahrens war der Kläger am 1. August 1989 von der Croß Medical BV eingestellt worden, einer Gesellschaft niederländischen Rechts und Tochtergesellschaft der Beklagten.
4 Am 31. Mai 1990 wurde das Arbeitsverhältnis wegen der ungünstigen finanziellen Lage der Croß Medical BV beendet, und ab 1. Juni 1990 war der Kläger bei der Beklagten beschäftigt.
5 Unstreitig übte der Kläger seine Tätigkeit für diese beiden Arbeitgeber nicht nur in den Niederlanden, sondern auch – zu ungefähr einem Drittel seiner Arbeitszeit – im Vereinigten Königreich sowie in Belgien, Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika aus. Er verrichtete seine Arbeit von einem Büro in seiner Wohnung in Hengelo aus, wohin er nach jeder Geschäftsreise zurückkehrte. Sein Gehalt wurde ihm von der Beklagten in Pfund Sterling ausgezahlt.
6 Nachdem die Beklagte dem Kläger zum 1. Oktober 1991 gekündigt hatte, erhob dieser am 19. Juni 1992 beim Kantonrechter Amsterdam gegen sie eine Klage wegen Gehaltsrückständen und Nebenford...