Entscheidungsstichwort (Thema)
Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Soziale Sicherheit. Person, die in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten zugleich eine abhängige Beschäftigung und eine selbständige Tätigkeit ausübt. Unterwerfung unter die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften dieser beiden Staaten. Verordnung (EWG) Nr. 1408/71. Artikel 14c Buchstabe b und Anhang VII. Sozialversicherungsbeitrag, der auf Zinseinkünfte erhoben wird, die eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft an eine Person mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat zahlt
Beteiligte
Inspecteur van de Belastingdienst grote ondernemingen Eindhoven |
Tenor
Die Artikel 48 und 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 39 EG und 43 EG) betreffend die Freizügigkeit der Arbeitnehmer bzw. die Niederlassungsfreiheit sowie Artikel 14c Buchstabe b der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1606/98 des Rates vom 29. Juni 1998, sind dahin auszulegen, dass sie den niederländischen Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, wonach in die Bemessungsgrundlage der Sozialversicherungsbeiträge Zinsen wie die einzubeziehen sind, die im Ausgangsverfahren von einer Gesellschaft mit Sitz in den Niederlanden an einen niederländischen Staatsangehörigen gezahlt worden sind, der seinen Wohnsitz in Belgien hat und nach dieser Verordnung sowie unter Berücksichtigung der Art seiner beruflichen Tätigkeiten den Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit dieser beiden Mitgliedstaaten unterliegt.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Gerechtshof 's-Hertogenbosch (Niederlande) mit Entscheidung vom 9. Juni 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 1. Dezember 2004, in dem Verfahren
L. H. Piatkowski
gegen
Inspecteur van de Belastingdienst grote ondernemingen Eindhoven
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter J. Malenovský (Berichterstatter) und J.-P. Puissochet,
Generalanwalt: F. G. Jacobs,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster und C. Wissels als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Martin und P. van Nuffel als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. November 2005
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Artikel 48 und 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 39 EG und 43 EG) sowie des Artikels 14c Buchstabe b der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1606/98 des Rates vom 29. Juni 1998 (ABl. L 209, S. 1) (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71).
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Piatkowski und dem Inspecteur van de Belastingdienst grote ondernemingen Eindhoven (Leiter der Abteilung „Großunternehmen” Eindhoven der staatlichen Finanzverwaltung) wegen Festsetzung der Bemessungsgrundlage für die von dem Betroffenen geschuldeten Beiträge zur Sozialversicherung in den Niederlanden.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3 Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 sieht vor:
„Vorbehaltlich der Artikel 14c und 14f unterliegen Personen, für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. …”
4 Artikel 14c der Verordnung legt die Sonderregelung für Personen fest, die im Gebiet verschiedener Mitgliedstaaten zugleich eine abhängige Beschäftigung und eine selbständige Tätigkeit ausüben.
5 Nach Artikel 14c Buchstabe b unterliegt eine Person, die im Gebiet verschiedener Mitgliedstaaten zugleich eine abhängige Beschäftigung und eine selbständige Tätigkeit ausübt, in den in Anhang VII der Verordnung aufgeführten Fällen den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet sie eine abhängige Beschäftigung ausübt, und den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet sie eine selbständige Tätigkeit ausübt.
6 Zu den in Anhang VII der Verordnung Nr. 1408/71 aufgeführten Fällen, in denen eine Person gleichzeitig den Rechtsvorschriften zweier Mitgliedstaaten unterliegt, gehört nach Nummer 1 dieses Anhangs die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit in Belgien und einer abhängigen Beschäftigung in einem anderen Mi...