Entscheidungsstichwort (Thema)

ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: BUNDESSOZIALGERICHT – DEUTSCHLAND. Freizuegigkeit. Niederlassungsfreiheit. Freier Dienstleistungsverkehr. Zahnärzte. Zulassung als Kassenzahnarzt. Gegenseitige Anerkennung der Diplome. Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise eines Zahnarztes. Zulassung zur Berufsausübung in einem Drittstaat. Nationale Vorschrift, wonach ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaats, der zur Berufsausübung zugelassen ist, aber nur einen von einem Drittstaat ausgestellten Befähigungsnachweis besitzt, eine Vorbereitungszeit abzuleisten hat. Zulässigkeit. Anerkennung der Gleichwertigkeit des Diploms durch einen anderen Mitgliedstaat. Unerheblichkeit. Verpflichtung der zuständigen Stellen, die Übereinstimmung der nach nationalem Recht vorgeschriebenen Berufserfahrung mit der von dem Betroffenen bereits erworbenen Berufserfahrung zu prüfen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Artikel 20 der Richtlinie 78/686 für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise des Zahnarztes und für Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr verbietet einem Mitgliedstaat nicht, von einem Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats, der keinen in Artikel 3 dieser Richtlinie genannten Befähigungsnachweis besitzt, als Voraussetzung für die Zulassung als Kassenzahnarzt die Ableistung einer Vorbereitungszeit zu verlangen, auch wenn der Betroffene im Hoheitsgebiet des ersten Staates zur Berufsausübung zugelassen ist.

Ebenso befreit Artikel 20 den Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der ein in einem Drittstaat ausgestelltes Diplom besitzt, auch dann nicht von der Ableistung der Vorbereitungszeit, wenn dieses Diplom von einem anderen Mitgliedstaat als einem in Artikel 3 der Richtlinie genannten Diplom gleichwertig anerkannt worden ist.

Wenn es für die Befreiung von der Vorbereitungszeit genügte, Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats zu sein und den Zahnarztberuf in einem Staat der Gemeinschaft während eines gewissen Zeitraums ausgeuebt zu haben, ohne eine zusätzliche Voraussetzung in bezug auf die Ausbildung erfüllen zu müssen, wäre in der Richtlinie 78/686 nicht zwischen den Gemeinschaftsbürgern, die die Zulassung als Kassenzahnarzt vor Ablauf einer Frist von acht Jahren von der Bekanntgabe der Richtlinie an beantragen, und denjenigen unterschieden worden, die die Zulassung später beantragen, d. h. zu einem Zeitpunkt, in dem die Garantien, die sich aus den durch die Richtlinie 78/687 vorgeschriebenen Bedingungen der theoretischen und praktischen Ausbildung ergeben, wirksam geworden sind. Ausserdem geht aus Artikel 1 Absatz 4 der Richtlinie 78/687 hervor, daß die Anerkennung von in Drittstaaten ausgestellten Befähigungsnachweisen durch einen Mitgliedstaat die anderen Mitgliedstaaten auch dann nicht bindet, wenn diese Befähigungsnachweise in einem oder in mehreren Mitgliedstaaten als gleichwertig anerkannt worden sind.

2. Die zuständigen Stellen eines Mitgliedstaats dürfen einem Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats, der kein in Artikel 3 der Richtlinie 78/686 genanntes Diplom besitzt, der aber im erstgenannten wie im zweitgenannten Mitgliedstaat zur Berufsausübung zugelassen worden ist und seinen Beruf auch ausgeuebt hat, nach Artikel 52 EWG-Vertrag nicht mit der Begründung, er habe die nach dem Recht des erstgenannten Staates erforderliche Vorbereitungszeit nicht abgeleistet, die Zulassung als Kassenzahnarzt versagen, ohne zu prüfen, ob und, wenn ja, inwieweit die vom Betroffenen bereits nachgewiesene Erfahrung der nach diesem Recht vorgeschriebenen entspricht.

 

Normenkette

EWGRL 686/78 Art. 3, 20, 1 Abs. 4; EWGVtr Art. 52; Zahnärzte-ZV Art. 3; SGB V § 98 Abs. 2 Nr. 10

 

Beteiligte

Klaus Höfner

Kassenzahnärztliche Vereinigung Nordrhein

 

Verfahrensgang

BSG (Entscheidung vom 20.05.1992; Aktenzeichen 14a/6 RKa 42/90)

 

Tenor

1) Artikel 20 der Richtlinie 78/686/EWG des Rates vom 25. Juli 1978 für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise des Zahnarztes und für Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr verbietet einem Mitgliedstaat nicht, von einem Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats, der keinen in Artikel 3 dieser Richtlinie genannten Befähigungsnachweis besitzt, als Voraussetzung für die Zulassung als Kassenzahnarzt die Ableistung einer Vorbereitungszeit zu verlangen, auch wenn der Betroffene im Hoheitsgebiet des ersten Staates zur Berufsausübung zugelassen ist.

2) Artikel 20 der Richtlinie 78/686/EWG befreit einen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der ein in einem Drittstaat ausgestelltes Diplom besitzt, auch dann nicht von der Ableistung der Vorbereitungszeit, wenn dieses Diplom von einem anderen Mitgliedstaat als einem in Artikel 3 der Richtlinie genannten Diplom gleichwertig anerkannt worden ist.

3) D...

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