Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorabentscheidungsersuchen. Artikel 39 EG sowie Artikel 3 und 67 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71. Abhängigkeit der Gewährung von Leistungen bei Arbeitslosigkeit von der Zurücklegung einer Beschäftigungszeit im zuständigen Mitgliedstaat

 

Beteiligte

Chateignier

Monique Chateignier

Office national de l'emploi (ONEM)

 

Tenor

Die Artikel 39 Absatz 2 EG und 3 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer, Selbständige und deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehen, aufgrund deren der zuständige Träger des Wohnmitgliedstaats einem Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats das Recht auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit mit der Begründung verweigert, dass der Betroffene im Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Gewährung von Leistungen im Gebiet des Wohnmitgliedstaats eine bestimmte Beschäftigungszeit nicht zurückgelegt habe, während eine solche Voraussetzung für die Staatsangehörigen des letztgenannten Mitgliedstaats nicht vorgeschrieben ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht von der Cour du travail de Liège (Belgien) mit Entscheidung vom 6. September 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 22. September 2005, in dem Verfahren

Monique Chateignier

gegen

Office national de l'emploi (ONEM)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Siebten Kammer J. Klučka in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer, der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) und des Richters J. Makarczyk,

Generalanwältin: C. Stix-Hackl,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • des Office national de l'emploi (ONEM), vertreten durch R. Joly, avocat,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch M. Wimmer als Bevollmächtigten,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten, im Beistand von G. Aiello, avvocato dello Stato,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch V. Kreuschitz und J.-P. Keppenne als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Artikel 39 Absatz 2 EG sowie 3 Absatz 1 und 67 Absätze 2 und 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71).

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Chateignier und dem Office national de l'emploi (im Folgenden: ONEM) über die Weigerung dieser Behörde, Frau Chateignier Leistungen bei Arbeitslosigkeit zu gewähren, weil sie in Belgien, wo sie im Zeitpunkt der Stellung ihres Antrags auf Gewährung dieser Leistungen wohnte, nicht mindestens einen Beschäftigungstag zurückgelegt habe.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 sieht vor:

„Die Personen, die im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnen und für die diese Verordnung gilt, haben die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates, soweit besondere Bestimmungen dieser Verordnung nichts anderes vorsehen.”

4 Artikel 67 Absätze 2 und 3 der Verordnung Nr. 1408/71 bestimmt:

„(2) Der zuständige Träger eines Mitgliedstaats, nach dessen Rechtsvorschriften der Erwerb, die Aufrechterhaltung oder das Wiederaufleben des Leistungsanspruchs von der Zurücklegung von Beschäftigungszeiten abhängig ist, berücksichtigt, soweit erforderlich, die Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegt wurden, als handelte es sich um Beschäftigungszeiten, die nach eigenen Rechtsvorschriften zurückgelegt worden sind.

(3) Absätze 1 und 2 gelten außer in den in Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a) Ziffer ii) und Buchstabe b) Ziffer ii) genannten Fällen nur unter der Voraussetzung, dass die betreffende Person unmittelbar zuvor

  • im Fall des Absatzes 1 Versicherungszeiten,
  • im Fall des Absatzes 2 Beschäftigungszeiten

nach den Rechtsvorschriften zurückgelegt hat, nach denen die Leistungen beantragt werden.”

Nationales Recht

5 Die nationale Regelung, die zu der Zeit in Kraft war, zu der das ONEM der Klägerin die Gewährung von Leistungen bei Arbeitslosigkeit verweigerte, war die Königliche Verordnun...

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